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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.06.2006
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 36/02
Rechtsgebiete: BGB, VgV, DÜG, ZPO, GWB, VOL/A


Vorschriften:

BGB § 247 Abs. 1 n.F.
BGB § 254 Abs. 2 a.F.
BGB § 288 Abs. 1 a.F.
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 295
BGB § 296
BGB § 304
BGB § 326 a.F.
BGB § 326 Abs. 1
BGB § 440 Abs. 1
VgV § 13 Satz 4
DÜG § 1
ZPO § 318
GWB § 97 Abs. 5
VOL/A § 25 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Oktober 2002 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 731.922,20 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 18.12.2001 bis zum 31.12.2001 sowie 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3 % und die Beklagte zu 97 %.

Die Kosten der Streithelferin werden dem Kläger zu 3 % auferlegt.

Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers und der Kläger die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Streitwert des Berufungsverfahrens: 756.176,84 €

Gründe:

I.

Der Kläger schrieb im Rahmen einer öffentlichen Beschaffungsmaßnahme für die L. im Mai 2001 die Lieferung von 2500 Notebooks (Los 1), 2500 Notebookdruckern (Los 2) und 2500 Transporttaschen (nebst Packen der Transporttaschen mit den Notebooks und den Druckern sowie Anlieferung an die Dienststellen der F. NRW, Los 3) aus. Die Beklagte bot mit Schreiben vom 15. Juni 2001 2500 Notebooks der Marke S. GT8700XT zum Einzelpreis von 1.910 DM zzgl. 16 % MwSt. an. Nach Vorabinformation der nicht zum Zuge kommenden Bieter erteilte der Kläger der Beklagten den Zuschlag zu den Losen 1 und 2 und der Firma K. + M. k.-c. GmbH den Zuschlag zu Los 3. Bereits einen Tag nach Zuschlagserteilung informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass sie Schwierigkeiten bei der Beschaffung der angebotenen Notebooks habe. Am 22. August 2001 teilte sie mit, dass der Hersteller S. die Notebooks nicht mehr herstelle. Gleichzeitig bot sie dem Kläger das (teurere) Nachfolgemodell S. GT8800XT an. Nach vergeblichen Einigungsversuchen der Parteien leitete der Kläger ein neues Vergabeverfahren ein. Nach den Ausschreibungsunterlagen gehörte zu den Mindestanforderungen des Notebooks die Ausstattung mit einem 700 MHz-Prozessor. Das preisgünstigste und auch im übrigen wirtschaftlichste Angebot gab die F. S. C. GmbH ab. Aus diesem Grund erhielt sie den Zuschlag für das von ihr angebotene und mit einem 850 MHz Prozessor ausgestattete Modell L. C-6387 zu einem Preis (ohne Software) von 2.393 DM zzgl. 16 % MWst..

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Mehrkosten der Deckungsbeschaffung als Schadensersatz und berechnet den geltend gemachten Schaden in Höhe von 756.176,84 € (1.478.953,34 DM) wie folgt:

 Mehrkosten aus Deckungskauf (2.393 DM - 1.910 DM x 2555 Stck. = 1.234.065 DM zzgl. 16 % MwSt)1.431.515,14 DM
Forderung der K. + M. k.-c. GmbH16.796,80 DM
Rechtsanwaltskosten (2. Vergabeverfahren)30.641,40 DM
 1.478.953,34 DM.

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen, weil der mit der Beklagten geschlossene Verttrag über die Lieferung der Notebooks gemäß E 13 Satz 4 VgV (a.F.) unwirksam sei.

Auf die Berufung des Klägers hat der Senat mit Grundurteil vom 25. Juni 2003 das angefochtene Urteil abgeändert und festgestellt, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte folge dem Grunde nach aus §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB. Es bestehe kein Zweifel, dass überhaupt ein Schaden entstanden sei. Der zwischen den Parteien über die Lieferung der Notebooks S. GT8700XT geschlossene Kaufvertrag sei nicht gemäß § 13 Satz 4 VgV (a.F.) nichtig, so dass die Beklagte mit der ihr obliegenden Hauptleistung in Verzug geraten und zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet sei. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei insbesondere nicht durch ein etwaiges Mitverschulden des Klägers (§ 254 BGB a.F.) ausgeschlossen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Grundurteil des Senates vom 25. Juni 2003 Bezug genommen (Bl. 304-309 GA).

Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision des Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. Februar 2005 (Az.: KZR 36/03) zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2006 hat die Beklagte ihrer Prozessbevolllmächtigten im Revisionsverfahren, Rechtsanwältin Dr. A., den Streit verkündet.

Der Kläger behauptet unter Bezugnahme auf den Inhalt des Protokolls über die Vergabeverhandlung vom 06.11.2001, die von F. S. für jedes Notebook mitgelieferte Software sei mit einem Betrag von 116,00 DM (59,31 €) in die Kalkulation des Kaufpreises eingeflossen und daher von dem vereinbarten Kaufpreis in Abzug zu bringen. Für die Durchführung einer Personalschulung nebst Einweisungsworkshop seien keine weiteren Abzüge vorzunehmen. Die an die K. + M. k.-c. GmbH gezahlten zusätzlichen Lagerkosten seien aus § 304 BGB gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen vom 23. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 756.176,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes seit dem 18. Dezember 2001 bis zum 31. Dezember 2001 sowei Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das als Ersatz beschaffte Notebook L. C-6387 (Celeron 850 MHz) sei technisch aktueller, leistungsfähiger und höherwertiger als das von ihr angebotene Notebook S. Typ GT8700XT (700 MHz). Diesen Vorteil müsse sich der Kläger auf die geltend gemachten Mehrkosten aus dem Deckungsgeschäft anrechnen lassen.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Düsseldorf hat überwiegend Erfolg.

Nachdem die Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus § 326 BGB a.F. rechtskräftig festgestellt worden ist, war nur noch über die Höhe des geltend gemachten Schadens zu entscheiden. Hiernach steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 731.922,20 € Schadensersatz zu; in Höhe von 24.254,77 € ist die Klage indes unbegründet.

1.

Das klagende Land kann von der Beklagten Mehrkosten für den getätigen Deckungskauf in Höhe von 731.922,20 € (= 1.431.515,14 DM) ersetzt verlangen.

Der Gläubiger, der einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat, kann verlangen, wirtschaftlich so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn der Schuldner den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung des Nichterfüllungsschadens bedarf es daher eines Vergleichs zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage (statt aller BGHZ 126, 131, 133 f.; Heinrichs in Palandt, BGB, 61. Aufl., § 325 Rn. 12). Der Käufer kann seinen Schaden auf der Grundlage eines konkreten Deckungsgeschäftes berechnen und die hierdurch entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen. Bei dem Vergleich mit dem tatsächlichen Vermögensstand ist der Zeitpunkt der Vornahme dieses Geschäfts maßgeblich (Heinrichs in Palandt, aaO., § 281 Rn. 25).

a.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind dem Kläger erstattungsfähige Mehrkosten durch den Deckungskauf in Höhe von 1.431.515,14 DM bzw. 731.922,20 € (2.393 DM - 1.910 DM x 2555 Stck. = 1.234.065 DM zzgl. 16 % MwSt) entstanden.

Hätte die Beklagte den Vertrag ordnungemäß erfüllt, dann hätte der Kläger 2.555 Stück Notebooks S. GT8700 XT zu einem Kaufpreis von 1.910,00 DM pro Stück, mithin zu einem Gesamtpreis von 4.880.050,00 DM (= 2.495.136,35 €) zzgl. 16 % MwSt., erhalten. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten sind der Berechnung 2.555 Stück Computer zu Grunde zu legen. Dem rechtskräftigen Grundurteil des Senates (dort Seite 6) und dem Urteil des Bundesgerichtshofes (dort Seite 3) ist zu entnehmen, dass die Beklagte gemäss Ziff. 2.3.2 der Vertragsbedingungen verpflichtet war, Mehrleistungen bis zu 10 % der im Vertrag festgelegten Mengen (2.500 Stück) zu dem angebotenen Preis zu erbringen. Von diesem Optionsrecht hatte der Kläger Gebrauch gemacht, als er 55 Stück Notebooks mehr als von der Beklagten angeboten bestellt hat.

Nach Durchführung eines zweiten Vergabeverfahrens hat der Kläger F. S. den Zuschlag auf das von ihr angebotene Modell L. C-6387 (Celeron 850 MHz) zu einem Preis von 2.509,00 DM netto erteilt. Für 2555 Stück Computer hat der Kläger einen Kaufpreis von insgesamt 6.410.495,00 DM (= 3.277.634,05 €) zzgl. 16 % MwSt. zahlen müssen. Von diesen Kosten hat der Kläger zu Recht lediglich einen Betrag von 296.380,00 DM (116,00 DM x 2555 Stück) für die mitgelieferte Software abgesetzt, so dass es bei einem Betrag von 1.234.065 DM zzgl. 16 % MwSt, mithin 1.431.515,14 DM (= 731.922,20 €), verbleibt.

Der Vertrag mit F. S. enthält im Vergleich zu dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag zusätzliche Leistungen, die bei der Schadensberechnung nicht zu berücksichtigen sondern von den Mehrkosten des Deckungskaufs abzusetzen sind. Anders als die Beklagte schuldete F. S. die Lieferung von Software in Form eines Betriebssystems Windows 2000 bzw. Windows NT. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang das Protokoll über die Vergabeverhandlung vom 06.11.2001 (Anl. K 22) zu den Akten gereicht. Hieraus ergibt sich, dass nach eigenen Angaben von F. S. die Software mit einem Betrag von 116,00 DM (59,31 €) in die Kalkulation des Kaufpreises für jedes Gerät eingeflossen ist. Der Beklagten ist es demgegenüber trotz Hinweis des Senates nicht gelungen, dem Vortrag des Klägers ausreichend substantiiert entgegenzutreten (§ 138 Abs. 2 ZPO), so dass er als zusgestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Tatsache, dass sie selbst und andere Unternehmen dieselbe oder vergleichbare Software zu einen höheren Stückpreis anbieten, reicht in Anbetracht des vorgelegten Protokolls über die Vergabeverhandlung nicht aus, zumal - unstreitig - in demselben Vergabeverfahren zwei andere Bieter unabhängig voneinander ebenso wie F. S. die Software mit 59,31 € (116,00 DM) pro Computer kalkuliert haben. Es fehlen somit jegliche Anhaltspunkte dafür, dass F. S. für die Software entgegen ihren Angaben gegenüber der Vergabestelle ihrer Kalkulation des Gesamtpreises tatsächlich einen höheren Betrag als 116,00 DM für die Software zu Grunde gelegt hat.

Für die Durchführung einer Personalschulung nebst Einweisungsworkshop (Ziff. 5.1 des Kaufscheins) sind von dem oben genannten Stückpreis keine weiteren Kosten in Abzug zu bringen. Der Kläger hat nunmehr von der Beklagten unwidersprochen dargetan, dass es sich hierbei im Vergleich zu dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag nicht um zusätzliche Leistungen von F. S. handelt. Sie gehörten vielmehr gemäß § 14 Nr. 1 der Besonderen Vertragsbedingungen zur vertraglich geschuldeten Gesamtleistung und hätten auch von der Beklagten erbracht werden müssen.

b.

Eine Beschränkung der Schadensersatzpflicht der Beklagten infolge eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers kommt nicht in Betracht. Gleiches gilt für die Anrechnung eines durch den Deckungskauf erlangten Vermögensvorteil. Die Beklagte ist mit dem Mitverschuldenseinwand und dem geltend gemachten Vorteilsausgleich im Betragsverfahren ausgeschlossen. Über beide Aspekte ist bereits in dem Grundurteil des Senates rechtskräftig entschieden worden, so die Bindungswirkung des Grundurteils eine erneute Entscheidung des Senates hierüber verbietet.

aa.

Die Beklagte ist mit ihrem erstmals im Betragsverfahren erhobenen Vorwurf, der Kläger habe bei Beschaffung der Notebooks im 2. Vergabeverfahren auch deshalb gegen die aus § 254 Abs. 2 BGB a.F. folgende Schadensminderungspflicht verstoßen, weil er nur die Hersteller von höherwertigeren und damit teureren Notebooks zur Angebotsabgabe aufgefordert und die Ausschreibung nicht auf Geräte mit einem 700 MHz Prozessor beschränkt habe, ausgeschlossen. Zwar können die zum Anspruchsgrund gehörenden Fragen des Mitverschuldens auch im Nachverfahren über die Anspruchshöhe geprüft werden, wenn sie nicht zu einem vollständigen Haftungsausschluss führen und die Entscheidung hierüber - entweder im Tenor oder in den Urteilsgründen - ausdrücklich dem Betragsverfahren vorbehalten worden ist (BGHZ 110, 196, 202; BGHZ 141, 129, 136; Vollkommer in Zöller, aaO., § 304 Rn. 18). Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor. Der Senat hat sich in seinem rechtskräftigen Grundurteil abschließend mit einem etwaigen schadensmindernd zu berücksichtigenden Mitverschulden des Klägers befasst, den (damaligen) Vortrag der Beklagten gewürdigt und ein Mitverschulden im Ergebnis verneint (vgl. Seite 11 der Urteilsgründe). Der Bundesgerichtshof hat sich den Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 22. Februar 2005 angeschlossen (vgl. Seite 9 der Urteilsgründe). Damit ist die Frage des Mitverschuldens abschließend beschieden. Mit dem erstmals nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den Anspruchsgrund erhobenen Vorwurf, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, weil er in dem 2. Vergabeverfahren nur die Hersteller von höherwertigeren und damit teureren Notebooks zur Angebotsabgabe aufgefordert und Ausschreibung nicht auf Geräte mit einem 700 MHz Prozessor beschränkt habe, kann die Beklagte im jetzigen Betragsverfahren daher nicht mehr gehört werden.

bb.

Der Senat ist überdies gemäss § 318 ZPO daran gehindert, sich in dem Betragsverfahren mit der Frage zu befassen, ob dem Kläger durch die Ersatzbeschaffung der Notebooks ein nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung auf den Schaden anzurechnender Vorteil entstanden ist, weil das Notebook L. C-6387 im Vergleich zu dem von der Beklagten angebotene Notebook S. Typ GT 8700XT mit einem 850 MHz Prozessor anstelle eines 700 MHz-Prozessors ausgestattet ist. Es ist bereits durch das Grundurteil des Senates rechtskräftig über die Vorteilsausgleichung entschieden worden.

Die Vorteilsausgleichung gehört - ebenso wie das Mitverschulden - grundsätzlich zum Anspruchsgrund (RGZ 103, 408; BGH VersR 1968, 69, 70; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 304 Rn. 8; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 304 Rn. 18; Leipold in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 304 Rn. 26). Denn der Schadensersatzanspruch kann dem Grunde nach nicht festgestellt werden, so lange die Möglichkeit besteht, dass der Vorteil dem Schaden der Höhe nach gleichkommt. Zwar darf über Fragen der Vorteilsausgleichung ausnahmsweise auch im Betragsverfahren entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der behauptete Vorteil den Schaden nicht vollständig ausgleicht und ein entsprechender Vorbehalt im Grundurteil enthalten ist. Im Urteilstenor, zumindest aber in den Urteilsgründen muss eindeutig kenntlich gemacht werden, über welche Punkte, die den Grund der Haftung betreffen, im Urteil nicht mitentschieden worden ist (BGH NJW-RR 1996, 700, 701; BGH NJW-RR 1987, 1277, 1278; BGHZ 141, 136; BGHZ 110, 202; Leipold in Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl.; § 304 Rn. 15; Musielak in MünchKomm, ZPO, § 204 Rn. 17). An einem solchen Vorbehalt fehlt es hier. Weder ausdrücklich noch nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Dritten kenntlich gemacht worden, dass über die zum Anspruchsgrund gehörende Vorteilsausgleichung nicht mitentschieden worden ist, sondern die Prüfung dieser Frage dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben soll. Zwar hat der Senat unter II. der Urteilsgründe ausgeführt (vgl. Seite 5), dass kein Zweifel daran besteht, dass dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Jedoch kann hieraus nicht geschlossen werden, dass der Senat die zum Anspruchsgrund gehörende Frage der Vorteilsausgleichung bewusst aus der Entscheidung ausgeklammert hat und ihre Klärung dem Betragsverfahren vorbehalten wollte. Der Senat ist an keiner Stelle der Entscheidung auf die Frage der Vorteilsausgleichung eingegangen. In den Urteilgründen unter I. ist der Vortrag der Beklagten zur Vorteilsausgleichung an keiner Stelle erwähnt worden; auch hat der Senat unter II. der Gründe keinerlei Ausführung zur Vorteilsausgleichung selbst gemacht.

Aber selbst unterstellt, durch das Grundurteil wäre über eine Vorteilausgleichung noch nicht abschließend entschieden worden, müsste sich der Kläger die durch den Deckungskauf erlangten Vorteile auf den geltend gemachten Schaden nicht anrechnen lassen. Zwar steht der Kläger infolge der Ersatzbeschaffung besser als er bei Erfüllung des Vertrages durch die Beklagte stehen würde. Anstelle der mit einem 700 MHz-Prozessor ausgestatten Notebooks S. GT8700XT verfügt das Notebook von F. S. über einen leistungsstärkeren 850 MHz-Prozessor. Eine Anrechnung dieses Vorteils scheitert aber daran, dass es eine unzumutbare Belastung für den Kläger darstellen und damit dem Zweck des Schadensersatzes entgegenstehen würde.

Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind Vorteile, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zufließen, schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn die Vorteile durch das Schadensereignis adäquat kausal verursacht worden sind und überdies eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. der Geschädigte nicht unzumutbar belastet und der Schädiger nicht unbillig begünstigt wird. Anrechenbar sind demnach nur solche Vorteile, die mit dem geltend gemachten Schaden in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, so dass Schaden und Vorteil bei wertender Betrachtung gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbunden sind (vgl. zu allem: BGH NJW-RR 2004, 79, 80; NJW 1997, 2378; NJW 1984, 230; BGHZ 77, 151, 154 ff.).

Es läge hier ein unzumutbarer Eingriff in das Prinzip des vollen Schadensausgleichs vor, wenn der für den Deckungskauf aufgewandte Betrag im Hinblick auf die Ausstattung mit einem leistungsfähigeren 850-MHz-Prozessors gekürzt würde. Der Kläger war nach den gesetzlichen Vorgaben verpflichtet, F. S. den Zuschlag auf ihr Angebot im 2. Vergabeverfahrens zu erteilen und damit die mit einem leistungsfähigeren Prozessor ausgestatteten Notebooks zu erwerben. Nach § 97 Abs. 5 GWB, § 25 Nr. 3 VOL/A 2. Abschnitt ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Dieses hat F. S. abgegeben, denn - und dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt - es war insbesondere im Vergleich zu allen übrigen Angeboten das preisgünstigste. Hätte sich der Kläger für ein anderes Angebot, d.h. für ein Notebook mit einem weniger leistungsstarken Prozessor (750 MHz) entschieden, hätte er nicht nur vergaberechtswidrig gehandelt, sondern zugleich gegen seine Schadensminderungspflicht verstossen, weil er nicht das kostengünstigste Angebot angenommen hat. Dies hätte zur Konsequenz, dass er in keinem Fall die für die Ersatzbeschaffung erforderlichen Kosten in voller Höhe ersetzt verlangen könnte. Unter diesen Umständen kann in der leistungsstärkeren Ausstattung der Notebooks aber kein ungerechtfertigter Vermögenszuwachs gesehen werden.

2.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der an die K.+M. k.-c. GmbH (nachfolgend K.+M. GmbH) gezahlten zusätzlichen Lagerkosten in Höhe von 16.796,80 DM (= 8.588,07 €). Der Kläger hat nicht schlüssig vorgetragen, dass er gegenüber der K.+M. GmbH zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet war.

a.

Ein Anspruch der K.+M. GmbH gegen den Kläger auf Zahlung von 8.588,07 € (zusätzlicher) Lagerkosten für Drucker und Notebooktaschen folgt nicht aus § 304 BGB.

Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Verzuges des Gläubigers Ersatz von Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gläubiger mit der Annahme der Leistung in Verzug geraten ist (§ 297 BGB). Dem Vorbringen des Klägers ist aber nicht zu entnehmen, dass er sich mit dem Abruf und der Annahme der geschuldeten Leistung (Lieferung der in Taschen verpackten Drucker und Computer) in Verzug befand. Ein tatsächliches Angebot der Leistung im Sinne von § 294 BGB durch die K.+M. GmbH ist nicht ersichtlich. Auch fehlen Angaben zu einem wörtlichen Angebot gemäss § 295 BGB. Hiernach genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen (§ 295 S. 2 BGB). Dass die K.+M. GmbH den Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt zur Anlieferung der Computer aufgefordert und damit die von ihr geschuldete Leistung (Verpacken der Computer und Drucker in die Computertaschen und anschließende Auslieferung) angeboten hat, hat der Kläger nicht vorgetragen. Ein Angebot der K.+M. GmbH war auch nicht gemäss § 296 BGB entbehrlich. Der Kläger hat nicht dargetan, dass er mit der K.+M. GmbH für die von ihm vorzunehmende Mitwirkungshandlung (Anlieferung der Computer im Lager der K.+M. GmbH) eine Zeit nach dem Kalender vereinbart hat. Wie sich aus der Leistungsbeschreibung zu Los 1 und Los 2 ergibt, war die Beklagte verpflichtet, die Drucker und Computer zu einen bestimmten Zeitpunkt an das Lager der K.+M. GmbH auszuliefern: die ersten 250 Stück innerhalb von 4 Wochen nach Auftragserteilung und zwischen der 38. und 48. Kalenderwoche pro Kalenderwoche jeweils ca. weitere 200 Stück. Entgegen dem Vorbringen des Klägers (Bl. 419 GA) kann aber nicht festgestellt werden, dass die in den Verträgen mit der Beklagten zu Los 1 und 2 vereinbarte Anlieferung zu bestimmten Lieferzeiten auch zum Gegenstand des mit der K.+M. GmbH geschlossenen Vertrages gemacht worden sind. Dies ergibt sich jedenfalls nicht aus der Bezugnahme in Ziff. 1.9 b) der Leistungsbeschreibung, in der die Mindestanforderungen zu Los 3 enthalten sind. Es heißt dort:

"b) Annahme, Lagerung und Versicherung der Geräte aus den Losen 1 und 2

Lieferscheinstellung, Auslieferung an Dienststellen in Anlage 1, Packen des Transportkoffers (LOS 1 und LOS 2) und Entsorgung der Verpackungen sowie die Dokumentation wie in Anlage 2 (CCM) dargestellt sind zu übernehmen....."

Die Bezugnahme auf Los 1 und 2 stellt in diesem Zusammenhang nur klar, was in den Transportkoffer zu verpacken ist, nämlich die durch die Vergabe von Los 1 und 2 beschafften Notebooks und Drucker. Eine Bezugnahme auf die mit der Beklagten zu Los 1 und 2 vereinbarten Lieferzeiten kann dieser Formulierung nicht entnommen werden. Ob sich aus dem mit der K.+M. GmbH geschlossenen Vertrag etwas anderes ergibt, kann nicht festgestellt werden, weil der Kläger hierzu trotz Hinweis des Senates keine Angaben gemacht hat.

b.

Ein Anspruch der K.+M. GmbH gegen den Kläger folgt auch nicht aus § 286 Abs. 1 BGB. Der Kläger hat nach wie vor nicht schlüssig dargetan, dass er sich ab dem 18.09.2001 mit der Anlieferung der Notebooks bei der K.+M. GmbH in Verzug befand (§ 284 BGB).

Dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass er sich selbst gegenüber der K.+M. GmbH vertraglich verpflichtet hat, die Computer und Drucker bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei ihr anzuliefern bzw. durch Erfüllungsgehilfen anliefern zu lassen.

c.

Ein Anspruch der K.+M. GmbH auf Zahlung der geltend gemachten Lagerkosten ist auch nicht aus pVV (§ 281 BGB n.F.) des mit dem Kläger zu Los 3 geschlossenen Vertrages gerechtfertigt. Der Kläger hat keine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Zwar sind Gläubiger und Schuldner verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages zu schaffen und Erfüllungshindernisse zu beseitigen (Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 242 Rn. 32). Der Kläger war demnach verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die K.+M. GmbH die Drucker und Computer so rechtzeitig erhält, dass sie ihrerseits fristgemäß ausliefern kann. Diese Mitwirkungspflicht hat er nicht verletzt. Er hat durch die Vereinbarung von Lieferzeiten die erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um eine fristgemäße Anlieferung der Geräte durch die Beklagte sicherzustellen. Auch hat er alles versucht, die Beklagte zur Erfüllung des Vertrages anzuhalten, nachdem die in Rede stehenden Schwierigkeiten aufgetreten waren. Nach Scheitern der Einigungsversuche mit der Beklagten hat er unverzüglich ein neues Vergabeverfahren eingeleitet und F. S. den Auftrag erteilt.

3.

Der Kläger kann von der Beklagten ferner nicht die durch das 2. Vergabeverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 30.641,40 DM (=15.666,70 €) ersetzt verlangen.

Es gilt der Grundsatz, dass der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat, sondern nur solche Kosten, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 127, 350; BGHZ 66, 182, 192 m.w.Nachw.). Zwar sind hier die geltend gemachten Rechtsanwaltkosten durch die Nichterfüllung des Vertrages durch die Beklagte verursacht worden. Hätte die Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt, wäre es nicht erforderlich gewesen, die Notebooks in einem zweiten Vergabeverfahren durch einen Deckungskauf zu beschaffen. Aus Sicht des R. bzw. des klagenden Landes war die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Durchführung des zweiten Vergabeverfahrens jedoch nicht erforderlich und zweckmäßig. Ein öffentlicher Auftraggeber ist grundsätzlich in der Lage, ein Vergabeverfahren ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts durchzuführen. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse gehören zu seinem originären Aufgabenkreis und sind von ihm zu organisieren. Dies gilt erst Recht für das Land N. W., das eine Vielzahl von Beschaffungsvorgängen durchzuführen hat und über entsprechend geschultes Personal verfügt. Anhaltspunkte, die hier ausnahmsweise aus Sicht des Klägers die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und von dem Kläger auch nicht dargetan. Nachdem die Beklagte die Erfüllung des Vertrages endgültig abgelehnt hatte, stand für den Kläger fest, dass er seinen Bedarf an Notebooks anderweitig durch Abschluss eines Deckungskaufs befriedigen muss. Eine erneute Vergabe der in Los 1 ausgeschriebenen Leistungen war geboten. Dass die Vergabe wegen des bestehenden Zeitdrucks innerhalb weniger Monate bis zum Ende des Jahres 2001 durchgeführt werden sollte, rechtfertigte die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht. Besondere Rechtsfragen waren damit nicht verbunden.

4.

Der Zinsanspruch des Klägers folgt für den Zeitraum vom 18.12.2001 - 31.12.2001 in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus § 288 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz und ab dem 01.01.2002 in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz aus §§ 288 Abs. 2, 247 Abs. 1 BGB n.F..

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gemäss § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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