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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.04.2005
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 21/04
Rechtsgebiete: ZPO, GWB, BGB, AGBG


Vorschriften:

ZPO § 309
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
GWB § 16
GWB § 18
GWB § 20
GWB § 21
GWB § 34 a.F.
GWB § 34 Satz 1
BGB § 125
BGB § 125 Satz 1
BGB § 125 Satz 2
BGB § 138
BGB § 141
BGB § 314
BGB § 314 Abs. 1
BGB § 314 Abs. 3
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1
AGBG § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Januar 2004 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - 12 O 128/03 (Kart.) - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 mit seiner Nachtragsvereinbarung vom 22.11.1999 durch die Kündigung des Beklagten vom 12.02.2002 nicht beendet worden ist, sondern das Rechtsverhältnis weiter besteht.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

III.

Das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

IV.

Wert des Berufungsverfahrens: 90.000 EUR.

Gründe: I. Wegen des Sachverhalts wird gemäss § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat die Feststellungsklage durch Urteil vom 21. Januar 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Belieferungsvertrag entweder gemäß § 34 GWB a.F. i.V.m. § 125 BGB nichtig oder, falls die von der Klägerin behauptete mündliche Nebenabrede nicht getroffen worden sein sollte, durch die mit Schreiben vom 12.02.2002 erklärte fristlose Kündigung des Beklagten wirksam beendet worden sei. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Ihrer Meinung nach ist § 34 GWB a.F. nicht einschlägig, weil die mündliche Abrede am 05.03.1999 und damit mehr als zwei Monate nach Außerkrafttreten der genannten Vorschrift zustande gekommen sei. Dessen ungeachtet seien aber auch die Ausführungen des Landgerichts zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages rechtsfehlerhaft, da es sich weder mit der in § 9 des Vertrages vorgesehenen Salvatorischen Klausel noch damit befasst habe, ob durch jahrelange beiderseitige Erfüllung des Vertrages eine Bestätigung des formnichtigen Vertrages gemäß § 141 BGB eingetreten sei. Eine wirksame fristlose Kündigung der Beklagten scheitere daran, dass sie nicht innerhalb der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden sei. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21.01.2004 (Az.: 12 O 128/03 (Kart.)) festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 mit seiner Nachtragsvereinbarung vom 22.11.1999 durch die Kündigung des Beklagten vom 12.02.2002 nicht beendet worden ist, sondern das Rechtsverhältnis weiter besteht. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Urteils an und nimmt im übrigen auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug. II. Obwohl das Verfahren erster Instanz an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet, kommt eine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht in Betracht. Das angefochtene Urteil leidet an einem wesentlichen Mangel, denn es ist entgegen § 309 ZPO nicht von denjenigen Richtern gefällt worden, welche der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung beigewohnt haben. An der mündlichen Verhandlung am 26.11.2003 haben die Richter N., Dr. W. und Dr. K. teilgenommen. Unterzeichnet ist das am 21.01.2004 verkündete Urteil bei Feststellung der Verhinderung des Richters N. durch Dr. W. und v. H.. Eine Zurückverweisung scheitert aber schon daran, dass keine Partei die Zurückweisung beantragt hat. III. Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Landgericht hat die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen. Der Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 mit seiner Nachtragsvereinbarung vom 27.11.1999 ist weder nichtig, noch ist er wirksam mit Schreiben des Beklagten vom 12.02.2002 gekündigt worden. 1. Der zwischen den Parteien am 05.05.1997 geschlossene Belieferungsvertrag ist nicht gemäss § 125 BGB i.V.m. § 34 GWB a.F. nichtig. a. Nach der bis zum 31.12.1998 geltende Fassung des § 34 Satz 1 GWB waren Verträge, die Beschränkungen der in den §§ 16, 18, 20 und 21 bezeichneten Art enthalten, schriftlich abzufassen. Dies bedeutet, dass Austauschverträge mit Ausschließlichkeitsbindungen nach § 16 GWB (= § 18 GWB a.F.) unter das Schriftformerfordernis fielen. Der Belieferungsvertrag vom 05.05.1997, der in § 1 Satz 2 eine solche Ausschließlichkeitsbindung enthält - der Beklagte sollte während der Vertragslaufzeit seinen gesamten Kraftstoffbedarf sowie Motor- und Schmieröl ausschließlich bei der Klägerin kaufen - genügt dem Schriftformerfordernis. Der Vertrag ist schriftlich abgefasst und von beiden Parteien unterzeichnet. Mündliche Nebenabreden zu diesem Vertrag gab es am 05.05.1997 nicht. b. Soweit die Klägerin behauptet, am 05.03.1999 habe sich ihr Geschäftsführer mit dem Beklagten mündlich darauf geeinigt, den Kraftstoff in Zukunft nicht mehr nach der in § 6 des Belieferungsvertrages geregelten Preisformel, sondern nach dem jeweiligen Tagespreis abzurechnen, führt diese formlose Abrede entgegen den Ausführungen des Landgerichts nicht zur Nichtigkeit des Belieferungsvertrages vom 05.05.1997 und damit zur Unschlüssigkeit des Feststellungsantrages. Aufgrund des vereinbarten Schriftformerfordernisses in § 12 Nr. 3 des Vertrages ist allenfalls die mündliche Vertragsänderung nicht aber der gesamte Vertrag formnichtig. Der Form des § 34 GWB a.F. bedurfte die mündliche Abrede nach der Gesetzesänderung nicht mehr. aa. Nach § 12 Nr. 3 Satz 1 des Belieferungsvertrages vom 05.05.1997 bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrages ebenso wie der Verzicht auf das Schriftformerfordernis der Schriftform. Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob es sich bei der genannten Vertragsklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und ob diese der Wirksamkeitskontrolle nach dem AGBG standhält. Ist die Schriftformklausel wirksam vereinbart, ist allein die mündliche Abrede und nicht der formwirksam zustande gekommene Ursprungsvertrag gemäss § 125 Satz 2 BGB nichtig. Ein gesetzliches Formerfordernis greift dann nicht ein (BGH WuW/E 1773 unter 2 b aa - Pockinger Hof -). bb. Die behauptete mündliche Vertragsänderung führt auch nicht gemäss § 125 Satz 1 BGB i.V.m. § 34 GWB a.F. zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages. Der nach dem 01.01.1999 geschlossene Änderungsvertrag war nicht mehr kraft Gesetzes formbedürftig. Bis zum 31.12.1999 stellte sich die Rechtslage folgendermaßen dar: War der Ursprungsvertrag gemäss § 34 GWB a.F. formbedürftig, bedurften grundsätzlich auch nachträgliche Änderungsverträge der Schriftform (Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 34 Rn. 36; Topel in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 50 Rn. 34 u. 45; OLG Karlsruhe WuW/E OLG 4158, 4160 - Nachtragsvertrag -; BGH NJW 1992, 2283, 2284). Verstieß die nachträgliche Vereinbarung gegen das Schriftformerfordernis, ergriff die Nichtigkeit dieser Vereinbarung aber nur dann den wirksam geschlossenen Ursprungsvertrag, wenn die Parteien den Ursprungsvertrag nicht nur abändern, sondern insgesamt aufheben und durch eine neue Vereinbarung ersetzten wollten. Ob das eine oder das andere vorlag, war nach den Umständen des Falles, in erster Linie nach dem Parteiwillen unter Beachtung der wirtschaftlichen Bedeutung der Abänderung und der Verkehrsauffassung zu beurteilen (BGH GRUR 1993, 149, 150 = BGHZ 119, 112 - Änderungsvertrag -; a.A. Emmerich in Immenga/Mestmäcker, aaO. § 34 Rn. 37). Hier ist der klägerseits behauptete Änderungsvertrag aber zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als das Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. bereits außer Kraft gesetzt war. Der Gesetzgeber hat für die Verträge, die vor dem 01.01.1999 geschlossen worden sind, keine Regelung getroffen, so dass der Grundsatz gilt, dass sich die Wirksamkeit eines Vertrages nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Bestimmungen richtet (BGH WuW/E DE-R 261, 262 f. - Coverdisk -; BGH NJW-RR 1999, 998, 999). Auf die vor dem 01.01.1999 geschlossenen Ursprungs- und nachträglichen Abänderungsverträge - aber nur auf die - ist deshalb weiterhin § 34 GWB a.F. anzuwenden. Für Abänderungsverträge, die nach dem 01.01.1999 geschlossen werden, gilt das Schriftformerfordernis hingegen nicht (vgl. Bornkamm in Lange/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 9. Aufl., Anhang zu § 34 Rn. 34). Für ein Fortwirken des für den Ursprungsvertrag geltenden Formerfordernisses ist kein Raum. 2. Der Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 in der Fassung der 1. Nachtragsvereinbarung vom 22.11.1999 ist nicht durch die mit Schreiben vom 12.02.2002 erklärte Kündigung des Beklagten beendet worden. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund lagen nicht vor; eine ordentliche Kündigung ist wirksam bis zum Ende der Vertragslaufzeit zum 31.10.2009 ausgeschlossen. a. Die Kündigungserklärung des Beklagten ist wirksam. Ihrer Wirksamkeit steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Kündigung des Vertrages unter der aufschiebenden Bedingung erklärt hat, dass die Klägerin mit einer einverständlichen Vertragsauflösung nicht einverstanden ist und eine Vertragsfortsetzung verlangt. Zwar ist die Ausübung von Gestaltungsrechten und damit die Ausübung des Kündigungsrechtes grundsätzlich bedingungsfeindlich. Bedingungen, die den Erklärungsempfänger aber nicht in eine ungewisse Lage versetzen und seine berechtigten Interessen daher nicht beeinträchtigten, sind jedoch unbedenklich. Hierzu zählen insbesondere sog. Postetativbedingungen, bei denen der Eintritt der aufschiebenden Bedingung vom Willen des Erklärungsempfängers abhängt (Heinrichs in Palandt, aaO., Einf. v. § 158 Rn. 13). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor, da es allein vom Willen der Klägerin abhängt, ob sie der angebotenen Vertragsauflösung zustimmt oder nicht. b. Die Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung liegen jedoch nicht vor. aa. Soweit der Beklagte die Kündung darauf stützt, dass die Klägerin seit dem 03.05.1999 die in § 6 des Belieferungsvertrages vereinbarte Preisformel nicht eingehalten und die gelieferten Kraftstoffe nicht nach den vereinbarten Preisen abgerechnet habe, ist die Kündigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnisnahme des Kündigungsgrundes erklärt worden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund wirksam nur in angemessener, gesetzlich nicht festgelegter Frist erfolgen. Diese für das Dauerschuldverhältnis entwickelten Grundsätze sind nunmehr in § 314 BGB geregelt. § 314 Abs. 3 BGB sieht ausdrücklich vor, dass der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem er von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, kündigen kann. Grobfahrlässige Unkenntnis reicht nicht. Im Übrigen besteht und bestand auch nach der früheren Rechtsprechung Einigkeit, dass die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht anwendbar ist, weil es sich bei dieser starren Ausschlussfrist um eine Sonderregelung für Dienstverträge handelt, die sich nicht auf andere Vertragsverhältnisse übertragen lässt (BGH NJW 1997 1706,1708 m.w.Nachw.; Henssler in MünchKomm, BGB, 4. Aufl., § 626 Rn. 288). Dementsprechend ist auch die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Rechtsprechung zum Beginn der Zweiwochenfrist bei sog. Dauertatbeständen (vgl. nur BAG BB 1998, 1213 m.w.Nachw.) entgegen der Ansicht des Beklagten nicht einschlägig. (1) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts haben die Parteien im Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 die Einhaltung einer angemessenen Erklärungsfrist nicht wirksam abbedungen, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob dies individualvertraglich oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt möglich ist. Zwar heißt es in § 8 Nr. 2, dass der Vertrag während der Vertragslaufzeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und es hierbei einer Fristeinhaltung nicht bedarf. Hiermit ist aber nicht die Erklärungsfrist sondern die Kündigungsfrist gemeint wie sich ein Vergleich zum Regelungsgehalt von § 314 Abs. 1 BGB und auch § 626 Abs. 1 BGB ergibt. Dort heißt es jeweils, dass jeder Vertragsteil "aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist" kündigen kann. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Parteien hier etwas Abweichendes vereinbaren wollten. (2) Die Kündigung erfolgte mehr als sieben Monate, nachdem der Beklagte Kenntnis von der seiner Meinung nach vertragswidrigen Abrechnung der gelieferten Kraftstoffe über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren erlangt hat. Unstreitig hat der Beklagte erstmals im Juni 2001 schriftlich gegenüber der Klägerin den Vorwurf fehlerhafter Abrechnung erhoben, jedoch bis zum 12.02.2002 mit der fristlosen Kündigung des Vertrages zugewartet, obwohl sich der Geschäftsführer der Klägerin ernsthaft und endgültig geweigert hatte, den Abrechnungsmodus zu ändern, wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung noch einmal bekräftigt hat. Zwar ist dem Beklagten eine gewisse Prüfungs- und Überlegungsfrist zuzubilligen. Jedoch geht ein Zeitraum von mehr als sieben Monaten weit über eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist hinaus. Der Beklagte konnte unschwer aus seinen Unterlagen ersehen, wie die Klägerin in der Vergangenheit abgerechnet hatte. Zudem waren keine komplexen Überlegungen bis zum Ausspruch der Kündigung anzustellen. Da der Beklagte, wie sich aus seinem Schreiben vom 12.02.2002 ergibt, mit der Klägerin nach Juni 2001 in Verhandlungen über eine Modifizierung des Vertrages und einen Ausgleich für die bisherige Preisberechnung eingetreten ist, entstand für die Klägerin der Eindruck, dass das beanstandete Verhalten nicht als so schwerwiegend empfunden worden war, dass eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ende der Vertragslaufzeit unzumutbar ist. Er konnte und durfte deshalb darauf vertrauen, dass der Beklagte das im Juni 2001 beanstandete vertragswidrige Verhalten nicht mehr zum Anlass für eine fristlose Kündigung nehmen wird. bb. Die fristlose Kündigung des Vertrages ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten in der Besprechung am 08.02.2002 vorgeworfen haben soll, er habe die Preise der Referenztankstellen in betrügerischer Absicht falsch angegeben. Der Vortrag des Beklagten ist schon nicht schlüssig. Jedenfalls ist er aber beweisfällig geblieben. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen (BGH NJW 1997, 1706 m.w.Nachw.). Der Vorwurf betrügerischen Verhaltens und damit der Vorwurf einer Straftat ist danach zwar grundsätzlich geeignet, das Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien schwerwiegend zu stören. Jedoch ist dabei auch der Kontext zu berücksichtigen, in dem die Äußerung gefallen ist. Der Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin, das Gespräch am 08.02.2002 sei verhältnismäßig aufgeregt geführt worden, nicht entgegen getreten. Sie haben mit unterschiedlichen Standpunkten über Vertragsmodalitäten und deren Abänderung diskutiert. Hierbei stand die Abrechnung des gelieferten Kraftstoffes im Mittelpunkt. Kommt es aber im Rahmen eines hitzigen, kontrovers geführten Gespräches, zu einer Äußerung mit oben genanntem Inhalt, so deutet dies auf eine ausdrucksstarke und emotionale, aber letztlich nicht ganz ernst gemeinte Spontanäußerung hin. Aber selbst wenn in der behaupteten Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin ein wichtiger Grund zur Kündigung gesehen werden sollte, kann der Beklagte die Kündigung hierauf nicht mit Erfolg stützen. Er hat nämlich keinen Beweis für die behauptete Äußerung angeboten. Dies wäre aber erforderlich gewesen, da die Klägerin in Abrede gestellt hat, dass ihr Geschäftsführer dem Beklagten vorgeworfen habe, "in betrügerischer Absicht" die Preise der Referenztankstellen falsch angegeben zu haben. c. Der Beklagte ist bis zum 31.10.2009 auch nicht zur ordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt. Zwar kann die am 12.02.2002 erklärte unwirksame fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, weil es dem Beklagten für die Klägerin erkennbar darum ging, sich in jedem Fall von dem Vertragsverhältnis zu lösen. Jedoch haben die Parteien bis zum Ablauf der vereinbarten Vertraglaufzeit zum 31.10.2009 das Recht zu ordentlichen Kündigung des Vertrages wirksam ausgeschlossen. Soweit in § 8 Nr. 1 des Belieferungsvertrages vom 05.05.1997 eine feste Vertragslaufzeit von 10 Jahren (01. Juni 1997 - 30. Mai 2007) vereinbart ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob es sich bei dieser Vertragsklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, so wie der Beklagte geltend macht, und ob die Laufzeitvereinbarung der Inhaltskontrolle nach dem AGBG stand hält. Die Parteien haben am 22.11.1999 durch Individualvereinbarung wirksam eine Vertragslaufzeit von 12 Jahren und etwas mehr als 5 Monaten vereinbart. Sie haben sich in Ziff. 2 der 1. Nachtragsvereinbarung zum Belieferungsvertrag vom 05.05.1997 nachträglich auf eine Laufzeit bis zum 31.10.2009 geeinigt. Dass sich hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht. Die individualvertraglich vereinbarte langfristige Bezugsbindung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam. Ob eine langfristige Bezugsbindung gemäß § 138 BGB sittenwidrig ist, hängt maßgeblich davon ab, wie erheblich die Gegenleistungen sind, die der bindende Teil nach dem Vertrag zu erbringen hat (BGH NJW 1998, 156, 159 zu einem Tankstellenbelieferungsvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren). Die höchstzulässige Dauer der Vertragslaufzeit hängt davon ab, welcher Kapitalaufwand für die Erfüllung des Vertrages entsteht. Muss er hohe Entwicklungs- und Vorhaltekosten aufwenden, die sich nur bei längerer Vertragsdauer amortisieren, so rechtfertigt dies regelmäßig eine längerfristige Bindung des anderen Teils an den Vertrag. Dieser Amortisationsgesichtspunkt ist stets auch bei Tankstellenverträgen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vertraglaufzeit herangezogen worden (BGH NJW 2000, 1110, 1113 m.w.Nachw.). Die Investitionen der Klägerin waren hinsichtlich des überlassenen Inventars von untergeordneter Bedeutung, denn sie überließ dem Beklagten das in § 10 des Vertrages aufgelistete Inventar nur leihweise. Erst nach Beendigung des Vertrages sollten sie in das Eigentum des Beklagten übergehen. Gemäss § 11 des Vertrages in Verbindung mit der Vereinbarung vom 22.11.1999 gewährte sie dem Beklagten aber zum Umbau der Tankstelle ein zinsloses Darlehen über 90.000 DM. Im Hinblick darauf, dass eine formularmäßig vereinbarte Laufzeit eines Tankstellenbelieferungsvertrag bei Investitionen von nicht nennenswerten Umfang erst bei einer Dauer von mehr als 10 Jahren für unangemessen angesehen worden ist (BGH NJW 2000, 1110-1114), erachtet der Senat daher wegen des zusätzlich gewährten Darlehens und des bei § 138 BGB im Vergleich zu § 9 AGBG weiter gefassten Prüfungsmaßstabes die vereinbarte Laufzeit von 12 Jahren und etwas mehr als 5 Monaten noch als zulässig. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. V. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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