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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 28/07
Rechtsgebiete: ZPO, GWB


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 920
ZPO § 936
GWB § 19 Abs. 2
GWB § 19 Abs. 2 Ziff. 1
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das am 12.09.2007 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln ist wirkungslos.

Die Gerichtskosten erster Instanz haben die Verfügungsklägerin und die Verfügungsbeklagte zu 2) jeweils zur Hälfte zu tragen. Der Verfügungsklägerin fallen außerdem die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten zu 1) zur Last. Die Verfügungsbeklagte zu 2) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Hälfte der erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Verfügungsklägerin.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin hat die Zulassung zu einer von der Verfügungsbeklagten zu 2) veranstalteten Messe auf dem Gebiet der Dentalprodukte begehrt.

Die Verfügungsklägerin ist die deutsche Vertriebsgesellschaft der italienischen Firma M. S.p.A., die insbesondere dentalchirurgische Instrumente und Produkte für die Kariesprophylaxe herstellt.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) hat die Dentalmesse "N. 2007" in Hamburg am 15.09.2007 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft "N. 2007" (ehemals Verfügungsbeklagte zu 1) veranstaltet, in der sich Dental-Depots, die ihrerseits als Großhändler Produkte und Dienstleistungen im Dentalbereich vertreiben, zusammengeschlossen haben.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) hat die der Verfügungsklägerin bereits erteilte Zulassung zu der Messe mit der Begründung widerrufen, die Verfügungsklägerin vertreibe - was unstreitig ist - ihre Produkte nicht mehr über die Dental-Depots und erfülle damit eine wesentliche Zulassungsvoraussetzung nicht.

Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, das Differenzierungskriterium des Vertriebsweges sei kartellrechtlich unzulässig. Im Übrigen habe die Verfügungsbeklagte zu 2) sie unzulässig benachteiligt, da sie - was ebenfalls unstreitig ist - andere, ihre Produkte ebenfalls (nur) direkt vertreibenden Aussteller gleichwohl zur Messe zulasse.

Ihren gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) gerichteten Verfügungsantrag hat die Verfügungsklägerin im Verhandlungstermin vor dem Landgericht zurückgenommen. Das gegen die Verfügungsbeklagte zu 2) gerichtete Zulassungsbegehren hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 12. September 2007 zurückgewiesen.

Dagegen wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer Berufung.

Nachdem die Messe am 15.09.2007 ohne eine Teilnahme der Verfügungsklägerin stattgefunden hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO nur noch über dessen Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Die Kosten des Rechtsstreits waren - soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist - der Verfügungsbeklagten zu 2) aufzuerlegen, da der ursprüngliche Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte zu 2) zulässig und begründet war. Diese war nämlich zu der streitgegenständlichen Dentalmessen in Hamburg am 15.09.2007 nach Maßgabe der Teilnahmebedingungen der Verfügungsbeklagten zu 2) mit Ausnahme des Erfordernisses, die auf der jeweiligen Messe geschriebenen oder angebahnten Aufträge über die veranstaltenden Dentaldepots abzuwickeln, unter Zuweisung eines Messestandes zuzulassen.

A.

Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 936, 920 ZPO glaubhaft gemacht. Sie hatte einen Anspruch auf Zulassung zu der Dentalmesse in Hamburg aus § 33 Abs. 1 GWB. Die Verfügungsbeklagte zu 2) hat mit ihrer Weigerung, die Verfügungsklägerin zu der Messe zuzulassen, gegen das kartellrechtliche Verbot des § 20 Abs. 1 GWB verstoßen. Nach dieser Vorschrift dürfen marktbeherrschende Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.

1.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist Normadressatin der Verbote des § 20 Abs. 1 GWB. Sie ist marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB, wonach ein Unternehmen marktbeherrschend ist, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.

a)

Zur Feststellung der Marktbeherrschung bedarf es zunächst einer Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes.

aa)

In sachlicher Hinsicht umfasst der relevante Markt vorliegend den Angebotsmarkt für die Überlassung von Messeflächen an ausstellende Unternehmen aus dem Dentalbereich. Auf diesem Markt stehen sich die Verfügungsklägerin als Nachfragerin und die Verfügungsbeklagte zu 2) als Anbieter gegenüber.

Der Markt ist nicht auf die von den Endkunden nachgefragten Produkte der Verfügungsklägerin beschränkt. Nach der ständigen Rechts- und Verwaltungspraxis erfolgt die Abgrenzung von Angebotsmärkten entsprechend dem Bedarfsmarktkonzept nach der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht des Nachfragers (BGH, WuW/E DE-R 1355, 1359 - Staubsaugerbeutelmarkt, BGH WuW/E BGH 3058, 3062 Pay-TV-Durchleitung). Die Verfügungsklägerin fragt vorliegend bei der Verfügungsbeklagten zu 2) die Zulassung zu der von ihr veranstalteten Dentalmesse nach. Zu diesem Markt gehören nicht die sonstigen Möglichkeiten der Anbieter von Dentalprodukten zur Bewerbung ihrer Produkte, etwa Kataloge oder Vertreterbesuche, da diese kein gleichwertiges Substitut zu einer Messepräsentation darstellen und damit nicht funktional austauschbar sind (so schon BGHZ 52, 65, 67 - Sportartikelmesse).

Ebenfalls nicht gegen einen Ausstellungsplatz auf der streitgegenständlichen Messe funktional austauschbar ist die Möglichkeit, die eigenen Produkte auf der internationalen Fachmesse für Dentalprodukte I. in Köln zu präsentieren. Diese Messe findet nur alle zwei Jahre statt und erreicht das Fachpublikum damit nicht im selben Maße wie die jährlichen Regionalmessen. Dazu hat die I. eine andere Zielrichtung als diese. Es handelt sich um eine internationale Messe, bei der ca. zwei Drittel der Aussteller aus dem Ausland kommen und insgesamt über 50 Länder vertreten sind. Auf der Ausstellung werden überwiegend Neuheiten der Dentalbranche präsentiert, ohne dass ein Verkauf der Produkte im Vordergrund steht. Sie dient vielmehr neben der Präsentation vor allem dem internationalen Networking der Branche. Im Ergebnis ist daher die in Rede stehende Regionalmesse gegenüber der I. aus Nachfragersicht nicht austauschbar, sondern komplementär zu dieser.

bb)

Der Angebotsmarkt für Messestände auf den Dentalmessen ist räumlich auf das Einzugsgebiet der jeweiligen einzelnen Fachmesse, vorliegend auf Hamburg und Umgebung, begrenzt.

Die Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept ist ein Hilfskriterium für die Feststellung, ob ein Anbieter (oder Nachfrager) von Waren oder gewerblichen Leistungen marktbeherrschend, d.h. keinem oder einem nur unwesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. Ziel der Bestimmung des (sachlich und räumlich) relevanten Marktes ist die Ermittlung der Wettbewerbskräfte, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben. Sie ermöglicht es, der Zielsetzung des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots entsprechend, die missbräuchliche Ausnutzung nicht hinreichend vom Wettbewerb kontrollierter Handlungsspielräume zu Lasten Dritter zu unterbinden (BGH, WuW/E DE-R 1681, 1687 m.w.N. - DB Regio/üstra). Dementsprechend darf das Bedarfsmarktkonzept nicht mechanisch, sondern muss zweckbezogen dahin angewendet werden, die im konkreten Fall relevanten Wettbewerbskräfte zu ermitteln. So kann eine vom Bedarfsmarktkonzept abweichende (räumliche) Marktabgrenzung dann geboten sein, wenn in einem regionalen Bereich zwar an sich überregionale Austauschmöglichkeiten bestehen, sie vom Abnehmer aber praktisch nicht wahrgenommen werden, so dass in der betreffenden Region tatsächlich kein nennenswerter Wettbewerb stattfindet (BGH, BGHZ 156, 379, 384 f. - Strom und Telefon I; Senat, Beschluss vom 14.03.2007 - Az. VI - Kart 5/06 (V) - SodaClub).

So liegt der Fall auch hier. Die in Rede stehenden acht Dentalmessen weisen einen gleichen Ausstellungsumfang und ein gleiches Ausstellungsprogramm auf und werden von den um einen Ausstellungsplatz nachfragenden Unternehmen der Dentalbranche komplementär und nicht alternativ nachgefragt. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Einzugsgebiete der Messen sich nicht oder kaum überschneiden, aber zusammen nahezu das gesamte Bundesgebiet abdecken, und ferner die Messen zeitlich in großer Nähe zueinander zwischen dem 07.09.2007 (Düsseldorf) und dem 10.11.2007 (Frankfurt) stattfinden. Auf ihnen wird ein nahezu gleiches Angebot der gleichen Aussteller und ein identisches Rahmenprogramm präsentiert. Da sich die ausstellenden Unternehmer bei ihrer unternehmerischen Entscheidung über Art und Umfang der eigenen Messepräsenz an den die Messen besuchenden potentiellen Kunden orientieren und diese wegen der Gleichartigkeit der acht Messen in aller Regel nur die jeweils ortsnahe Regionalmesse besuchen, müssen die Aussteller auf allen Messen vertreten sein, um den Endverbrauchern flächendeckend ihre Produkte anbieten zu können. Im Rahmen einer derart vom Endverbraucher abgeleiteten Nachfrage nach Zulassungen zu den Messen stellen diese aus Ausstellersicht somit keine alternativen, sondern komplementäre Leistungsangebote dar. Ein Ausstellungsplatz auf einer der Fachmessen ist demnach aus Nachfragersicht nicht durch einen Platz auf einer der anderen regionalen Dentalmessen substituierbar.

cc)

Die so bestimmten regionalen Märkte für die Produktpräsentation auf Dentalfachmessen werden von der Verfügungsbeklagten zu 2) für den Einzugsbereich der Messe in Hamburg beherrscht, denn sie ist auf diesem Markt im Sinne von § 19 Abs. 2 Ziffer 1 GWB keinem Wettbewerb ausgesetzt.

2.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) unterhält auf jenem Markt der Produktpräsentation auf Dentalmessen einen Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist.

Es handelt sich bei diesem Kriterium um ein Grobraster, bei dem keine zu engen Anforderungen an die Gleichartigkeit der Nachfrager gestellt werden dürfen (Schulz in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. Aufl., § 20, RdNr. 96). Das Tatbestandsmerkmal dient lediglich einer ersten Sichtung, um Unternehmen, die gänzlich andersartige Funktionen ausüben, von den Verboten des § 20 GWB auszunehmen. Entscheidend sind die unternehmerische Tätigkeit und die wirtschaftliche Funktion der zu vergleichenden Unternehmen im Verhältnis zum marktbeherrschenden Unternehmen (st. Rspr., vgl. nur BGH, WuW/E BGH 1885, 1887 - Adidas; BGHZ 52, 67, 69, a.a.O. - Sportartikelmesse; Schulz, a.a.O., m.w.N.).

Vorliegend unterfallen alle Unternehmen, die Dentalprodukte herstellen und/oder an Endverbraucher vertreiben und einen Ausstellungsplatz auf der von der Verfügungsbeklagten zu 2) veranstalteten Messe nachfragen, dem Gleichartigkeitskriterium. Sie alle begehren von der Verfügungsbeklagten zu 2) Zugang zu den Ausstellungsplätzen, um ihre Dentalprodukte beim Endverbraucher abzusetzen. Ob die Zugang begehrenden Aussteller mit ihren Produkten zueinander im Wettbewerb stehen, ist für die Gleichartigkeit der Unternehmen auf dem betroffenen Angebotsmarkt für die Bereitstellung einer Ausstellungsfläche auf den betreffenden Dentalmessen ohne Belang.

Unerheblich ist ebenso, dass die überwiegende Mehrheit der zugelassenen Unternehmen auf der Messe ihre Produkte nicht - wie die Verfügungsklägerin - im Direktvertrieb, sondern über die in der Arbeitsgemeinschaft "N. 2007" zusammengeschlossenen Dental-Depots umsetzen. Das Verhältnis der Aussteller zu der Verfügungsbeklagten zu 2) ist bei beiden Gruppen durch die gleichen Interessen, nämlich die Möglichkeit einer umfassenden Information und einer Kontaktaufnahme zu potentiellen Käufern ihrer Produkte, gekennzeichnet (vgl. auch BGHZ 52, a.a.O.).

3.

Ob die Verfügungsbeklagte zu 2) die Verfügungsklägerin bei ihrer Entscheidung, diese nicht zu der Messe zuzulassen, bereits dadurch unbillig behindert, dass sie die Zulassung eines Ausstellers an das Erfordernis knüpft, dass dieser seine Produkte über die in der Verfügungsbeklagten zu 1) zusammengeschlossenen Dental-Depots vertreibt, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls behandelt sie die Verfügungsklägerin ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber denjenigen Unternehmen unterschiedlich, die ebenfalls ihre Produkte im Direktvertrieb umsetzen und dennoch einen Ausstellungsplatz zugewiesen bekommen haben.

a)

Ob die von der Verfügungsbeklagten zu 2) aufgestellte Zulassungsvoraussetzung eines Vertriebs der Produkte über Dental-Depots bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen der Verfügungsklägerin an einer Präsenz auf der streitgegenständlichen Messe in Hamburg und der Dental-Depots an einer Gewinnpartizipierung an den dort vorbereiteten Verkäufen zulässig ist, begegnet ganz erheblichen Bedenken.

Zwar ist der Verfügungsbeklagten zu 2) zuzugeben, dass ihr als Veranstalterin einer Messe bei ihrer Entscheidung, wem sie Zugang gewährt, ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht. Jeder Messeveranstalter ist im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit dahingehend ungebunden, welche Art von Messe er gestalten und welchen Charakter er ihr beimessen will. Die Entscheidung unterliegt nur dahingehender gerichtlicher Kontrolle, ob sie bei Zugrundelegung eines vollständig und zutreffend ermittelten Sachverhaltes sachlich vertretbar und nicht willkürlich getroffen wurde (Senat, Urteil vom 05.07.2002, WuW/E DE-R 994).

Auf der anderen Seite handelt es sich bei der in Rede stehenden Dentalmesse nicht um eine "Hausmesse" des Dentalgroßhandels. Das belegt die eigene Außendarstellung der Verfügungsbeklagten zu 2). So werden alle Regionalmessen von der Marketinggesellschaft C., deren Verlautbarungen sich die Verfügungsbeklagte zu 2) zurechnen lassen muss, mit der Ankündigung beworben: "...alles, was Industrie und Fachhandel an neuen, verbesserten und weiterentwickelten Produkten (...) zu bieten hat". Die Besucher werden überdies "umfassend und fundiert" informiert. Dabei haben - so heißt es weiter - die Veranstalter bereits "die Spreu vom Weizen getrennt und präsentieren nur solche Angebote, die wirklichen Nutzen für Praxis und Labor versprechen." Ebenso sei das Vortrags- und Fortbildungsprogramm "praxisorientiert ausgerichtet". Aus dieser Selbstdarstellung ergibt sich, dass die Regionalmessen nicht nur die über Dental-Depots vertriebenen Produkte ausstellen, sondern dem Endverbraucher im Rahmen einer Fachmesse für den Dentalbereich einen umfassenden Gesamtüberblick über die für ihn maßgeblichen Produkte gewähren. Bei einer derartigen Ausrichtung der Messen dürfte der Gesichtspunkt des Großhandelsvertriebs kein kartellrechtstaugliches Differenzierungskriterium sein (vgl. BGHZ 52, 67 ff; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20, RdNr. 161). Alles spricht dafür, dass das Interesse der Verfügungsbeklagten zu 2), nur über Dental-Depots vertreibende Hersteller zuzulassen, im Rahmen der Abwägung hinter dem Interesse der Verfügungsklägerin, ihren Vertriebsweg frei wählen und ihre Produkte auf der Dentalmesse präsentieren zu können, zurücktritt, und dass unterschiedlichen Umsatzbeteiligungen gegebenenfalls über höhere Teilnahmegebühren Rechnung zu tragen ist, die allerdings ihrerseits keinem Zugangshemmnis gleich kommen dürfen. Letztlich kann die Frage einer unbilligen Behinderung der Verfügungsklägerin indes auf sich beruhen.

b)

Denn die Nichtzulassung der Verfügungsklägerin zu der von der Verfügungsbeklagten zu 2) veranstalteten Dentalmesse stellt sich jedenfalls als eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, da die Verfügungsbeklagte zu 2) bei anderen Ausstellern - unstreitig - auf die Einhaltung der in Rede stehenden Zugangsvoraussetzung verzichtet und diese trotz eines Direktvertriebs ihrer Produkte zu der Messe zugelassen hat. Unstreitig sind die Firmen Q. V.-GmbH, T. M. V. GmbH, S. GmbH, S. GmbH und G. B. V. mbH zu der Messe in Hamburg zugelassen worden, obschon sämtliche Unternehmen ihre Produkte im Wege des Direktvertriebs absetzen. Eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung der Verfügungsklägerin diesen Firmen gegenüber besteht nicht. Das gilt bereits deshalb, weil die - insoweit darlegungs- und nachweisbelastete - Verfügungsbeklagte zu 2) nur in Bezug auf die Firmen S. GmbH und G. B. V. mbH überhaupt eine Rechtfertigung geltend macht. Hinsichtlich der vorerwähnten weiteren Direktvertriebsunternehmen, die zu der Messe zugelassen worden sind, ist deshalb von einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung der Verfügungsklägerin auszugehen. Darüber hinaus erweist sich aber auch die für die Messezulassung der S. GmbH und der G. B. V. mbH gegebene Begründung der Verfügungsbeklagten zu 2) als nicht stichhaltig. Die Behauptung der Verfügungsbeklagten zu 2), beide Firmen würden Produkte vertreiben, die ihrer Art nach und branchenweit ausschließlich im Direktvertrieb erhältlich seien, ist durch die von der Verfügungsklägerin dazu vorgelegten Verkaufsunterlagen widerlegt. Danach bietet beispielsweise die Gesellschafterin der Arbeitsgemeinschaft "N. 2007", die Fa. H. S. D. D. GmbH, als Großhändlerin auch Implantologieprodukte an, wie sie von den Firmen S. und G. vertrieben werden.

Dass es sich bei den zugelassenen Unternehmen nicht um Wettbewerber der Verfügungsklägerin in Bezug auf ihre Produkte handelt, ist - wie bereits erörtert - dabei unerheblich (BGHZ, a.a.O., S. 71). Sie sind Wettbewerber bezüglich der Ausstellungsplätze der Verfügungsbeklagten zu 2) und als solche von dieser diskriminierungsfrei zu behandeln.

B.

Es haben auch die für den Erlass einer auf Erfüllung gerichteten einstweiligen Verfügung erforderlichen qualifizierten Voraussetzungen vorgelegen, die an die Dringlichkeit der Angelegenheit zu stellen sind.

1.

Die Darlegung der erforderlichen Dringlichkeit scheiterte nicht bereits daran, dass die Verfügungsklägerin nach dem Widerruf der Zulassungen zu der Messe nahezu einen Monat bis zu der Einreichung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat verstreichen lassen. Sie hat damit die Frist, die der Senat regelmäßig als unschädlich betrachtet, eingehalten. Darüber hinaus steht das Ausschöpfen dieser Frist der Dringlichkeit angesichts des von ihr (der Verfügungsklägerin) zu betreibenden erheblichen Recherche- und Darlegungsaufwandes nicht entgegen.

2.

Die Verfügungsklägerin hat auch die nach der Rechtsprechung des Senats erforderlichen weiteren Voraussetzungen für eine auf Befriedigung gerichtete Leistungsverfügung glaubhaft gemacht.

a)

Dass ohne die Verfügung die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), genügt für den Erlass einer Leistungsverfügung ebenso wenig wie das Anliegen, wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 940 ZPO). Erforderlich ist vielmehr eine bestehende oder drohende Notlage des Gläubigers. Jener muss so dringend auf die Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist (st. Rspr., vgl. nur Senat vom 15.11.2000, WuW/E DE-R 619 m. zahlr. w. Nachw.).

In die rechtliche Beurteilung einzubeziehen ist dabei auch, inwieweit die Ablehnung einer Befriedigungsverfügung zu einer Rechtsverweigerung führt, wobei sich der Erlass einer solchen Verfügung im allgemeinen nicht schon alleine aus dem Umstand rechtfertigt, dass die geschuldete Leistung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzunehmen ist und die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist (Senat a.a.O.). Dem Interesse des Gläubigers an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes steht das schutzwürdige Interesse des Schuldners gegenüber, nicht in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten ausgestalteten summarischen Verfahren zu einer Erfüllung des reklamierten Anspruchs verpflichtet zu werden. Dieses Interesse des Schuldners gewinnt um so mehr dann an Gewicht, wenn sich die Erfüllung (und ihre Folgen) nicht oder nur schwer wieder rückgängig machen lassen. In diesen Fällen sind die Belange des Schuldners vielfach nicht weniger schutzwürdig als das Streben des Gläubigers nach Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs. Der Erlass einer auf endgültige Befriedigung des Erfüllungsanspruchs gerichteten einstweiligen Verfügung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden außer Verhältnis zu demjenigen Schaden steht, der dem Antragsgegner aus der sofortigen Erfüllung droht (Senat, a.a.O.).

In die Abwägung der beiderseitigen Belange der Parteien sind darüber hinaus die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen. Ist die Rechtslage eindeutig und lässt sich die Berechtigung des verfolgten Anspruchs zweifelsfrei feststellen, so ist der Schuldner weniger schutzwürdig und überwiegt im Zweifel das Interesse des Antragstellers daran, dass sein Anspruch bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erfüllt wird. Die vorgenannten Beurteilungskriterien stehen dabei insgesamt in einer Wechselbeziehung zueinander.

b)

An diesen Rechtsgrundsätzen gemessen lagen die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise der Erlass einer Befriedigungsverfügung in Betracht kommt, vor. Bei Abwägung aller Umstände des Falles und der materiellen Rechtslage war es der Verfügungsklägerin nicht zuzumuten, den Widerruf der Messezulassungen hinzunehmen und die Verfügungsbeklagte zu 2) später auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Nichtteilnahme an den Ausstellungen nicht hinnehmbare Nachteile entstehen. Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist marktbeherrschend auf dem hier streitgegenständlichen regionalen Hamburger Markt für die Messe-Präsentation von Dentalprodukten. Vergleichbare Werbe- oder Präsentationsmöglichkeiten, auf die die Verfügungsklägerin ausweichen könnte, sind nicht vorhanden. Sie konnte auch nicht auf die übrigen Messen im Bundesgebiet verwiesen werden. Denn zum einen sind die ebenfalls über die Fa. C. organisierten Messen in Düsseldorf, Berlin, München, Frankfurt und Leipzig bereits erteilten Zulassungen ebenfalls widerrufen worden. Darüber hinaus war die Verfügungsklägerin als deutschlandweit tätiges Unternehmen darauf angewiesen, auf allen Regionalmessen - und mithin auch auf derjenigen in Hamburg - vertreten zu sein, um das interessierte Publikum flächendeckend zu erreichen. Auch die I. in Köln ist wegen deren anderer Zielrichtung und des Zweijahresturnus' keine Alternative für die Verfügungsklägerin.

Die Nichtzulassung der Verfügungsklägerin zu der Regionalmesse in Hamburg kam - jedenfalls für die laufende Saison - einer endgültigen Rechtsverweigerung gleich.

Angesichts der für die Verfügungsklägerin streitenden klaren Rechtslage hat das wirtschaftliche Interesse der Verfügungsbeklagten zu 2) zurückzutreten, zu der von ihr geschuldeten Leistung nicht bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verurteilt zu werden.

C.

Nach alledem fallen der Verfügungsbeklagten zu 2) die auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits angefallenen Kosten zur Last (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Übrigen, d.h. soweit sich der Verfügungsantrag gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) gerichtet hat, ist die Verfügungsklägerin mit den Verfahrenskosten zu belasten (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Das führt im Ergebnis zu der tenorierten Kostenentscheidung.

Ende der Entscheidung

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