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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: VI-Kart 19/07 (V) (1)
Rechtsgebiete: GG, GWB, GlüStV, LGlüG RP


Vorschriften:

GG Art. 20 Abs. 1
GG Art. 31
GWB §§ 35 ff.
GWB § 130 Abs. 1
GlüStV § 4 Abs. 4
GlüStV § 10 Abs. 1
GlüStV § 10 Abs. 2
GlüStV § 25 Abs. 3
LGlüG RP § 5 Abs. 1
LGlüG RP § 5 Abs. 2
1. Die Entscheidung der Bundesländer in § 10 Abs. 2 GlüStV und des Landes Rheinland-Pfalz in § 5 Abs. 1 LGlüG zur Errichtung eines staatlichen Glücksspielmonopols unterliegt als hoheitliche Maßnahme des Gesetzgebers nicht dem Kartellrecht und ist demgemäß auch vom Bundeskartellamt hinzunehmen.

2. Als rein hoheitliche Maßnahme des Gesetzgebers ist ebenso die konkrete Ausgestaltung des staatlichen Glücksspielmonopols durch das Land Rheinland-Pfalz dem Kartellrecht und der kartellbehördlichen Überprüfung entzogen. Dies gilt sowohl für die in § 5 LGlüG RP vorgesehenen verschiedenen Ausgestaltungsvarianten des staatlichen Monopols als auch für die konkrete Auswahlentscheidung des Finanzministeriums des Landes Rheinland-Pfalz, sich zur Durchführung der öffentlichen Glücksspiele der Lotto GmbH zu bedienen und hierzu eine beherrschende Stellung des Landes in der Gesellschaft zu begründen.

3. Die Regelungen des Landesglückspielrechts treten nicht nach dem in Art. 31 GG normierten Grundsatz, wonach Bundesrecht entgegenstehendes Landesrecht bricht, hinter dem Kartellrecht zurück.

4. Ebenso wenig ist der Landesgesetzgeber aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens (Art. 20 Abs. 1 GG) verpflichtet, bei der Ausgestaltung seines Glücksspielrechts diejenige Alternative zu wählen, die mit den Zielen der Zusammenschlusskontrolle übereinstimmt.

5. Da das Bundeskartellamt die vom rheinland-pfälzischen Gesetzgeber getroffene Entscheidung hinzunehmen hat, dass ein staatliches Glücksspielmonopol eingerichtet wird und die öffentlichen Glücksspiele durch die vom Land RP beherrschte Lotto GmbH durchgeführt werden sollen, kann der zur Umsetzung dieser hoheitlichen Maßnahme erforderliche Anteilserwerb des Landes nicht der kartellbehördlichen Zusammenschlusskontrolle unterworfen werden.


Tenor:

I. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluss des Bundeskartellamtes vom 29. November 2007 (B 6 - 92763 - Fa - 158/07) aufgehoben.

II. Das Bundeskartellamt trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Es hat zudem den Beteiligten zu 1. und zu 2. die im Beschwerdeverfahren zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5 Mio. € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin zu 2. (nachfolgend: Lotto GmbH) betreibt im Bereich der Gebietskörperschaft des Beschwerdeführers zu 1. (nachfolgend Land RP) als von diesem betrautes Unternehmen nach dem Landesglücksspielgesetz des Landes RP unter anderem verschiedene Glücksspiellotterien. Derzeit betreibt sie aufgrund staatlicher Konzessionsbescheide des Landes RP die Lotterien und Wettspiele GlücksSpirale, Zahlenlotterie 6 aus 49, Super 6, Spiel 77, Zahlenlotterie Keno, Plus 5, Losbrieflotterie (Rubbellose), Fußballtoto-Auswahlwette, Fußballtotoergebniswette und Oddset-Sportwette. Gesellschafter der Lotto GmbH sind die Beteiligten zu 3. bis 5.

Das Land RP beabsichtigt, von den Beteiligten zu 3. bis 5. insgesamt 51 % der Anteile der Lotto GmbH zu übernehmen, um darüber einen maßgeblichen Einfluss auf das Glücksspiel in Rheinland-Pfalz nehmen zu können.

Hintergrund für das Übernahmevorhaben sind Regelungen im Staatsvertrag der Bundesländer zum Glücksspielwesen in Deutschland aus dem Jahr 2007 (GlüStV) und des Ratifizierungsgesetzes des Landes RP zu diesem Vertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG). Ziel des Glückspielstaatsvertrages sind gemäß seines § 1 unter anderem, "das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen" und "das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere das Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern".

In § 10 GlüStV heißt es hierzu weiter:

"(1) Die Länder haben zur Erreichung der Ziele des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen. (...)

(2) Auf gesetzlicher Grundlage können die Länder diese öffentliche Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen."

§ 25 Abs. 3 GlüStV ergänzt diese Regelung wie folgt:

"Abweichend von § 10 Abs. 2 kann das Land Rheinland-Pfalz seine Aufgabe nach § 10 Abs. 1 durch ein betrautes Unternehmen wahrnehmen."

In § 5 des Landesglücksspielgesetzes hat das Land RP zur Umsetzung vorgenannter Bestimmungen folgende Regelungen getroffen:

"(1) Die in Rheinland Pfalz zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen öffentlichen Glücksspiele werden vom Land selbst unmittelbar oder mittelbar über die Süddeutsche Klassenlotterie veranstaltet. Die Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe obliegt dem für das Lotteriewesen zuständigen Ministerium; dieses kann sich zur Durchführung der unmittelbar vom Land veranstalteten öffentlichen Glücksspiele einer privatrechtlichen Gesellschaft bedienen, die vom Land beherrscht wird.

(2) Das Land wird ermächtigt, ... einen geeigneten Dritten mit der Durchführung der unmittelbar vom Land veranstalteten öffentlichen Glücksspiele hoheitlich zu beleihen.

(5) Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Halbsatz 2 werden die vom Land unmittelbar veranstalteten öffentlichen Glücksspiele von der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH durchgeführt. § 25 GlüStV bleibt unberührt."

Das Bundeskartellamt hat mit dem angefochtenen Beschluss die Übernahme der Anteile untersagt, da durch sie eine marktbeherrschende Stellung der Lotto GmbH auf dem Markt für Lotterien in Rheinland-Pfalz verstärkt werde. Es stützt sich zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass das Land RP an dem größten Wettbewerber der von der Lotto GmbH veranstalteten Lotterien, der Süddeutsche Klassenlotterie (nachfolgend SKL), beteiligt sei. Die SKL wird von den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz gemeinsam betrieben. Der Anteil des Landes RP an der SKL beträgt nominal 6 %, in dem für die SKL zuständigen Staatslotterieausschuss beträgt er nach dem Stimmverhältnis im Bundesrat gewichtete 13,8 %. Das Bundeskartellamt nimmt neben dem Anwachsen der Marktmacht der Lotto GmbH in Rheinland-Pfalz durch die Beteiligung des Landes RP als Anteilseigner der SKL des weiteren eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung deshalb an, weil mit dem Land RP die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für das Lotteriewesen sowie ein Gesellschafter mit großer Finanzkraft Mehrheitsgesellschafter der Lotto GmbH würde. Zudem erwartet das Amt, dass die Koordinierung der Tätigkeiten der Landeslottogesellschaften der an der SLK beteiligten Bundesländer über die SKL zunehmen werde, da nach dem Zusammenschluss auch die Lotto GmbH einbezogen werden könnte.

Das Land RP und die Lotto GmbH haben gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Sie wenden sich ausführlich gegen die Feststellungen und Beurteilungen des Amtes im Hinblick auf eine marktbeherrschende Stellung der Lotto GmbH und eines Zuwachses an Marktmacht durch den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung durch das Land RP.

Im Wesentlichen machen sie jedoch geltend, die Regelungen der Zusammenschlusskontrolle seien vorliegend nicht anwendbar, da die Übernahme der Anteile an der Lotto GmbH durch das Land RP hoheitlich, nämlich durch den zwischen allen Bundesländern geschlossenen Glücksspielstaatsvertrag und das Landesglücksspielgesetz des Landes RP, vorgegeben sei. Die Regelungen des Staatsvertrages und des Landesgesetzes ihrerseits beruhten auf Vorgaben sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH). Diese hätten ein staatliches Glücksspielmonopol nur bei einer konsistenten und an den Zielen der Spielsuchtbekämpfung ausgerichteten Organisation für zulässig erachtet. Einzig in Rheinland-Pfalz sei mit der Lotto GmbH noch ein rein privatrechtliches Unternehmen mit der Ausrichtung von Glücksspielen betraut. Nur der vom Amt untersagte Anteilserwerb könne eine einheitliche bundesweite Organisation sicher stellen, die den Anforderungen der Gerichte an ein Glücksspielmonopol genügten.

Auch habe die EU-Kommission § 25 Abs. 3 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder, der dem Land RP zugestehe, die Aufgaben des Staatsvertrages (weiterhin) durch ein betrautes Unternehmen durchführen zu lassen, mehrfach, zuletzt mit Brief an die Bundesregierung vom 1. Februar 2008, gerügt, da diese Regelung einem privaten Unternehmen ohne Ausschreibung ein Monopol zuweise. Dieser Rüge könne ebenfalls allein durch eine Übernahme der Anteilsmehrheit an der Lotto GmbH durch das Land RP begegnet werden.

Die Beschwerdeführer beantragen,

die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes vom 29.11.2007 aufzuheben.

Das Bundeskartellamt beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen

Das Amt verteidigt den angefochtenen Beschluss. Es vertieft seinen Vortrag und ist insbesondere der Ansicht, die kartellrechtlichen Bestimmungen zur Zusammenschlusskontrolle seien auf den vorliegenden geplanten Anteilserwerb anwendbar, da das Kartellrecht als Bundesrecht dem Landeslottorecht nach Art. 31 GG vorgehe. Jedenfalls sei das Land im Rahmen seiner Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten verpflichtet, bei der Ausgestaltung des Glücksspielmonopols diejenige Alternative zu wählen, die zu den geringsten wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind begründet. Die angefochtene Untersagungsentscheidung ist gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GWB aufzuheben, weil das Bundeskartellamt zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Vorschriften der Fusionskontrolle gemäß §§ 35 ff. GWB ausgegangen ist. Das Zusammenschlussvorhaben ist der Fusionskontrolle entzogen, weil es der Umsetzung einer hoheitlichen Maßnahme des rheinland-pfälzischen Gesetzgebers auf dem Gebiet des Lotterierechts dient, die ihrerseits nicht der kartellbehördlichen Kontrolle unterworfen ist. Das Bundeskartellamt muss hinnehmen, dass sich Rheinland-Pfalz in Ausübung seiner hoheitlichen Befugnisse entschieden hat, ein staatliches Lotteriemonopol zu schaffen, wobei die Durchführung der Lotterieveranstaltung durch die staatlich beherrschte "Lotto Rheinland-Pfalz GmbH" erfolgen soll. Dies schließt denknotwendig die Kompetenz der Kartellbehörde aus, den zur Herbeiführung und Umsetzung dieses staatlichen Glücksspielmonopols erforderlichen Anteilserwerb aus kartellrechtlichen Gründen zu untersagen.

Im Einzelnen:

A.

Die Beschwerde verfolgt die Freigabe des vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschlussvorhabens. Für die Beschwerdeentscheidung des Senats kommt es deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an. Dementsprechend ist für die rechtliche Beurteilung nicht auf den Lotteriestaatsvertrag, sondern auf den zum 1.1.2008 in Kraft getretene und durch das Landesglücksspielgesetz RP vom 3.12.2007 in Landesrecht transformierte Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sowie hinsichtlich der ergänzenden Regelungen auf das genannte Landesglücksspielgesetz RP (LGlüG) abzustellen.

B.

Nach den zitierten Landesgesetzen (GlüStV, LGlüG) stellt sich die in Rheinland-Pfalz normierte Gesetzeslage - soweit sie vorliegend von Interesse ist - folgendermaßen dar:

§ 10 Abs. 2 GlüStV sieht für sämtliche 16 Bundesländer ein staatliches Glücksspielmonopol vor. Die Vorschrift ordnet an, dass die Länder die öffentliche Aufgabe der Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielsangebots (§ 10 Abs. 1 GlüStV) selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften erfüllen, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind.

Das LGlüG hat diese Rechtslage für Rheinland-Pfalz in Landesrecht transformiert. Zum einen hat das Landesparlament in § 1 LGlüG dem GlüStV zugestimmt. Zum anderen wiederholt, konkretisiert und ergänzt § 5 LGlüG die vorstehend beschriebene Normlage nach dem GlüStV:

§ 5 Abs. 1 Satz 1 LGlüG wiederholt die gesetzgeberische Entscheidung für ein staatliches Glücksspielmonopol. Nach der Vorschrift werden in Rheinland-Pfalz die zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots erforderlichen öffentlichen Glücksspiele vom Land selbst veranstaltet, und zwar entweder unmittelbar oder mittelbar über die Süddeutsche Klassenlotterie, einer Anstalt des öffentlichen Rechts.

§ 5 Abs. 1 Satz 2 LGlüG sieht zum staatlichen Glücksspielmonopol ergänzend die Möglichkeit vor, dass sich das Land für die unmittelbar veranstalteten öffentlichen Glücksspiele einer von ihm beherrschten privatrechtlichen Gesellschaft bedienen kann, die die Durchführung der Lotterieveranstaltung übernimmt. Dazu konkretisierend sieht § 5 Abs. 5 Satz 1 LGlüG vor, dass die privatrechtliche "Lotto Rheinland-Pfalz GmbH" das Lottogeschäft des Landes durchführt, sofern und sobald das Land Rheinland-Pfalz einen beherrschenden Einfluss auf diese Gesellschaft erlangt hat. Die Gesetzesformulierung ("werden .... von der Lotto Rheinland-Pfalz .... durchgeführt) legt dabei die Deutung nahe, dass es sich nicht nur um eine von mehreren möglichen Ausgestaltungsvarianten, sondern um die vom Gesetzgeber bevorzugte handelt, wenngleich die letzte Auswahlentscheidung der Exekutive verbleibt.

§ 5 Abs. 2 LGlüG regelt ferner die Möglichkeit, die staatlichen Glücksspiele durch einen hoheitlich Beliehenen durchführen zu lassen. § 5 Abs. 5 Satz 2 LGlüG verweist schließlich auf § 25 GlüStV und nimmt damit auch (und vor allem) auf die dort geregelte Möglichkeit Bezug, das rheinlandpfälzische Lottogeschäft durch einen betrauten Dritten erledigen zu lassen.

Die Sicherstellung einer ausreichenden Glücksspielangebots in Rheinland-Pfalz obliegt nach § 5 Abs. 1 Satz 2 LGlüG dem für das Lotteriewesen zuständigen Ministerium, mithin dem Finanzministerium des Landes. Jenes hat mithin auch die Auswahlentscheidung zu treffen, von welcher der im LGlüG zur Verfügung gestellten Varianten zur Durchführung des staatlichen Glücksspielmonopols (z. B. rechtlich unselbständige Lottogesellschaft des Landes, vom Land beherrschte "Lotto Rheinland-Pfalz GmbH", hoheitlich Beliehener, betrauter Dritter) Gebrauch gemacht werden soll.

C.

Der vom Bundeskartellamt untersagte Anteilserwerb dient unmittelbar dem Zweck, in Rheinland-Pfalz das landesgesetzlich vorgeschriebene staatliche Glücksspielmonopol zu installieren, und zwar in derjenigen Ausgestaltung, wie sie die - unstreitig dahin getroffene - Auswahlentscheidung der Exekutive vorsieht, d.h. mittels einer vom Land beherrschten Lotto GmbH, die die Lotterien für das Land in dessen Namen und auf dessen Rechnung veranstaltet. Damit fortan in Rheinland-Pfalz das öffentliche Glücksspiel durch die vom Land beherrschte Lotto GmbH veranstaltet werden kann, muss nämlich das Land 51 % der Gesellschaftsanteile erwerben.

D.

Zu Unrecht ist das Bundeskartellamt davon ausgegangen, dass dieser - im Landeslotterierecht vorgezeichnete - Anteilserwerb der behördlichen Zusammenschlusskontrolle unterliegt.

1.

Die Entscheidung der Bundesländer in § 10 Abs. 2 GlüStV und des Landes RP in § 5 Abs. 1 LGlüG, das Glücksspielrecht staatlich-monopolistisch zu organisieren, unterliegt von vornherein nicht dem Kartellrecht und demgemäß auch nicht der kartellbehördlichen Kontrolle. Sie ist infolge dessen vom Kartellrecht - und mithin auch vom Bundeskartellamt - hinzunehmen. Denn das Land RP hat - wie auch das Amt im Senatstermin nicht bezweifelt hat - bei Erlass der genannten Bestimmungen nicht als "Unternehmen" im kartellrechtlichen Sinne gehandelt.

a)

Adressaten der Fusionskontrolle sind nur Unternehmen. Die Zusammenschlusskontrolle dient - wie das gesamte Kartellrecht - nicht der Kontrolle des Gesetzgebers, sondern ausschließlich der Überwachung unternehmerischen Handelns. Dies schließt zwar nicht aus, dass auch die öffentliche Hand dort als Unternehmen dem Geltungsbereich des Kartellrechts unterworfen ist, wo sie Güter und Leistungen öffentlich-rechtlich anbietet, sofern die daraus entstehende Wettbewerbsbeziehungen auf der Ebene des Privatrechts liegen und der Staat oder seine Unternehmen auf einem Markt Leistungen anbieten oder nachfragen, sodass Wettbewerbsbeziehungen entstehen, in denen die privaten Konkurrenten der öffentlichen Hand durch das GWB geschützt werden sollen (Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, GWB, 4. Aufl., § 36 RdNr. 34; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 130 RdNr. 14 ff). Ein dem Kartellrecht unterworfenes unternehmerisches Handeln liegt aber dann nicht vor, wenn und soweit durch gesetzliche Vorschriften Ausschließlichkeitsrechte oder Monopole zugunsten der öffentlichen Hand festgeschrieben sind (Emmerich, a.a.O., § 130, RdNr. 15). Dies hat der Senat bereits für den Bereich der Sportwetten in Bezug auf den Vorwurf der Diskriminierung nach Art. 81 EG und §§ 19, 20 GWB entschieden (Urt. v. 08.08.2007 - VI - U (Kart) 40/06, rechtskräftig nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BGH vom 10.06.2008 - KZR 61/07) und dazu ausgeführt, dass das in § 1 SportwettenG NW normierte staatliche Wettmonopol, das private Anbieter von Sportwetten vom Wettgeschäft ausschließt, sowie die in Befolgung dieser Gesetzeslage bestehende Zulassungspraxis als originär hoheitliches Handels dem Kartellrecht entzogen ist.

Dass in diesem Sinne hoheitliches Handeln dem Anwendungsbereich des Kartellrechts entzogen sind, entspricht überdies dem allgemeinen Stand der nationalen Rechtsprechung und der herrschenden Literatur (vgl. nur: BGH - Beschl. v. 14.08.2008 - KVR 54/07, RdNr. 83 - Lottoblock; Stadler in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 10. Aufl., § 130 Rdnr. 16 ff. m.w.N.). Dahinter steht die Erkenntnis, dass hoheitliches Handeln der öffentlichen Hand nicht wirtschaftlicher Art und daher auch nicht unternehmerischer Natur ist. Dementsprechend findet das GWB beispielsweise keine Anwendung, soweit die Tätigkeitsfelder der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hoheitlich, d.h. durch Staatsverträge der Bundesländer, geregelt sind, worunter etwa die Programmgestaltung fällt, die sich im öffentlichen Bereich vollzieht (BVerfG, BVerfGE 31, 314, 329; Stadler, a.a.O. § 130 Rdnr. 47). Ähnliches gilt für wettbewerbswirksame Maßnahmen der Standesorganisationen. Die Kammern der freien Berufe sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und nehmen in erheblichem Umfang hoheitliche Funktionen wahr. Das schließt es zwar nicht per se aus, sie als Unternehmensvereinigungen im Sinne des Kartellrechts anzusehen. Das Kartellrecht findet aber immer dann keine Anwendung, wenn (und soweit) die Standesorganisation auf der Grundlage einer (mit höherrangigem Recht vereinbaren) Ermächtigungsgrundlage in Ausübung der ihr übertragenen hoheitlichen (= standesrechtlichen) Befugnisse den Wettbewerb zwischen ihren Mitgliedern und mit Dritten regeln (vgl. Stadler, a.a.O. § 130 Rdnr. 59, 61, 62 m.w.N.). Umgekehrt kommen die kartellrechtlichen Bestimmungen zum Zuge, wenn (und soweit) die Standesorganisation ohne (wirksame) berufsrechtliche Rechtsgrundlage der Sache nach eine Maßnahme zur Beschränkung des Wettbewerbs unter den Berufsangehörigen trifft (vgl. BGH, WuW/E BGH 1474 - Architektenkammer; BGH, WuW/E BGH 2326 - Guten-Tag-Apotheke II; BGH, WuW/E BGH 2688 - Warenproben in Apotheken).

Auch nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Unternehmensbegriff zwar grundsätzlich weit auszulegen (Immenga/Mestmäcker/Emmerich, Wettbewerbsrecht, EG/Teil 1, 4. Aufl., 2007, Art. 81 Abs. 1, Rdnr. 12 mit Nachweisen in Fn. 10.). Maßgeblich ist ein funktionaler Unternehmensbegriff, der jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfasst (vgl. Immenga/Mestmäcker/Emmerich, a.a.O. Art. 81 Abs. 1, Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH). Der Begriff der "wirtschaftlichen Betätigung" ist negativ abzugrenzen durch den privaten Verbrauch auf der einen Seite und die hoheitliche Tätigkeit auf der anderen Seite (vgl. Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Gippini-Fournier, Kartellrecht, Band 1, 2005, Art. 81 Abs. 1, Rdnr. 39). Während - wie Art. 86 Abs.1 EG deutlich macht - Art. 81 und Art. 82 EG nicht zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen unterscheidet und es auch nicht darauf ankommt, in welcher Rechtsform sich ein Mitgliedstaat oder seine Gliederungen wirtschaftlich betätigen, ist kein Raum für die Anwendung der Wettbewerbsregelungen bei der hoheitlichen Tätigkeit der Mitgliedstaaten. (vgl. EuGH Slg. 1997, I-1580, Tz. 16 ff., Diego Calí). Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher Tätigkeit und wirtschaftlicher Tätigkeit kann zwar im Einzelfall problematisch sein. Es handelt sich aber jedenfalls dann um eine hoheitliche Tätigkeit, wenn wesentliche Staatsaufgaben im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden (Immenga/Mestmäcker/Emmerich, a.a.O., Art. 81 Abs. 1 Rdnr. 37; vgl. auch für den Bereich der Sportwetten: Senat, Urt. v. 08.08.2007 - VI - U (Kart) 40/06 - Sportwetten Malta).

b)

Vor diesem Hintergrund kann das beklagte Land nur dann als Unternehmen anzusehen sein, wenn es sich im Wirtschaftsleben betätigt und dort als Teilnehmer am Markt auftritt. Das ist vorliegend bei der gesetzgeberischen Entscheidung für ein staatliches Glücksspielmonopol nicht der Fall. Der Normsetzungsakt des Landes RP ist als originär hoheitliches Handeln der Anwendung der Fusionskontrolle entzogen. Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn das Land RP mit der gesetzgeberischen Tätigkeit tatsächlich unternehmerische Ziele verfolgen würde. Das ist indes vorliegend nicht der Fall. Zwar kommt es für die Unterscheidung zwischen unternehmerischem und hoheitlichem Handeln auf die Rechtsform der Betätigung nicht an. Dementsprechend unterfällt staatliches Verhalten auch dann den Wettbewerbsregeln, wenn es in Gestalt eines Gesetzes erfolgt, in der Sache aber auf eine wirtschaftliche Betätigung gerichtet ist. So liegt der Fall hier aber nicht. Das in § 10 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 LGlüG verankerte staatliche Wettmonopol dient auch (und vor allem) im öffentlichen Interesse liegenden Gemeinwohlbelangen nichtwirtschaftlicher Art, nämlich dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die mit Wetten einhergehen. Es handelt sich hierbei insbesondere um die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, um den Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften oder irreführender Werbung und der Abwehr von Gefahren aus der mit dem Glückspiel verbundenen Folge- und Begleitkriminalität, nämlich vor der Ausuferung der Spielsucht und einer Vergrößerung der Kriminalität. Dies ist durch das Urteil des BVerfG vom 28.03.2006 anerkannt (NJW 2006, 1261, Rdnr. 99 ff.). Auch der EuGH erkennt an, dass der nationale Gesetzgeber zur Erreichung der genannten Gemeinwohlinteressen ein staatliches Glückspielmonopol vorsehen darf (vgl. ausdrücklich EuGH NJW 2007, 1515 - Placanica; EuGH Slg. 2003, I-13076, Tz. 67 - Gambelli). Dafür, dass die Länder mit dem Glücksspielstaatsvertrag und das Land RP im Besonderen mit der Regelung in § 5 Abs. 1 LGLüG diese öffentlichen Interessen nicht verfolgten, sondern das staatliche Wettmonopol zu dem Zweck normiert hat, aus fiskalischen Gründen Wettbewerb auf dem Angebotsmarkt für Veranstaltungen von Lotterien auszuschließen, fehlen Anhaltspunkte.

2.

Neben der in § 10 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 LGlüG getroffenen gesetzgeberischen Entscheidung für ein staatliches Glücksspielmonopol ist auch die konkrete Ausgestaltung dieses Monopols durch das Land RP dem Kartellrecht - und damit der kartellbehördlichen Überprüfung und Verwerfung - entzogen. Dies gilt sowohl für die in § 5 LGlüG vorgesehenen verschiedenen Varianten einer Ausgestaltung des staatlichen Glücksspielmonopols als auch für die konkrete Auswahlentscheidung des Finanzministeriums des Landes Rheinland-Pfalz, sich zur Durchführung der öffentlichen Glücksspiele der Lotto GmbH zu bedienen und hierzu eine beherrschende Stellung des Landes in der Gesellschaft zu begründen. Beides sind rein hoheitliche und keine unternehmerischen Maßnahmen des Landes.

a)

Neben der grundsätzlichen Entscheidung in § 5 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, die öffentlichen Glücksspiele selbst unmittelbar (oder mittelbar über die Süddeutsche Klassenlotterie) zu veranstalten, hat das Land RP in § 5 LGlüG weiter bestimmt, dass es die Lotterien entweder durch eine privatrechtliche Gesellschaft, die vom Land beherrscht wird (Abs. 1 Satz 2), durch einen hoheitlich beliehenen Dritten (Abs. 2) oder durch ein betrautes Unternehmen (Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 25 Abs. 3 GlüStV) durchführen lassen kann. Daneben steht dem Land zudem die Option offen, die Lotterien selbst - etwa durch einen Eigenbetrieb oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts - durchzuführen. Dieser Regelungskanon dient unmittelbar der Umsetzung der Grundentscheidung für ein staatliches Glücksspielmonopol. Ohne eine konkrete Umsetzung wäre die Monopolisierung eine bloße formale Willenserklärung des Gesetzgebers ohne praktische Auswirkung. Erst die Durchführung der Glücksspiele in staatlicher Hoheit realisiert die mit dem Monopol verfolgten Ziele, die Gefahren des Glücksspiels einzudämmen. Die Entscheidung des Landes RP, welche Handlungsformen es zur Ausgestaltung des staatlichen Glücksspielmonopols eröffnet, teilt demnach den hoheitlichen Charakter der Grundentscheidung und ist dementsprechend ebenfalls nicht der kartellrechtlichen Fusionskontrolle unterworfen.

b)

Auch die konkrete Auswahlentscheidung des Landes, die Lotterien von der staatlich zu beherrschenden Lotto GmbH durchführen zu lassen, stellt sich im Rahmen der Grundentscheidung und der gesetzlich eröffneten Auswahlalternativen als rein hoheitliche Maßnahme dar, die der Kontrolle durch die Kartellbehörden entzogen ist. Es handelt sich hierbei um eine hoheitliche Maßnahme der Exekutive - hier des für das Lotteriewesen im Land RP zuständigen Finanzministeriums - , die ebenfalls keine unternehmerische Komponente aufweist, sondern der Wahrnehmung der in § 10 Abs. 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 LGlüG normierten öffentlichen Aufgabe dient, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen und den Suchtgefahren des Glücksspiels vorzubeugen. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass die ordnungsrechtliche Aufgabe der Suchtprävention und der Kanalisierung des Spieltriebs der Bevölkerung durch eine staatliche beherrschte Gesellschaft effektiver und wirksamer durchgesetzt werden kann als im Wege einer Kontrolle privater Anbieter (Urt. v. 28.093.2006 - 1 BvR 1054/01, RdNr. 118; Beschl. v. 26.03.2007 - 1 BvR 2228/02, RdNr. 44).

c)

Die Fusionskontrolle ist hinsichtlich der Entscheidung des Landes RP, die Lotterien durch die Lotto GmbH durchführen zu lassen und hierzu einen beherrschenden Anteil an dieser zu erwerben, auch nicht deswegen eröffnet, weil die bundesrechtlichen Fusionskontrollvorschriften des GWB dem GlüStV und dem LGlüG nach Art. 31 GG vorgingen oder weil das Gebot der Bundestreue nach Art. 20 Abs. 1 GG deren Anwendung eröffnen würde.

aa)

Das Bundeskartellamt ist nicht aus Art. 31 GG berechtigt, die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages und die landesrechtlichen Bestimmungen zum rheinland-pfälzischen Glücksspielmonopol außer Betracht zu lassen und den zur Umsetzung der dort vorgesehenen Maßnahmen vereinbarte Anteilserwerb der Fusionskontrolle zu unterwerfen. Denn es fehlt an einer Normenkollision im Sinne der genannten Vorschrift.

Nach Art. 31 GG bricht Bundsrecht Landesrecht. Diese Regelung greift in Fällen einer Unvereinbarkeit zwischen Bundes- und Landesrecht also dann, wenn die bundesrechtliche und die landesrechtliche Regelung auf denselben Sachverhalt anwendbar sind und zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen bzw. unvereinbare Normbefehle enthalten. Dieselbe Rechtsfrage muss also sowohl durch Bundes- als auch durch Landesrecht geregelt sein (allg. Ansicht, vgl. nur: Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 9. Aufl., Art. 31 Rdnr. 4; Huber in Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl., Art. 31 Rdnr. 10). Ist eine bundesrechtliche Vorschrift schon dem Grunde nach nicht auf einen Sachverhalt anwendbar, fehlt es an einer Kollision landes- und bundesrechtlicher Vorschriften. Ziel der für einen widerstreitenden Normbefehl geltende Regelung in Art. 31 GG ist es nicht, einer auf einen Sachverhalt schon nicht anwendbaren bundesrechtlichen Vorschrift, losgelöst von ihrer eigentlichen Intention, Geltung zu verschaffen.

So liegt der Fall hier.

Wie festgestellt, ist die landesrechtliche Entscheidung, in Rheinland-Pfalz ein staatliches Glücksspielmonopol dadurch zu installieren, dass das Land einziger Lotterieveranstalter ist und sich zur Durchführung seiner öffentlichen Glücksspiele der Lotto GmbH bedient, sobald es dort einen beherrschenden Einfluss besitzt, als hoheitliche und damit nicht-unternehmerische Entscheidung den kartellrechtlichen Vorschriften und infolge dessen auch der kartellbehördlichen Kontrolle nicht unterstellt. Damit besteht schon dem Grunde nach kein Normenkonflikt der beschriebenen Art zwischen den Landeslottobestimmungen und dem Bundeskartellrecht, sodass Art. 31 GG von vornherein keine Anwendung findet.

bb)

Auch der aus dem Bundesstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG hergeleitete Grundsatz der Bundestreue, wonach Bund und Länder im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeiten aufeinander Rücksicht zu nehmen haben, vermag die Fusionskontrolle über den geplanten Anteilserwerb des Landes RP an der Lotto GmbH nicht zu eröffnen. Entgegen der im Senatstermin geäußerten Ansicht des Bundeskartellamtes lässt sich aus der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten nicht herleiten, dass das Land RP verpflichtet wäre, im Rahmen der Auswahlentscheidung zur Durchführung der staatlichen Lotterien diejenige Alternative zu wählen, die mit den Zielen der Zusammenschlusskontrolle übereinstimmt.

Es kann auf sich beruhen, ob und inwieweit sich die anderen im Landesglücksspielrecht vorgesehenen Ausgestaltungsvarianten eines staatlichen Lotteriemonopols in einem geringeren Maße wettbewerbsbeschränkend auswirken würden als die vom Finanzministerium gewählte Variante. Denn aus den Anforderungen, die das Bundesstaatsprinzip an die Länder stellt, kann schon im Ansatz keine irgendwie geartete Auswahlbeschränkung hergeleitet werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur Beschluss vom 24.01.2001 - BvE 1/00) schafft das - aus dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Bundesstaatlichkeit hergeleitete - verfassungsrechtliche Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens als solches kein materielles Verfassungsrechtsverhältnis zwischen Bund und Land. Es ist vielmehr akzessorischer Natur und begründet für sich allein keine selbständigen Pflichten des Bundes oder eines Landes (stRspr, BVerfG, a.a.O.; BVerfGE 95, 250, 266). Nur innerhalb eines anderweitig begründeten gesetzlichen oder vertraglichen Rechtsverhältnisses oder einer anderweitig rechtlich begründeten selbständigen Rechtspflicht kann die Regel vom bundesfreundlichen Verhalten Bedeutung gewinnen, indem sie diese anderen Rechte und Pflichten moderiert, variiert oder durch Nebenpflichten ergänzt (BVerfGE 42, 103, 117).

Vorliegend fehlt es bereits an einem Rechtsverhältnis zwischen dem Bund und dem Land RP, innerhalb dessen sich die Pflicht zum bundestreuen Verhalten auswirken könnte. Denn die hoheitlichen Maßnahmen des Landes auf dem Gebiet des Glücksspielrechts sind - wie dargestellt - dem Geltungsbereicht des Kartellrechts von vornherein entzogen. Dem gemäß kann das Gebot der Bundestreue im vorliegenden Fall auch keine irgendwie gearteten kartellrechtlichen Rücksichtnahmepflichten begründen.

3.

Die nach alledem für das Bundeskartellamt bindende Entscheidung des Landesgesetzgebers in Rheinland-Pfalz, ein staatliches Glücksspielmonopol einzurichten und die öffentlichen Glücksspiele durch eine staatlich beherrschte Lotto GmbH durchführen zu lassen, ist auch nicht aus anderen - verfassungs- oder europarechtlichen - Gründen unwirksam und deshalb vom Amt außer Betracht zu lassen.

a)

Die Entscheidung für ein staatliches Glücksspielmonopol fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung ist geklärt, dass die Lotteriehoheit den Bundesländern in Art. 72 Abs. 1 GG die Kompetenz zuweist, in ihrem Hoheitsgebiet die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Veranstaltung und Durchführung von Lotterien und Sportwetten festzulegen (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01, Rdnr. 96; BGH, WuW/E DE-R 289, 292 - Lottogemeinschaft-Rdnr. 27), und dass die Länder innerhalb dieser Normsetzungszuständigkeit auch ein staatliches Glücksspielmonopol vorsehen und gewerbliche Lotterie- und Wettveranstaltungen privater Anbieter ausschließen können, um den öffentlichen Belangen einer wirksamen Suchtprävention und der Kanalisierung des Spieltriebs der Bevölkerung zur Geltung zu verhelfen.

b)

Zwar ist der Ausschluss privater Lotterie mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nur verfassungsgemäß, wenn und soweit er zur Erreichung legitimer Gemeinwohlzwecke - namentlich der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, dem Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften oder irreführender Werbung oder der Abwehr von Gefahren aus mit dem Glücksspiel verbundener Folge- und Begleitkriminalität - erforderlich ist und das Monopol konsequent am Ziel der Bekämpfung der Suchtgefahren ausgerichtet ist (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01, Rdnr. 119, 120, 127 ff.), wobei der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Glückspielrechts einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt. Nur mit dieser Maßgabe ist ein staatliches Glücksspielmonopol auch mit den europarechtlichen Bestimmungen zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in den Art. 43, 49 EG vereinbar (vgl. EuGH, Urt. v. 24.3.1994, Slg. 1994 I Seite 1039 - "Schindler"; Urt. v. 21.9.1999, Slg. 1999 I Seite 6067 - "Läära"; Urt. v. 21.10.1999, Slg. 1999 I Seite 7289 - "Zenatti"; Urt. v. 6.11.2003, Slg. I Seite 13031 - "Gambelli"; NJW 2007, 1515, 1517 - "Placanica").

Das rheinland-pfälzische Glücksspielrecht genügt den vorgenannten verfassungs- und europarechtlichen Anforderungen (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 2.6.2008, veröffentlicht in ZfWG 2008, 197, 198 ff. OVG NW, Beschl. v. 30.07.2008, veröffentlicht in ZfWG 2008, 264 ff.). Das gilt auch für den in § 19 i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV in Bezug auf gewerbliche Spielevermittler geltenden Erlaubnisvorbehalt, da er als solcher keine Kartellabsprache der Lottogesellschaften fördert, sondern geeignet ist, die anerkannten Gemeinwohlbelange des § 1 GlüStV durchzusetzen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.08.2008 - KVR54/07, RdNr. 67 - Lottoblock). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen das rheinland-pfälzische Glücksspielrecht können ebenso wenig aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die öffentlichen Glücksspiele derzeit noch von der privaten Lotto GmbH durchgeführt werden. Denn dieser Umstand beruht alleine darauf, dass das Bundeskartellamt den streitbefangenen Anteilserwerb untersagt und damit - zu Unrecht - verhindert hat, dass das Land Rheinland-Pfalz einen beherrschenden Einfluss auf die Lotto GmbH erlangen und hierdurch ein staatliches Glücksspielmonopol installieren kann.

Ob die von der Europäischen Kommission gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV vorgesehene Verbot der Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen über das Internet erhobenen europarechtlichen Bedenken berechtigt sind, kann in diesem Zusammenhang auf sich beruhen. Denn bis zu einer anderslautenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist von einer europarechtlichen Wirksamkeit der Vorschrift auszugehen (BGH, a.a.O., Rdnr. 120).

4.

Hat das Bundeskartellamt nach alledem die vom rheinland-pfälzischen Gesetzgeber getroffene Entscheidung hinzunehmen, dass ein staatliches Glücksspielmonopol eingerichtet wird und die öffentlichen Glücksspiele durch die vom Land RP beherrschte Lotto GmbH durchgeführt werden sollen, kann der zur Umsetzung dieser hoheitlichen Maßnahme erforderliche Anteilserwerb nicht der kartellbehördlichen Zusammenschlusskontrolle unterliegen. Anderenfalls wäre nämlich das Bundeskartellamt in der Lage, durch seine Untersagungsverfügung die Umsetzung des rheinland-pfälzischen Glücksspielrechts zu verhindern und damit im Ergebnis die Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Regelung und Ausgestaltung seines Glücksspielrechts auszuhebeln.

Auf derselben Linie liegen im Übrigen die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur kartellbehördlichen Kontrolle von Krankenhausfusionen. Dort ist für die Geltung und Anwendbarkeit des Kartellrechts zu unterscheiden zwischen der Schaffung von Marktstrukturen, um einen öffentlichen Auftrag (dort: den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag der Krankenkassen) erfüllen zu können, und dem anschließenden Marktverhalten der Marktteilnehmer, mit dem sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen (dort: dem Zusammenschluss von Krankenhäusern). Kartellrecht ist lediglich auf das letztgenannte Verhalten anwendbar (BGH, Beschl. v. 16.01.2008 - KVR 26/07, RdNr. 18). Auf den Streitfall übertragen folgt daraus: Die Schaffung und Einrichtung eines staatlichen Glücksspielmonopols - und hierzu gehört auch noch derjenige Anteilserwerb an einer privatrechtlich organisierten Lottogesellschaft, der dem Staat erstmals einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen verschafft -unterliegt nicht den kartellrechtlichen Bestimmungen. Kartellrecht findet vielmehr erst auf das anschließende (Markt-)Verhalten der staatliche kontrollierten Lottogesellschaft Anwendung (vgl. auch BGH - Beschl. v. 14.08.2008, KVR 54/07, RdNr. 83 - Lottoblock).

E.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, § 74 Abs. 2 GWB. Die Sache beinhaltet weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich. Die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen sind allesamt höchstrichterlich geklärt. Dies gilt für die Einordnung der Gesetzgebung eines Landes als hoheitliche, der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle entzogenen Maßnahme, soweit sie sich nicht ausnahmsweise als unternehmerisch darstellt, und die Zulässigkeit der Errichtung eines staatlichen Glücksspielmonopols ebenso wie für das Verhältnis von Landes- und Bundesrecht sowie sich daraus ergebender Pflichten.

F.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB. Das Bundeskartellamt hat als im Verfahren unterlegene Partei die gerichtlichen Kosten der Beschwerdeinstanz zu tragen sowie den beschwerdeführenden Beteiligten zu 1. und zu 2. die ihnen im gerichtlichen Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Beigeladenen können demgegenüber keine Kostenerstattung beanspruchen, weil sie mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde erfolglos geblieben sind.

G.

Der Beschwerdewert bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Beteiligten zu 1. und zu 2. an der Realisierung des untersagten Zusammenschlusses (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO). Nachdem die Beteiligten sich im Senatstermin nicht in der Lage gesehen haben, Angaben zum Kaufpreis der in Rede stehenden Geschäftsanteile zu machen, hat der Senat das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführer an dem Zusammenschluss geschätzt und mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung der Lotto GmbH auf 5 Mio. € veranschlagt. Das Vorbringen der Beteiligten zu 1. und zu 2. in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.09.20008 gibt zu einer darüber hinaus gehenden Wertfestsetzung keinen Anlass.

Ende der Entscheidung

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