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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 20/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 927
ZPO § 936
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 140
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 20. Juni 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, Az. 12 O 175/07, abgeändert und der Antrag auf Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 27. April 2005 (Az.: 34 O (Kart) 48/05) in der Fassung des Berufungsurteils des OLG Düsseldorfs vom 13. April 2006 (Az.: IV-U 19/05 (Kart) abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 936, 927 ZPO.

Die Antragsgegnerin vertreibt molekularbiologische Therapeutika und Dignostika. Die Antragsstellerin koordiniert als Holdinggesellschaft der O.-Gruppe das von ihren 100%igen Tochtergesellschaften betriebene operative Geschäft. Die O.-Gruppe stellt therapeutische Produkte im Bereich der molekularen Orthopädie her. Zu diesen gehört auch das sog. O.-verfahren, bei dem zur Behandlung von Arthrose das Orthokin-Serum (mittels Orthokin-Spritzen) eingesetzt wird.

Die A. B. S. GmbH, die nunmehr mit der Beklagten verschmolzen ist, schloss am 22. 5. 2001 mit der O. T. GmbH, die eine 100% Tochtergesellschaft der Antragstellerin ist, einen Alleinvertriebsvertrag über das sog. O.-verfahren und für alle O.-Produkte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses marktreif sind, für die gesamte Welt mit Ausnahme der U. ab. Am 1. 10. 2001 schloss sie mit der O. I. GmbH einen entsprechenden Alleinvertriebsvertrag für das Gebiet der U. ab. Nach Vertragsschluss entwickelte die Antragstellerin das sogenannte EOT/IRAP-Verfahren. Ob und inwieweit sich dieses neue Verfahren von dem früheren Verfahren unterscheidet, steht zwischen den Parteien im Streit. Im Vergleich zum O.-Verfahren bedurfte es zur Herstellung des Eigenblutserums jedenfalls keines aufwendigen Laborverfahrens mehr, sondern der behandelnde Arzt stellt das Serum selbst unter Einsatz eines sog. Bio-Labs her.

In der Folgezeit kam es zwischen den Vertragsparteien zu Unstimmigkeiten über den Inhalt und Umfang der geschlossenen Alleinvertriebsverträge. Mit Datum vom 16. 12. 2004 kündigte die O. T. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 22. 5. 2001 zum 31. 12. 2005.

Für das Gebiet der U. haben die 100%gen Tochtergesellschaften der Antragstellerin, die O. L. S. GmbH und die O. V. GmbH, mit dem eigenen Vertrieb des EOT/IRAP-Verfahrens begonnen. Jeweils mit Schreiben vom 4. 3. 2005 kündigte die O. T. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 22. 5. 2001 und die O. I. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 27. 9. 2001 fristlos aus wichtigem Grund. Mit Schreiben vom 15. 4. 2005 stützte die O. I. GmbH ihre fristlose Kündigung auf weitere Gründe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. 2. 2006 erklärte die O. I. GmbH hilfsweise erneut die außerordentliche Kündigung des Alleinvertriebsvertrages vom 27. 9. 2001.

Auf Antrag der A. B. S. GmbH hat das LG Düsseldorf mit Verfügungsurteil vom 27. 4. 2005 (34 O (Kart) 48/05) der Antragstellerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,

1. eine oder mehrere Tochtergesellschaften aufzufordern, und/oder auf diese einzuwirken, für die im Rahmen der Arthrosetherapie zur Herstellung sterilen Blutserums entwickelte Orthokin-Spritze, einschließlich insbesondere der für humangenetische Indikationen weiterentwickelten und unter der Bezeichnung "EOT" und "EOT-Blutentnahmespritze" (vor allem Bestandteile des sog. EOT-Systems") angebotenen Blutentnahmespritze

1. den Vertrieb einem anderen als der Antragstellerin jenes Verfahrens zu ermöglichen

2. Maßnahmen (insbesondere Werbemaßnahmen oder Stellenangebote) zu ergreifen, die einen Vertrieb durch einen anderen als durch die Antragstellerin jenes Verfahrens ankündigen,

soweit Märkte außerhalb der U. betroffen sind und auch für diese Märkte nur bis zum Ablauf des 31. 12. 2005;

2. eine Tochtergesellschaft oder mehrer Tochtergesellschaften aufzufordern und/oder auf diese einzuwirken, hinsichtlich der für veterinärmedizinische Indikationen zur Arthrosetherapie entwickelten und unter der Bezeichnung Orthokin, EOT und/oder "IRAP" (insbesondere IRAP BioLab TM, Equine IPAR TM, Canine IRAP TM, IRAP TM) angebotene Blutentnahmespritze,

1. den Vertrieb einem anderen als der Antragstellerin jenes Verfahrens zu ermöglichen,

2. Maßnahmen (insbesondere Werbemaßnahmen oder Stellenangebote) zu ergreifen, die einen Vertrieb durch einen anderen als durch die Antragstellerin jenes Verfahrens ankündigen,

soweit allerdings Märkte außerhalb der U. betroffen sind, gilt dies nur bis zum Ablauf des 31. 12. 2005;

3. selbst Maßnamen (insbesondere Werbemaßnahmen und Stellenangebote) vorzunehmen, die einen Vertrieb

1. der für die im Rahmen der Arthrosetherapie zur Herstellung sterilen Blutserums entwickelte Orthokin-Spritze, einschließlich insbesondere für humangenetische Indikationen weiterentwickelten und unter der Bezeichnung "EOT" oder "EOT-Blutentnahmespritze" (vor allem als Bestandteil des sogenannten EOT-Systems") angebotenen Blutentnahmespritze, durch die Antragstellerin jenes Verfahrens anzukündigen,

2. der für veterinärmedizinische Indikation zur Athrosetherapie entwickelten und unter der Bezeichnung Orthokin, EOT und/oder "IRAP" (insbesondere IRAP BioLab TM, Eqine IPAR TM, Canine IRAP TM, IRAP TM) angebotene Blutentnahmespritze durch einen anderen als durch die Antragstellerin jenes Verfahrens anzukündigen,

soweit Märkte außerhalb der U. betroffen sind, gilt dies nur bis zum Ablauf des 31. 12. 2005 und hinsichtlich der humanmedizinischen Produkte insgesamt nur hinsichtlich der Märkte außerhalb der U..

Das Landgericht Düsseldorf hat seine Auffassung hauptsächlich damit begründet, dass die Antragstellerin die A. B. S. GmbH als Mitbewerberin gezielt behindere, weil sie Dritte zu einem Vertragsbruch verleite, indem sie ihre Tochterunternehmen dazu verleite, die Verträge mit der A. B. S. GmbH zu verletzen. Das führe dazu, dass sich deren Absatzbemühungen nicht wie bisher entfalten könnten.

Der Senat hat die Berufung der hiesigen Antragstellerin mit Urteil vom 13. 4. 2006 (VI-U 19/05(Kart)) zurückgewiesen und zugleich festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich bestimmter Teile des Begehrens soweit die Märkte außerhalb der U. betroffen sind, erledigt hat. In der Sache hat der Senat die Kündigung der Alleinvertriebsvereinbarung vom 27. 9. 2001 vom 21. 2. 2006 unter anderem deshalb nicht für wirksam erachtet, weil kein wichtiger Grund vorliege. Insbesondere seien die gegenüber den Produkten der O.-Gruppe gefallenen Äußerungen kein wichtiger Grund für eine Kündigung, da es sich bei den Äußerungen, diese seien ein "Produkt der Scharlatanerie" und EOT-Spritzen seien "bullshit" insoweit um die Wiedergabe einer fremden Auffassung gehandelt habe.

In der Folgezeit sind in verschiedenen Rechtstreitigkeiten zwischen Gesellschaften der O.-Gruppe und der Antragsgegnerin eine ganze Reihe weiterer Entscheidungen ergangen, auf die die Parteien z. T. Bezug nehmen. Unter anderem hat das Landgericht München I in einem Rechtsstreit der O. I. gegen A. B. S. mit Urteil vom 2. 5. 2006 (20 O 19314/05) festgestellt, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliege, weil sich die Antragsgegnerin mit den oben genannten abfälligen Bemerkungen, die ihr zuzurechnen seien, vom Vertrag losgesagt habe und die Vertrauensgrundlage für eine weitere vertragliche Zusammenarbeit zerstört sein. Damit sei der als "Executive Distribution Agreement" bezeichnete Vertrag zwischen der O. I. und der A. B. S. mit Wirkung zum 21. 2. 2006 wirksam beendet worden. Das OLG München hat mit Urteil vom 4. 12. 2006 (17 U 3293/06) diese Auffassung des LG München I bestätigt. Es hat die Revision nicht zugelassen. Gegen diese Nichtzulassung ist Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erhoben worden (VIII ZR 20/07), über die bis jetzt noch nicht entschieden worden ist.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen hat die Antragstellerin erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass das Verfügungsurteil des LG Düsseldorf in der Fassung durch das Berufungsurteil des Senats keinen Bestand mehr haben könne. Zum einen hätten die Hauptsache-Gerichte eine abweichende rechtliche Wertung der Sachlage vorgenommen als die beiden Verfügungsgerichte, und zum anderen seinen durch diese Entscheidungen die Tatbestandsvoraussetzungen für den Verfügungsanspruch weggefallen. Insbesondere sei durch die Urteile des LG München I und des OLG München der Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung entfallen.

Die Beklagte ist der Aufforderung der Antragstellerin in einem Schreiben vom 22. 2. 2007 zum Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung nicht nachgekommen, so dass nach Auffassung der Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.

Erstinstanzlich hat die Antragstellerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17. 6. 20005 (Az: 34 O (Kart) 48/05) in der Fassung des Berufungsurteils des OLG Düsseldorf vom 13. 4. 2006 (Az.: VI-U 19/05 (Kart)) aufzuheben.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach dem Antrag bereits unzulässig sei. Die A.-B. S. GmbH sei - was unbestritten ist - am 11. 1. 2007 auf die A.-M. I. GmbH verschmolzen worden und deshalb gem. § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG erloschen. Da die Gesellschaft schon vor Anhängigkeit der Klage erloschen sei, führe auch nicht die Rechtsnachfolgerin - die A.-M. I. GmbH - das Verfahren gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG weiter. Dem hat die Antragstellerin allerdings entgegengehalten, dass das Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO ein spezielles Rechtsbehelfsverfahren gegen ein ganz konkretes Verfügungsurteil darstelle. Insoweit bedürfe es lediglich einer Berichtigung der Parteibezeichnungen - ein solcher Antrag ist mittlerweile auch gestellt worden.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich ferner die Auffassung vertreten, dass die betreffenden Entscheidungen, insbesondere die des LG München I und des OLG München, an dem Vorsatz der Antragstellerin nichts ändern würden. Allein durch den Umstand, dass die Antragstellerin den Vertrieb für die U. in eigene Hände genommen habe und dafür ihren Töchtern O. T. GmbH und O. I. GmbH die Rechte zum Verkauf der Vertragserzeugnisse entzogen hätte, habe die Klägerin gegen § 826 BGB verstoßen.

Das LG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 20. 6. 2007 (12 O 175/07) den Antrag für zulässig und begründet erachtet. Es hat sich der Auffassung der Antragstellerin angeschlossen, dass es sich bei dem Verfahren nach §§ 936, 927 ZPO um ein spezielles Rechtsbehelfsverfahren handele. Gegenstand des Verfahrens sei eine Verfügungsurteil, welches tatsächlich im Verhältnis der zwischenzeitlich erloschenen A. B. S. GmbH und der Antragsgegnerin erlassen wurde. Allein dieses Verfahren müsse im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Fortbestandes überprüft werden. Da somit der Streitgegenstand sowohl für die Parteien als auch für das Gericht eindeutig identifizierbar sei, handele es sich nicht um einen Fall der Klage gegen eine nicht existierende Partei, sondern es sei lediglich das Rubrum zu berichtigen.

Das LG Düsseldorf hat ferner geurteilt, dass eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung deshalb in Betracht komme, weil sich nach der Bestätigung der einstweiligen Verfügung Umstände verändert haben, die den Verfügungsanspruch oder den Verfügungsgrund betreffen.

Es komme nicht auf die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung an, sondern ob sich die Umstände geändert haben, welche der einstweiligen Verfügung zugrunde liegen. So liege der Fall hier, weil insbesondere aufgrund der Entscheidungen des Landgerichts München I und des OLG München die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 826 BGB i.V.m. § 1004 BGB entfallen seien. Nachdem das Verhalten der Tochtergesellschaften der Antragstellerin durch verschiedene Gerichte - im Hinblick auf die Urteile des Landgerichts München I und des OLG Münchens auch in zwei Instanzen - ausdrücklich legitimiert worden sei, fehle es zumindest am Vorsatz der Antragstellerin, die Antragsgegnerin sittenwidrig zu schädigen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das Begehren der Antragsgegnerin.

Sie meint, dass keine veränderten Umstände vorlägen und die Antragstellerin daher nach wie vor sittenwidrig handeln würde, wenn sie ihre Tochtergesellschaft die Vertragserzeugnisse in den U. vertreiben ließe, weil die diversen Urteile, in denen es um das Verhältnis zwischen den Parteien ginge, noch nicht rechtskräftig seien. Es dürfe jedenfalls nicht die einstweilige Verfügung beseitigt werden, ohne den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Zudem habe das LG Düsseldorf Entscheidungen herangezogen, die den OT-Vertrag betrafen und nicht den hier noch streitgegenständlichen OI-Vertrag (LG München v. 6. 9. 2006, 21 O 14560/05).

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des am 20. Juni 2007 verkündeten Urteils des LG Düsseldorfs (12 O 175/07) den Antrag auf Aufhebung des Urteils des LG Düsseldorfs vom 27. 4. 2005 (34 O (Kart) 48/05) in der Fassung des Berufungsurteils des OLG Düsseldorfs vom 13. 4. 2006 (VI-U 19/05 (Kart) abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass veränderte Umstände im Sinne des § 927 ZPO vorlägen. Bereits die Abweisung des Unterlassungsanspruchs im Hauptsacheverfahren sei ein zur Aufhebung der Entscheidung im summarischen Verfahren nötigender Umstand gem. § 927 ZPO. Eine einstweilige Verfügung sei dann antragsgemäß aufzuheben, wenn nach freiem Ermessen des mit dem Aufhebungsantrag befassten Gerichts das vorläufig vollstreckbare, den Anspruch verneinende Urteil in der Hauptsache rechtlich zutreffend begründet sei und dessen Abänderung durch das dagegen eingelegte Rechtsmittel unwahrscheinlich sei. So liege hier der Fall. Mit einem Erfolg der Rechtsmittel der Beklagten sei nicht zu rechnen. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz ergänzt die Antragstellerin ihre Rechtsauffassung dahingehend, dass auch dann schon veränderte Umstände vorlägen, wenn zwar eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden sei, das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde aber als solche keine Aussicht auf Erfolg habe. Die für die Antragstellerin günstigen Urteile hätten zudem auch dazu geführt, dass in Bezug auf künftige Handlungen der Antragstellerin der Vorwurf einer vorsätzlichen Verleitung zum Vertragsbruch nicht mehr möglich sei.

Die Antragsstellerin beruft sich zudem darauf, dass der Vertrag mittlerweile jedenfalls wirksam gem. Ziff. 8. 2. des OI-Vertrages gekündigt sei. Danach ende der Vertrag ein Jahr nach Zugang der Mitteilung der Vertragsverletzung bei der vertragsbrüchigen Partei. Dieses sei am 18. 4. 2006 der Fall gewesen, weil die O. I. GmbH die A. mit Schreiben vom 15. 4. 2005 wiederholt aufgefordert habe, die an die FDA zugesandten Zulassungsunterlagen herauszugeben und die A. auf diese außerordentlichen Kündigung nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen 60 Tage reagiert habe. Die Mitteilung der Vertragsverletzung sei in der außerordentlichen Kündigung der O. I. enthalten. Nachdem die A. keine Abhilfe geschaffen habe, sei der Vertrag automatisch am 18. 4. 2006 geendet. Hilfsweise sei der Vertrag aber jedenfalls zum 7. 9. 2007 beendet, denn die A. hätte das Urteil des Landgerichts München I vom 7. 9. 2006 als "Mitteilung der Vertragsverletzung" im Sinne der Ziff. 8.2. des OI-Vertrages verstanden haben müssen. Daraufhin sei innerhalb der sechzig Tage keine Reaktion erfolgt, so dass gem. Ziff. 8. 2. des OI-Vertrages nunmehr zum 7. 9. 2007 die Kündigung eingetreten sei. In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. 12. 2007 führt die Antragstellerin ferner zu der Beendigung des OI-Vertrages aus. Sie vertritt u. a. die Auffassung, dass dieser Vertrag am 21. 2. 2007, jedenfalls - nach Umdeutung - aufgrund der Ziff. 8. 1. S. 2 OI-Vertrag - zum 31. 12. 2007 beendet worden sei. In jedem Fall sei die Berufung auf diese Kündigung nicht verspätet.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf das vorinstanzliche landgerichtliche Urteil sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg.

1.

Dem LG Düsseldorf ist darin zuzustimmen, dass die Klage zulässig ist. §§ 936, 927 ZPO beziehen sich auf eine bestimmtes Verfügungsurteil. Allein im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit dieses Verfügungsurteils ist der jetzige Antrag gerichtet. Es handelt sich daher nicht um den Fall der Klage gegen eine nicht existierende Partei.

2.

Die Berufung ist auch begründet, weil keine veränderten Umstände im Sinne der §§ 936, 927 Abs. 1 ZPO vorliegen, so dass weiterhin der Unterlassungsanspruch der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin aus §§ 826, 1004 BGB dahin gehend besteht, dass die Antragsstellerin ihre Tochtergesellschaft "O. T. GmbH" nicht dazu verleiten darf, den Alleinvertriebsvertrag mit der Antragsgegnerin zu verletzen.

Die Umstände, die zum Erlass der einstweiligen Verfügung geführt haben, haben sich in der Folgezeit nicht derart verändert, dass das Sicherungsinteresse der Antragsgegnerin entfallen ist.

a)

Das LG Düsseldorf hat zu Unrecht das Vorliegen solcher veränderten Umstände angenommen, mit der Folge, dass es davon ausgegangen ist, die Sittenwidrigkeit des Handelns der Antragsstellerin müsse jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ausscheiden, womit § 826 BGB die Grundlage entzogen sei. Der Verfügungsanspruch ist nicht erloschen, denn unstreitig ist, dass ein rechtskräftiges Urteil über die Hauptsacheklage, das zum Erlöschen des Verfügungsanspruchs führen, womit dann ein "veränderter Umstand" im Sinne des Gesetzes vorläge, nicht besteht. Die vorliegenden Entscheidungen, die für das hiesige Verfahren relevant sind, sind sämtlich noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Das gilt auch für den Rechtsstreit, der durch die Urteile des LG München I und des OLG München entschieden worden ist, denn die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BGH noch anhängig. Zwar können auch bei noch nicht rechtskräftig entschiedenen Urteilen veränderte Umstände im Sinne von §§ 936, 927 ZPO eingetreten sein, doch hängt dies davon ab, ob mit einem Erfolg eines gegen das Urteil eingelegten Rechtsmittel ernsthaft nicht zu rechnen ist (Zöller/Vollkommer, § 927, Rn. 5.). Wäre dies der Fall, so entfällt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Anspruch besteht, so dass er nicht mehr glaubhaft ist. So ist die Rechtlage hier aber nicht. Mit dem Erfolg eines Rechtsmittels kann nur dann nicht mehr ernsthaft gerechnet werden, wenn nach dem freien Ermessen des mit dem Aufhebungsantrag befassten Gerichts die Überzeugung besteht, dass nach den konkret vorgelegten Unterlagen ein Rechtsmittel evident erfolglos sein dürfte. Es liegen die Schriftsätze zur Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH vor. In diesen vertreten die Parteien ihre auch in dem hiesigen Verfahren vorgebrachten Argumente, die die unterschiedlichen Positionen, wie sie auch in den inhaltlich voneinander abweichenden Urteilen des Senats vom 13. 4. 2006 und des OLG München zum Ausdruck kommen, verdeutlichen. Da es der Sache nach um Wertungsfragen hinsichtlich der Beendigung eines Vertrages geht, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass der BGH der Nichtzulassungsbeschwerde stattgibt und in der Sache anders entscheidet als die beiden Vorinstanzen. Damit ist der Erfolg des eingelegten Rechtsmittels noch möglich. Er scheitert auch nicht daran, dass die Nichtzulassungsbeschwerde als solche keine Aussicht auf Erfolg hätte. Es kann hier dahin stehen, ob eine der möglichen Alternativen des § 543 ZPO vorliegend erfolgversprechend ist, jedenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass der BGH die Rechtsgrundsätzlichkeit aufgeworfener Rechtsfragen bejaht und demgemäß der Nichtzulassungsbeschwerde stattgibt. Es geht nicht darum, dass in diesem Verfahren die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs des Rechtsmittels untersucht wird, sondern nur darum, ob ein Rechtsmittel ernsthaft ohne Erfolg bleiben wird, es also offensichtlich erfolglos ist, so dass es bloß förmelnd wäre, auf den Umstand abzustellen, dass ein Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Das wäre etwa der Fall, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde noch gar nicht oder verfristet erhoben worden wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Auch andere Umstände, die die Erfolglosigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde als offenbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.

Eine evidente Erfolglosigkeit ist nicht zu erkennen. Daher liegt auch kein "veränderter Umstand" im Sinne der §§ 936, 927 ZPO vor. Der Schutz der Rechtsposition, der vom LG Düsseldorf im Urteil vom 17. 6. 2005 in der Fassung vom OLG Düsseldorf v. 13. 4. 2006 gewährt wurde, muss solange weiter Bestand haben, bis die mit der Hauptsache befassten Gerichte endgültig in der Sache entschieden haben. Dadurch entfällt der Vorsatz gem. § 826 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB nicht durch die Urteile des LG München I und des OLG München, weil die Antragsstellerin aufgrund einer möglichen Entscheidung des BGH nicht auf die von den beiden Hauptsachegerichten vorgenommene rechtliche Bewertung vertrauen darf, so dass ihr Vorsatz - jedenfalls bedingt - weiter besteht.

b)

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, ein veränderter Umstand im Sinne der §§ 936, 927 ZPO läge auch deshalb vor, weil der OI-Vertrag zwischen der O. I. GmbH und der Antragsgegnerin zum 18. 4. 2006 ordentlich gekündigt worden sei, so ist dieser Vortrag verspätet gem. § 531 Abs. 2 ZPO. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte sie dies vortragen können, weil zu diesem Zeitpunkt, wenn die Kündigung denn wirksam wäre, sie bereits eingetreten wäre.

Die von der Antragstellerin hilfsweise angeführte Kündigung zum 7. 9. 2007 führt ebenfalls nicht zum Erfolg des Aufhebungsantrags, weil das am 6. 9. 2006 verkündete Urteil des LG München I "keine Mitteilung einer Vertragsverletzung" gem. Ziff. 8. 2. OI-Vertrags darstellt und der Sachvortrag darüber hinaus ebenfalls gem. § 531 Abs. 2 ZPO verspätet ist. Die von der Antragstellerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. 12. 2007 angestellten Überlegungen zu einer hilfsweisen Auslegung der Kündigungserklärung vom 21. 2. 2006 als Kündigung gem. Ziff. 8. 2. OI-Vertrag sind in der Sache nicht stichhaltig. Sie hätten überdies ebenfalls bereits in der 1. Instanz vorgebracht werden können, so dass sie verspätet sind.

Der Auffassung der Antragstellerin, die sie in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. 12. 2007 zu einer Beendigung des OI-Vertrages aufgrund Ziff. 8. 1. OI-Vertrag darlegt, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Unabhängig davon, dass die von der Antragstellerin gem. § 140 BGB geforderte Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung nach Ziff. 8.1. Satz 2 OI-Vertrag hier nicht in Betracht kommt, weil ein solches Vorgehen die Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen betrifft (wie auch die von der Antragstellerin selbst zitierten Belege "BGH NJW 1981, 976 und Palandt, § 542, Rn. 19" deutlich machen), ist nicht ersichtlich, wie eine Erklärung vom 21. 2. 2006 dahin umgedeutet werden können soll, dass nach dem 31. 12. 2006 nach Maßgabe der speziellen Voraussetzungen in Ziff. 8.1 Satz 2 OI-Vertrag gekündigt werden soll. Unabhängig davon wäre auch unter Zugrundelegung der Auffassung der Antragstellerin der OI-Vertrag nicht zum 31. 12. 2007, sondern erst zum 31. 1. 2008 gekündigt, denn Ziff. 8. 1. Satz 2 OI-Vertrag bestimmt, dass ab dem 31. 12. 2006 - unter den in der Norm bestimmten Voraussetzungen - gekündigt werden könne, wenn eine Frist von einem Jahr jeweils zum Ende des Kalendermonats eingehalten wird. Das Ende des ersten Kalendermonats nach dem 31. 12. 2006 ist der 31. 1. 2007, so dass von diesem Zeitpunkt an die Einjahres-Frist läuft.

c)

Veränderte Umstände im Sinne von §§ 936, 927 ZPO liegen schließlich auch nicht deshalb vor, weil nunmehr keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. Denn auch wenn man davon ausgeht, dass angesichts der Urteile des Landgerichts München I und des OLG München die Tochterunternehmen der Antragsstellerin ihr Verhalten nach diesen Urteilen ausrichten werden, schließt dies jedoch nicht die Gefahr aus, dass die Antragstellerin das zur Untersagungsverfügung führende Verhalten wiederholt und ihre Tochter O. T. GmbH zur Missachtung der Alleinvertriebsvereinbarung auffordert.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

4.

Der Streitwert wird auf 500.000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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