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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 35/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 811
ZPO § 811 Abs. 1 Nr. 5
BGB § 562 Abs. 1
BGB § 562 b Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Oktober 2005 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert: Der Herausgabeantrag zu 2. wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des 1. Rechtszuges hat die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen. Die Kosten des 2. Rechtszuges fallen insgesamt der Klägerin zur Last.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

5. Der Streitwert für die 2. Instanz wird auf 5.800 + 200 = 6.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Beklagte war gemäß Mietvertrag vom 18.12.95 (Anlage K 1, Bl.12 GA) Mieterin eines Ladenlokals der Klägerin. In diesem betrieb sie aufgrund eines Franchisevertrages mit dem Geschäftsführer der Klägerin einen Pizza-Lieferdienst. Dieses Mietverhältnis hat die Klägerin wegen erheblicher Mietrückstände mit Schreiben vom 19.11.03 aus wichtigem Grund fristlos, hilfsweise ordentlich zum 28.02.04, gekündigt. Das Ladenlokal hat die Beklagte Ende Mai 2004 geräumt und der Klägerin am 01.06.04 übergeben.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 22.182,32 € nebst Zinsen und Herausgabe von Gegenständen, hinsichtlich derer sie ein Vermieterpfandrecht geltend macht, nämlich eines Elektroofens, einer Pizzaausrollmaschine, eines Packtisches und eines Kühlschrankes.

Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil stattgegeben. Dieses Urteil hat die Beklagte hingenommen, soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist. Mit ihrer Berufung wendet sie sich jedoch gegen die Verurteilung zur Herausgabe der Gegenstände, indem sie geltend macht, an den fraglichen Gegenständen habe kein Vermieterpfandrecht bestanden, weil die Gegenstände gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen seien.

Die Beklagte beantragt,

das am 19.10.2005 verkündete Urteil des LG Düsseldorf (12 O 506/04) dahingehend abzuändern, dass unter Aufrechterhaltung des Urteils im Übrigen die Klage bezüglich des Klageantrages zu 2. abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Hinblick darauf, dass die Beklagte die Gegenstände nach eigener Darstellung inzwischen weiterveräußert hat, beantragt die Klägerin ferner,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über den Käufer des Elektroofens der Marke Impinger II, der Pizzaausrollmaschine, des Packtisches aus Edelstahl sowie des Kühlschrankes mit der Aufschrift "africola", den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses und der Übergabe der vorbezeichneten Gegenstände an den Käufer zu erteilen.

Die Beklagte beantragt insoweit,

diesen Antrag der Berufungsbeklagten zurückzuweisen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

I.

1. Die Klägerin kann ihr Herausgabeverlangen nur auf § 562 b Abs. 2 Satz 1 BGB stützen. Dies setzt voraus, dass sie gemäß § 562 Abs. 1 BGB ein Vermieterpfandrecht an den herausverlangten Sachen erlangt und behalten hat. Da es sich um eingebrachte Sachen der Beklagten im Sinne von Satz 1 dieser Vorschrift handelte, hat die Klägerin ein Vermieterpfandrecht erlangt, wenn es sich nicht um Sachen handelte, die nicht der Pfändung unterlagen, Satz 2 dieser Vorschrift. Die Frage der Pfändbarkeit richtet sich nach § 811 ZPO, wobei hier Abs. 1 Nr. 5 einschlägig ist. Da die fraglichen Gegenstände dem Pizzalieferbetrieb der Beklagten dienten, aus dem diese ihren Erwerb zog, handelte es sich um Gegenstände, die die Beklagte zur Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit benötigte und die damit der Pfändung nicht unterworfen waren.

2. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die fraglichen Gegenstände seien für die Tätigkeit der Beklagten nicht erforderlich gewesen:

Der Kühlschrank soll nicht erforderlich gewesen sein, weil der Beklagten ein komplettes Kühlhaus mitvermietet worden sei. Das Vorhandensein eines Kühlhauses schließt aber nicht aus, dass für eine vorübergehende Kühlung der für die Herstellung von Pizzas nötigen Zutaten oder - wie die Beklagte ergänzend geltend macht - zur Kühlung der für die direkt im Laden einkaufenden Kunden bereitgehaltenen Getränke auch ein Kühlschrank benötigt wird.

Die Pizzaausrollmaschine wird nicht deshalb nicht für die Erwerbstätigkeit benötigt, weil man Teig auch mit einem "Nudelholz" ausrollen kann, wie die Klägerin vorträgt. Unentbehrlichkeit verlangt das Gesetz nicht (Zöller-Stöber, ZPO. 25. Aufl., Rn. 27 zu § 811).

Hinsichtlich des Ofens macht die Klägerin geltend, es handele sich insoweit um einen zweiten Ofen, der überflüssig gewesen sei. Das ist so nicht nachvollziehbar. Ohne nähere Erläuterung bleibt unerfindlich, weshalb sich die Beklagte einen überflüssigen zweiten Ofen angeschafft haben sollte. Dass die Beklagte ihn tatsächlich genutzt hat, bestreitet die Klägerin selbst nicht.

Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin, der herausverlangte Packtisch sei überflüssig gewesen, weil andere Arbeitstische vorhanden gewesen seien.

3. Die Unpfändbarkeit ist auch nicht verloren gegangen, als die Beklagte die Mieträume räumte. Sie hat die angemieteten Geschäftsräume unstreitig bis zuletzt für ihren Betrieb genutzt. Sie hatte außerdem vor, ihren Betrieb in anderen Räumen weiterzuführen, und hat dies zunächst auch tatsächlich getan. Aus diesem Grund blieben die Gegenstände unpfändbar, solange sie sich in den Räumlichkeiten der Klägerin befanden. Danach handelte es sich nicht mehr um in die Räume der Klägerin eingebrachte Sachen, sodass entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Vermieterpfandrecht der Klägerin auch nicht mehr entstehen konnte, als die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit aufgab.

II.

Der erstmals in 2. Instanz geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klägerin stellt eine - fristgerecht (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO) - erhobene Anschlussberufung dar, die jedoch schon deshalb unbegründet ist, weil kein Vermieterpfandrecht der Klägerin bestand. Die weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Auskunftsanspruch bedürfen danach keiner Erörterung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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