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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 13/08
Rechtsgebiete: SGB V, GWB, VgV, SGG, SGB V, VwGO, VOB/A, VOL/A


Vorschriften:

SGB V § 130a Abs. 8
GWB § 98 Nr. 2
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 110 Abs. 2 S. 1
GWB § 112 Abs. 1 S. 3
GWB § 112 Abs. 1 S. 3 1. Alt.
GWB § 113 Abs. 1
GWB § 114 Abs. 2 S. 2
GWB § 115
GWB § 115 Abs. 1
GWB § 116 Abs. 2
GWB § 118
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
GWB § 118 Abs. 2 S. 2
GWB § 124 Abs. 2
VgV § 13
VgV § 13 S. 1
VgV § 13 S. 2
VgV § 13 S. 6
SGG § 51
SGB V § 69
SGB V § 130a Abs. 8
VwGO § 92 Abs. 1
VOB/A § 27
VOL/A § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2
VOL/A § 8 Nr. 1 Abs. 2
VOL/A § 27
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die Kraft Gesetztes fingierte Ablehnung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK 44/07) wird bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert, soweit das Nachprüfungs-verfahren die Vergabe der Wirkstoffe Formoterol und Beclometason betrifft.

Gründe:

Unter dem 03. August 2007 schrieben die Antragsgegnerinnen den Abschluss von Pharma-Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V aus. Die Angebotsfrist endete am 03. September 2007; Wertungskriterien sollten Produktbreite und Ausmaß der Schwellenwertunterschreitung sein.

Die Antragstellerin gab fristgemäß ein Angebot für die Wirkstoffe Formoterol, Beclometason und Budesonid ab.

Unter dem 14. September 2007 teilten die Antragsgegnerinnen der Antragstellerin mit, ihr - der Antragstellerin - Angebot könne wegen unzureichender Produktbreite nicht berücksichtigt werden; den Namen des erfolgreichen Bieters enthielt das Schreiben nicht.

Die Antragstellerin rügte am 05. Oktober 2007 die Verletzung verschiedener vergaberechtlicher Vorschriften und verlangte die Unterzeichnung einer Erklärung, aufgrund des bisherigen Verfahrens Rabattverträge abzuschließen. Daraufhin erklärten die Antragsgegnerinnen am 16. Oktober 2007, im Hinblick auf verschiedene Verfahren vor Vergabekammern könnten derzeit Vertragsabschlüsse nicht erfolgen, die geforderte Erklärung ginge daher ins Leere.

Unter dem 06. November 2007 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Baden-Württemberg, die ihn mit Beschluss vom 07. November 2007 als offensichtlich unzulässig zurückwies. Mit Schreiben von diesem Tage teilten die Antragsgegnerinnen der Antragstellerin mit, dass sie bereits am 05. November 2007 Verträge hinsichtlich der Wirkstoffe Formoterol und Beclometason abgeschlossen habe. Die Antragstellerin legte gegen den Beschluss der Vergabekammer sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Karlsruhe ein; nachdem dieses in einem Hinweisbeschluss zu erkennen gegeben hatte, dass es die Rechtsauffassung der Vergabekammer teile, nahm die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag zurück.

Unter dem 03. Dezember 2007 stellte die Antragstellerin daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf, die den Antrag zugestellt und am 11. Februar 2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.

Unter dem 06. Februar 2008 erhoben die Antragsgegnerinnen vor dem Sozialgericht Stuttgart Klage gegen die Bezirksregierung Düsseldorf, wonach ihr u.a. untersagt werden sollte, im Nachprüfungsverfahren ein Zuschlagsverbot zu verhängen oder sonstige für sie nachteilige Entscheidungen zu treffen; außerdem beantragten sie den Erlass entsprechender einstweiliger Anordnungen. Mit Beschluss vom 11. Februar 2008 untersagte das Sozialgericht der Bezirksregierung Düsseldorf, in diesem (sowie in einem weiteren) Nachprüfungsverfahren nachteilige Anordnungen gegenüber den hiesigen Antragsgegnerinnen zu treffen sowie etwaige weitere Nachprüfungsanträge von Pharmaunternehmen wegen der erfolgten Ausschreibung von Rabattverträgen den hiesigen Antragsgegnerinnen zuzustellen. Am 14. Februar 2008 haben die hiesigen Antragsgegnerinnen gegen die hiesige Antragstellerin vor dem Sozialgericht Stuttgart Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der Verträge hinsichtlich der Wirkstoffe Beclometason und Formoterol eingereicht. Mit Beschluss vom 25. Februar 2008 stellte das Sozialgericht auf Antrag der hiesigen Antragsgegnerinnen des weiteren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes fest, dass die Zustellung des Nachprüfungsantrages der hiesigen (sowie einer weiteren) Antragstellerin kein gesetzliches Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 GWB ausgelöst habe und ein solches Zuschlagsverbot daher auch nicht durch Einlegung der sofortigen Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf verlängert werden könne, außerdem, dass auch die Zustellung weiterer Nachprüfungsanträge kein gesetzliches Zuschlagsverbot auslöse.

Hinsichtlich des Wirkstoffs Budesonid haben die Antragsgegnerinnen das Auswahlverfahren mangels zuschlagsfähigen Angebots am 01. 2008 aufgehoben, was die Antragstellerin nicht beanstandet hat.

Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf verkürzte die - bereits verlängerte - Entscheidungsfrist auf den 14. Februar 2008 und erließ an diesem Tage - wie angekündigt - keine Entscheidung.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Auffassung, die anderweitigen Verfahren stünden dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer sowie dem Beschwerdeverfahren nicht entgegen. Das ursprünglich bei der Vergabekammer Baden-Württemberg anhängig gemachte Nachprüfungsverfahren sei durch Rücknahme des Nachprüfungsantrages beendet. In dem Verfahren vor dem Sozialgericht sei sie bloß Beigeladene, was sie an der Einleitung eines eigenständigen Verfahrens von vornherein nicht hindere, im Übrigen sie das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bereits Anfang Dezember 2007 "rechtshängig" geworden. Die von den Antragsgegnerinnen am 05. November 2007 abgeschlossenen Verträge seien gemäß § 13 VgV nichtig; die Mitteilung vom 14. September 2007 löse die Wartefrist nicht aus, weil sie den Namen des erfolgreichen Bieters nicht enthalte. Im Übrigen beruft sich die Antragstellerin auf die Entscheidung des Senats vom 19. Dezember 2007 (VergabeR 2008, 73). Neben der Ankündigung von Anträgen in der Hauptsache beantragt sie,

die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie sind - zusätzlich zu den Punkten, die sie dem Senat bereits in den Parallelverfahren vorgetragen haben - der Auffassung, der Beschwerde stehe die Klage vor dem Sozialgericht entgegen. Des Weiteren seien die Verträge hinsichtlich der Wirkstoffe Beclometason und Formoterol wirksam abgeschlossen worden, die fehlende Mitteilung der Namen der erfolgreichen Bieter sie insoweit irrelevant.

Die Beigeladene zu 3. beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie meint, das Beschwerdeverfahren sei durch das vor dem Sozialgericht Stuttgart anhängig gemachte Verfahren ausgeschlossen. Die bereits abgeschlossenen Verträge seien trotz der Nichtbenennung des erfolgreichen Bieters in dem Informationsschreiben nicht gemäß § 13 VgV nichtig. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei verwirkt, Rügen nicht rechtzeitig vorgebracht worden.

I.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB zulässig.

Der Senat geht dabei davon aus, dass der Antrag sich nur auf die Vergabeverfahren für die Wirkstoffe Formoterol und Beclometason bezieht. Hinsichtlich des Wirkstoffs Budesonid ist das Vergabeverfahren - von der Antragstellerin unbeanstandet - aufgehoben worden, insoweit hat die Antragstellerin vor der Vergabekammer lediglich einen Feststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB gestellt, den sie auch nur in dieser Form vor dem Senat weiterverfolgt.

1.

Die Antragstellerin hat zulässigerweise Beschwerde zum Senat eingelegt.

a) Nachdem am 14. Februar 2008 die Entscheidungsfrist gemäß § 113 Abs. 1 GWB ablief, ist die Beschwerde innerhalb der Frist des § 116 Abs. 2 GWB eingelegt worden.

b) Dass allein der Senat zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Vergabekammern berufen ist, hat der Senat bereits in seiner zitierten Entscheidung vom 19. Dezember 2007 (VergabeR 2008, 73) ausgesprochen. Mit den Argumenten des Sozialgerichts Stuttgart sowie des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hat der Senat sich zuletzt mit Beschluss vom 20. Februar 2008 (VII-Verg 07/08) auseinander gesetzt; an seiner Rechtsauffassung hält er daher fest.

c) Dem Beschwerdeverfahren steht die von den Antragsgegnerinnen bereits unter dem 06. Februar 2008 vor dem Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage gegen die Bezirksregierung auf Untersagung einer für sie - den Antragsgegnerinnen - nachteiligen Entscheidung nicht entgegen.

Geht man von einer engen Bestimmung des Streitgegenstandes der vor dem Sozialgericht erhobenen Klage entsprechend dem Wortlaut des Klageantrages aus, betrifft sie den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht unmittelbar. Mit der Klage soll der Vergabekammer untersagt werden, eine den hiesigen Antragsgegnerinnen nachteilige Entscheidung zu treffen. Dies betrifft das Beschwerdeverfahren von vornherein nicht, wie sich bereits daraus ergibt, dass die Vergabekammer dem Begehren Folge geleistet hat und dennoch nach § 116 Abs. 2 GWB dagegen sofortige Beschwerde zum Vergabesenat eingelegt werden kann. Eine negative Feststellungsklage - etwa in dem Sinne, dass ein Nachprüfungsantrag der Antragstellerin unzulässig und/oder unbegründet wäre, haben die Antragsgegnerinnen nicht erhoben.

Selbst wenn man aber den Streitgegenstand dieser Klage weiter verstehen sollte (etwa dahin, dass er auch den Nachprüfungsanspruch der Antragstellerin als solchen betrifft), führte das nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NZBau 2004, 229, 230) ist der Nachprüfungsantrag nämlich bereits mit Eingang bei der Vergabekammer Anfang Dezember 2007 - und damit vor Rechtshängigkeit beim Sozialgericht Stuttgart - rechtshängig geworden; eine spätere Rechtshängigkeit beim Sozialgericht ist dann von vornherein unerheblich. Dies rechtfertigt sich damit, dass es sich bei den Vergabekammern zwar nicht um Gerichte im Sinne der Art. 92 ff. GG, aber doch um Spruchkörper handelt, die sachlich unabhängig in einem gerichtsähnlichen Verfahren ihre Entscheidungen treffen.

Anders als in den Verfahren VII-Verg 44/07 bis VII-Verg 51/07 (vgl. VergabeR 2008, 73) geht es hier nicht darum, welches der beiden in Frage kommenden Gerichte (Oberlandesgericht oder Sozialgericht) zeitlich zuerst im Rahmen eines Rechtsmittels gegen Entscheidungen der Vergabekammern angerufen worden ist; eine anfechtbare Entscheidung der Vergabekammer lag zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem Sozialgericht noch gar nicht vor.

2.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist auch nicht deswegen unzulässig, weil ein Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 GWB bisher nicht bestanden hat.

Allerdings setzt ein derartiger Antrag voraus, dass vorher ein Zuschlagsverbot durch Zustellung des Nachprüfungsantrags entsprechend der Vorschrift des § 115 Abs. 1 GWB wirksam geworden ist (oder zumindest durch Zustellung durch den Senat geschaffen wird) (vgl. Jaeger, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 118 Rdnrn. 1179/1180); der Antrag dient im Falle der (fiktiven) Ablehnung eines Nachprüfungsantrages lediglich der Verlängerung des kraft Gesetzes bereits entstandenen - und ohne Anordnung binnen zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist endenden - Zuschlagsverbots.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg ist in seinem Beschluss vom 27. Februar 2008 (L 5 KR 508/08 W-A; L 5 KR 507/08 ER-B) der Auffassung, dass mangels Anwendbarkeit des vierten Teils des GWB auf Vergaben der öffentlich-rechtlichen Krankenversicherung u.a auch die Vorschriften der §§ 115, 118 GWB keine Anwendung fänden (Bl. 36 BA).

Diese Auffassung teilt der Senat jedoch nicht. Bereits hinsichtlich des Ausgangspunktes des Landessozialgerichts, dass die Vorschriften der § 51 SGG, § 69 SGB V sowie § 130a Abs. 8 SGB V einer Anwendung des 4. Teils des GWB auf Vergaben gesetzlicher Krankenkassen entgegen stünden, folgt der Senat - allerdings unter der noch nicht endgültig geklärten Prämisse, dass die Antragsgegnerinnen als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB anzusehen sind - nicht (vgl. Senat VergabeR 2008, 73).

Davon unabhängig knüpft das Entstehen eines Zuschlagsverbots nach § 115 Abs. 1 GWB formell allein daran an, dass die Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag zugestellt hat. Ob der Nachprüfungsantrag zulässig ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Byok (in Byok/Jaeger, a.a.O., § 115 GWB Rdnr. 1098) befürwortet eine Ausnahme für den Fall, dass der Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig ist, weil die Vergabekammer dann den Antrag entgegen § 110 Abs. 2 S. 1 GWB zugestellt habe. Ob dies zutrifft (wohl verneinend Otting, a.a.O., § 115 Rdnr. 1), kann offen bleiben, da der Antrag - wie die bisherige kontroverse Rechtsprechung zeigt - nicht offensichtlich unzulässig ist.

Im Hinblick auf die allein formale Anknüpfung an die Zustellung eines Nachprüfungsantrages ist bisher auch nicht in Frage gestellt worden, dass das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB auch in den Fällen geht, in denen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages zweifelhaft war (z.B. Unklarheiten bei dem Schwellenwert, Abgrenzung Dienstleistungskonzession - Dienstleistungsauftrag). Dementsprechend ist die Frage, ob der Nachprüfungsantrag überhaupt zulässigerweise bei der Vergabekammer angebracht werden konnte, für die Zulässigkeit des Antrages ohne Belang (vgl. Jaeger, a.a.O., § 118 Rdnr. 1182), sondern ist erst im Rahmen der Begründetheit des Antrages zu prüfen.

Der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Februar 2008 (S 10 KR 1048/08 ER), mit dem es den Nichteintritt eines Zuschlagsverbots im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt hat, steht auch formell einer gegenteiligen Entscheidung des Senats nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob der Beschluss den Senat überhaupt in irgend einer Weise binden kann und ob formell rechtskräftige Entscheidungen, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen sind, der materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl. Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl. Rdnr. 94). Denn der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

II.

Der Antrag ist auch begründet. Denn die Beschwerde hat mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg. Soweit eine endgültige Entscheidung im Hinblick darauf, dass der Europäische Gerichtshof die Vorlage des Senats zur Auftraggebereigenschaft gesetzlicher Krankenkassen noch nicht beantwortet hat, noch nicht möglich ist, geht eine Interessenabwägung zu Lasten der Antragsgegnerinnen.

1.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist - vorbehaltlich einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Auftraggebereigenschaft gesetzlicher Krankenkassen - zulässig.

a) Dem Nachprüfungsantrag steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin (im Übrigen nur gegenüber der AOK Baden-Württemberg) zuvor die Vergabekammer Baden-Württemberg angerufen haben. Diesen Nachprüfungsantrag hat sie wirksam zurückgenommen. Die Rücknahme bedurfte der Zustimmung der damaligen Antragsgegnerin nicht.

Auf diese Frage wendet der Senat die Vorschrift des § 92 Abs. 1 VwGO an (vgl. Beschluss vom 28.08.2001 - VII-Verg 27/01; anders OLG Naumburg in seinem Beschluss vom 17.08.2007 - 1 Verg 5/07, OLGR 2008, 150, der eine Zustimmungsbedürfnis vollständig verneint). Eine mündliche Verhandlung hat vor der Vergabekammer nicht stattgefunden. Zwar geht die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte von der Zustimmungsbedürftigkeit der Klagerücknahme auch dann aus, wenn ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung als Grundlage einer Sachentscheidung nicht stattzufinden brauchte (etwa Verzicht der Parteien gemäß § 101 Abs. 2 VwGO [s. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 92 Rdnr. 14]; Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 VwGO [vgl. BverwG NVw/ 1989, 861]). Eine derartige Fallkonstellation, wie sie im Vergabenachprüfungsverfahren nach § 112 Abs. 1 S. 3, 1. Alt. GWB denkbar erscheint, liegt hier jedoch nicht vor, weil die Vergabekammer den Antrag ohne Beteiligung der Antragsgegnerin als offensichtlich unzulässig abgewiesen hat.

b) Sollten die Antragsgegnerinnen als öffentliche Auftraggeber anzusehen sein, geht die Rechtsprechung des Senats (vgl. VergabeR 2008, 73; zuletzt Beschluss vom 20. Februar 2008, VII-Verg 07/08) davon aus, dass

- die Vergabekammern und nicht die Sozialgerichte für die Nachprüfung zuständig sind,

- die Vergabekammer Düsseldorf (auch) zuständig war,

- das Vergaberecht des 4. Teils des GWB grundsätzlich anzuwenden ist,

- es sich bei den Pharma-Rabattverträgen um öffentliche Aufträge handelt.

Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 27. Februar 2008 auf Bedenken an der Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit hinweist, greifen sie nicht durch. Die Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (Abl L 134 S. 114, zukünftig VKR) beruht nicht auf Vorschriften des EG-Vertrages über bestimmte Politikfelder, sondern - wie der Senat bereits in seinen oben zitierten Beschlüssen ausgeführt hat - auf den Vorschriften über die Waren- und Dienstleistungsfreiheit, die auch im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung gelten. Dementsprechend ist - vorbehaltlich von Ausnahmebestimmungen - unerheblich, zu welchem Zweck der öffentliche Auftraggeber die fragliche Ware oder Dienstleistung benötigt. So gilt das Vergaberecht unstreitig z.B. auch für die Beschaffung von Schulbüchern, die Erteilung von Bauaufträgen zur Errichtung von Schulen, grundsätzlich auch für die Beschaffung im Verteidigungsbereich (vgl. zu den damit zusammenhängenden kompentenziellen Fragen s. auch Otting, in Bechtold/Otting, GWB, 4. Aufl., § 100 Rdnr. 13) oder Bauaufträgen zwecks städtebaulicher Entwicklung (EuGH NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183 - Stadt Roanne), also für Beschaffungen in Politikfeldern, hinsichtlich derer der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar keine Kompetenzen zustehen. Dementsprechend hat der EuGH jüngst das Vergaberecht (und die Grundsätze über die Warenverkehrsfreiheit) auf Beschaffungen eines Krankenhauses angewendet, ohne dass er auf grundsätzliche Ausführungen zu diesem Punkt verweist (VergabeR 2007, 609 m. Anm. von Müller-Wrede).

Soweit das Landessozialgericht auf die Rechtsprechung des EuGH verweist, derzufolge gesetzliche Krankenkassen wegen ihres sozialpolitischen Zwecks keine Unternehmen im Sinne der Art. 81, 82 EG seien, betrifft dies nicht die vergaberechtliche Wertung; die Einordnung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB setzt vielmehr gerade voraus, dass sie - anders als Unternehmen - "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art" erfüllen.

c) Dem Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Wirkstoffe Formoterol und Beclametason steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerinnen bereits am 05. November 2007 - also vor Einleitung des fraglichen Nachprüfungsverfahrens - wirksame Verträge geschlossen hätten, wie sie und die Beigeladene zu 3. meinen.

Allerdings trifft der Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zu, dass bei Wirksamkeit der Vertragsabschlüsse die Vergabekammer nicht mehr angerufen werden konnte (vgl. BGH NJW 2001, 1492). Die Verträge sind jedoch nicht wirksam.

aa) Die Verträge sind allerdings nicht deswegen nichtig, weil sie entgegen dem Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB geschlossen worden sind. Das folgt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Stuttgart in seinem Beschluss vom 25. Februar 2008 (S 10 KR 1048/08 ER) und des Landessozialgerichts in seinem oben zitierten Beschluss vom 27. Februar 2008 zwar nicht daraus, dass diese Vorschrift in Verfahren zur Nachprüfung von Vergabeentscheidungen gesetzlicher Krankenkassen von vornherein nicht gilt (vgl. dazu näher unter I.2.). Die Verträge sind jedoch vor Einreichung der Nachprüfungsanträge bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf am 03. Dezember 2007 (und im Übrigen auch vor Einreichung bei der Vergabekammer Baden-Württemberg am 06. November 2007; auf die Frage, ob durch deren Rücknahme das Zuschlagsverbot gegebenenfalls rückwirkend wieder entfallen ist, kommt es daher nicht an; vgl. zum Zeitpunkt BGH NZBau 2004, 229) geschlossen worden.

bb) Die Verträge sind jedoch gemäß § 13 S. 6 VgV nichtig, weil die Antragsgegnerinnen die Verträge abgeschlossen haben, ohne die Antragstellerin vorher ordnungsgemäß über die beabsichtigten Vertragsabschlüsse zu informieren.

Die Antragstellerin als Bieterin kann sich auf eine Nichtigkeit nach dieser Vorschrift berufen (vgl. BGH VergabeR 2005, 530). Das stellen die Antragsgegnerinnen auch nicht in Abrede.

Als eine die Nichtigkeit ausschließende rechtzeitige Information kommt nur das Schreiben vom 14. September 2007 in Betracht. Dieses reichte jedoch aus inhaltichen Gründen nicht aus, um die 14-tägige Wartefrist in Gang zu setzen. In dem Schreiben fehlte nämlich entgegen § 13 S. 1 VgV der Namen des Bieters, dessen Angebot von den Antragsgegnerinnen angenommen werden sollte.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen und der Beigeladenen zu 3. ist dieser Fehler nicht unbeachtlich.

In der Literatur wird die Frage, welche Folgen das Fehlen des Namens des siegreichen Bieters hat, nicht einhellig beantwortet. Während Kühnen (in Byok/Jaeger, a.a.O., § 13 VgV Rdnr. 1589) davon ausgeht, dass das Fehlen insoweit unschädlich ist, weil der Empfänger der Information diesen Mangel sofort erkennen und rügen könne, betonen Glas (in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht Kommentar, 2. Aufl. § 13 VgV Rdnr. 33) und im Anschluss daran Dippel (in Heiermann u.a., JurPK-VergR, § 13 VgV Rdnr. 23), dass der Gesetzgeber die Information über den Bieter ausdrücklich vorgeschrieben habe (ebenso Fett in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, Kapitel 8 Rdnrn. 8, 16; wohl auch, aber unklar Weyand, IBR-Praxiskommentar, § 13 VgV Rdnrn. 2145 ff.). Rechtsprechung zu diesem Problemkreis existiert noch nicht; das OLG Naumburg (OLGR 2004, 380) hat in einem bestimmten Fall eine teleologische Reduktion vorgenommen, weil statt des erfolgreichen Bieters der - nach den Wertungskriterien allein maßgebliche - Preis des erfolgreichen Bieters genannt und sein Name dem unterlegenen Bieter zudem anderweit bekannt war.

Der Senat ist der Auffassung, dass eine Bieterinformation, die den Namen des erfolgreichen Bieters nicht nennt, nicht die Wartefrist des § 13 S. 2 ff. VgV in Gang zu setzen in der Lage ist.

Die Vorschrift des § 13 S. 1 VgV verlangt ausdrücklich die Nennung des Namens des erfolgreichen Bieters. Der Gesetzgeber hält die Nennung des Namens mithin für grundsätzlich notwendig. Für eine telelogische Reduktion müssten zwingende Gründe vorhanden sein, die nicht existieren.

Zunächst einmal ist in bestimmten Fallgestaltungen der Name des erfolgreichen Bieters für einen unterlegenen Bieter durchaus von Belang. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach Auffassung des unterlegenen Bieters ein Vergaberechtsverstoß gerade aus in der Person des unterlegenen Bieters liegenden Gründen vorliegen soll oder er allgemein eine Begünstigung gerade dieses Bieters befürchtet.

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Empfänger der Information ohne Weiteres erkennen kann, dass die ihm erteilte Information unvollständig ist Es kommt nämlich vielfach vor, dass die Vergabestelle bestimmte Bieter vorab ausschließt und erst sehr viel später entscheidet, wem sie den Zuschlag erteilen will. In diesen Fällen wird sie dem von vornherein nicht berücksichtigungsfähigen Bieter seinen Ausschluss oft frühzeitig mitteilen, die Mitteilung nach § 13 VgV jedoch erst sehr viel später nachfolgen lassen. Diese Handhabung erfolgt vor allem in den Fällen, in denen die Prüfung und Wertung in mehreren einander folgenden Schritten erfolgen. Zum Beispiel werden Bieter, deren Angebote bereits in der 1. Wertungsphase auszuschließen sind, bereits frühzeitig davon informiert, während die Prüfung und Wertung hinsichtlich der darauf folgenden Wertungsphasen noch eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Das Vergabeverfahren kann auch beim wettbewerblichen Dialog (§ 6a Abs. 4 VgV; § 3a Nr. 4 Abs. 3, Abs. 4 VOB/A) oder im Verhandlungsverfahren (§ 3a Nr. 7 Abs. 2 VOB/A) in mehreren Phasen ablaufen (s. auch § 3a Nr. 1 Abs. 3 VOL/A). § 27 VOB/A und § 27 VOL/A sehen zudem Mitteilungen an den unterlegenen Bieter vor, die den Namen des vorgesehenen Zuschlagsempfängers nicht enthalten müssen (vgl. auch die in § 6a Abs. 4 S. 3 VgV, § 3a Nr. 4 Abs. 4 S. 2 VOB/A vorgesehenen Vorabmitteilungen); derartige Mitteilungen entsprechen den Vorschriften des § 13 VgV nicht (vgl. Fett, a.a.O., Rdnr. 15). Erhält der Bieter eine Bieterinformation ohne Nennung des erfolgreichen Bieters, bleibt er mithin im Unklaren darüber, ob er eine Information nach § 27 VOB/A bzw. VOL/A oder eine unzureichende Information nach § 13 VgV erhalten hat; er kann damit auch nicht abschätzen, ob damit die Wartefrist des § 13 VgV in Gang gesetzt werden soll. Soweit Kühnen (a.a.O.) darauf verweist, bei dem Fehlen des Namens des erfolgreichen Bieters sei dem Empfänger ohne Weiteres erkennbar, dass die Mitteilung der Vorschrift des § 13 VgV nicht entspreche, wogegen er entsprechende vergaberechtliche Schritte einleiten könne, trifft dies im Hinblick auf die in der Praxis verbreiteten und in § 27 VOB/A bzw. VOL/A geregelten Vorab-Informationen nicht zu.

Zwar enthält die von den Antragsgegnerinnen versandte Information einen Hinweis darauf, dass nach Ablauf von 14 Tagen ein Vertragsschluss beabsichtigt sei. Das reicht aber nicht aus. Ob eine Information die 14-Tagesfrist in Gang setzt oder nicht, bedarf aus Rechtssicherheitsgründen einer klaren Regel, die nicht durch - kaum vorhersehbare - Ausnahmen und Unterausnahmen durchbrochen werden sollte. Ob der erfolgreiche Bieter benannt worden ist, ist leicht feststellbar (vgl. Glahs, a.a.O.). Ob eine Ausnahme für den Fall zu machen ist, in der die Vergabestelle eindeutig eine Information gemäß § 13 VgV erteilen will und dem unterlegenen Bieter den Namen des erfolgreichen Bieters anderweit mitgeteilt hat (vgl. die Fallgestaltung des OLG Naumburg), kann offen bleiben, da diese Fallgestaltung hier nicht vorliegt.

Dagegen, dass die Mitteilung abschließenden Charakter haben sollte, spricht auch, dass die Antragstellerin zwar auch wegen des Wirkstoffes Budesonid einen abschlägigen Bescheid erhielt und ein Vertragsschluss angekündigt wurde, das Vergabeverfahren aber am 01. Februar 2008 mangels zuschlagsfähigen Angebots aufgehoben wurde.

d) Die Antragstellerin ist mit ihren Rügen auch nicht im Hinblick auf eine Verletzung ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert.

Unabhängig davon, ob die Vorschrift des § 107 Abs. 3 GWB in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in der sich die Vergabestelle bewusst vergaberechtsfrei verhält, überhaupt Anwendung findet, hat die Antragstellerin, nachdem bei ihr Zweifel an der Vergaberechskonformität aufkamen, sofort eine Rüge ausgesprochen. Eine Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes setzt voraus, dass der Bieter den Verstoß nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht als solchen erkennt. Dass sie eine derartige Kenntnis vor dem 05. Oktober 2007 erlangt hat, ist nicht ersichtlich.

e) Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 3. handelt die Antragstellerin auch nicht rechtsmissbräuchlich.

aa) Ihr Vorgehen ist nicht deswegen missbräuchlich, weil sie trotz Fehlens einer ordnungsgemäßen europaweiten Ausschreibung ein Angebot abgegeben hat, ohne auf diesen Fehler hinzuweisen. Insoweit gelten die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (NZBau 2005, 290, 295) zu einer insoweit vergleichbaren Fallkonstellation entsprechend.

bb) Sie hat auch nicht durch langes Abwarten ihren Nachprüfungsantrag verwirkt. Unabhängig davon, ob und unter welchen Umständen dies der Fall sein kann, liegen die Voraussetzungen hier nicht vor.

Die Antragstellerin hatte bereits am 05. Oktober 2007 Rügen erhoben und die Abgabe bestimmter Erklärungen verlangt. Daraufhin hat die Antragsgegnerin zu 1. unter dem 16. Oktober 2007 mitgeteilt, wegen laufender Vergabenachprüfungsverfahren könnten derzeit Vertragsabschlüsse nicht erfolgen, das Schreiben der Antragstellerin sei daher gegenstandslos. Ohne vorherige Information der Antragstellerin und ohne Bescheidung ihrer Rügen haben die Antragsgegnerinnen am 05. November 2007 die Vertragsschlüsse getätigt. Nachdem die Antragstellerin davon Kenntnis erlangt, hat sie am 06. November 2007 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Baden-Württemberg eingereicht. Diesen Antrag hat sie zwar wieder zurückgenommen, aber am gleichen Tage erneut bei der Vergabekammer in Düsseldorf erhoben. Damit gab es für die Antragsgegnerinnen keinen Anlass anzunehmen, die Antragstellerin werde ihre Rügen nicht aufrecht erhalten.

2.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist voraussichtlich auch begründet.

Der Senat folgt der Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 27. Februar 2008 dahin, dass das Vergabeverfahren jedenfalls folgende Vergabeverstöße - sollten die Antragsgegnerinnen als öffentliche Auftraggeber anzusehen seien - zu Lasten der Antragstellerin aufgewiesen hat:

- Verstoß gegen die Verpflichtung des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, indem den Bietern nicht die erforderlichen Daten zur Bestimmung der geforderten "Produktbreite" zur Verfügung gestellt wurden (s. bereits Senatsbeschluss vom 20.12.2007 - VII-Verg 35/07),

- Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A, das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu beschreiben.

Auf die weiteren von der Antragstellerin gerügten Verstöße kommt es nicht mehr an, da bereits diese Verstöße einen Zuschlag auf Grund des bisherigen Vergabeverfahrens ausschließen.

Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass auch der Senat es für möglich hält, dass bestimmte Vorschriften der VOL/A im Bereich der Vergabe von Aufträgen gesetzlicher Krankenkassen entweder im Lichte des SGB V ausgelegt werden oder gar hinter den Vorschriften des SGB V zurücktreten müssen. Soweit nicht das Primärrecht sowie die VKR zwingende Vorschriften enthalten, ist der nationale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Vergabevorschriften frei. Damit kann er insoweit auch für bestimmte Bereiche besondere, den allgemein geltenden Vorschriften vorgehende Rechtsnormen schaffen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Vorschriften des SGB V als leges speciales zur VOL/A anzusehen sind. Darauf hat der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 23. Mai 2007 unter III.4. (NZBau 2007, 525) hingewiesen.

3.

im Hinblick darauf, dass die Auftraggebereigenschaft gesetzlicher Krankenkassen noch nicht endgültig geklärt ist und damit insoweit die Erfolgsaussichten von Nachprüfungsantrag und sofortiger Beschwerde der Antragstellerin noch als offen anzusehen sind, bedarf es einer Abwägung gemäß § 118 Abs. 2 S. 2 GWB.

Diese Abwägung fällt zu Lasten der Antragsgegnerinnen aus. Zum einen spricht vieles dafür, dass die noch offene Frage zugunsten der Antragstellerin zu beantworten ist (vgl. zuletzt Beschluss vom 20. Februar 2008, VII-Verg 7/08). Zum anderen haben die Antragsgegnerinnen auch nach Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, welches nicht von einer - unmittelbaren - Anwendung des Vergaberechts ausgeht, Rechte der Bieter verletzt und ihnen daher den Zuschlag untersagt. Von daher gebietet es der Grundsatz wirksamen Primärrechtsschutzes, das Zuschlagsverbot zu verlängern.

III.

In der Hauptsache erwägt der Senat, in entsprechender Anwendung des § 124 Abs. 2 GWB die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Wie dargelegt, will er in entscheidungserheblicher Weise von dem - rechtskräftigen - Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, welches als Vergabegericht tätig geworden ist, in mehrfacher Hinsicht abweichen.

Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zehn Tagen.

Ende der Entscheidung

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