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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: VI-Kart 14/04 (V)
Rechtsgebiete: GWB, GmbHG, GKG, ZPO


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 2
GWB §§ 35 ff
GWB § 36 Abs. 1
GWB § 36 Abs. 2
GWB § 36 Abs. 2 S. 1
GWB § 36 Abs. 2 S. 2
GWB § 37
GWB § 37 Abs. 1 Nr. 2
GWB § 37 Abs. 1 Nr. 3 b
GWB § 78
GmbHG § 51a Abs. 1
GKG § 12 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1 - 3 und der Beigeladenen zu 4 - 6 wird der Beschluss des Bundeskartellamtes vom 23. April 2004 (B 6 - 56/03) aufgehoben.

II. Das Bundeskartellamt hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Es hat zudem den Beteiligten zu 1 - 3 und den Beigeladenen zu 4 - 6 die ihnen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

III. Der Beschwerdewert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

Gründe: A) Die Beteiligte zu 1, R. T. R. H. GmbH & Co. KG (nachfolgend: "R. T. R."), betreibt selbst sowie über ihre Tochtergesellschaft, die R. T. O.-W. GmbH & Co. KG, auf der Grundlage von Lizenzen der L. f. K. B.-W. (L.) in den Lokalverbreitungsgebieten "L 10 - F." und "L 9 - O.-W." zwei lokale Rundfunk-Sender mit der Bezeichnung "R. T.". An der R. T. R. sind die P.-R. T.-O.-N. (T.) Rundfunkbetriebs GmbH & Co. KG (nachfolgend: P. R. T..) zu 51 %, die H. S. GmbH & Co. KG zu 26,2 %, die S. M.gesellschaft mbH zu 6,4 %, die A. R. GmbH & Co. KG (nachfolgend: "A. KG") zu 3,2 %, sowie noch weitere sieben Gesellschafter beteiligt. Gesellschafter der P.-R. T. sind die Beigeladene zu 5 (M. GmbH, nachfolgend: "M.") und die R. T. R. GmbH (nachfolgend: "R. T. R.") zu je 45,5 % sowie die R.-N.-Zeitung GmbH zu 9 %. Komplementärin (ohne Gesellschaftereinlage) und Geschaftsführerin der KG ist die P.-R. T. Rundfunkbetriebs-Verwaltungs-GmbH, die nach § 10 des KG-Gesellschaftsvertrages für alle "außergewöhnlichen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen" der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Nach § 12 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages wird nach dem Verhältnis der Beteiligung am Kommanditkapital abgestimmt Gemäß § 12 Nr. 4 erfolgt die Beschlussfassung der Gesellschafter mit einer 66 %-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. An der R. T. R. ist die F. N. GmbH zu 97,44 % beteiligt, an der die Dr. H. GmbH zu 66,7 % beteiligt ist. Die M. ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Beigeladenen zu 4 (M.-U GmbH, nachfolgend: "M. U."). Letztere bildet mit der R. KG die Konzernspitze der "R./M. U.-Gruppe". Gesellschafter der R./M. U.-Gruppe sind verschiedene Familienstämme, u.a. die Familie S. (50,5 %). Die R./M. U.-Gruppe ist in den Bereichen Hörfunk, Buchverlage, Schulbuchverlage sowie Herausgabe und Verlag von regionalen Abonnement-Tageszeitungen und Anzeigenblättern tätig. Die M. U. hält - ebenso wie die G. W. V. (G.) - 44,358 % des Kapitals und 44,671 % der Stimmrechte an der Beigeladenen zu 6 (S. M. H. GmbH, nachfolgend: "S."). Die S. unterhält verschiedene Beteiligungen im Presse- und Rundfunkbereich, unter anderem eine 75 %-Beteiligung an der S. V.gesellschaft mbH & Co., in deren Verlag die regionale Abonnement-Tageszeitung "S. Z." erscheint, sowie eine Beteiligung in Höhe von 80 % an der S. N. V. mbH, die die regionale Abonnement-Tageszeitung "S. N." verlegt. Über diese Unternehmensbeteiligungen hat die M. U. eine mittelbare Beteiligung an der A. KG, die u.a. mit flächendeckender Ausstrahlung in das Lokalverbreitungsgebiet "L 7 - N. A." den b. Regionalsender "H. R. A. 1" betreibt. Die Beteiligte zu 2 (L. S. GmbH) ist die Komplementärin der L. S. GmbH & Co. KG (nachfolgend: "L. S."), die bislang eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Beteiligten zu 3 (A. K. Agentur für Werbung, Public-Relations und Funkproduktion GmbH, nachfolgend: A.) war. Muttergesellschaft der A. ist die L. L. R. GmbH (nachfolgend: "L."), deren ebenfalls 100 %ige Muttergesellschaft die Dr. H. GmbH ist. Die L. S. betreibt im Lokalverbreitungsgebiet 7 den lokalen Hörfunk-Sender "R. N. A." (heute: "R. T. N. A."). Aufgrund eines am 17.4.2003 unterzeichneten, durch die kartellbehördliche Unbedenklichkeit aufschiebend bedingten "Beteiligungskaufvertrages" (Bl. 5 - 9 a der Verwaltungsakte) beabsichtigt die R. T. R., von der A. 49 % der Kommanditanteile an der L. S. zu erwerben. Am 28.4.2004 meldete die R. T. R. den Anteilserwerb beim Bundeskartellamt an. Auf seiner Sitzung vom 7.4.2003 hatte der Vorstand der L. die medienrechtliche Unbedenklichkeit der Kooperation des Lokalveranstalters A. mit der R. T. R. festgestellt. Mit der angefochtenen Verfügung hat das Bundeskartellamt den Anteilserwerb untersagt. Dagegen wenden sich die Beschwerden der Beteiligten zu 1 - 3 und der Beigeladenen zu 4 - 6. Die Beschwerdeführerinnen tragen im Wesentlichen vor: Das Bundeskartellamt sei unzuständig, weil der in Rede stehende Anteilserwerb schon durch die L. genehmigt worden sei. Im Übrigen seien die Untersagungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Die vom Amt behaupteten Marktveränderungen fänden nicht statt. Die "Mehrmütterklausel" gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 GWB sei im Verhältnis von M. U. und G. nicht anwendbar, weil die G. kein "Unternehmen" im Sinne der Vorschrift sei. Im Übrigen beherrsche die M. U. die S. weder alleine noch gemeinsam mit der G. und kontrolliere folglich auch nicht die A. KG mit ihrem Sender "H. R. A. 1". Trotz des nach § 36 Abs. 2 S. 2 GWB fingierten herrschenden Einflusses der M. U. auf die L. S. bleibe daher der Wettbewerb zwischen "R. N. A." und "H. R. A. 1" auf dem vom Amt für maßgeblich erachteten Hörfunkwerbemarkt im Lokalverbreitungsgebiet L 7 erhalten. Mit dem Anteilserwerb sei auch keine überragende Marktstellung zugunsten eines der Wettbewerber verbunden. Dies ergebe sich weder aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen noch in Verbindung mit Informationsrechten der A. KG und deren Muttergesellschaft S. M.gesellschaft GmbH aufgrund ihrer Komanditbeteiligungen an der R. T. R.. Die Beschwerdeführerinnen beantragen, den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 23.4.2004 - B 6 56/03, aufzuheben. Das Bundeskartellamt beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen. Das Bundeskartellamt verteidigt die Untersagung und tritt dem Beschwerdevorbringen im Einzelnen entgegen. Marktbeherrschungseffekte im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GWB seien jedenfalls aufgrund von wettbewerbsdämpfenden Rücksichtnahmen gegenüber der M. U. zu erwarten. B) Die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen sind zulässig und begründet. Das Bundeskartellamt hat den in Rede stehenden Anteilserwerb zu Unrecht untersagt. I. 1. Zutreffend hat das Bundeskartellamt allerdings seine Prüfzuständigkeit bejaht. Dass der Anteilserwerb auf der Grundlage des Mediengesetzes des Landes B.-W. von der L. f. K. (L.) genehmigt worden war, stand der fusionskontrollrechtlichen Prüfung durch das Bundeskartellamt nicht entgegen. Die wettbewerbliche Kontrolle von Zusammenschlüssen zwischen Rundfunkunternehmen wird durch die in den Landesgesetzen geregelte medienrechtliche Konzentrationskontrolle nicht berührt. Die GWB-Fusionskontrolle und die medienrechtliche Konzentrationskontrolle haben unterschiedliche Schutzzwecke (vgl. BVerfGE 73, 118, 172 ff). Das Recht der Wettbewerbsbeschränkung schützt vor der Verschlechterung von Marktstrukturen, während die medienrechtliche Konzentrationskontrolle den Erhalt der Meinungsvielfalt im Auge hat. Auch auf Zusammenschlüsse von Rundfunkunternehmen sind daher die Bestimmungen der §§ 35 ff GWB anwendbar (vgl. BGH WuW/E BGH 2627, 2630 - Sportübertragungen; KG WuW/E OLG 4811, 4819 ff - Radio NRW; vgl. auch die Gesetzesbegründung zur 6. GWB-Novelle, BT-Drs. 13/9720, S. 58). Aus der gemäß den unterschiedlichen Regelungsgegenständen parallelen Anwendbarkeit von GWB und Landesmediengesetzen im Bereich der Rundfunkordnung ergibt sich auch die voneinander unabhängige Durchführung der entsprechenden Verwaltungsverfahren durch die zuständigen Kartell- und Medienbehörden (vgl. BGH a.a.O.) 2. Der intendierte Anteilserwerb ist ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 GWB. Erfüllt ist zum Einen § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB (Kontrollerwerb). Der Erwerb der 49 % Anteile an der L. S. durch R. T. R. führt zur Kontrolle über die L. S. durch zwei Unternehmen (A. und R. T. R.) über die Gesamtheit des Unternehmens der L. S.. Die Kontrolle wird durch die Stimmrechte begründet, die dazu führen, dass R. T. R. und A. gemeinsam einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit der L. S. ausüben. Die L. S. ist eine "Einheits-KG", bei der einzige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH die L. S. KG selbst ist. Beschlüsse der GmbH werden in allen Angelegenheiten der GmbH durch die Komanditisten der KG getroffen (§ 7 des GmbH-Gesellschaftsvertrages). Die Beschlussfassung der KG-Gesellschafter erfolgt mit 80 %-Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 11 Abs. 4 des KG-Vertrages), so dass nur die beiden einzigen Kommandisten - A. und R. T. R. - gemeinsam wirksam Beschlüsse fassen können und die L. S. gemeinsam kontrollieren. Diese Kontrolle soll nach dem Willen von A. und R. T. R. stets in einem Gleichklang erfolgen. Beide Unternehmen haben eine Stimmrechtsvereinbarung getroffen, nach der sie sich verpflichten, in der Gesellschafterversammlung der L. S. einen einheitlichen Standpunkt zu vertreten und eine einheitliche, gleichgerichtete Stimme abzugeben. Ferner ist der Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 3 b GWB erfüllt. Die R. T. R. soll mehr als 25 % des Kapitals und auch der Stimmrechte an der L. S. erwerben. 3. Ebenfalls zutreffend hat das Bundeskartellamt den vom Zusammenschluss betroffenen räumlich und sachlich relevanten Markt abgegrenzt. Sachlich betroffen ist der lokale Hörfunkwerbemarkt. Räumlich betroffen ist das Lokalverbreitungsgebiet "L 7 - N. A." mit den Landkreisen T., R. und Z.-A.-Kreis. Auf diesem Markt agieren die A. KG und die L. S. als einzige Anbieter. Den nachfragenden, lokal orientierten Unternehmen stehen andere Anbieter von lokalen Hörfunkwerbezeiten nicht als Alternative zur Verfügung. Abzustellen ist insoweit auf das Kernverbreitungsgebiet des jeweiligen Senders, da ein lokaler orientierter Hörfunksender in erster Linie nur Hörer in seinem Kernverbreitungsgebiet anspricht und er demnach auch nur dort eine für Werbekunden interessante Reichweite hat. Im Streitfall bilden demnach lokale und regionale Belegungseinheiten, die das Lokalverbreitungsgebiet L 7 im Wesentlichen abdecken, den in Betracht zu ziehenden Markt. Bedeutende Anbieter sind insoweit nur "H. R. A. 1" und "R. N. A.". Die Sender "R. N.", "R.T. R.", "D. n. 1..", "D. 3 F." bilden das Gebiet L 7 in zu geringem Umfang ab. "R. R." hat sein Kernsendegebiet in der Region mit den Städten K., P., R., B.-B. und O., also außerhalb des Raumes L 7. Der im Gebiet L 7 weithin empfangbare Sender "B.F." ist ein Jugendsender mit völlig anderem Hörerkreis. Neben den genannten privaten Hörfunksendern sind zwar noch flächendeckend im Gebiet L 7 die Sender des S. R. mit den Programmen S. 1, S. 3 und S. 4 zu empfangen. Diese bieten aber keine lokal focussierten Werbemöglichkeiten an. Ihre landesweit ausgestrahlten Werbespots sind deutlich teuer. Zwar ist nicht auszuschließen, dass künftig einer der S.-Sender eine flächendeckende Alternative zu "R. N. A." und "H. R. A. 1" repräsentieren wird; für die nähere Zukunft zeichnet sich dies indes nicht ab. 4. Die angefochtene Verfügung ist jedoch aufzuheben, weil es an den übrigen Untersagungsvoraussetzungen fehlt. Ein Zusammenschluss ist nach § 36 Abs. 1 GWB zu untersagen, wenn von ihm zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, es sei denn, mit ihm wären Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen verbunden, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Die zusammenschlussbedingte Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung muss dabei grundsätzlich aufgrund konkreter Umstände alsbald und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BGH WuW/E 1501 ff, 1507 - Kfz-Kupplungen). Marktbeherrschungseffekte des Zusammenschlusses, die bei dritten Unternehmen eintreten, reichen hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. KG WuW/E 2259 ff, 2261 - Siegerländer Transportbeton; Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 36 Rdn. 5), es sei denn, die Dritten sind mit den zusammenschlussbeteiligten Unternehmen im Sinne des § 36 Abs. 2 GWB oder sonst gesellschaftsrechtlich verbunden (vgl. Senat WuW/E DE-R 647 ff, 656 - OTZ; Mestmäcker/Veelken in Immenga-Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 36 Rdn. 131, 132; Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 20 Rdn. 110; a. A. Bechtold, GWB, 3. Aufl. § 36 Rdn. 5). Im Streitfall scheitert die Untersagung daran, dass für keines der in Betracht kommenden Unternehmen - M. U., L. S. und A. KG - prognostiziert werden kann, dass eine marktbeherrschende Stellung auf dem Hörfunkwerbemarkt im Lokalverbreitungsgebiet L 7 im Sinne des § 36 Abs. 1 GWB begründet oder verstärkt werden wird. a) Der beabsichtigte Anteilserwerb führt allerdings dazu, dass die M. U. über die M., die R. T. und die R. T. R. das Zielunternehmen L. S. gemeinsam mit der P. R. T. kontrolliert und damit mittelbar auch den Sender "R. N. A.". Gemäß § 12 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der R. T. R. kontrollieren R. T. und M. U. (diese über ihre 100 %-Tochter M.) aufgrund des 66 %-Quorums gemeinsam die P. R. T., die ihrerseits 51 % der Anteile an der R. T. R. hält. Mit Blick auf § 10 Abs. 1 Buchst. j), k), l) und m) in Verbindung mit § 12 Abs. 4 (55 %-Quorum) des Gesellschaftsvertrages der L. S. besteht nach dem beabsichtigten Anteilserwerb eine gemeinschaftliche Kontrolle von A. und der R. T. R. über die L. S. als Betreiberin des Senders "R. N. A.". b) Dies würde zu einer marktbeherrschenden Stellung der M. U. auf dem lokalen Hörfunkwerbemarkt im Sendegebiet L 7 führen, wenn die M. U. fusionsrechtlich vermittelt über die A. KG ("H. R. A. 1") als einzige weitere Anbieterin von Hörfunkwerbezeiten im Sendegebiet L 7 anzusehen wäre. Die L. S. ("R. N. A.") wäre dann aufgrund der doppelten Beherrschung durch die M. U. voraussichtlichlich keinem wesentlichen Wettbewerb i. S. d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 GWB mehr ausgesetzt. Von Letzterem kann jedoch nicht ausgegangen werden. aa) Die M. U. ist nur mittelbar über die S. und deren Tochtergesellschaften an der A. KG beteiligt. Entgegen der Ansicht des Bundeskartellamtes kann nicht angenommen werden, dass sie in Bezug auf die S. gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 GWB als ein (mit-) herrschendes Unternehmen gilt und deswegen mit der S. und der A. KG nach § 36 Abs. 2 S. 1 GWB ein einheitliches Unternehmen bildet. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die "Mehrmütterklausel" des § 36 Abs. 2 S. 2 GWB mit Blick auf die von den Beteiligten kontrovers diskutierte "Unternehmens"-Eigenschaft der G. im Streitfall überhaupt anwendbar ist. Denn jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass die M. U. und die G. im Sinne des § 36 Abs. 2 S. 2 GWB derart zusammenwirken, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf die S. ausüben können. Erforderlich hierfür wäre eine gesicherte gemeinsame Beherrschungsmöglichkeit. Sie wird in der Regel durch eine Vereinbarung begründet. Ausreichend kann auch ein tatsächliches Verhältnis sein, aufgrund dessen eine gesicherte einheitliche Einflussnahme mehrerer Unternehmen auf der Grundlage einer auf Dauer angelegten Interessengleichheit zu erwarten ist (vgl. BGH WuW/E 2810 ff, 2811 - Transportbeton Sauerland). Dabei reicht das bloße Nebeneinander von Beteiligungen nicht aus, auch nicht im Falle von 50 : 50-Beteiligungen. Vielmehr müssen zu der gesellschaftlichen Verbundenheit besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH WuW/E 1608 ff, 1611 - WAZ; WuW/E 2321 ff, 2322 - Mischguthersteller), die für die Zukunft einen dauerhaften Interessengleichklang der herrschenden Unternehmen erwarten lassen. Im Streitfall haben M. U. und G. keine gemeinsame Beherrschung der S. vereinbart. Auch sonst liegt zwischen ihnen kein Verhältnis vor, das auf eine dauerhafte gemeinsame Beherrschung der S. schließen lassen könnte. Gemeinsamkeiten ergeben sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der S.. Ebensowenig sind über die Mitgesellschafterinteressen hinausgehende gemeinsame Ziele und Motive von M. U. und G. bekannt. Die Struktur der G. spricht eher gegen die Möglichkeit einer hinreichend gesicherten Abstimmung. Viele G.-Mitglieder sind oder waren im Verlagswesen tätig und kommen als aktuelle oder potentielle MItbewerber der M. U. in Betracht. Ferner erschwert die Vielzahl der G.-Mitglieder ein dauerhaft und gleichgerichtetes Abstimmungsverhalten. Zwar wird die G. in der S. mit "einer Stimme" vertreten, diese hat jedoch den Willen der Mehrheit innerhalb der G. zu beachten. Von einem dauerhaften Zusammenwirken kann auch nicht mit der Begründung ausgegangen werden, dass zwischen G. und M. U. ein faktischer Einigungszwang bestünde. Nach den Bestimmungen des S.-Gesellschaftsvertrages besteht für G. und M. U. keine Notwendigkeit, in wichtigen Fragen eine Einigung zu suchen, um den S.-Geschäftsbetrieb sinnvoll aufrechtzuerhalten. Im Übrigen bestätigen die diesbezüglichen detaillierten und ausgewogenen Vertragsregelungen nur, dass G. und M. U. für den Konfliktfall Vorsorge treffen wollten und daher gerade nicht von einem dauerhaften Interessengleichklang ausgegangen sind. Nach dem Gesellschaftsvertrag bedarf die Geschäftsführung der S. in wesentlichen Fragen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, in der G. und M. U. zu jeweils 44,358 % vertreten sind, und deren Beschlüsse eine 2/3 Mehrheit mit Ausnahme von Wahl und Abberufung der Geschäftsführer (hier: einfache Mehrheit) erfordern. Die 2/3-Mehrheit kann zwar nur bei einer gleichgerichteten Abstimmung von G. und M. U. erreicht werden. Ein Einigungszwang folgt daraus aber nicht, weil jedenfalls über den "erweiterten Aufsichtsrat" ein streitiger Entscheidungsweg vorgesehen ist. Neben der S.-Gesellschafterversammlung besteht ein sechsköpfiger Aufsichtsrat, der die S.-Geschäftsführung berät und überwacht. Nach § 11 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (Anlage B 1, GA 102 ff) unterliegen die in der Geschäftsordnung der Geschäftsführung enthaltenen Gegenstände der Zustimmung des Aufsichtsrates. Aufgrund ihrer Beteiligungen haben die M. U. und die G. das Recht, je drei Mitglieder des Aufsichtsrates vorzuschlagen. Der Aufsichtsrat entscheidet mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Nach § 10 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrages entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Nach § 10 a Abs. 1 kann in diesem Falle ein überstimmtes Aufsichtsratsmitglied durch Erklärung gegenüber der Gesellschaft den "erweiterten Aufsichtsrat" anrufen, der aus den sechs ständigen und drei weiteren Mitgliedern besteht. Die drei weiteren Mitglieder dürfen weder Gesellschafter noch deren Angehörige, keine Inhaber, Gesellschafter oder Mitarbeiter von Verlagen oder Regierungsmitglieder oder Beamte sein. Die weiteren Mitglieder werden von den sechs ständigen Mitgliedern gewählt. Wird hierüber keine Einigung erzielt, darf jede Dreier-Gruppe im Aufsichtsrat ein Mitglied ernennen und um die Ernennung des Dritten den Präsidenten des Oberlandesgerichts Stuttgart ersuchen. Im erweiterten Aufsichtsrat werden die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst. Mithin hängen im Endergebnis die für die S. wesentlichen Entscheidungen von den drei weiteren Aufsichtsräten oder dem dritten (neutralen) Aufsichtsrat ab und können insoweit streitig entschieden werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Regelungen der §§ 10, 10 a des Gesellschaftsvertrages von G. und M. U. nur zum Schein vereinbart worden wären. Dass der erweiterte Aufsichtsrat erst in einem Fall angerufen worden ist, steht der Ernstlichkeit des Regelwerkes nicht entgegen. Die erfolgte Anrufung in einem Fall bestätigt vielmehr, dass G. und M. U diesen Weg der Streitentscheidung für gangbar halten. Dass es bislang bei einem Fall geblieben ist, kann sachliche Gründe gehabt haben. Auch sonst gibt es keinerlei Hinweise, dass der Entscheidungsweg über den erweiterten Aufsichtsrat im Bedarfsfalle von G. und M. U. künftig nicht gesucht werden wird. Soweit das Amt auf § 5 Abs. 1 des S.-Gesellschaftsvertrages verweist, wonach die Verteilung der Geschäftsanteile künftig von dem Grundsatz bestimmt werde soll, dass das Beteiligungsverhältnis der zwei Gesellschafter mit Geschäftsanteilen von mehr als 25 % untereinander nach Möglichkeit erhalten bleibt, wird daraus zwar das Interesse an einer paritätischen Anteilsverteilung zwischen G. und M. U. erkennbar. Dieses Bestreben erlaubt aber nicht den Schluss, dass M. U. und G. künftig einheitlich und gleichgerichtet abstimmen werden. Vielmehr sind beide Unternehmen offenbar daran interessiert, keiner Seite ein Übergewicht zu geben. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 S. 2 GWB liegen somit für die M. U. schon auf der Ebene der S. nicht vor, so dass es keiner weiteren Prüfung bedarf, ob eine Unternehmensverbundenheit nach § 36 Abs. 2 GWB auch mit Blick auf die der S. nachgeordneten Unternehmen bis hin zur A. KG gegeben ist (vgl. die Übersicht Bl. 94 der Amtsakte). bb) Das Bundeskartellamt meint, dass im Falle einer Verneinung des § 36 Abs. 2 S. 2 GWB jedenfalls aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Verhältnisse Marktbeherrschungseffekte zugunsten der beteiligten Unternehmen eintreten werden. Auch dieser Annahme vermag der Senat nicht beizutreten. (1) Wie bereits weiter oben ausgeführt, gilt die M. U. für die Zwecke der Fusionskontrolle als ein die P. R. T. und damit die R. T. R. beherrschendes Unternehmen, wobei diese Beherrschung bis zur L. S. ("R. N. A.") durchgreift. Aufgrund des Anteilserwerbes gelten M. U. und L. S. mithin als einheitliches Unternehmen (§ 36 Abs. 2 S. 1 GWB). Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass diese so verbundenen Unternehmen durch die übrigen Verflechtungen der M. U. mit der R./M. U.-Gruppe eine marktbeherrrschende Stellung auf dem relevanten Hörfunkwerbemarkt im Gebiet L 7 erhielten. Ohne Erfolg verweist das Bundeskartellamt auf zu erwartende Rücksichtnahmen zu Gunsten der M. U., die seiner Ansicht nach wettbewerbsdämpfend wirken sollen. Einziger Wettbewerber der L. S. ist die A. KG als Betreiberin des Senders "H. R. A. 1". Insoweit ist jedoch nicht erkennbar, welche konkreten "wettbewerbsdämpfenden Rücksichtnahmen" die A. KG auf die M. U. nehmen sollte und wer sie hierzu dauerhaft veranlassen könnte. Die A. KG ist zunächst ihren unmittelbaren Gesellschaftern verantwortlich, während die M U. nur mittelbar über mehrere Zwischengesellschaften an der A. KG (minderheits-) beteiligt ist, auf der letzten Stufe über die S. Innerhalb der S. steht ihr mit der außerhalb der R./M. U.-Gruppe angesiedelten G. ein gleichstarker Mitgesellschafter gegenüber, der ein wirtschaftliches Interesse am Erfolg der A. KG haben muss. Im Hinblick hierauf ist nicht ersichtlich, weshalb und auf wessen Veranlassung sich die A. KG dauerhaft zugunsten der M. U. aus dem Wettbewerb auf dem hier interessierenden Hörfunkwerbemarkt im Verbreitungsgebiet L 7 zurückziehen sollte. Soweit dennoch eine gewisse wettbewerbsdämpfende Rücksichtnahme auf die M. U. bestehen sollte, müßten die damit verbundenen Marktbeherrschungseffekte die Spürbarkeit des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB erreichen. Auch hiervon kann aus heutiger Sicht keine Rede sein. Ebensowenig kann festgestellt werden, dass die M. U./L. S. aufgrund weiterer Verflechtungen der M. U. eine überragende Marktstellung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB erhielte. Auch für das Vorliegen anderer insoweit relevanter Faktoren (z. B. Zugänge zu Absatz- und Beschaffungsmärkten, Kapazitäten oder fremden Ressourcen, Synergieeffekte) ist im Streitfall nichts ersichtlich. (2) Auch mit Blick auf für die A. KG günstige Markteffekte kann eine zusammenschlussbedingte Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht angenommen werden. Die A. KG ist an dem beabsichtigten Zusammenschluss insoweit beteiligt, als sie einen Kommanditanteil von 3,2 % an der R. T. R. hält. Ferner ist sie mit der M. U. gesellschaftsrechtlich verbunden, die ihrerseits die R. T. R. mitbeherrscht. Die Verflechtungen der M. U. rechtfertigen jedoch nicht die Prognose, dass die A. KG durch den Anteilserwerb eine marktbeherrschende Stellung erlangen wird. Zwar ist die M. U. sowohl an der A. KG als auch an der L. S. mittelbar beteiligt. Damit ist jedoch nicht festgestellt, dass die A. KG auf dem Hörfunkwerbemarkt im Lokalverbreitungsgebiet L 7 keinem wesentlichen Wettbewerb nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB mehr ausgesetzt sein wird. Es ist nicht zu erwarten, dass sich die L. S. wegen der mittelbaren Mitbeteiligung der M. U. ganz oder teilweise aus dem Wettbewerb zurückziehen wird. Zwar kann die M. U. über ihre 100 %ige Tochter M. die L. S. mitkontrollieren. Indes wird die L. S. (mindestens) genauso stark von den Unternehmen der Dr. H.-Gruppe (A., R. T. R. GmbH) beherrscht. Wettbewerbliche Verzichte oder Rücksichtnahmen zu Gunsten der A. KG werden sich daher bei der L. S. kaum durchsetzen lassen. Nach den unwidersprochenen Angaben der Beschwerdeführerinnen in der Senatssitzung ist es Ziel des Anteilserwerbes, die wettbewerbliche und finanzielle Lage der L. S. durch die Kennzeichnungskraft des Zeichens "R. T." zu stärken. Tatsächlich hat die L. S. diesen Zeichenbestandteil noch in 2003 in die Bezeichnung "R. T. N. A." aufgenommen (vgl. Internetseite Bl. 77 der Verwaltungsakte). All dies dokumentiert den ernstlichen Wettbewerbswillen der L. S., auch gegenüber der A. KG. Bei dieser Sachlage kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass sich Rücksichtnahmen auf die M. U. derart auswirken werden, dass die A. KG im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB keinem wesentlichen Wettbewerb mehr ausgesetzt sein wird. Im Übrigen ist auch hier nicht ersichtlich, welche "wettbewerbsdämpfenden Rücksichtnahmen" konkret und mit den Spürbarkeitsfolgen des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB in Frage kommen sollen. Damit lässt sich ebenso wenig annehmen, dass der A. KG aufgrund von Verflechtungen der M. U. eine überragende Marktstellung auf dem Hörfunkwerbemarkt im Lokalsendegebiet L7 erwachsen wird (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Die Entstehung einer zusammenschlussbedingten überragenden Marktstellung der A. KG ist auch dann nicht zu erwarten, wenn man hinzunimmt, dass die A. KG (3,2 %) und ihre Muttergesellschaft, die S. M. GmbH (6,4%), als Kommanditisten an der R. T. R. beteiligt sind. Das Amt meint, die A. KG könne auf diesem Wege bedeutsame Informationen über das Wettbwerbsverhalten der L. S. erhalten. Indes würde ein Auskundschaften der L. S. auf beachtliche rechtliche und tatsächliche Grenzen stoßen. Die A. KG und die S. M. GmbH könnten mit Blick auf die rechtliche Konstruktion der L. S. als eine Einheits-KG bestenfalls Informationsrechte erhalten, wie sie ein GmbH-Gesellschafter gegegenüber dem Geschäftsführer hätte (vgl. OLG Hamm, DB, 1986, 581). Gemäß § 51a Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Indes dürfen sie die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Über die endgültige Ablehnung entscheidet die Gesellschafterversammlung. Im Hinblick hierauf ist im Streitfall zu erwarten, dass die Mehrheit der Gesellschafter in der R. T. R. ein wettbewerbsschädliches Auskunftschaften der L. S. zurückweisen und die Auskunftserteilung ablehnen wird. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass derartige Auskunftsersuchen geeignet sein werden, der A. KG auf Dauer wettbewerbliche Vorteile mit der Folge einer überragenden Marktstellung zu verschaffen. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB. Das Bundeskartellamt hat als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tagen. Es hat darüber hinaus aus Gründen der Billigkeit den obsiegenden Beschwerdeführerinnen die ihnen in der Beschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Gemäß § 12 a Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO bemisst sich im Verfahren über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörde der Gegenstandswert nach dem wirtschaftlichen Interesse, welches die beschwerdeführende Partei mit ihrem Rechtsmittel verfolgt. Diesen Interesse haben die Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf 100.000 EUR beziffert. III. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass. Der Streitfall wirft keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB) auf. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 74 Abs. 2 Nr. 2 GWB).

Ende der Entscheidung

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