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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: VI-W (Kart) 12/05
Rechtsgebiete: GWB, BGB, KostO


Vorschriften:

GWB § 20 Abs. 1
BGB § 259 Abs. 2
KostO § 131 b Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 29. August 2005 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Antragstellerin wird für das beabsichtigte Klageverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt P. in D. bewilligt, soweit sie von der Antragsgegnerin Rückzahlung von Teilnehmergebühren für die Zeit vom 1. September 2001 bis zum 28.2.2004 in Höhe von insgesamt 5.577,22 € sowie Auskunft über die seit dem 1. September 2001 verteilten Serien- und Botenfahrten verlangt. Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch wird abgelehnt.

II. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf 25 € ermäßigt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

A. Der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Zahlungsklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen. In diesem Umfang bietet ihre Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. Zwar hat das Landgericht mit Recht einen Anspruch der Antragstellerin verneint, beitragsmäßig mit den Gesellschaftern der Antragsgegnerin gleich behandelt zu werden und demzufolge keinen höheren Teilnehmergebühr als diese entrichten zu müssen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 16. Juni 2004 (VI-U(Kart) 16/04) ausgeführt, dass es aus kartellrechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist, wenn die Antragsgegnerin von bloßen Teilnehmern ihrer Vermittlungsdienstleistungen eine höhere monatliche Teilnehmergebühr verlangt als ihre Gesellschafter in Form eines monatlichen Beitrags zu zahlen haben. Ihre Rechtfertigung findet diese Differenzierung in der Tatsache, dass die Gesellschafter bei Aufnahme in die Gesellschaft ein Eintrittsgeld an die Antragsgegnerin zu entrichten sowie persönliche und finanzielle Leistungen zur Unterhaltung der Einrichtung und des Betriebs der Gesellschaft zu erbringen haben. An diesem Standpunkt hält der Senat fest.

2. Damit ist indes noch nicht entschieden, dass die von der Antragsgegnerin verlangte Teilnehmergebühr der Höhe nach kartellrechtlich unbedenklich ist.

a) Die Antragstellerin macht in diesem Zusammenhang geltend, dass ihr seit Jahren die Aufnahme als Gesellschafterin der Antragsgegnerin ohne hinreichenden Grund verwehrt werde, weshalb sie als einziges Taxiunternehmen in H. die hohen Teilnehmergebühren von anfangs 504,13 € (und derzeit 543,33 €) an die Antragsgegnerin zu entrichten habe, während alle ihre Wettbewerber als Gesellschafter der Antragsgegnerin aufgenommen worden seien und demzufolge einen monatlichen Beitrag von lediglich 326,20 € aufzubringen haben. Aufgrund dessen werde sie auf Dauer mit höheren finanziellen Kosten für die Vermittlung von Fahraufträgen belastet als ihre gesamte Konkurrenz. Darüber hinaus - so macht die Antragstellerin weiter geltend - sei die Teilnehmergebühr auch als solche unangemessen hoch. Die Antragsgegnerin, welche die "T. D." in M. mit der Funk- und Telefonvermittlung von Fahraufträgen beauftragt habe, müsse an diese pro Mitglied nur einen monatlichen Betrag von 180 € zahlen. Vor diesem Hintergrund sei eine Teilnehmergebühr von über 500 € im Monat weit überzogen. Unberechtigt hoch sei auch der betragsmäßige Abstand zu den monatlichen Beiträgen der Gesellschafter der Antragsgegnerin. Von den Gesellschaftern würden - weil die Krankenfahrtenabrechnungen von der Angestellten H. erledigt würden und überdies der Gesellschafter B. für sein Tätigwerden eine monatliche Vergütung von 110 € erhalte - allenfalls in ganz geringem Umfang unentgeltliche Leistungen für die Gesellschaft erbracht. Sie könnten eine Differenz zwischen der Teilnehmergebühr und dem Gesellschafterbeitrag von mehr als 150 € pro Monat nicht rechtfertigen.

b) Trifft der Sachvortrag der Antragstellerin zu, dürfte die von der Antragsgegnerin berechnete Teilnehmergebühr kartellrechtlich zu beanstanden sein. Es drängt sich dann nämlich der Verdacht auf, dass die Antragsgegnerin die Wettbewerbsmöglichkeiten der Antragstellerin gezielt beeinträchtigt, indem sie deren Ersuchen um Aufnahme als Gesellschafterin ohne sachlichen Grund ablehnt und zugleich Teilnehmergebühren verlangt, die weder mit Blick auf die Kosten der in Anspruch genommenen Vermittlungsleistungen noch im Hinblick auf den weitaus geringeren monatlichen Beitrag, den die Gesellschafter der Antragsgegnerin zu entrichten haben, gerechtfertigt sind. Die Antragsgegnerin trifft in diesem Fall der Vorwurf, durch die unangemessene Höhe der Teilnehmergebühr ihre marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen und die Antragstellerin im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB unbillig zu behindern.

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Teilnehmergebühr kartellrechtswidrig überhöht ist, lässt sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht abschließend beurteilen. Die Antragstellerin - die für das Tabestandsmerkmal der "unbilligen Behinderung" die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. nur: Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rdnr. 233 m.w.N.) - hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur (Un-)Angemessenheit der Teilnehmergebühr vorgetragen und - wie vorstehend dargestellt - etliche Gesichtspunkte aufgezeigt, die die Berechtigung der Gebührenhöhe ernsthaft in Frage stellen. Es ist im Prozess Sache der Antragsgegnerin, diesem Sachvortrag im Einzelnen entgegen zu treten und darzulegen, wie die Teilnehmergebühr kalkuliert ist, aus welchen Kosten sich ihre Höhe rechtfertigt und inwieweit der betragsmäßige Unterschied zu den monatlichen Gesellschafterbeiträgen berechtigt sein soll. An einem solchen Sachvortrag der Antragsgegnerin fehlt es bislang. Vor diesem Hintergrund bietet die Zahlungsklage nach dem bisherigen Verfahrensstand hinreichende Aussicht auf Erfolg.

B. Das Prozesskostenhilfegesuch ist darüber hinaus berechtigt, soweit die Antragstellerin von der Antragsgegnerin Auskunft über die seit dem 1. September 2001 verteilten Serien- und Botenfahrten verlangt. Wie dem Senat aus dem Verfahren VI-U(Kart) 16/04 bekannt ist, hat die Antragsgegnerin nach den Bestimmungen ihrer Fahr- und Funkordnung die "Vermittlung (lies: der Fahraufträge) allein aufgrund sachlicher Überlegungen zum gleichen Nutzen aller angeschlossenen Mitglieder vorzunehmen". Um die Beachtung dieser Vertragspflicht nachvollziehen und überprüfen zu können, kann die Antragstellerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) von der Antragsgegnerin Auskunft über die Serien- und Botenfahrten verlangen, die seit ihrer Teilnahme am Vermittlungsdienst der Antragsgegnerin am 1. September 2001 verteilt worden sind.

C. Dem Grunde nach kann die Antragstellerin eine solche Auskunft auch für die seit dem 1. September 2001 vermittelten Fernfahrten beanspruchen. Allerdings räumt die Antragstellerin ein, von der Antragsgegnerin für einen - nicht näher bezeichneten - Zeitabschnitt bereits eine Liste der verteilten Fernfahrten erhalten zu haben. In diesem Umfang ist der Auskunftsanspruch der Antragstellerin folglich bereits erfüllt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Aufstellung - wie die Antragstellerin annimmt - fehlerhaft, d.h. unvollständig ist. Dadurch wird nämlich nicht die Erfüllung des Auskunftsanspruchs in Frage gestellt, sondern kann sich allenfalls das Recht der Antragstellerin ergeben, von der Antragsgegnerin nach § 259 Abs. 2 BGB zu verlangen, dass diese die Richtigkeit ihrer Auskunft an Eides statt versichert.

Soweit der Auskunftsanspruch nach dem Gesagten noch nicht erfüllt ist, kann gleichwohl die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung derzeit nicht bejaht werden. Denn es ist bislang weder dargetan noch sonst zu erkennen, für welchen Zeitraum konkret die Auskunft der Antragsgegnerin über die vermittelten Fernfahrten noch aussteht.

D. Auskunft über den Zeitpunkt der bisherigen Gesellschafterversammlungen und die Aushändigung der entsprechenden Versammlungsprotokolle kann die Antragstellerin als bloße Teilnehmerin an der Fahrauftragsvermittlung der Antragsgegnerin nicht verlangen. Ein dahingehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 12. Mai 2002 (Anlage 4, GA 25). Darin hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin lediglich zugesagt, ihr den Inhalt der Sitzungsprotokolle und Gesellschafterbeschlüsse insoweit mitzuteilen, wie diese deren Unternehmen betreffen. Eine umfassende Offenlegung der Beschlussfassungen und Sitzungsinhalte, wie sie mit der in Aussicht genommenen Klage verlangt wird, hat die Antragsgegnerin also nicht zugesagt.

Das Klagebegehren ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch nicht teilweise, nämlich hinsichtlich der zugesagten Unterrichtung, erfolgversprechend. Es fehlt hinreichender Anlass anzunehmen, dass die Antragsgegnerin ihre Zusage (ganz oder teilweise) nicht eingehalten und Beschlussfassungen zurückgehalten hat, die die Antragstellerin und das von ihr betriebene Taxiunternehmen betreffen.

E. Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin ebenso wenig eine Unterrichtung über den Termin einer anstehenden Gesellschafterversammlung sowie die Teilnahme an diesen Versammlungen beanspruchen. Als bloße Teilnehmerin ist die Antragstellerin weder über die Versammlungstermine zu unterrichten noch hat sie ein Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen. Dahingehende Rechte sind der Antragstellerin auch nicht mit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 12. Mai 2002 eingeräumt worden. Dort ist die bis dahin geübte Praxis, der Antragstellerin ein Zugangsrecht zu den Versammlungen der Gesellschafter zu gestatten, vielmehr ausdrücklich als "unübliches Goodwill" - also als ein jederzeit widerrufliches, freiwilliges Entgegenkommen - bezeichnet worden.

F. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 114 Rdnr. 1; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 114 Rdnr. 35).

G. Nach ihren derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat die Antragstellerin keine Raten zu zahlen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 b Satz 1 KostO, KV 1811, § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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