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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: VI-2 Kart 6/05 OWi
Rechtsgebiete: OWiG, GWB


Vorschriften:

OWiG § 17
OWiG § 30 Abs. 1 Nr. 4
OWiG § 130
GWB § 1 a.F.
GWB § 38 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
GWB § 38 Abs. 4 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
VI-2 Kart 5/05 OWi VI-2 Kart 6/05 OWi

Tenor:

Gegen den Betroffenen ... wird wegen fahrlässigen Unterlassens der Aufsichtsmaßnahmen, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, eine Geldbuße in Höhe von 6.250 Euro festgesetzt.

Gegen die Nebenbetroffene ... wird wegen einer Kartellordnungswidrigkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. i. V. mit § 1 GWB a.F., begangen durch ihren Prokuristen G..., durch die Pflichten, welche die Nebenbetroffene trafen, verletzt worden sind, eine Geldbuße von 300.000 Euro festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsmittel sowie ihre notwendigen Auslagen haben der Betroffene ... und die Nebenbetroffene zu tragen.

Tatbestand:

I.

Durch das Urteil des 1. Kartellsenates des Oberlandesgericht Düsseldorf vom 29. Oktober 2003 in dem Bußgeldverfahren gegen den früheren Betroffenen und jetzigen Zeugen G..., den Betroffenen ... und die Nebenbetroffene wurden der Zeuge G... und die Nebenbetroffene jeweils mit Geldbußen belegt. Der Betroffene ... wurde von dem Vorwurf freigesprochen, sich als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt zu haben.

Nach den zugrundeliegenden Feststellungen beteiligte sich die in P. ansässige Nebenbetroffene, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Transportbeton befasst, im Bereich D. an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen. Im Mai 1995 fand ein Treffen statt, an dem der Zeuge G... als Prokurist der Nebenbetroffenen und Vertreter von fünf weiteren in Niederbayern ansässigen Transportbetonherstellern teilnahmen. Im Rahmen dieser Besprechung verpflichtete sich die Marktführerin, die T... GmbH, der H.... GmbH jährlich 20.000 Tonnen Transportbeton für einen Zeitraum von zehn Jahren abzunehmen. Im Gegenzug sollte die H.... GmbH ausschließlich für die T... produzieren, wobei deren Abnehmer den Beton direkt bei der H.... GmbH beziehen sollten.

Auf der Basis dieser Vereinbarung holten die an der Absprache beteiligten Unternehmen bei der H.... GmbH auf Rechnung der T... Beton ab. Die Nebenbetroffene bezog zwischen Juni 1995 und dem 22. Juni 1998 jährlich zwischen 2.100 und 4.300 m³ Transportbeton: In einer Besprechung Anfang 1997, an der für die Nebenbetroffene wiederum ihr Prokurist G... teilnahm, wurden eine Reduzierung der Mindestabnahmemenge auf 16.750 m³ sowie für das Geschäftsjahr 1998 Anpassungen an die Veränderungen am Markt vereinbart. Infolge dieser Absprachen schied die H.... GmbH als Wettbewerber aus. Der Kubikmeterpreis für Transportbeton stieg in der Region ab 1996 und noch stärker ab 1997 an, während er im Rest B. in der Tendenz leicht sank. Der durch die Kartellabsprache von der Nebenbetroffenen erzielte Mehrerlös belief sich auf mindestens 300.000 €.

Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf wertete die auch von dem Zeugen G... veranlasste Umsetzung der getroffenen Vereinbarung durch Abholungen von Transportbeton als ein Sich-Hinwegsetzen über eine unwirksame Vereinbarung im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. und verhängte gegen ihn und die Nebenbetroffene Bußgelder in Höhe von 6.250 € und 300.000 €.

Den Betroffenen ... sprach es von dem Vorwurf frei, sich als Geschäftsführer an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt zu haben, da seine Kenntnis von den Absprachen nicht festgestellt werden könne. Auch eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflichten gemäß § 130 OWiG könne nicht festgestellt werden.

Durch Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 25. April 2005 wurde auf die Rechtsbeschwerde der Generalstaatsanwaltschaft das angefochtene Urteil aufgehoben, soweit der Betroffene ... von dem Vorwurf der Aufsichtspflichtverletzung gemäß § 130 OWiG freigesprochen worden war. Die Rechtsbeschwerde der Nebenbetroffenen führte zur Aufhebung des gegen sie verhängten Bußgeldes.

Danach hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zwar rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene ... keine Kenntnis von den Absprachen gehabt habe, aber den Freispruch von dem Vorwurf der vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung von Aufsichtspflichten gemäß § 130 OWiG nicht ausreichend begründet.

Den für die Bemessung des gegen die Nebenbetroffene verhängten Bußgeldes zugrunde gelegten Mehrerlös habe das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei ermittelt. Das Urteil könne im Rechtsfolgenausspruch aber keinen Bestand haben, weil das Oberlandesgericht nicht offengelegt habe, ob es neben der Ahndung einen Abschöpfungsanteil angenommen habe und die steuerlichen Auswirkungen auf die Höhe eines solchen nicht erörtert worden seien.

II.

Auf die in Rechtskraft erwachsenen tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung des 1. Kartellsenates - Ziff. I, 1 (Bl. 3 letzter Absatz bis Bl. 6 unten); Ziff. II, 2, 3 und 4 (Bl. 7, Mitte bis Bl. 10, Ende 1. Absatz); Ziff. III, 1, 1. Absatz bis 2. Satz, 1. Halbsatz ("Kenntnis hatte"), ab 3. Satz bis 4. Satz. 1. Halbsatz ("so markant"), 5. Satz bis Ende 1. Absatz, (Bl. 10 und 11); Ziff. IV, 2 (Bl. 16 bis Bl. 18 unten) wird Bezug genommen.

Die erneute Hauptverhandlung hat darüber hinaus zu folgenden Feststellungen geführt:

Die Nebenbetroffene, die ihren Geschäftssitz nach wie vor in P. unterhält, betreibt in B. und in den neuen Bundesländern insgesamt 49 Transportbetonanlagen. Sie erwirtschaftete in den Geschäftsjahren 2000 bis 2002 einen Jahresumsatz zwischen ... und ... Mio. Euro. Während in den darauf folgenden Jahren 2003 und 2004 die Geschäftsentwicklung zufriedenstellend verlief und die Umsätze noch gesteigert wurden, kam es 2005 zu einem Umsatz- und Gewinnrückgang. Auch für das Geschäftsjahr 2006 wird mit einem leicht rückläufigen Ergebnis gerechnet.

Die der Nebenbetroffenen durch das Urteil des Senats vom 29.10.2003 auferlegte Geldbuße ist steuerlich nicht berücksichtigt worden. Für die Geschäftsjahre bis einschließlich 2002 ist die steuerliche Veranlagung abgeschlossen; insoweit liegen bestandskräftige Steuerbescheide vor. Eine Rückstellung für eine gegebenenfalls zu erbringende Geldbuße in den Bilanzen ist nicht erfolgt.

Nachdem das Unternehmen ursprünglich ausschließlich auf den Raum B. konzentriert war, wurden ab Anfang der 90iger Jahre auch in den neuen Bundesländern, insbesondere in B., B., S. und S.-A. weitere Transportbetonanlagen übernommen. Mittlerweile betreibt die Nebenbetroffene an 20 ... und an 29 Standorten in den neuen Bundesländern Transportbetonanlagen. Durch die Beteiligung an einem Zementwerk in T. wurde 1999/2000 ein weiteres Geschäftsfeld eröffnet.

Als einer von zwei Geschäftsführern ist der Betroffene ... für das operative Geschäft und damit sowohl für die Expansion im Bereich "Transportbeton" als auch für die Erweiterung der Geschäftstätigkeit verantwortlich. Der Aufbau der ostdeutschen Anlagen und die Verhandlungen im Zusammenhang mit der Übernahme der Beteiligung an dem ... Zementwerk erforderten seine häufige Anwesenheit vor Ort, so dass er sich seit Beginn der 90iger Jahre zunehmend weniger an dem Geschäftssitz der Nebenbetroffenen aufhielt.

Der Zeuge G... übernahm nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre im Juli 1984 die Position eines Assistenten der Geschäftsführung bei der Nebenbetroffenen. Er war dem Betroffenen ..., der schon damals Geschäftsführer war, direkt unterstellt und arbeitete ihm in dem Geschäftsbereich "Herstellung und Vertrieb von Transportbeton" in enger Abstimmung unmittelbar zu. Mit dem Beginn der Expansion in die ostdeutschen Bundesländer entwickelte sich eine zunehmende Trennung der Aufgabenbereiche des Zeugen und des Betroffenen .... Während ... den Aufbau der Anlagen in den neuen Bundesländern übernahm, blieb der Zeuge für den Transportbetonmarkt in B. zuständig.

Im Jahre 1990 wurde ihm Prokura erteilt. Anlässlich der Verleihung wurde er von dem Betroffenen ... in allgemeiner Form darauf hingewiesen, dass er sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu bewegen habe, speziell auf kartellrechtliche Gesichtspunkte bezogene Belehrungen, Unterweisungen oder auch Warnungen erfolgten nicht.

Der Zeuge konnte mit Beginn der 90iger Jahre seinen Aufgabenbereich zunehmend selbständig wahrnehmen und in alleiniger Verantwortung den Verkauf des Transportbetons und den Einkauf von Rohstoffen abwickeln, wobei er auch für die Preisgestaltung allein verantwortlich war. Seine Handlungsvollmacht war unbegrenzt, insbesondere war er nicht bei Abschlüssen ab einer bestimmten Größenordnung zur Rücksprache verpflichtet.

Zwar ließ der Betroffene ... sich über die Geschäftsentwicklung informieren, entsprechende Treffen und Besprechungen fanden aber nicht in einem regelmäßigen Rahmen sondern nach Bedarf und Absprache statt.

Anlässlich dieser Besprechungen wurde auch die Frage thematisiert, ob und in welchem Umfang die Nebenbetroffene Zukäufe bei anderen Transportbetonherstellern tätigt. Zur Übersicht und Information des Betroffenen ... legte der Zeuge diesem Aufstellungen vor, aus denen sich für die einzelnen Werke die Zukaufsmengen pro Monat ergaben. Anders als in den Umsatzstatistiken für die Jahre 1995 bis 1998, in denen ausweislich der insoweit bindenden Feststellungen des Urteils vom 29.Oktober 2003 die Abholungen bei der H.... GmbH durch den Vermerk "D. Fremdl. T..., H..." besonders gekennzeichnet waren, erfolgten die Angaben aber anonymisiert, so dass den Aufstellungen nicht zu entnehmen war, bei welchen Unternehmen Zukäufe erfolgten.

Der Betroffene nahm diese Aufstellungen zur Kenntnis und überprüfte sie darauf hin, ob die zugekauften und die von der Nebenbetroffenen selbst produzierten Mengen dem Gesamtabsatz entsprachen. Weitere Erkundigungen, insbesondere nach der Herkunft der Zukäufe, stellte er nicht an. Auch die spezielle Kennzeichnung der Abholungen bei der H.... GmbH durch den Vermerk "D. Fremdl. T..., H..." in den Umsatzstatistiken für die Jahre 1995 bis 1998 nahm er weder zum Anlass, den Zeugen G... nach den näheren Umständen dieser Abholungen zu befragen, noch ihm das Verbot von wettbewerbsbeschränkenden

Abreden und deren Konsequenzen vor Augen zu führen.

Dem Zeugen G... waren die einschlägigen kartellrechtlichen Bestimmungen, insbesondere das Verbot der Kartellbildung seit seinem Studium grundsätzlich bekannt. Als er im Sommer 1995 an der Absprache teilnahm und sich in den folgenden Jahren an ihrer Umsetzung beteiligte, indem er Abholungen bei der H.... GmbH veranlasste, handelte er in der Absicht, dem Unternehmen zu dienen, auch wenn er sich über das Unrecht seines Verhaltens im klaren war.

Dem Zeugen war zudem bewusst, dass Ende der 80iger Jahre in der Zementindustrie Kartellbildungen durch das Bundeskartellamt aufgedeckt und die an diesen Absprachen Beteiligten mit erheblichen Bußgeldern belegt worden waren. Nachdem es bereits Ende der 70iger Jahre in der süddeutschen Zementindustrie zu Quotenabsprachen gekommen war, die zu relativ niedrigen Geldbußen geführt hatten, wurde Ende der 80iger Jahre ein auf langjährigen Absprachen basierendes Quotenkartell zerschlagen und gegen die Beteiligten die bis dato höchsten Bußgelder in einer Gesamthöhe von 228 Mio. DM verhängt.

Dieses Bußgeldverfahren war Gegenstand ausführlicher Berichterstattung in den Medien. Einschlägige Presseartikel wurden in dem Betrieb der Nebenbetroffenen unter den Mitarbeitern, denen die kartellrechtlichen Regelungen, insbesondere das Kartellverbot, ebenfalls bekannt waren, verteilt und boten Anlass für Gesprächsstoff - auch zwischen dem Zeugen G... und dem Betroffenen ....

Dabei wurde das Interesse an den Vorgängen in der Zementindustrie bereits dadurch hervorgerufen, dass der Preis für den zur Herstellung von Transportbeton benötigten Rohstoff Zement für die Transportbetonbranche grundsätzlich relevant war.

Die Wettbewerbsbedingungen in der Zementindustrie werden insbesondere durch die Homogenität des angebotenen Gutes bestimmt. Der Wettbewerb um die Kunden wird nicht über besondere Qualitätsmerkmale des Gutes, sondern ausschließlich über den Preis ausgetragen, ein Umstand, der Kartellbildungen begünstigt. Vergleichbare Bedingungen prägen die Transportbetonbranche. Infolge der beschränkten Transportfähigkeit des angebotenen Gutes herrscht keine nationale oder gar internationale Konkurrenz; vielmehr beliefern nur wenige Anbieter ihre regionalen Märkte.

Nachdem der Geschäftsführer der H.... GmbH der bayerischen Landeskartellbehörde im Mai 1994 angezeigt hatte, dass die mit ihm auf dem örtlichen Markt konkurrierenden Transportbetonunternehmen, u.a. auch die Nebenbetroffene, Preis- und Gebietsabsprachen durchführten und ihn mittels Drohungen zur Teilnahme an diesen Absprachen bewegen wollten, nahm die Landeskartellbehörde Ermittlungen auf. In diesem Zusammenhang fand am 28.Juni 1995 in den Geschäftsräumen der Nebenbetroffenen eine Durchsuchung statt, bei der der Zeuge G... anwesend war. Nachdem er den Betroffenen ... über die Durchsuchung informiert hatte, erkundigte sich dieser bei dem Zeugen sinngemäß danach, ob in dem Unternehmen der Nebenbetroffenen "alles in Ordnung" sei und gab sich mit der bejahenden Antwort des Zeugen zufrieden. Der Betroffene nahm den Vorfall dagegen nicht zum Anlass für darüber hinausgehende konkrete Nachfragen, Ermahnungen oder Hinweise auf drohende Sanktionen für den Fall der Aufdeckung von Rechtsverstößen.

III.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Aussagen der Zeugen G..., K... und W... sowie auf den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Urkunden.

Der Betroffene ... hat sich weder zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen noch zum Tatvorwurf eingelassen und sich auch als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen nicht zur Sache geäußert.

Die Feststellungen des Senates zu den Vorgängen und Bedingungen in der Zement- und Transportbetonindustrie basieren auf der Aussage des Zeugen K.... Der Zeuge hat seine Erkenntnisse über Ermittlungsverfahren wegen Kartellbildungen geschildert und die Besonderheiten des Zement- und des Transportbetonmarktes sowie deren Bedeutung für die von ihm beschriebene Kartellanfälligkeit beider Branchen erläutert. Der Senat hat keinen Anlass, an Glaubhaftigkeit dieser Aussage und der Sachkunde des Zeugen, der als ehemaliger Leiter der 1. und 9. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes über langjährige und einschlägige Berufserfahrung verfügt, zu zweifeln.

Soweit der Senat über die bindenden Feststellungen des Urteils vom 29. Oktober 2003 hinaus Feststellungen zu dem Werdegang des Zeugen G... und seiner Tätigkeit für die Nebenbetroffenen getroffen hat, beruhen diese auf dessen glaubhaften Angaben. Auch die Feststellungen zur Expansion des Unternehmens und zu der internen Aufgaben- und Arbeitsteilung zwischen ihm und dem Betroffenen ... basieren auf der Aussage des Zeugen, der darüber hinaus die Kenntnis der einschlägigen kartellrechtlichen Normen eingeräumt und geschildert hat, über die Aufdeckung eines Quotenkartells in der süddeutschen Zementindustrie Ende der 80iger Jahre informiert gewesen zu sein.

Soweit die Feststellungen sich darüber verhalten, ob und gegebenenfalls in welcher Form der Zeuge über die einschlägigen, insbesondere kartellrechtlichen Bestimmungen belehrt und bei der Ausübung seiner Tätigkeit überprüft und kontrolliert worden ist, hat der Zeuge - auch auf konkrete Fragen und Vorhalte - entsprechende Angaben getätigt.

Die Feststellungen zu der Durchsuchung der Geschäftsräume beruhen neben den Angaben in den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Niederschriften über die Durchsuchung auf der Aussage des Zeugen G..., der auch die Reaktion des Betroffenen ... beschrieben hat.

Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage des - bereits rechtskräftig verurteilten - Zeugen ergeben sich weder aus seinem Aussageverhalten noch aus dem Inhalt der Aussage. Insbesondere vermittelte der Zeuge nicht den Eindruck, den Betroffenen ... belasten zu wollen. Vielmehr wirkten seine Angaben und die Antworten auf die konkreten Fragen und Vorhalte des Senates sachlich und überlegt.

Soweit über die bindenden Feststellungen hinaus weitere Erkenntnisse zu den Umsatz- und Gewinndaten der Nebenbetroffenen gewonnen werden konnten, ergeben sich diese aus den glaubhaften Angaben des Zeugen W..., der den Senat zudem darüber in Kenntnis gesetzt hat, dass das gegen die Nebenbetroffene verhängte Bußgeld nicht steuerlich geltend gemacht wurde.

IV.

1.

Indem der Betroffene ... als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen fahrlässig Aufsichtsmaßnahmen unterlassen hat, die erforderlich sind, um Zuwiderhandlungen zu verhindern, deren Verletzung mit Geldbuße bedroht ist und der Zeuge G... in seiner Eigenschaft als Prokurist der Nebenbetroffenen vorsätzlich eine Kartellordnungswidrigkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 GWB a.F. begangen hat, hat er sich einer Aufsichtspflichtverletzung gemäß § 130 OWiG schuldig gemacht.

Als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen und damit als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG gehört der Betroffene ... zum Täterkreis des § 130 Abs. 1 OWiG. Dem dort genannten Inhaber des Betriebs oder Unternehmens stellt § 9 OWiG die für den Inhaber handelnden Personen gleich.

Dem Betroffenen ist vorzuwerfen, dass er die durchführbaren und zumutbaren Organisationsmaßnahmen, die erforderlich und geeignet sind, Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen zu verhindern, nicht ergriffen hat.

Das Ausmaß der Aufsichtspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Aufsichtspflicht soll die Beachtung der bestehenden Gebote und Verbote gewährleisten und muss folglich so ausgeübt werden, dass die betriebsbezogenen Pflichten aller Voraussicht nach eingehalten werden. Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören insbesondere die sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter und gegebenenfalls die Bestellung von Aufsichtspersonen, sachgerechte Instruktion und Aufgabenverteilung, Aufklärung, Belehrung und Überwachung der Mitarbeiter und Aufsichtspersonen, unter Umständen auch Androhung und Vollzug zulässiger Sanktionen (Rogall in Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3. Auflage, 2006, § 130 Rdnr. 40; König in Göhler, Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 14. Auflage, 2006, § 130 Rdnr. 12).

Die Aufsichtsmaßnahmen müssen objektiv erforderlich und zumutbar sein, wobei der Maßstab wesentlich durch die konkreten Zuwiderhandlungsgefahren in dem jeweiligen Betrieb geprägt ist (Rogall, aaO, Rdnr.17; Achenbach in Frankfurter Kommentar gegen Wettbewerbsbeschränkungen, vor § 81, Rdnr. 83; König, aaO, Rdnr. 9). Für den Umfang der Maßnahmen ist die Sorgfalt bestimmend, die einem ordentlichen Angehörigen des jeweiligen Tätigkeitsbereichs abverlangt werden kann (König, aaO, Rdnr 12; OLG Düsseldorf, VRS 63, 286).

Erforderlich sind von vornherein nur solche Aufsichtsmaßnahmen, die auch geeignet sind, betriebsbezogene Verstöße zu verhindern. Dies ergibt sich daraus, dass § 130 OWiG keine "flächendeckende Personalkontrolle", also nicht die Aufsicht bloß um der Aufsicht willen, sondern nur solche Maßnahmen fordert, die eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass betriebsbezogene Verstöße unterbleiben. Aufsichtsmaßnahmen, von denen keinerlei Verhaltensbeeinflussung ausgehen kann, sind von vornherein als untauglich anzusehen. (Rogall, aaO, Rdnr. 43)

Während es keine Anhaltspunkte für die nicht sorgfältige Auswahl des Zeugen G... gibt und die Bestellung einer Aufsichtsperson in Gestalt eines anderen Mitarbeiters angesichts seiner Stellung als dem einzigen für sein Aufgabenfeld bestellten Prokuristen keinen Sinn gemacht hätte, ist ausweislich der getroffenen Feststellungen weder eine angemessene Belehrung und Instruktion des Zeugen, insbesondere im Hinblick auf kartellrechtliche Fragestellungen, noch eine durch die Geschäftsführung selbst ausgeübte ausreichende Kontrolle und Überwachung seiner Tätigkeit erfolgt.

Die Notwendigkeit einer spezifisch kartellrechtlichen Belehrung des Zeugen anlässlich seiner Einstellung, während seiner Einarbeitung und auch anlässlich der Verleihung der Prokura, verbunden mit dem Hinweis auf Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, entfiel nicht deswegen, weil dem Zeugen die einschlägigen Bestimmungen bekannt waren. Vielmehr muss angesichts der wettbewerblichen Strukturen der Transportbetonindustrie, die Kartellbildungen zu begünstigen vermögen, von der Geschäftsleitung sichergestellt werden, dass Führungskräfte mit der komplexen Rechtsproblematik soweit vertraut sind, dass sie Zweifelsfälle selbständig beurteilen oder die Erforderlichkeit, Rechtsrat einzuholen, erkennen können.

Der allgemeine, anlässlich der Verleihung der Prokura an den Zeugen erteilte Hinweis, man erwarte von ihm, dass er sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bewege, genügt diesen Anforderungen nicht. Der gesteigerten Gefahr von Kartellrechtsverstößen kann nicht durch die allgemeine Belehrung über eine bloße Selbstverständlichkeit begegnet werden. Der Hinweis, die geltenden Gesetze seien zu beachten, ist nicht geeignet, dem Zeugen zu verdeutlichen, welche Abreden mit Mitbewerbern bereits kartellrechtlich bedenklich sein können und in ihm ein Bewusstsein für die besondere Kartellanfälligkeit der Branche zu schaffen.

Auch ist eine Kontrolle und Überwachung des Zeugen G... unterblieben. Derartige Aufsichtsmaßnahmen waren trotz seiner hervorgehobenen Position und des mit seiner Stellung verbundenen Ausmaßes an Eigenverantwortung erforderlich.

Der zur Aufsichtspflicht gehörenden hinreichenden Überwachung wird nicht schon dadurch genügt, dass der Aufsichtspflichtige die Betriebsangehörigen gelegentlich aufsucht, die Betriebsvorgänge beobachtet und sonst nach dem Rechten sieht (BGHSt 9, 323). Zwar gilt der Grundsatz, dass die Kontrollpflicht umso geringer ist, je höher der Mitarbeiter qualifiziert ist (König, aaO, Rdnr. 12 a.E.), doch kann aus gegebenem Anlass auch die Kontrolle besonders qualifizierter und in der Unternehmenshierarchie hochrangiger Mitarbeiter angezeigt sein. So bestehen gesteigerte Aufsichtsmaßnahmen jedenfalls dann, wenn es im Betrieb bereits zu Unregelmäßigkeiten gekommen oder damit wegen besonderer Umstände zu rechnen ist und ebenso wenn wichtige Vorschriften (vgl. OLG Koblenz VRS 65, 457) oder schwierige Rechtsfragen (vgl. BGHSt 27, 196, 202; OLG Stuttgart, wistra 1987,35) in Rede stehen.

Ein ausreichender Anlass für regelmäßige Erkundigungen, ob die einschlägigen Bestimmungen eingehalten werden, sowie Hinweise, dass die Unternehmensleitung kartellrechtliche Verstöße nicht tolerieren, sondern bei Aufdeckung sanktionieren würde, ergab sich bereits vor dem Hintergrund der objektiv bestehenden erhöhten Kartellanfälligkeit der Transportbetonindustrie. Auch wenn nicht festgestellt werden konnte, dass es bereits vor der durch den Zeugen G... begangenen Ordnungswidrigkeit zu branchenweit bekannten Ermittlungsverfahren in der Transportbetonindustrie gekommen war, war die Aufdeckung eines Quotenkartells in der Zementindustrie bereits Ende der 80iger Jahre im Betrieb der Nebenbetroffenen bekannt geworden, wobei die vergleichbaren wettbewerblichen Strukturen dieser eng verbundenen Branchen für jeden mit der Materie Vertrauten auf der Hand lagen.

Zum anderen erfordert die Komplexität der in Rede stehenden Rechtsmaterie gesteigerte Aufsichtsmaßnahmen auch im Hinblick auf die Tätigkeit von Führungskräften. Selbst bei grundsätzlich vorhandener Kenntnis der einschlägigen Vorschriften, wie sie von dem Zeugen eingeräumt wird, kann nicht erwartet werden, dass Zweifelsfälle immer zutreffend bewertet werden, so dass regelmäßige Kontrollen erforderlich sind.

Einen darüber hinausgehenden konkreten Anlass für Kontrollmaßnahmen bot der Umstand, dass das bayerische Landeskartellamt im Frühsommer 1995 Ermittlungen gegen die Nebenbetroffene aufgenommen und eine Durchsuchung der Geschäftsräume veranlasst hatte. In dieser Situation wäre eine konkrete und beharrliche Nachfrage, ob im Unternehmen die einschlägigen kartellrechtlichen Ge- und Verbote beachtet werden sowie der Hinweis auf Sanktionen für den Fall von Verstößen, erforderlich gewesen.

Die Überprüfung der Zukäufe durch den Betroffenen ... anhand der diesem monatlich vorgelegten Übersichten stellte keine ausreichende Kontrolle der Tätigkeit des Zeugen dar. Aus den dem Betroffenen zur Kenntnis gebrachten Unterlagen ergab sich lediglich, dass und in welcher Höhe Transportbeton bei Mitbewerbern zugekauft werden musste. Auf welchen Grundlagen und Abreden diese Zukäufe basierten, insbesondere ob Abholungen bei Unternehmen erfolgten, die faktisch nicht mehr am Wettbewerb teilnahmen, war den anonymisierten Listen nicht zu entnehmen. Dagegen boten die dem Betroffenen ebenfalls bekannten Umsatzstatistiken für die Jahre 1995 bis 1998 durchaus Anlass für eine Überprüfung der Abholungen bei der H.... GmbH.

Ausweislich der insoweit rechtskräftigen Feststellungen des 1. Kartellsenates wiesen sie u.a. ausdrücklich als "Fremdlieferung" gekennzeichnete Positionen auf, bei denen der Bezugsort ebenfalls aufgeführt war, während nur die letzte Position der jeweiligen Statistik mit dem Zusatz "D. Fremdl. T..., H..." bezeichnet wurde. Obgleich diese Bezeichnung darauf hindeutete, dass es sich bei dieser Position gerade nicht um eine ordnungsgemäße Fremdlieferung von einem Wettbewerber, sondern um Lieferungen handelte, die die H.... GmbH für die T... GmbH erbrachte, erfolgte keinerlei Überprüfung oder Kontrolle dieser Lieferungen. Der Betroffene ... verlangte nicht einmal eine Erklärung für den Grund der besonderen, von den übrigen Positionen abweichenden Kennzeichnung.

Der Senat geht davon aus, dass die in Betracht kommenden Aufsichtsmaßnahmen auch geeignet gewesen wären, das Verhalten des Zeugen G... zu beeinflussen und ein Umdenken zu bewirken. Der Zeuge handelte weder in der Absicht, die Nebenbetroffene zu schädigen, noch aus eigennützigen Zwecken, sondern glaubte, dem Unternehmenswohl zu dienen.

Wäre die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften von dem Betroffenen ... ausdrücklich und regelmäßig thematisiert sowie kontrolliert worden, hätte der Zeuge allein dadurch ein Bewusstsein dafür entwickeln können, dass Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen der Unternehmenskultur widersprechen und dem Unternehmenswohl entgegenstehen.

Die genannten und mit den Verfahrensbeteiligten in der Hauptverhandlung erörterten Aufsichtsmaßnahmen waren auch objektiv zumutbar.

Das Erfordernis der Zumutbarkeit von objektiv zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen geeigneter Maßnahmen ergibt sich aus dem Begriff der "gehörigen Aufsicht" (König, aaO, RdNr. 22; Rogall, aaO, Rdnr 49; Otto, Jura 1998, 414; a.A. Achenbach wistra 1998, 298). Das Ausmaß der Aufsichtspflicht findet seine Grenze in der Zumutbarkeit (Rengier in Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3. Auflage, 2006, § 8 RdNr. 57 f.; Rogall, aaO, Rdnr. 49), so dass Art und Umfang der Aufsichtsmaßnahmen nicht allein an dem Ziel auszurichten sind, durch möglichst umfassende Beaufsichtigung jegliche Zuwiderhandlung gegen betriebliche Pflichten zu verhindern. Vielmehr sind auch die Grenzen des für den Aufsichtspflichtigen realistischerweise Zumutbaren sowie die Eigenverantwortung der Betriebsangehörigen zu beachten (BGH, wistra 1986, 222, 223).

Durch regelmäßige Belehrungen und kontrollierende Nachfragen wäre weder die Würde der Betriebsangehörigen verletzt, noch das Betriebsklima negativ beeinflusst worden. Diese Maßnahmen sind auch nicht als unverhältnismäßig oder in ihrem Umfang und damit auch in kostenmäßiger Hinsicht als wirklichkeitsfremd und überspannt anzusehen. Sie hätten das für eine gedeihliche Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Zeugen G... nicht belastet und wären auch in zeitlicher und finanzieller Hinsicht überschaubar gewesen. Eine übermäßige Bürokratisierung des Unternehmens und damit eine Beeinträchtigung von dessen Effektivität wäre mit den genannten, gezielten Maßnahmen ebenfalls nicht verbunden gewesen.

Auch die von § 130 OWiG geforderte objektive Bedingung der Ahndung (zur Rechtsnatur vgl. König, aaO, RdNr. 17; Rogall, aaO, Rdnr. 73 ) ist erfüllt:

Indem der Zeuge G... in dem Zeitraum von Mitte 1995 bis Mitte 1998 Abholungen von Transportbeton bei der H.... GmbH veranlasst und sich dadurch einer Kartellordnungswidrigkeit gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 GWB a.F. schuldig gemacht hat, hat er eine Zuwiderhandlung gegen betriebsbezogene Pflichten im Sinne des § 130 Abs. 1 OWiG begangen.

Zu diesen gehören unstreitig die gerade den Inhaber aus Sonderdelikten treffenden Pflichten (König, aaO, Rdnr. 18; Rogall, aaO, Rdnr 77 mwN). Das bußgeldbewehrte Verbot des § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. richtet sich an den Betriebsinhaber, der kartellwidrigen Absprachen keine Geltung verschaffen darf.

Zudem besteht auch der in § 130 OWiG geforderte Ursächlichkeitszusammenhang.

Ein als Aufsichtspflichtverletzung zu bewertender Unrechtssachverhalt liegt danach nur vor, wenn die Zuwiderhandlung bei Anwendung der "gehörigen Aufsicht" verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Die Fassung des Gesetzes geht auf das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität vom 27.06.1994 zurück, mit dem das Kausalitätserfordernis durch die Übernahme der "Risikoerhöhungslehre" (vgl. statt aller Roxin, AT I, 1997, § 11 RdNr. 76 ff.; Rudolphi in Systematischen Kommentar zum Strafgesetzbuch, vor § 13 RdNr. 15 ff., jeweils mwN.) abgeschwächt worden ist (Rogall, aaO, Rdnr. 9).

Zwar kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Zuwiderhandlung des Zeugen G... durch eine gehörige Belehrung und Aufsicht hätte verhindert werden können. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Verfehlung des Betroffenen ... und der Zuwiderhandlung des Zeugen G... wird aber dadurch etabliert, dass die Zuwiderhandlung bei gehöriger Aufsicht "wesentlich erschwert worden wäre".

Eine wesentliche Erschwerung im Sinne des § 130 OWiG liegt vor, wenn die hinzugedachte gebotene Maßnahme die Wahrscheinlichkeit der Zuwiderhandlung substantiell reduziert. Ob insoweit eine Rückführung der Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung um mehr als 25% erforderlich ist (so Rogall, aaO, Rdnr. 101, ablehnend König, aaO, Rdnr. 22 a), kann dahinstehen.

Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass sich regelmäßige Kontrollen in Form gezielter und insistierender Nachfragen sowie entsprechende Belehrungen verbunden mit Hinweisen auf drohende Sanktionen für den Fall von Kartellrechtsverstößen mit einer weit darüber liegenden Wahrscheinlichkeit dahingehend ausgewirkt hätten, dass der Zeuge G... entweder sein Verhalten freiwillig geändert und von einer Umsetzung der wettbewerbswidrigen Absprache abgesehen hätte oder die Zuwiderhandlung aufgedeckt worden wäre.

Hätte der Betroffene ... den Zeugen regelmäßig und in einer Form befragt, die von diesem als Kontrolle wahrgenommen worden wäre und ihm gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen von der Unternehmensführung als das Unternehmen schädigend angesehen werden, hätte sich die Aufrechterhaltung seines rechtswidrigen Verhaltens als emotional belastender und damit ungleich schwieriger dargestellt. Der Zeuge wäre gezwungen gewesen, gegenüber dem Betroffenen ... sein ordnungswidriges Verhalten zu verschweigen oder gar zu leugnen.

Es ist zu erwarten, dass der Zeuge, der zugunsten und zum Wohle des Unternehmens handeln wollte, bei regelmäßigen Kontrollen und Belehrungen die Abholungen eingestellt oder sie gegenüber dem Betroffenen ... eingestanden hätte.

Über die den hypothetischen Kausalzusammenhang bildende wesentliche Erschwerung hinaus muss zwischen der Aufsichtspflichtverletzung und der Zuwiderhandlung ein Pflichtwidrigkeits- bzw. Schutzzweckzusammenhang bestehen (vgl. dazu Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht, 1979, S. 119; Rogall, aaO, Rdnr 102; ders.. ZStW 98 [1986], 612; Demuth/Schneider BB 1970, 649; Achenbach, aaO, Rdnr 84; König, aaO, Rdnr 22) Da ausweislich der voranstehenden Erwägungen die Belehrung über und insbesondere die Überwachung der Einhaltung der kartellrechtlichen Bestimmungen erforderlich gewesen wäre, bezog sich das dem Betroffenen vorgeworfene Unterlassen gerade auf das Gebiet, auf dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist, so dass der spezifische Schutzzweckzusammenhang gegeben ist.

Eine vorsätzliche Verletzung seiner Aufsichtspflicht kann dem Betroffenen nicht vorgeworfen werden. Auch wenn für die vorsätzliche Begehung nicht die Voraussicht notwendig ist, dass als Folge der mangelnden Aufsicht eine bestimmte Zuwiderhandlung begangen werden wird (OLG Frankfurt wistra 1985, 38; OLG Karlsruhe Justiz 1980, 395; König, aaO, Rdnr. 16a) ist erforderlich, dass der Täter die Gefahr einer betriebstypischen Zuwiderhandlung in einem bestimmten Pflichtenkreis erkannt hat (Rogall, aaO, Rdnr. 103). Dass der Betroffene ... die objektive Gefahr von Kartellrechtsverstößen erkannt und dennoch keinerlei Aufsichtsmaßnahmen eingeleitet hat, vermochte der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Indes steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Betroffene, der über langjährige Branchen- und Führungserfahrung verfügt, diese Gefahr unschwer hätte erkennen können, was den Vorwurf der fahrlässigen Verletzung begründet.

2.

Der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit steht kein zur Einstellung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 206 a, 260 StPO führendes Verfahrenshindernis entgegen.

Weder ist der auch gegen den Betroffenen ... gerichtete Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 21. Mai 2002 nichtig, noch ist die Aufsichtspflichtverletzung verjährt.

Durch den Beschluss vom 25. April 2005 hat der Bundesgerichtshof den Schuldspruch gegen die Nebenbetroffene und damit implizit zugleich auch die Ausführungen des 1. Kartellsenates zur Wirksamkeit des Bußgeldbescheides (Ziff. III, 2, e, aa [Bl. 12 bis 14, Ende 1. Absatz]) bestätigt. An diese rechtliche Beurteilung ist der erkennende Senat gemäß § 79 Abs. 3 OWiG, § 358 Abs. 1 StPO gebunden.

Die durch den Betroffenen ... begangene Aufsichtspflichtverletzung ist nicht verjährt. Es kann dahinstehen, ob vorliegend die zu Beginn des Tatzeitraums -Juni 1995 - geltende Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 131 Abs. 3, 31 Abs. 2 OWiG oder die durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption zum 20. August 1997 eingeführte verlängerte Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß § 81 Abs. 3 S. 2 GWB a.F. einschlägig ist.

Auch bei der Zugrundelegung der dreijährigen Frist ist keine Verjährung eingetreten.

Die Verjährung der Aufsichtspflichtverletzung beginnt mit der Beendigung der letzten in dem Betrieb begangenen betriebsbezogenen Pflichtverletzung, obwohl diese eine objektive Strafbarkeitsbedingung darstellt, denn vorher ist die Ordnungswidrigkeit nicht komplett (BGHSt. 32, 389, 392 f. = NJW 1984, 2372; BGH wistra 1985, 77; BGH BGHR OWiG § 130 Verletzung 1; OLG Düsseldorf VRS 67, 371, 372; Rebmann/Roth/Herrmann RdNr. 35; König, aaO, RdNr. 30; Rogall, aaO, Rdnr. 112; Dannecker NStZ 1985, 49 f.).

Der Fristbeginn fiel demnach auf den 22. Juni 1998, da ausweislich der insoweit rechtskräftigen Feststellungen des 1. Kartellsenates der Zeuge G... letztmalig an diesem Datum eine Abholung bei der H.... GmbH veranlasste.

Der Lauf der Verjährungsfrist ist rechtzeitig durch die richterliche Durchsuchungsanordnung vom 29. Dezember 2000 (Bl. 1- 3 der Unternehmensakte Berger Beton GmbH) unterbrochen worden, § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG. Die absolute Verjährungsfrist des § 33 Abs. 3 S. 2 OWiG ist bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils noch nicht verstrichen gewesen. Seitdem ist die Verjährung gemäß §§ 33 Abs. 3 S. 3, 32 Abs. 2 OWiG gehemmt.

V.

1.

Bei der Ahndung der von dem Betroffenen ... begangenen Ordnungswidrigkeit hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Den Bußgeldrahmen für die gegen den Betroffenen zu 1) wegen der Aufsichtspflichtverletzung zu verhängende Geldbuße hat der Senat den § 130 Abs. 2 S. 2 , § 17 Abs. 2 OWiG entnommen. Zwar hat sich nach Beendigung der Tat durch das Gesetz zur Einführung des Euro vom 13.12.2001 (BGBl. I 3574) der Bußgeldrahmen des § 130 Abs. 3 S. 1 insofern geändert, als das Höchstmaß von einer Million DM heraufgesetzt wurde auf eine Million Euro. Die für die Bußgeldbemessung zu Lasten des Betroffenen einschlägige Bestimmung des § 130 Abs. 3 S. 2 OWiG erfuhr aber keine inhaltliche Veränderung. Danach bestimmt sich das Höchstmaß wegen der dem Betroffenen ... zur Last fallenden Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung des Zeugen G... angedrohten Höchstmaß.

Dieses beträgt gemäß den §§ 30 Abs. 2 S. 2, 17 Abs. 1 bis 3 OWiG in Verbindung mit § 38 Abs. 4 GWB a.F. 1 Million DM bzw. die dreifache Höhe des Mehrerlöses. Ausweislich der insoweit rechtskräftigen Feststellungen des 1. Kartellsenates belief sich der Mehrerlös auf 300.000 €, so dass das Höchstmaß der Geldbuße für die von dem Zeugen begangene Ordnungswidrigkeit 900.000 € beträgt.

Da dem Betroffene ... nur die fahrlässige Verletzung seiner Aufsichtspflicht zur Last gelegt wird, reduziert sich das Höchstmaß gemäß § 17 Abs. 2 OWiG auf die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages und damit auf 450.000 €.

Bei der Bemessung der Bußgeldhöhe war zu Lasten des Betroffenen das Gewicht der Anknüpfungstat zu berücksichtigen. Auch wenn der Zeuge G... nicht der Initiator der Kartellabsprache war, hat er sich dauerhaft, nämlich über einen Zeitraum von drei Jahren über die Rechtsordnung hinweggesetzt, wobei die Auswirkungen der Abrede und deren Umsetzung beträchtlich waren. Ausweislich der auch insoweit bestandskräftigen Feststellungen des 1. Kartelseenates kam es zu - wenn auch maßvollen - Auswirkungen auf die Preise. Zudem wurde ein Mitwerber vollständig aus dem Wettbewerb gedrängt.

Zu seinen Lasten fällt des weiteren der Grad der Fahrlässigkeit ins Gewicht. Da der Betroffene ... nicht nur keine geeigneten oder wirksamen Kontrollen, sondern keinerlei Aufsichtsmaßnahmen veranlasst hat, hat er sich in einem an vorsätzliches Verhalten grenzenden Ausmaß bedenkenlos verhalten.

Auch wenn eine Minderung der Geldbuße oder gar eine Verfahrenseinstellung wegen einer justizbedingten Verfahrensverzögerung nicht in Betracht kommt, war zu Gunsten des Betroffenen allerdings zu berücksichtigen, dass der Tatvorwurf sich auf einen relativ lang zurückliegenden Zeitraum erstreckt.

Der Senat hielt es zudem für angemessen, sich bei der Bemessung der Geldbuße an der Höhe der gegen den Zeugen G... verhängten Buße zu orientieren, wobei einerseits der höhere Unrechtsgehalt der von diesem begangenen Vorsatztat und andererseits die vom Senat auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung angenommenen besseren Einkommensverhältnisse des Betroffenen ... ins Gewicht fielen.

Nach Abwägung aller für und gegen den Betroffenen sprechenden Umstände hält der Senat eine Geldbuße von 6250 € für erforderlich, aber auch für ausreichend, die Aufsichtspflichtverletzung zu ahnden.

2.

Soweit das Urteil vom 29.Oktober 2003 im Rechtsfolgenausspruch gegen die Nebenbetroffene aufgehoben worden ist, hatte der Senat neu zu erkennen.

Nach der gemäß § 4 Abs. 3 OWiG durchzuführenden Günstigkeitskontrolle war die festzusetzende Geldbuße dem Bußgeldrahmen der §§ 30 Abs. 2 S. 2, 17 Abs. 1 bis Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 38 Abs. 4 GWG a.F. als der milderen und nicht dem § 81 Abs. 4 GWB neuer Fassung zu entnehmen.

Da der Zeuge G... als Prokurist der Nebenbetroffenen eine Ordnungswidrigkeit begangen hatte, durch die Pflichten der Nebenbetroffenen selbst verletzt worden waren, orientiert sich gemäß der Regelung des § 30 Abs. 2 S. 2 OWiG, die durch das Gesetz zur Umstellung des Euro vom 13.12.2001 keine inhaltliche Änderung erfahren hat, das Höchstmaß der Geldbuße gegen die Nebenbetroffene an dem für die Ordnungswidrigkeit angedrohten Höchstmaß.

Dieses betrug gemäß § 38 Abs. 4 GWB a.F. bis zu einer Million DM und darüber hinaus bis zur dreifachen Höhe des Mehrerlöses und damit 900.000 €. Schon bei Ausschöpfung des Regelbußgeldrahmens des § 81 Abs. 4 S. 1 GWB, der Geldbuße bis zu einer Million € vorsieht, kann dieses Höchstmaß überschritten werden, so dass sich die frühere Gesetzeslage für die Bemessung des Höchstmaßes der Geldbuße als günstiger erweist.

Bei der Bemessung der Geldbuße war zu Gunsten der Nebenbetroffenen zu berücksichtigen, dass der Zeuge G... nicht Initiator und Betreiber der wettbewerbswidrigen Abrede war und die Anknüpfungstat mehr als acht Jahre zurückliegt. Zu ihren Lasten fällt zum einen ins Gewicht, dass der Zeuge G... sich über einen erheblichen Zeitraum von drei Jahren pflichtwidrig verhalten hat und zum anderen, dass als Ergebnis der wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen eine - wenn auch maßvolle - Preiserhöhung zu verzeichnen war und die Ausschaltung der H.... GmbH als Wettbewerber erreicht wurde. Schließlich ist zu Lasten der Nebenbetroffenen die nicht unerhebliche Höhe des Mehrerlöses zu berücksichtigen, die ausweislich der den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des Urteils vom 29. Oktober 2003 300.000 € beträgt. 1 Nach Abwägung aller für und gegen die Nebenbetroffene sprechenden Umstände und unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hält der Senat zur Ahndung des Unwertgehaltes der Tat eine Geldbuße in Höhe von 300.000 € für erforderlich und angemessen. Da schon der Grad der Vorwerfbarkeit die Ahndung in Höhe des erzielten Mehrerlöses erfordert, kommt eine - weitergehende - Abschöpfung nicht in Betracht.

VI.

Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf § 46 OWiG, §§ 465 Abs. 1 S. 1, 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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