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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.08.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 16/07
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 98 Nr. 2

Entscheidung wurde am 28.05.2008 korrigiert: das Verkündungsdatum ist der 13.08.2007 und nicht der 18.07.2007
Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB.
Tenor:

Die Kosten des Verfahrens der Vergabekammer, die der Antragsgegnerin in diesem Verfahren entstandenen Aufwendungen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren:

bis zum 17. Juli 2007 bis 95.000 EUR

seither bis 16.000 EUR

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin, die D. GmbH schrieb im offenen Verfahren den Werkschutzdienst auf dem Gelände des Endlagers "Konrad" für radioaktive Abfälle in S. aus. Die Geschäftsanteile der Antragsgegnerin befinden sich ausschließlich in privatwirtschaftlicher Hand. Kraft eines mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Vertreter des Bundes bestehenden Kooperationsvertrages aus dem Jahr 1984 ist die Antragsgegnerin mit der Planung und Errichtung der Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle, so auch des Endlagers "Konrad" beauftragt.

Die Antragstellerin und die Beigeladene beteiligten sich an der Ausschreibung. Das Angebot der Beigeladenen kam mit den Angeboten zweier weiterer Bieter in die engere Wahl. Das Angebot der Antragstellerin lag preislich hingegen an achter Stelle. Die Beigeladene sollte den Zuschlag erhalten. Auf entsprechende Bieterinformation und erfolglose Rüge brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag an. Auf den Nachprüfungsantrag verpflichtete die Vergabekammer die Antragsgegnerin, eine Eignungsprüfung hinsichtlich der Bieter vorzunehmen. Nach Auffassung der Vergabekammer hatte die Antragsgegnerin die Eignung der Bieter, insbesondere die Vorlage geforderter Eignungsnachweise, bislang nicht oder unzureichend überprüft und dokumentiert.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren haben die Verfahrensbeteiligten genauso wie im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren darüber gestritten, ob die Antragsgegnerin öffentlicher Auftraggeber ist, ob mit den Angeboten Eignungsnachweise vollständig vorgelegt worden waren und ob andere Angebote als das der Antragstellerin die in den Verdingungsunterlagen geforderte Tariftreue einhielten.

Während des Beschwerdeverfahrens wiederholte die Antragsgegnerin die Angebotswertung einschließlich der Eignungsprüfung. Danach soll nunmehr ein anderer, schon bei der ersten Angebotswertung in die engere Wahl gekommener Bieter den Zuschlag erhalten. Da die Antragstellerin gegen diese Wertung mit einem weiteren Nachprüfungsantrag vorging, haben die Verfahrensbeteiligten den vorliegenden Nachprüfungsantrag im Senatstermin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

II. Nachdem die Verfahrensbeteiligten den Nachprüfungsantrag übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Nachprüfungsverfahrens in beiden Instanzen zu entscheiden. Analog § 161 Abs. 2 VwGO (für das Verfahren vor der Vergabekammer) und § 91 a ZPO (für das Beschwerdeverfahren) ist die Kostenentscheidung auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes unter Berücksichtigung billigen Ermessens zu treffen. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens hat danach derjenige Verfahrensbeteiligte zu tragen, der bei kontradiktorischer Entscheidung der Sache voraussichtlich unterlegen gewesen wäre. Aller Voraussicht nach wäre die Antragstellerin unterlegen. Der Nachprüfungsantrag war nach Lage der Dinge abzulehnen. Aufgrund dessen hätte die Beschwerde der Antragsgegnerin Erfolg gehabt. Demnach fallen die Kosten des Nachprüfungsverfahrens in beiden Instanzen sowie die der Antragsgegnerin entstandenen Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zur Last.

1. Allerdings ist die Antragsgegnerin nach § 98 Nr. 2 GWB öffentlicher Auftraggeber, da sie als juristische Person des privaten Rechts zu dem besonderen Zweck gegründet worden ist, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, und eine Stelle, die ihrerseits eine Gebietskörperschaft nach § 98 Nr. 1 GWB ist, über ihre Leitung die Aufsicht ausübt. Die Vergabekammer hat danach mit Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2 GWB auf die Antragsgegnerin zutreffen.

a) Die Antragsgegnerin nimmt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben wahr. Sie ist aufgrund des Kooperationsvertrages vom 29.3.1984 mit der Planung und Errichtung der Anlagen des Bundes zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle beauftragt. Diese Aufgabe obliegt aufgrund des § 9 a Abs. 3 S. 1 Atomgesetz (AtG), wonach der Bund Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten hat, dem Bund. Das Allgemeininteresse an der Erfüllung dieser Aufgabe ist nicht zu verneinen. Denn radioaktive Abfälle sollen sachgerecht sichergestellt und endgelagert werden, um Leben, Gesundheit und Sachgüter sowie die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland vor den Gefahren einer Freisetzung davon ausgehender, immens schädlicher Strahlungseinwirkungen zuverlässig zu schützen und die Erfüllung internationaler Verpflichtungen des Bundes zu gewährleisten (vgl. § 1 AtG). Zuständig für die Wahrnehmung der dem Bund insoweit obliegenden Aufgaben ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 AtG das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Als "Stellvertreter" des Bundes kann das BfS sich nach § 9 a Abs. 3 S. 2 AtG zur Erfüllung seiner Pflichten Dritter bedienen. In diesem Sinn ist die Antragsgegnerin kraft des erwähnten Kooperationsvertrages als Instrument in die Aufgabenerfüllung eingeschaltet worden. Ihr sind durch privatrechtlichen (Geschäftsbesorgungs-) Vertrag als Erfüllungsgehilfin i.S.v. § 278 BGB die Planung und Errichtung von Anlagen zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen übertragen worden. Die im Allgemeininteresse liegende Aufgabe büßt den ihr zukommenden Charakter nicht dadurch ein, dass sie zur Wahrnehmung einer juristischen Person des Privatrechts, hier der Antragsgegnerin, teilweise überantwortet wird. Da es sich bei der Planung und Errichtung von Endlagern für radioaktive Abfälle um eine außerordentlich sensible Aufgabenstellung handelt, ist ohne eine Bewachung der Anlagen schlechterdings nicht auszukommen. Auch die Bewachung stellt eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. Sinnfällig wird dies durch die in § 15 Abs. 10 S. 3 des Kooperationsvertrages normierte Verpflichtung der Antragsgegnerin bei Auftragsvergaben zum Ausdruck gebracht:

Die Unterauftragnehmer der D. sind darauf hinzuweisen, dass es sich um öffentliche Aufträge handelt.

b) Die von der Antragsgegnerin wahrgenommenen Aufgaben sind nichtgewerblicher Art. Dieses Merkmal ist nach dem Wortlaut der Norm auf die im Allgemeininteresse liegende Aufgabe, nicht jedoch auf die juristische Person bezogen, die die Aufgabe erfüllt. Eine Gewinnerzielungsabsicht der juristischen Person schließt die Nichtgewerblichkeit der Aufgabe nicht per se aus (vgl. Senat, Beschl. v. 30.4.2003 - Verg 67/03, NZBau 2003, 400, 402 mwN). Sie wirkt sich lediglich dahin aus, dass, sofern die juristische Person sich unter den Bedingungen eines entwickelten Wettbewerbs betätigt, Gewinne erzielen will und die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Verluste trägt, die erwerbswirtschaftliche Zielsetzung des Betriebs eine Erfüllung von Aufgaben nichtgewerblicher Art weniger wahrscheinlich werden lässt (vgl. EuGH, Urt. v. 22.5.2003 - C-18/01 - Korhonen, NZBau 2003, 396, 399 Tz. 50 f.). Von einer solchen Sachlage kann im vorliegenden Fall freilich nicht gesprochen werden, denn die Antragsgegnerin nimmt, wie die Vergabekammer mit Recht festgestellt hat, infolge des Kooperationsvertrages aus dem Jahr 1984 eine vom Bund herbeigeführte, wettbewerblich risikolose Sonderstellung ein. Sie ist ohne Wettbewerber. Allein ihr ist die Aufgabe der Planung und Errichtung von Endlagern für radioaktive Abfälle übertragen. Unabhängig davon stellen Aufgaben, die nicht unter wettbewerblichen Bedingungen (m.a.W. nicht durch ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt) erfüllt werden, sondern die der Staat aus Gründen des Allgemeininteresses selbst wahrnimmt oder bei deren Erfüllung er einen entscheidenden Einfluss behalten will, in der Regel im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art dar (vgl. EuGH, Urt. v. 22.5.2003 - C-18/01 - Korhonen, NZBau 2003, 396, 399 Tz. 47 mwN). Auch dies trifft auf den Streitfall zu. Denn der Bund hat - aus überaus begreiflichen Gründen - kraft seiner Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11.a GG u.a. die Einrichtung von Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle (nebst einer begleitenden Bewachung) in § 9 a Abs. 3 S. 1 AtG zu seiner eigenen Aufgabe gemacht, auf deren ordnungsgemäße Erfüllung er auch dann, wenn dazu Dritte, wie hier die Antragsgegnerin, herangezogen werden, einen entscheidenden Einfluss behalten will und sogar muss. Zwar mag die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Satzung auch gewinnwirtschaftliche Interessen verfolgen. Solche Interessen stehen bei der Planung und Errichtung von Anlagen für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen jedoch nicht im Vordergrund. Sie stellen nicht den Hauptzweck dar, zumal der Antragsgegnerin gemäß § 6 des Kooperationsvertrages die Kosten ihrer Geschäftstätigkeit zu Selbstkostenpreisen aus der Bundeskasse erstattet werden (vgl. insoweit auch EuGH, Urt. v. 22.5.2003 - C-18/01 - Korhonen, aaO Tz. 54 f.).

c) Aufgrund der im Kooperationsvertrag vom 29.3.1984 getroffenen Regelungen untersteht die Leitung der Antragsgegnerin auch der vom BfS ausgeübten Aufsicht des Bundes. Dieses Erfordernis in § 98 Nr. 2 GWB ist dahin zu verstehen, dass aufgrund der Gesamtheit der darüber getroffenen Regelungen eine Aufsicht mit einer Intensität bestehen muss, die es ermöglicht, die Entscheidungen des Beaufsichtigten gerade auch in Bezug auf die Vergabe von Aufträgen tatsächlich zu beeinflussen (vgl. Senat, Beschl. v. 30.4.2003 -Verg 67/03, NZBau 2003, 400, 403 mwN). Im Streitfall legt schon der Umstand, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle als Erfüllungsgehilfin in einem genuin der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Bundes unterliegenden und dazu noch sensiblen Bereich tätig ist, dass ihre Geschäftstätigkeit im genannten Sinn einer Beaufsichtigung durch den Bund unterworfen ist. Tatsächlich ist ein Aufsichtsrecht auch in Bezug auf die Auftragsvergaben im Kooperationsvertrag vom 29.3.1984, den die Antragsgegnerin seinerzeit noch mit der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) als Vorgängerin des BfS abgeschlossen hat, in mehrfacher Hinsicht verankert. So ist in dem mit "Weisungsrecht der PTB" überschriebenen § 12 des Vertrages bestimmt:

1. Die PTB kann der D. (Bem.: der Antragsgegnerin) in Ausübung ihrer öffentlich-rechtlichen Befugnisse und als Vertreterin des Bauherrn Bund in Bezug auf diesen Vertrag Weisungen erteilen.

2. Die PTB soll ihre Weisungen als Vertreterin des Bauherrn Bund in der Art erteilen, dass der D. im Rahmen ihrer Aufgabenstellung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht Entscheidungsspielräume verbleiben, die der Größenordnung des Vertragsgegenstandes im Hinblick auf eine sachgerechte Ausführung der Leistungen angemessen sind.

3. Weisungen müssen ausdrücklich als solche gekennzeichnet sein, schriftlich erfolgen und sich an die Geschäftsführung der D. richten. Die PTB wird von der Möglichkeit der Weisung nur dann Gebrauch machen, wenn vorhergehende Gespräche mit der D. zu keiner Einigung geführt haben. ...

Einschlägig ist § 12 Abs. 1 1. Alt. des Vertrages. Dagegen handelt das BfS bei Weisungen in Bezug auf die Vergabe der ausgeschriebenen Bewachungsdienstleistungen nicht als Vertreter des Bauherrn Bund in einem Bereich, in dem die Antragsgegnerin nach Absatz 2 der Vorschrift eine größere eigene Entscheidungskompetenz genießt. Davon sind ausschließlich spezifische Bauherrenentscheidungen auf bautechnischem und -wirtschaftlichem Gebiet umfasst.

Noch deutlicher ist § 15 - Vergabe von Teilleistungen, der die Berechtigung der Antragsgegnerin zu Auftragsvergaben und diesbezügliche Einflussnahmen durch das BfS regelt:

1. Die D. ist berechtigt, Teilleistungen durch vorübergehend beschäftigtes Personal oder andere Unternehmen oder Personen insbesondere dann ausführen zu lassen, wenn diese über Spezialkenntnisse verfügen. Die PTB kann der Vergabe von Unteraufträgen widersprechen ...

2. Die D. ist zur Wahrung des Wettbewerbs verpflichtet, Lieferungen und Leistungen für die Errichtung der Anlagen des Bundes nach VOB/A, B, C und VOL/A, B zu vergeben. ...

3. In den Verdingungsunterlagen ist festzulegen, dass die PTB gegenüber Unterauftragnehmern der D. ein unmittelbares Weisungsrecht und ein außerordentliches Kündigungsrecht hat. Die PTB wird diese Rechte ... über die D. ausüben. ...

5. Der schriftlichen Zustimmung der PTB unterliegen bei der Wahl der Vergabeart die Entscheidung, ob die Leistung freihändig vergeben werden soll, ... die Vergabe von Einzelaufträgen für Architekten und Ingenieurleistungen ... und die Vergabe sonstiger Einzelaufträge mit einem Auftragswert von DM 300.000,- und mehr.

6. Die PTB kann an den Verhandlungen bei Einzelaufträgen über DM 300.000,- teilnehmen.

7. Die PTB ist rechtzeitig über die Vergabe von Aufträgen zu unterrichten, damit sie ihre Rechte aus den vorstehenden Absätzen wahrnehmen kann. ...

Danach ist zusammenzufassen, dass das BfS Auftragsvergaben durch die Antragsgegnerin widersprechen darf, dass es - ohne selbst Vertragspartner zu sein - bei der Ausführung Weisungen an den Auftragnehmer und sogar eine Kündigung des Auftragsverhältnisses veranlassen kann und dass Aufträge der in Rede stehenden Art (sonstige Einzelaufträge mit einem Auftragswert von mehr als 300.000 DM) stets einer schriftlichen Zustimmung des BfS bedürfen. Der letztgenannten Maßgabe ist im vorliegenden Fall entsprochen worden. Denn die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 6.3.2007 an das BfS um Zustimmung zur Auftragsvergabe nachgesucht. Die Zustimmung ist unter dem 13.3.2007 erteilt worden.

Abgesichert sind die Einflussnahmerechte des BfS bei Auftragsvergaben im Kooperationsvertrag durch einen Anspruch auf Unterrichtung (§ 15 Abs. 7) und das Recht zur Teilnahme an Verhandlungen (§ 15 Abs. 6). Daneben stehen dem Amt nach § 14 Abs. 9 des Kooperationsvertrages ein Akteneinsichtsrecht sowie umfassende Auskunfts- und Kontrollrechte zu. Nach § 13 des Vertrages kann das BfS die Abrechnungsunterlagen der Antragsgegnerin prüfen. § 15 Abs. 9 verpflichtet die Antragsgegnerin, jede Auftragsvergabe unter einen Haushaltsvorbehalt zu stellen. Gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrages bedarf die Antragsgegnerin bei jeder Maßnahme einer haushaltsrechtlichen Genehmigung. Sie hat jährliche Finanzpläne aufzustellen (§ 7) und über einzelne Aufgaben (10) sowie jährlich gegenüber dem BfS abzurechnen (§ 11). Aus alledem ist - gerade auch im Hinblick auf Auftragsvergaben - auf eine unbeschränkte, keinesfalls auf eine bloße Rechtsaufsicht reduzierte, Aufsichts- und sogar Gestaltungsbefugnis des Bundes zu schließen, die vom BfS ausgeübt wird und dem Begriff der Aufsicht über die Leitung in § 98 Nr. 2 GWB in jeder Hinsicht genügt.

2. Offenbleiben kann, ob das Angebot der Antragstellerin wegen unvollständig beigefügter Eignungsnachweise von der weiteren Wertung auszuschließen ist (nach der Rechtsprechung des Senats ein Ausschluss nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A; vgl. Senat, Beschl. v. 5.5.2003 - Verg 20/03, Beschl. v. 9.6.2004 - VII-Verg 11/04, Beschl. v. 1.2.2006 - VII-Verg 38/05). Selbst wenn das Angebot keinem Ausschluss unterliegt, hat die Antragstellerin jedenfalls weder das wirtschaftlichste Angebot noch ein solches abgegeben, das bei der Prüfung nach § 25 Nr. 3 VOL/A überhaupt in die engere Wahl gelangen kann. Ihr Angebot liegt in preislicher Hinsicht an achter Wertungsstelle. Infolgedessen kommt es für einen Zuschlag nur in Betracht, wenn die vorgehenden Angebote von der Wertung auszunehmen sind, weil - wie die Antragstellerin geltend macht - diese, insbesondere das Angebot der Beigeladenen, die in den Ausschreibungsbedingungen vorgegebene Bindung an den Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land N. nicht einhalten. Indes wahren jene Angebote unwiderlegt die geforderte Tarifbindung.

Die Forderung der Tariftreue in den Ausschreibungsbedingungen ist als solche nicht zu beanstanden, da der Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Land N. nach § 5 TarifvertragsG mit Wirkung vom 1.1.2007 für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Die Beigeladene und die der Antragstellerin vorgehenden Bieter haben aber nicht feststellbar gegen die Tarifbindung verstoßen. Eine dahingehende Schlussfolgerung lässt der eigene Vortrag der Antragstellerin nicht zu.

So hat die Antragstellerin unter Bezugnahme auf den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag hinsichtlich der - was die Einhaltung der Tarifbindung anbelangt - streitigen Positionen 1.1. und 1.2 des Leistungsverzeichnisses selbst vorgetragen, dass nur bei einem Angebotspreis von mindestens 276.553,20 EUR die Tarifbindung einzuhalten war. Nach der Berechnung des Senats musste unter dieser Voraussetzung der Angebotspreis bei jenen Leistungspositionen mindestens sogar 285.488,40 EUR betragen. Unter den Leistungspositionen 1.1. und 1.2 hat die Beigeladene im Angebot jedoch einen so deutlich sechsstellig höheren Preis als den genannten Mindestbetrag angegeben, dass auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass davon außerdem die Arbeitgeberanteile für Sozial- und Krankenversicherung sowie weitere Kostenelemente (u.a. Arbeitnehmerurlaub, Betriebsgewinn und Unternehmensrisiken) abzudecken sind, die Schlussfolgerung auf einen Verstoß gegen die Tarifbindung nicht gerechtfertigt ist. Dabei kommt hinzu, dass die Antragstellerin die bei einem auskömmlichen Angebot neben dem Tariflohn einzukalkulierenden Entgeltbestandteile weder betrags- noch anteilmäßig beziffert hat, dass also auch auf diesem Weg nicht festgestellt werden kann, die Beigeladene habe die Tarifbindung nicht eingehalten. Hat die Beigeladene nicht ausschließbar zu Tariflöhnen angeboten, trifft dasselbe auf die Angebote der weiteren, preislich vor der Antragstellerin plazierten Angebote zu, die teurer waren als das Angebot der Beigeladenen. Bei dieser Sachlage ist nicht zu bemängeln, dass aus Gründen der Wirtschaftlichkeit (§ 25 Nr. 3 VOL/A) der Zuschlag nicht auf das Angebot der Antragstellerin ergehen sollte.

Ende der Entscheidung

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