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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 3/06
Rechtsgebiete: GWB, VOB/A, VgV, BGB


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 5
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 Satz 2
GWB § 121
GWB § 121 Abs. 1
GWB § 128 Abs. 3 S. 1
GWB § 128 Abs. 3 S. 2
GWB § 128 Abs. 4 S. 1
VOB/A § 21 Nr. 1
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 2
VOB/A § 21 Nr. 1 Satz 3
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt.
VOB/A § 21 Abs. 1 Satz 3, 1. Alt.
VOB/A § 25
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b)
VOB/A § 25 Nr. 3
VOB/A § 26 Nr. 1 lit. b)
VgV § 13 Satz 1
BGB §§ 635 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 11. Januar 2006, VK VOB 36/2005, aufgehoben.

Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird der Antragsgegner für den Fall einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens "Neubau Lehr- und Versuchsgebäude LIMES, 1. Bauabschnitt, B..., Vergabe LV-Paket mit Erdarbeiten, Rohbauarbeiten, Dachdichtung, Fenster und Fassade" verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin im Vergabeverfahren nicht auszuschliessen und die Angebotswertung unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu wiederholen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer sind vom Antragsgegner und von der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen. Die Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer werden dem Antragsgegner und der Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens - einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB und des Verfahrens nach § 121 GWB - sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

Die Beigeladene und der Antragsgegner tragen ihre Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen des Nachprüfungsverfahrens selbst.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 260.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner schrieb im Rahmen der Baumaßnahme "Neubau Lehr- und Laborgebäude LIMES, 1. Bauabschnitt " die Erd-, Rohbau- und Dachdichtungsarbeiten sowie die Fenster, die Fassade und die Fassadenverkleidung für die Universität B... aus. Zuschlagskriterium war nach der Vergabebekanntmachung der niedrigste Preis. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Insgesamt 8 Unternehmen reichten Angebote zum Submissionstermin ein, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene. In der preislichen Reihenfolge lag die Beigeladene mit ihrem Hauptangebot an Rang 1, die Antragstellerin an Rang 2 der Bieterliste. Mit Schreiben vom 23. November 2005 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin und den Bietern Nr. 3 bis Nr. 8 mit, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle, weil sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hätten und ein niedrigeres Angebot vorliege. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 28. November 2005 den Inhalt des Bieterinformationsschreibens, die von ihr vermutete Bewertung des Nebenangebots der Beigeladenen und das Verfahren der Vergabe wegen einer unterlassenen strikten Trennung der Wertungsstufen als vergaberechtsfehlerhaft. Nach erneuter Prüfung der Angebote gelangte der Antragsgegner zu dem Ergebnis, das Angebot der Antragstellerin enthalte nicht die vollständigen Preise, weil zu den Ordnungsnummern 3.30.40, 3.31.00 und 3.31.10 im Leistungsverzeichnis, Abschnitt "032 Fenster und Fassadenarbeiten" Preise von je 0,10 € angegeben sei. Darüber informierte sie mit weiterem Schreiben vom 2. Dezember 2005 die Antragstellerin und wies ergänzend darauf hin, dass die Durchschnittspreise der Angebote der Bieter zu den streitgegenständlichen Positionen zu Position 3.30.40 mit 4,71 €, zu Position 3.31.00 mit 17,15 € und zu Position 3.31.10 mit 31,00 € deutlich höher lägen.

Die Annahme einer "Mischkalkulation" wies die Antragstellerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 zurück und leitete ein Nachprüfungsverfahren ein. Im Verfahren vor der Vergabekammer machte die Antragstellerin unter anderem geltend, sie habe das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 VOB/A abgegeben. Der Antragsgegner habe ohne weitere Nachforschungen die bloße Vermutung geäußert, der angegebene Preis entspreche nicht dem tatsächlichen Preis. Die Beweislast habe der Antragsgegner zu tragen.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag teilweise als offensichtlich unzulässig und teilweise als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Sie hat hierzu ausgeführt: Der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unzulässig, soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 25 VOB/A rüge. Ihr Angebot liege auf Rang 2 der Bieterrangliste, sei mithin nicht das wirtschaftlichste Angebot und eine Wertung des Nebenangebots der Beigeladenen sei nicht erfolgt. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig, soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 13 Satz 1 VgV rüge, jedoch offensichtlich unbegründet, weil der Antragsgegner in hinreichendem Maße seiner Informationspflicht nachgekommen sei. Er sei ferner offensichtlich unbegründet, soweit die Antragstellerin in Abrede stelle, dass eine unzulässige "Mischkalkulation" vorliege. Liege eine solche vor, so sei das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszunehmen. Gelte eine "Mischkalkulation" als zumindest nicht nachgewiesen, so verbliebe das Angebot der Antragstellerin zwar in der Wertung. Der Nachprüfungsantrag sei jedoch bezüglich der weiteren Rügen, das wirtschaftlichste Angebot zu haben und der Fehlerhaftigkeit des Bieterinformationsschreibens, unzulässig bzw. unbegründet.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihre auf Wiederholung der Angebotswertung und Erteilung des Zuschlags auf ihr eigenes Angebot sowie hilfsweise den Ausschluss aller Angebote und die Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Anträge zunächst weiterverfolgte. Mit Beschluss vom 8. Februar 2006 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB verlängert.

Die Antragstellerin macht auch im Beschwerdeverfahren geltend, das Bieterinformationsschreiben des Antragsgegners sei inhaltlich unzureichend. Das Nebenangebot der Beigeladenen sei in unzulässiger Weise in die Wertung einbezogen worden. Eine formale Angebotswertung sei im Vergabeverfahren unterblieben. Ferner sei eine unzulässige Vermischung der Wertungsstufen erfolgt. Ihr eigenes Angebot sei nicht wegen Unvollständigkeit der Preisangaben zu den Ordnungsziffern 03.30.40, 3.31.00 und 03.31.10 im Leistungsverzeichnis Abschnitt "032 Fenster und Fassadenarbeiten" von der Wertung auszunehmen. Insbesondere die in der Wertungsreihenfolge vor ihr liegenden Angebote seien wegen Unvollständigkeit im Sinne der § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Antragstellerin darüber hinaus vorgetragen, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig und damit zwingend von der Wertung auszuschließen, weil die unter den Ordnungsziffern 01.03.0010 und 03.02.0010 im Leistungsverzeichnis "Abschnitt 021 Dachabdichtungsarbeiten" geforderten Nachweise und Erklärungen mit dem Angebot nicht eingereicht worden seien.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, die Angebotswertung in dem Vergabeverfahren "Neubau Lehr- und Versuchsgebäude LIMES, 1. Bauabschnitt, B..., Vergabe LV- Paket mit Erdarbeiten, Rohbauarbeiten, Dachdichtung, Fenster und Fassade" zu wiederholen und im Rahmen der Neubewertung das Angebot der Beigeladenen aufgrund des Vorliegens zwingender Ausschlussgründe im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A auszuschließen und ihr, das Angebot der Antragstellerin, als das wirtschaftlichste Angebot im Sinne des § 25 Nr. 3 VOB/A i.V.m. § 97 Abs. 5 GWB zu bewerten,

hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, in dem Vergabeverfahren "Neubau Lehr- und Versuchsgebäude LIMES, 1. Bauabschnitt, B..., Vergabe LV-Paket mit Erdarbeiten, Rohbauarbeiten, Dachdichtung, Fenster und Fassade" die Angebotswertung zu wiederholen und dabei sämtliche Angebote, die zur Submission eingereicht wurden, aufgrund des Vorliegens zwingender Ausschlussgründe im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A auszuschließen und sodann das Vergabeverfahren gem. § 26 Nr. 1 lit. b) VOB/A aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen und ihm gemäß § 121 Abs. 1 GWB die Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen vorab zu gestatten.

Der Antragsgegner verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer.

Die Beigeladene beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, das Angebot der Antragstellerin sei unvollständig und von der Wertung auszunehmen, weil die Herstellererklärung zur Ordnungsziffer 01.03.0010, die Nachunternehmererklärungen, die Verzeichnisse zu den Nachunternehmerleistungen und die Tariftreueerklärungen nicht bei Angebotsabgabe eingereicht worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragsgegners über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin verhandeln und in der Sache selbst - auch zum Nachteil des Antragsgegners - entscheiden (vgl. §§ 120 Abs. 2 i.V.m. § 69 Abs. 2 GWB). Der Antragsgegner hat - entgegen seiner Darstellung im Schriftsatz vom 24. März 2006 - ausweislich des unterzeichneten und in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses (Bl. 51 a GA) am 03. Februar 2006 die Ladung zum Termin erhalten. Dass ihm die Terminsbestimmung zugegangen ist, hat der Antragsgegner, und zwar durch die Niederlassung B..., unter dem 03.02.2006 auch schriftsätzlich dokumentiert (GA 76).

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet. Die Entscheidung der Vergabekammer ist aufzuheben. Für den Fall einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens ist anzuordnen, dass die Angebotswertung unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin und unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen zu wiederholen ist.

1. Das Angebot der Antragstellerin ist nicht zwingend - wie der Antragsgegner meint - von der Wertung auszuschließen, weil die geforderten Preise nicht unvollständig und auch die von den Bietern verlangten Erklärungen mit dem Angebot der Antragstellerin vorgelegt worden sind.

a) Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A sind allerdings solche Angebote zwingend von der Wertung auszunehmen, die die geforderten Preise nach § 21 Abs. 1 Satz 3, 1. Alt. VOB/A nicht enthalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich um einen zwingenden Ausschlussgrund (vgl. BGH VergabeR 2003, 558, 560 - Jugendstrafanstalt). Dies gilt ohne Rücksicht darauf, dass § 21 Nr. 1 Satz 3 VOB/A lediglich als Sollvorschrift formuliert ist.

Der Antragsgegner hat von den Bietern im Leistungsverzeichnis unter "032 Fenster und Fassadenarbeiten", die Angabe der tatsächlich verlangten Preise im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3, 1. Alt. VOL/A zu den Ordnungsziffern 03.3040, 03.3100 und 03.3110 für Zulagepositionen gefordert. Zulagen sind Positionen, bei denen bestimmte Voraussetzungen festgelegt sind, unter denen eine zusätzliche Vergütung gezahlt werden soll. Im Fall einer Zulagenposition wird der Auftrag zur Hauptposition unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 BGB) erteilt, dass die zusätzliche Vergütung bezahlt wird, wenn im einzelnen vom späteren Auftragnehmer nachgewiesen wird, dass und inwieweit die von der Zulage erfassten Erschwernisse eingetreten sind. Die Zulagenpositionen weisen also bedingte Mehrkosten aus, die auf der vierten Wertungsstufe bei Beurteilung der Frage, welches Angebot das wirtschaftlichste ist, sowie in der Phase der Abrechnung der Leistung eine Bedeutung erlangen können. Durch die Zulage- bzw. Bedarfspositionen wurden - wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen dargelegt hat - von dem Antragsgegner die Mehrkosten für eine alternative (höherwertigere) Fassadenoberfläche abgefragt. Das Leistungsverzeichnis weist insoweit unter den Positionen 3.2010 und 3.2020 bereits die Preise für die Lieferung und Montage der Mineralfaserdämmung und der thermischen Trennelemente bei einer Fassadenoberfläche "Eternit Isocolor durchgefärbt mit Acrylatbeschichtung" aus. Unter der Zulagenposition mit der Ordnungsziffer 3.3040 waren als Preis lediglich die Mehrkosten für die Montage von 8 mm dicken, thermischen Trennelementen zum Unterlegen der Wand- und Deckenhalter und der Gesamtpreis für 1.550,00 m² einschließlich des verlangten Gewinns anzugeben. Unter der Zulagenposition 03.3100 war die Angabe der zusätzlichen Kosten für die Anbringung einer außenseitig anzubringenden Mineralfaserdämmung mit Platten nach DIN 18165-1 und unter der Zulagenposition 3.3110 die Angabe der Kosten für eine an Kleinflächen anzubringende Fassaden-Wärmedämmung gefordert.

Die Antragstellerin hat die geforderten Mehrkosten zutreffend angegeben. Zwar ergaben die Berechnungen der Vergabestelle anhand der eingegangenen Angebote der übrigen Bieter, dass folgende Nettopreise von den Bietern im Durchschnitt für die drei Leistungspositionen angegeben worden waren:

Pos. 3.30.40: 4,71 €

Pos. 3.31.00: 17,75 €

Pos. 3.31.10: 31,00 €

Bei den vom Antragsgegner ermittelten Durchschnittspreisen handelt es sich aber nicht um die zutreffenden Preise, auch wenn sie die von der Antragstellerin angegebenen Preise deutlich überschreiten. Die Antragstellerin hat zu jeder der drei genannten Positionen einen Preis in Höhe von 0,10 € in das Leistungsverzeichnis eingetragen. Hierbei handelt es sich unwiderlegt um zutreffende Preise. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass ein finanzieller Mehraufwand bei der Montage der thermischen Trennelemente und der außenseitigen Mineralfaserdämmung bei der Verwendung einer hochwertigeren Außenfassadenoberfläche an der Unterkonstruktion tatsächlich nicht anfällt. Nach den technischen Erklärungen der Antragstellerin - denen die Beigeladene nicht entgegengetreten ist und die sie vielmehr im Ergebnis durch die Vorlage des Schreibens ihres Nachunternehmers H....AG vom 17. Oktober 2005 bestätigt hat - veranlasst die Anbringung der Mineralfaserdämmung bei einer höherwertigeren Fassadenoberfläche keinen Mehraufwand, weil die Unterkonstruktion nur einen anderen technischen Handgriff verlangt, der aber keine Mehrkosten entstehen lässt. Entstehen aber keine Mehrkosten - dies hat im Ergebnis auch die Beigeladene bestätigt, wie noch darzulegen sein wird -, so kann die Angabe "0,10 €" der Antragstellerin als Ansatz einer geringfügigen Gewinnmarge verstanden werden.

Im Übrigen deckt sich das Ergebnis der Darlegungen der Antragstellerin mit der ursprünglichen Einschätzung und dem Vorgehen des Antragsgegners. Im Vergabevermerk vom 21. November 2005 stellte der Antragsgegner hinsichtlich der Abweichung der von der Antragstellerin angegebenen Preise von den Durchschnittspreisen ausdrücklich fest, eine "Mischkalkulation" könne nicht nachgewiesen werden und nahm das Angebot der Antragstellerin nicht von der Wertung aus. Erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens ist der Antragsgegner von seiner ursprünglichen Beurteilung abgerückt.

b) Das Angebot der Antragstellerin war nicht wegen Unvollständigkeit der mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen über die Vergabe von Leistungen an Nachunternehmer - wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung einwandte - zwingend von der Wertung nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt. VOB/A auszunehmen. Diesen Vorschriften zufolge sind solche Angebote von der Wertung auszunehmen, die nicht die geforderten Angaben und Erklärungen enthalten. Geforderte Erklärungen sind mit dem Angebot abzugeben.

aa) Das Angebot der Antragstellerin war nicht in Bezug auf die im Angebotsblankett unter Ziffer 5 geforderten Erklärungen zum Einsatz von Nachunternehmern unvollständig und deshalb von der Wertung auszuschliessen. Die Antragstellerin gab die im Blankett formularmäßig vorgesehene Erklärung, die Leistungen im eigenen Betrieb ausführen zu wollen, ab. Sie erklärte ferner, indem sie die Ziffern 5.2 des Angebotsblanketts an der dafür vorgesehenen Position ankreuzte, die in dem beigefügten Formblatt "EFB NU-317b" aufgeführten Leistungen an namentlich auf Anforderung (vgl. Ziff. 6 der Bewerbungsbedingungen EVM (B) BwB/E) zu benennende Nachunternehmer übertragen zu wollen, weil ihr Betrieb auf diese Leistungen nicht eingerichtet sei. Die Erklärung zu Ziffer 5.1, Leistungen an Nachunternehmer vergeben zu wollen, obwohl ihr Betrieb auf diese Leistungen eingerichtet sei, gab die Antragstellerin nicht ab, weil sie keine Leistungen an Nachunternehmer zu vergeben beabsichtigte, auf die ihr Betrieb eingerichtet ist.

bb) Das Angebot der Antragstellerin war auch nicht aus dem Grund unvollständig und von der Wertung zwingend auszunehmen, weil etwa die nach Ziffer 5.2 des Angebotsblanketts und des "Rechtlichen Hinweises für die Wertbarkeit von Angeboten" geforderte Vorlage des Formblattes EFB NU-317b (Nr. 5.2 EVM (B) Ang) mit dem Angebot nicht erfolgt war. Die Antragstellerin reichte sogar beide Formblätter (EFB NU-317b und EFB NU-317a) mit dem Angebot ein. Das Formblatt "Nachunternehmerleistungen EFB NU-317a" war von ihr als nicht relevant durchgestrichen worden, weil sie eine Erklärung nach Ziffer 5.1 des Angebotsblanketts nicht abgegeben hatte. Das mit ihrem Angebot eingereichte Formblatt "Nachunternehmerleistungen EFB NU-317b (Nr. 5.2 EVM (B) Ang)" war mit der Firmenstempel der Antragstellerin, dem Datum vom 28. Oktober 2005 und dem handschriftlichen Hinweis "siehe Anlage zum Anschreiben" versehen und unterschrieben. Es enthielt zwar keine Auflistung der an die Nachunternehmer zu vergebenden Leistungen. Das Formblatt enthielt aber einen handschriftlichen Verweis auf eine von der Antragstellerin selbst erstellte Anlage zu ihrem Angebotschreiben. Die "Angaben zum Einsatz von Nachunternehmern gemäß Nr. 6 der Bewerbungsbedingungen EVM (B) BvB/E" überschriebene Anlage zum Angebotsschreiben vom 27. Oktober 2005, enthielt die Erklärung der Antragstellerin: "Wir werden die folgend aufgeführten Leistungen an Nachunternehmer übertragen, da unser Betrieb für diese Leistungen nicht eingerichtet ist". Daran schließen sich eine tabellarische Aufführung der Abschnitte der Leistungsverzeichnisse und der Titel der Leistungsverzeichnisse sowie eine stichwortartige Beschreibung der Leistungen (z.B. "LV Dachabdichtungsarbeiten, Titel 01-04, Dachabdichtungsarbeiten") an. Die Aufstellung beinhaltete alle mit dem Formblatt geforderten Angaben. Die Angabe einzelner Titel der Leistungsverzeichnisse ersetzte dabei die Aufzählung der in einem Titel enthaltenen Ordnungsziffern. Das Angebot der Antragstellerin ist hinsichtlich der Liste der Nachunternehmerleistungen - auch wenn das mit dem Angebot eingereichte Formblatt "Nachunternehmerleistungen EFB NU-317b (Nr. 5.2 EVM (B) Ang)" nicht von der Antragstellerin ausgefüllt worden war - auf Grund der selbst erstellten und mit dem Angebot eingereichten Aufstellung über die an Nachunternehmer zu vergebenden Leistungen vollständig und nicht von der Wertung auszuschliessen.

cc) Das Angebot der Antragstellerin war nicht unvollständig und von der Wertung auszuschließen, weil eine geforderte Tariftreueerklärung fehlte. Ausweislich der Ziffern 1.1 des Angebotsvordrucks war den Angeboten der Bieter als Anlage das Formblatt "251.1 Tariftreueerklärung Bund-EVM Erg Ang Tarif" beizufügen. Dieses Formblatt beinhaltete die eigene, vom Bieter gegenüber dem Auftraggeber abzugebende Tariftreueerklärung. Ausweislich des auf der letzten Seite des Vordrucks im Fettdruck gegebenen Hinweises galt diese Erklärung als mit der Unterschrift des Bieters unter das Angebotsschreiben zugleich als rechtsverbindlich abgegeben. Ferner war nach Ziffern 1.1. des Angebotsvordrucks im Falle der Einschaltung von Nachunternehmern das Formblatt "Tariftreue Anlage 1-3" mit dem Angebot einzureichen.

Die Formblätter "251.1 Tariftreueerklärung Bund-EVM Erg Ang Tarif " und "Tariftreue Anlage 1-3" reichte die Antragstellerin ausweislich der Vergabeakten mit dem Angebot ein. Im Anschluss an die Ziffern 12 des Formblatts "251.1 Bund-EVM Erg Ang Tarif" hatte die Antragstellerin die beiden formularmäßig vorgegebenen Erklärungen angekreuzt, dem Angebot eine Liste beigefügt zu haben, in der angegeben sei, welche Teile des Auftrags an Nachunternehmer weiter vergeben werden sollten, für das Angebot bereits Angebote von Nachunternehmern herangezogen zu haben und entsprechend Nr. 6 des Formblatts verfahren zu sein. Das Formblatt "Tariftreue Anlage 1-3" beinhaltete Mustererklärungen, die erst im Falle der Auftragserteilung von den mit der Ausführung von Leistungen beauftragten Nachunternehmern gegenüber dem Antragsgegner abzugeben waren. Diese Formblätter reichte die Antragstellerin mit dem Angebot in nicht ausgefüllter Form ein, was freilich nicht zu beanstanden ist, da die Formblätter - so der Angebotsvordruck erst nach Einschaltung der Nachunternehmer ausgefüllt vorzulegen waren.

dd) Das Angebot der Antragstellerin war ferner nicht unvollständig und zwingend von der Wertung auszunehmen, weil die nach den Ordnungsziffern 03.02.0010 des Leistungsverzeichnisses, Abschnitt 021 "Dachabdichtungsarbeiten", geforderte Erklärung des Herstellers zur Eignung der Dampfsperre als Notabdichtung nicht von der Antragstellerin vorgelegt worden war. Unter Ordnungsziffern 03.02.0010 des Leistungsverzeichnisses waren folgende Angaben und Erklärungen gefordert:

Dampfsperre, Notabdichtung und Luftdichtheitsschicht auf Obergurten von profilierten Blechen vollflächig verklebt herstellen. An allen Aufkantungen mit mindestens 5 cm über OK Wärmedämmung hochführen und luftdicht anschließen. Die Hersteller-Verlegerichtlinien sind zu beachten. SD-Wert 1.500 Meter.

Dampfsperre aus kaltselbstklebenden Bitumenbahnen mindestens 3 mm dick. Nähte und Stöße ausreichend breit überdecken. Nahtverbindung mit DUORand Sopravap Stick ALU oder gleichwertige Art.

Die Eignung als Notabdichtung ist vom Hersteller in schriftlicher Form beizubringen und mit dem Angebot beizubringen.

Herstellerangaben:

Die Antragstellerin trug handschriftlich in das Leistungsverzeichnis die Typenbezeichnung "Sopravap Stick Alu TS" ein und verwies auf eine Anlage zum Angebotsschreiben. Zwar fehlte damit die geforderte Angabe des Herstellers. Gleichwohl ist die Erklärung nicht unvollständig. Die Erklärung der Antragstellerin ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass sie das unter den genannten Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses vom Antragsgegner lediglich mit der Bezeichnung als Leitfabrikat im Leistungsverzeichnis benannte Produkt "DuoRand Sopravap Stick Alu TS" des Herstellers S...... GmbH anbot. Da sie das im Leistungsverzeichnis benannte Leitfabrikat mit seiner Bezeichnung angeboten hatte, war die Antragstellerin der Anforderung, eine Erklärung des Herstellers S...... GmbH über die Eignung des Produkts "DuoRand Sopravap Stick Alu TS" als Notabdichtung, enthoben. Diese Anforderung richtete sich nur an Bieter, die nicht das Leitfabrikat anboten. Ein verständiger Bieter, der das Leitfabrikat wählte, konnte hingegen annehmen, dass das vom Antragsgegner ausgewählte Leitfabrikat die zusätzlich genannte Funktion als Notabdichtung erfüllte und es der Vorlage einer Herstellererklärung nicht bedurfte. Ein anderes Verständnis hätte in den Verdingungsunterlagen unmissverständlich und klar zum Ausdruck kommen müssen, wenn nach den Vorstellungen des Antragsgegners auf eine unterlassene Vorlage der Erklärung des Herstellers des Leitfabrikats der Ausschluss eines Angebots gestützt werden sollte.

Im Übrigen hatte die Antragstellerin ihrem Angebot vom 27. Oktober 2005 als Anlage eine Produktinformation der S...... GmbH zum Produkt "Sopravap Stick Alu TS" sowie ein Prospektblatt zum Produkt "S......Duorand" beigefügt. Der Hersteller des Leitfabrikats, die S...... GmbH, vertreibt seine Produkte ausweislich des als Anlage zum Angebot der Antragstellerin beigefügten Prospektblattes unter der Bezeichnung "S......Abdichtung" bzw. "S......Duorand". Dem Prospektblatt ist die Aussage des Herstellers zu entnehmen, das Produkt "S......Duorand" erfülle als Systemdampfsperre die zusätzliche Funktion einer sicheren Notabdichtung. Diese Aussage reicht als geforderte Erklärung des Herstellers aus. Nach dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung (Die Eignung als Notabdichtung ist vom Hersteller in schriftlicher Form beizubringen ... ) war weder ein Nachweis, etwa durch Vorlage eines Prüfzeugnisses, zu führen, noch eine in technischer Hinsicht qualifizierte Erklärung des Herstellers gefordert. Ein verständiger Bieter durfte nach seinem Empfängerhorizont davon ausgehen, dass eine einfache Erklärung des Herstellers zur Darlegung der verlangten Eignung als Notabdichtung genügte.

2. Das Angebot der Beigeladenen ist zwingend von der Wertung auszuschließen.

a) Allerdings genügte das Angebot der Beigeladenen dem Erfordernis der in der ersten Wertungsphase zu überprüfenden Vollständigkeit der Preisangaben (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, 1. Alt. VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) insoweit, als die Beigeladene die geforderten Preise zu den Ordnungsnummern 3.3040, 3.3100 und 3.3110 vollständig angegeben hat. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - von der Antragstellerin unwidersprochen - vorgetragen, dass die Leistungen von einem Nachunternehmer ausgeführt werden sollen. Sie hat ferner ein Schreiben ihres Nachunternehmers H....AG vom 17. Oktober 2005 vorgelegt, in dem dieser erklärt hat, bei den Positionen 03.3030 bis 3.3110 ergebe sich kein Mehrpreis im Vergleich zu einer sichtbar genieteten Eternit-Fassade. Die dem Senat ebenfalls vorgelegte Kalkulation des Nachunternehmers H....AG vom 17. Oktober 2005 (Geschäftsgeheimnis) weist unter den streitgegenständlichen Ordnungsziffern Preisangaben von 0,00 € aus. Damit steht fest, dass auch die Beigeladene zutreffende Preise angegeben hat. Der Umstand, dass die Beigeladene unter diesen drei Ordnungsnummern einen höheren Preis angesetzt hat als ihr Subunternehmer (und die Antragstellerin), macht den Preis nicht zu einem unwahrhaftigen Preis. Sie war nicht verpflichtet, den vom Subunternehmer angesetzten Preis von 0,00 € unverändert an den Antragsgegner weiterzugeben, sondern durfte einen Gewinnaufschlag in Ansatz bringen. Die Beigeladene hat im Ergebnis zugleich den Vortrag der Antragstellerin bestätigt, dass bei Auswahl einer hochwertigeren Fassade durch den Auftraggeber keine Mehrkosten bei der Installation der Fassadendämmplatten und thermischen Trennelemente anfallen werden.

b) Die im Angebot der Beigeladenen unter den Ordnungsnummern 3.4030 und 3.4040 angegebenen Preise waren im Sinne der § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, 1. Alt. VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A ebenso wenig unvollständig angegeben. Unter diesen Ordnungszahlen waren die Kosten für Schrägschnitte an und Ausschnitte in Fassadentafeln mit einer Stärke von 12 mm anzugeben. Die Beigeladene hat einen Preis von 0,00 € für die unter den beiden Positionen geforderten Fassadenschnitte angegeben. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2005 hat sie auf Nachfrage des Antragsgegners erklärt:

Der von uns angebotene EP für die Positionen 3.4030 bzw. 3.4040 von 0,00 € ist der von uns für diese Leistung tatsächlich geforderte Preis. Wir haben für diese Leistungen keine Kosten kalkuliert, da die Leistungen nach unserer Planung nicht anfallen werden. Die geforderten Aufgaben wollen wir über werksmäßige Passplatten realisieren. Eine Verschiebung von kosten für diese Leistungen in die EPS andere Positionen haben wir also nicht vorgenommen. Sollten die Leistungen entgegen ihrer Erwartung doch zur Ausführung kommen, werden wir hierfür die angebotenen EPs von 0,00 € abrechnen.

Die Angabe von 0,00 € enthält keine unwahrhaftige Angabe der Preise. Dies gilt selbst für den Fall, in dem sich die Erwartung der Beigeladenen, die Platten werksseitig (kostenfrei) zuschneiden lassen zu können, nicht erfüllen sollte. In diesem Fall enthält die Erklärung der Beigeladenen die rechtlich verbindliche Zusage, den Antragsgegner von Mehrkosten freistellen zu wollen.

c) Weder in der im Streitfall erfolgten Angabe eines Preises von "0.00 €" bei den streitgegenständlichen Ordnungsnummern, noch in den Erläuterungen zum werksmäßigen Zuschnitt der Fassadentafeln im Schreiben der Beigeladenen vom 2. Dezember 2005 lag eine Änderung der Verdingungsunterlagen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 2 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt regelmäßig vor, wenn die angebotene Leistung nicht der ausgeschriebenen Leistung entspricht, insbesondere der Inhalt und/oder Umfang der ausgeschriebenen Leistungen durch das Angebot des Bieters verändert werden. Bei dem hier ausgeschriebenen Bauauftrag zur Errichtung eines Bauwerks bzw. von Teilen eines Bauwerks handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 635 ff BGB. Bei Bauaufträgen bzw. Werkverträgen dieser Art ist der Erfolg geschuldet, nämlich die Erstellung eines Teils eines Bauwerks. Es obliegt allein der Entscheidung des Auftragnehmers, auf welche Weise er den vertraglich geschuldeten Erfolg (Erstellen einer Fassade) bewerkstelligen will. Diesen Erfolg kann die Beigeladene entweder durch Anbringen von passgenau zugeschnittenen oder aber von werksmäßig zugeschnittenen Fassadentafeln erreichen. Ob dieser Erfolg mit werksmäßig zugeschnittenen Fassadentafeln etwa dann zu erreichen ist, wenn diese vom Hersteller zu klein zugeschnitten worden sind, wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, bedarf im Vergabeverfahren keiner Klärung. Diese Frage stellt sich erst im Stadium der Vertragsausführung, weil sie die mängelfreie Herstellung des Werkes betrifft. Fehler bei der werksmäßigen Ausführung der Zu- und Ausschnitte an den Fassadentafeln können zu etwaigen Nachbesserungsansprüchen des Antragsgegners gegen die Beigeladene führen. Vergaberechtlich unbeachtlich ist aus diesen Gründen ferner die in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung der Antragstellerin, Fassadentafeln mit einer Stärke von 12 mm könnten ebenso wie die unter den Ordnungspositionen 03.2030 und 03.2040 anzubietenden Fassadentafeln mit einer Stärke von nur 8 mm vor Ort zugeschnitten werden. Ein bauseitiger Zuschnitt der Fassadentafeln war mit den Verdingungsunterlagen nicht als zu erbringende Dienstleistung gefordert. Derartiges folgte nicht aus den Technischen Vorbemerkungen zu den Fassadenbekleidungen des Abschnitts 032 Fenster und Fassadenarbeiten des Leistungsverzeichnisses, welche die Vorgabe "Es sind nur langsam laufende, staubarm arbeitende Bearbeitungsgeräte zu verwenden." enthielten. Diese Anforderungen betrafen nur die Art und Weise der Leistungserbringung (vgl. § 280 BGB), nicht der Art und Umfang der geschuldeten Leistung. Die Angaben der Beigeladenen in ihrem Schreiben vom 2. Dezember 2005 zu einer beabsichtigten werksseitigen Ausführung der Fassadenschnitte und Fassadenausschnitte an den Fassadentafeln führten demnach keine materielle Änderung des in den Verdingungsunterlagen beschriebenen Leistungsumfangs herbei, da sie die ausgeschriebene Leistung (Erstellen einer Fassade) ihrem Umfang nach nicht änderten. Aus diesem Grund lag auch in der Angabe eines Preises von 0,00 € unter den streitgegenständlichen Ordnungsnummern keine Änderung der Verdingungsunterlagen.

d) Eine Änderung der Verdingungsunterlagen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A (i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOB/A) erfolgte ebenso wenig durch die unter der Ordnungsnummer 03.3110 ausgelassene Angabe "Zulage Fass. Bekleid" in dem von der Beigeladenen selbst erstellten Leistungsverzeichnis "Abschnitt 032 Fassaden und Fassadenbekleidung". Zwar können grundsätzlich auch Auslassungen in einem vom Bieter selbst erstellten Leistungsverzeichnis zu einer Änderung der Verdingungsunterlage führen. Im Streitfall führte die unterbliebene Aufführung der Angabe "Zulage Fass. Bekleid" im Text des Leistungsverzeichnisses jedoch zu keiner materiellen Änderung der Verdingungsunterlagen. Die unter dieser Ordnungsposition zu erbringenden Leistungen erhielten durch die Auslassung nicht den Charakter einer Grundleistung (statt einer Zuschlagsleistung). Unter der Ordnungsnummer 3.3110 befand sich bereits der zweifache Hinweis, dass es sich um eine "Bedarfsposition" bzw. um eine "Zulage für Pos: 03.1120" handelt. Einer erneuten Wiederholung der Begriffe "Zulage Fass. Bekleid." war eine rein deklaratorische Bedeutung beizumessen.

e) Das Angebot der Beigeladenen ist jedoch wegen Unvollständigkeit der geforderten Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt. VOB/A nach § 25 Nr. 1 Abs.1 lit. b VOB/A von der Wertung auszunehmen. Das Angebot der Beigeladenen war zwar nicht unvollständig hinsichtlich der geforderten Angaben zu Ordnungsziffern 3.4030 (hierzu unter aa) und technischen Nachweise zu Ordnungsziffern 01.03.0010, aber hinsichtlich einer mit dem Angebot vorzulegenden Herstellererklärung zu Ordnungsziffern 03.02.0010 (hierzu unter bb).

aa) Das Angebot war nicht hinsichtlich der im Leistungsverzeichnis, Abschnitt 032, Fassade und Fassadenarbeiten, geforderten Angaben unvollständig und auf der ersten Stufe von der Wertung auszunehmen. Unter den Ordnungsziffern 3.4030 des Leistungsverzeichnisses unterblieb seitens der Beigeladenen eine Angabe von "Fassadenplänen, Zeichnung Nr." im Hinblick auf die Schrägschnitte an Fassadentafeln. Die Angabe der Nummern der Fassadenpläne und Zeichnungen war wettbewerblich nicht relevant. Die maßgebliche Größe, nämlich die Gesamtlänge der zu schneidenden Tafeln, war mit 10 Metern für die Kalkulation der anzugebenden Preise vom Antragsgegner vorgegeben. Die kalkulationsrelevante Gesamtlänge der auszuführenden Fassadenschnitte war also nicht anhand der Fassadenpläne von den Bietern zu ermitteln. Aus den Plänen sollen sich - wie die Antragstellerin selbst vorträgt - vielmehr nur die Fassadenpositionen der zuzuschneidenden Fassadentafeln ergeben. An welchen Positionen der Fassade die Fassadentafeln mit Schrägschnitten zu versehen und anzubringen sind, ist aber eine Frage der Bauausführung bzw. der Bauüberwachung. Für die Kalkulation des Preises in der Angebotsphase war dies ohne Bedeutung. Damit war eine nähere Angabe der Pläne für den Auftraggeber (hier die Antragsgegnerin) objektiv ohne Bedeutung und dazu ohne Relevanz für den Bieterwettbewerb. Unter diesen einschränkenden Voraussetzungen kann auf eine entsprechende Erklärung im Angebot verzichtet werden (vgl. ebenso BayObLG, Beschl. v. 15.9.2004, Verg 26/03, VergabeR 2005, 130,136 - Flachdachabdichtung).

bb) Das Angebot der Beigeladenen war wegen der Unvollständigkeit von Herstellererklärungen, nicht aber wegen Fehlens von technischen Prüfzeugnissen von der Wertung auszuschliessen.

Allerdings hat die Antragstellerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet, es fehle dem Angebot der Beigeladenen die unter Ordnungsnummern 03.02.0010 verlangte Erklärung des Herstellers zur Eignung der Dampfsperre als Notabdichtung, und es fehle das Prüfzeugnis zur Ordnungsnummer 01.03.0010. Dieser Umstand führt zu keiner Präklusion der Beanstandung. Einer Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB, und zwar hier der an den Antragsgegner gerichteten Rüge, das Angebot der Beigeladenen wegen Fehlens einer geforderten Herstellererklärung nicht aus der Wertung genommen zu haben, bedurfte es nach der Rechtsprechung des Senats nicht. Dem Antragsteller obliegt nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB nur die Rüge der in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht erkannten Vergaberechtsverstöße (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.2000, Verg 9/00; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.9.2000, 5 Verg 1/00). Im Streitfall kannte die Antragstellerin Mängel am Angebot der Beigeladenen nicht. Ihr ist darin keine Einsicht gewährt worden.

(1) Das Angebot der Beigeladenen war allerdings nicht im Hinblick auf einen geforderten technischen Nachweis unvollständig. Unter Ordnungsziffern 01.03.0010 des Leistungsverzeichnisses, Abschnitt 021, "Dachabdichtungsarbeiten", war gefordert, dass die erste Lage der Abdichtung gemäß DIN 18195, Teil 5, mit Deckschichten aus polymermodifizierten Bitumen herzustellen sei und die Einhaltung der festgelegten Eigenschaften (nach TLBELB Teil 1 zur ZTVBELB 1) durch eine Grund-Erstprüfung einer bauaufsichtlich anerkannten Prüfstelle nachzuweisen sei. Das Angebot der Beigeladenen enthielt dieses Prüfzeugnis nicht. Ausweislich des Leistungsverzeichnisses war aber auch nicht gefordert, das Prüfzeugnis mit dem Angebot vorzulegen. Da das Leistungsverzeichnis dies nicht ausdrücklich anordnete, konnte dieser Nachweis erst während der Bauausführungsphase erbracht werden.

(2) Das Angebot der Beigeladenen war jedoch unvollständig, weil die im Leistungsverzeichnis geforderte Erklärung des Herstellers zur Eignung als Notabdichtung fehlte. Unter Ordnungsziffern 03.02.0010 des Leistungsverzeichnisses, Abschnitt 021, Dachabdichtungsarbeiten, nahm die Beigeladene folgende Eintragung vor:

Dampfsperre aus kaltselbstklebenden Bitumenbahnen mindestens 3 mm dick. Nähte und Stöße ausreichende breit überdecken. Nahtverbindung mit DUORAND Sopravap Stick ALU oder gleichwertige Art.

Die Eignung als Notabdichtung ist vom Hersteller in schriftlicher Form beizubringen und mit dem Angebot beizubringen.

Herstellerangaben:

S....., B....

Die Forderung des Antragsgegners, eine Erklärung des Herstellers zur Eignung der der Bitumenbahnen als Notabdichtung mit dem Angebot vorzulegen, war vergaberechtlich zulässig. Der Antragsgegner wollte sich den Aufwand der Prüfung der technischen Gleichwertigkeit anderer Produkte im Vergleich zum Leitfabrikat erleichtern.

Das Angebot der Beilgeladenen war unvollständig, weil die geforderte Herstellererklärung des Produzenten B... nicht beigefügt war. Die Angaben der Beigeladenen "S......B..." waren aus der Sicht des Antragsgegners dahingehend auszulegen, dass die Beigeladene entweder das Leitfabrikat des Herstellers "S....." Deutschland GmbH oder ein Produkt des Herstellers "B..." angeboten hatte. Damit hat sich die Beigeladene für den Fall der Auftragserteilung eine Wahlmöglichkeit vorbehalten. Dann aber musste sie zur Angebotsalternative "B..." eine Herstellererklärung vorlegen, welche die Eignung als Notabdichtung betraf. Dies wäre nur entbehrlich gewesen, wenn die Beigeladene - ebenso wie die Antragstellerin - lediglich das in den Verdingungsunterlagen benannte Leitfabrikat angeboten hätte. Nur hinsichtlich des Leitfabrikats durfte ein verständiger Bieter davon ausgehen, dass der Antragsgegner die technische Eignung des Leitfabrikats geprüft hatte (oder diese ihm bekannt war) und die Vorlage einer Herstellererklärung deshalb verzichtbar war. Ein Bieter musste aber in dem Fall, dass er sich mit dem Angebot eine Wahlmöglichkeit zwischen dem Leitfabrikat und einem gleichwertigen Fabrikat vorbehielt, die technische Gleichwertigkeit des alternativ angebotenen Produktes darlegen. Dies war nach dem eindeutigen Wortlaut des Leistungsverzeichnisses hinsichtlich aller vom Leitfabrikat abweichenden Fabrikate einschränkungslos von den Bietern gefordert. Dabei war es gleichgültig, ob das vom Leitfabrikat abweichende Fabrikat allein oder alternativ dazu vom Bieter angeboten wurde.

Das Angebot der Beigeladenen war gleichfalls unvollständig, wenn die von der Beigeladenen gemachten Angaben nach ihrer Vorstellung dahingehend auszulegen sein sollten, der Begriff "S......" sei lediglich eine (gleichnamige) Produktbezeichnung für ein von dem Hersteller B... zu beziehendes gleichwertiges Produkt. Auch in diesem - eher unwahrscheinlichen - Fall war die Beigeladene zur Vorlage einer Herstellererklärung verpflichtet, weil es sich bei einem gleichnamigen Produkt des Herstellers B... nicht um das im Leistungsverzeichnis angegebene Leitfabrikat des Herstellers S...... GmbH handelte.

Da die im Leistungsverzeichnis geforderte Herstellererklärung - entgegen der ausdrücklichen Anordnung unter Ordnungsziffern 03.02.0010 (Die Eignung als Notabdichtung ist vom Hersteller in schriftlicher Form beizubringen und mit dem Angebot einzureichen) - dem Angebot der Beigeladenen nicht beigefügt war, ist das Angebot zwingend von der Angebotswertung auszuschließen. Das Angebot der Antragstellerin ist unvollständig, weil die im Leistungsverzeichnis geforderte Herstellererklärung zur Eignung als Notabdichtung fehlte. Damit ist es in einem durch das Leistungsverzeichnis als wettbewerbsrelevant ausgewiesenen Punkt, nämlich der technischen Gleichwertigkeit des von der Beigeladenen alternativ angebotenen Produkts unvollständig. Infolgedessen ist es mit anderen Angeboten nicht in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht, insbesondere nicht uneingeschränkt vergleichbar (vgl. BGH, Urt. v. 7.1.2003 - X ZR 50/01, NZBau 2003, 406; Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293 = ZfBR 2003, 401 - Jugendstrafanstalt; Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617, 619 - Treppenanlage). Dem Antragsgegner steht insoweit nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei der Entscheidung über den Ausschluss des Angebots kein Ermessen zu, denn das Fehlen einer geforderten Erklärung stellt einen zwingenden Ausschlusstatbestand dar. Der Antragsgegner kann von dem Erfordernis der Vorlage der Herstellererklärung bei Angebotsabgabe auch nicht nachträglich absehen. Der Ausschluss dient der Sicherung eines transparenten und auf Gleichbehandlung aller Bieter bedachten Vergabeverfahrens, in dem nur vergleichbare Angebot gewertet werden dürfen.

Die Beigeladene ist zum hier behandelten Vortrag der Antragstellerin im Senatstermin gehört worden. Sie ist dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entgegengetreten, sondern hat im Gegenzug, dies jedoch zu Unrecht, Mängel am Angebot der Antragstellerin behauptet. Der Senat ist dem Vortrag beider Verfahrensbeteiligten im Wege seiner Untersuchungsobliegenheit nachgegangen. Im Ergebnis unterliegt nur das Angebot der Beigeladenen einem Ausschluss von der Wertung. Da die den Ausschluss begründenden Tatsachen feststehen, konnte der erst im Senatstermin angebrachte Vortrag der Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt einer Verzögerung der Beschwerdeentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben.

3. Der Nachprüfungsantrag hat freilich insoweit keinen Erfolg, als die Antragstellerin gerügt hat, das Nebenangebot der Beigeladenen sei entgegen Ziffern II.1.10 der Vergabebekanntmachung, nach welchen Nebenangebote/Alternativvorschläge nicht berücksichtigt werden sollten, gewertet worden. Ausweislich des Vergabevermerks des Antragsgegners vom 21. November 2005 ist das Nebenangebot der Beigeladenen nicht gewertet worden; der Zuschlag sollte auf das gegenüber dem Angebot der Antragstellerin immer noch preisgünstigere Hauptangebot der Beigeladenen erteilt werden.

4. Der Nachprüfungsantrag ist ferner unbegründet, soweit die Antragstellerin gerügt hat, es sei eine formale Angebotswertung unterblieben und es habe eine Vermischung der in den einzelnen Wertungsstufen nach § 25 VOB/A erforderlichen Prüfungsschritte stattgefunden. Das Vergabeverfahren verletzte die Antragstellerin nicht in Bieterrechten, weil weder die formale Angebotsprüfung unterblieben, noch eine Vermischung der gebotenen Wertungsschritte erfolgt ist. Die formale Angebotsprüfung hat ausweislich des Vergabevermerks vom 21. November 2005 und seiner Anlagen hinsichtlich aller Angebote stattgefunden. Der Umstand, dass die preislich nachrangigen Angebote der Bieter Nr. 3 bis 8 nicht schon unmittelbar nach der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen worden sind verletzt die Antragstellerin nicht in Bieterrechten.

5. Es kann offen bleiben, ob der Nachprüfungsantrag begründet ist, soweit die Antragstellerin gerügt hat, der Antragsgegner habe durch ein inhaltlich unzureichendes Bieterinformationsschreiben gegen § 13 Satz 1 VgV verstoßen. Die Rechtsfrage, ob ein Nachprüfungsantrag auch dann in der Sache Erfolg hat, wenn ein Bieter einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel geltend macht, die Vergabestelle zu verpflichten, ihm eine ausreichende Begründung zu erteilen, damit er in die Lage versetzt wird, mit einem Nachprüfungsantrag eine Rechtsverletzung in Folge der Nichtbeachtung anderer Vergabevorschriften geltend zu machen (vgl. OLG Koblenz, NZBau 2002, 526), bedarf im Streitfall keiner Beantwortung. Die Antragstellerin hat über die vermeintlich unzureichende Information des Bieterschreibens hinaus ein vergaberechtliches Fehlverhalten des Antragsgegners in der Sache selbst geltend gemacht (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 14.2.2003, Wverg 11/01 WuW/E- Verg 914, 916). Dies verhilft ihrem Nachprüfungsantrag zum Erfolg. Daher kann es dahinstehen, ob sie in Bieterrechten außerdem durch eine unzureichende Bieterinformation verletzt worden ist.

6. Auf den Hauptantrag der Antragstellerin ist die Entscheidung der Vergabekammer aufzuheben, soweit darin der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen worden ist. Der Antragsgegner ist für den Fall einer Fortsetzung des Vergabeverfahrens anzuweisen, das Angebot der Antragstellerin nicht und das Angebot der Beigeladenen wegen Unvollständigkeit der mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen von der Wertung auszuschließen. Über den auf Aufhebung des Vergabeverfahrens gerichteten Hilfsantrag muss nicht entschieden werden.

7. Der Antrag des Antragsgegners auf die Gestattung der Zusachlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen vom 6. März 2006 (§ 121 GWB) ist infolge der Beschwerdeentscheidung des Senats erledigt. Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2006 hat der Antragsgegner im Übrigen keinen Antrag nach § 121 GWB gestellt.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 128 Abs. 3 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 1 GWB sowie aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1, 2. Hs. ZPO analog.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG (5 % der Bruttoauftragssumme).

Ende der Entscheidung

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