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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 31/09
Rechtsgebiete: GWB, BGB, VgV, VOF


Vorschriften:

GWB § 97
GWB § 101 a
GWB § 101 a Abs. 1
GWB § 101 a Abs. 1 S. 1
GWB § 101 a Abs. 2
GWB § 101 b Abs. 1
GWB § 115 Abs. 1
GWB § 115 Abs. 2 S. 1
GWB § 115 Abs. 2 S. 2
BGB § 138
VgV § 13
VgV § 13 S. 1
VgV § 13 S. 6
VOF § 5 Abs. 1
VOF § 5 Abs. 1 S. 1
VOF § 5 Abs. 2 lit. d
VOF § 10 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf den Antrag der Antragstellerin zu 2) wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK -21/2009 - L/Z -) aufgehoben und das Verbot des Zuschlags wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht einschließlich der dort entstandenen notwenigen Auslagen der Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Errichtung eines Erweiterungs-Neubaus für ein städtisches Gymnasium. Die Kosten für die notwendigen Planungsleistungen wurden vorab auf 458.795,22 € geschätzt. Zur Finanzierung des Bauvorhabens soll auf Mittel des "Konjunkturpaketes II" des Bundes zurückgegriffen werden, die der Antragsgegnerin bewilligt wurden. Mit Vergabebekanntmachung vom 5. März 2009 lobte die Antragsgegnerin einen Wettbewerb nach VOF bezüglich der Planungsleistungen für das geplante Bauvorhaben aus. Unter den wertbaren Teilnahmeanträgen sollten durch ein Losverfahren 8 Wettbewerbsteilnehmer ermittelt werden. Im Hinblick auf "Folgeaufträge" wurde bekannt gemacht, dass "jeder Dienstleistungsauftrag im Anschluss an den Wettbewerb an den bzw. an einen der Gewinner des Wettbewerbs vergeben wird". In der Auslosung wurden u.a. die Antragstellerinnen und die Beigeladene als Wettbewerbsteilnehmer bestimmt. In der zum Wettbewerb erstellten Unterlage wurde den Bietern ein Planausschnitt zur Verfügung gestellt, auf dem innerhalb des größeren Schulgrundstücks eine Fläche rot markiert war. Hierzu hieß es:

"Die zu bebauende Fläche ist in folgendem Lageplan rot gekennzeichnet".

Nach Abgabe der Wettbewerbsarbeiten erkannte das Preisgericht dem Entwurf der Beigeladenen, in dem der Baukörper nicht in dem in der Wettbewerbsunterlage rot gekennzeichneten Feld untergebracht ist, den ersten Preis zu. Die Antragstellerinnen zu 1) und 2) erhielten gleichermaßen dritte Preise, der Antragstellerin zu 3) wurde eine Anerkennung ausgesprochen. Das Protokoll der Preisgerichtssitzung wurde den Wettbewerbsteilnehmern mit Schreiben vom 4. Juni 2009 übersandt. In dem Begleitschreiben hieß es:

"Der vorgenannte Preiswettbewerb konnte mit einem ...erfreulichen Ergebnis abgeschlossen werden, mit der Realisierung der Maßnahme kann nun begonnen werden."

Nachdem die Antragstellerinnen zu 1) und 2) die Entscheidung des Preisgerichts gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hatten und die Antragstellerin zu 1) unter dem 5. Juli 2009 einen Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf anhängig gemacht hatte, informierte die Antragsgegnerin die Wettbewerbsteilnehmer mit Schreiben vom 13. Juli 2009, dass sie auf die Vergabe verzichte, da der Entwurf des ersten Preisträgers die bindenden Vorgaben des Wettbewerbs zum Baufeld missachte und die Entwürfe der dritten Preisträger Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entsprächen. Der Entwurf des ersten Preisträgers sei zwar der mit Abstand beste, dürfe aber nicht berücksichtigt werden. Da ein zuschlagsreifes Wettbewerbsergebnis somit nicht zustande gekommen sei, beabsichtige sie, den Auftrag wegen Dringlichkeit in einem neu einzuleitenden Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zu vergeben. Ebenfalls am 13. Juli 2009 gab sie EU-weit bekannt, dass das Verfahren eingestellt worden sei.

Mit Antrag vom 15.07.2009 rief die Antragstellerin zu 2) die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf mit der Begründung an, die Entscheidung des Preisgerichts sei vergaberechtswidrig. Die Zuerkennung des ersten Preises an die Beigeladene verstoße gegen die verbindlichen Vorgaben der Auslobung, da der preisgekrönte Entwurf das vorgegebene und gekennzeichnete Baufeld erheblich überschreite. Die Entscheidung des Preisgerichts sei daher aufzuheben, eine Beauftragung des ersten Preisträgers zu untersagen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Verhandlungsverfahren mit allen anderen Preisträgern fortzusetzen. Am 27. Juli 2009 schlossen die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen Generalplanervertrag. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2009 erweiterte die Antragstellerin zu 2) ihren Nachprüfungsantrag dahingehend, dass sie die Aufhebung des Vergabeverfahrens und den Zuschlag an die Beigeladene beanstandete.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 14.08.2009 den Antrag gestellt, ihr gemäß § 115 Abs. 2 S. 1 GWB den Zuschlag vorzeitig zu gestatten, und zur Begründung auf die besondere Eilbedürftigkeit der Baumaßnahme abgestellt, die ohne die Fördermittel des Bundes nicht durchzuführen sei. Das Vorhaben könne nur über eine Zuwendung aus dem Zukunftsinvestitionsgesetz verwirklicht werden. Die Inanspruchnahme habe jedoch zur Bedingung, dass das Bauvorhaben bis zum 31.12.2011 vollständig abgerechnet sei. Somit müsse die Fertigstellung spätestens zum Oktober 2011 erfolgen, da erst danach die Abrechnung erfolgen könne und diese bei komplexen Vorhaben erfahrungsgemäß mehrere Wochen dauere. Diese zwingenden zeitlichen Vorgaben ließen sich bei einem Verfahren mit Vergabebekanntmachung nicht einhalten. Ohne schleunige Direktvergabe könne das Projekt gar nicht realisiert werden. Bei einer Verzögerung bis in das Jahr 2012 entfiele die Förderung und eine anderweitige Finanzierung sei nicht möglich.

Die Vergabekammer hat dem Antrag stattgegeben. Sie hat darauf abgestellt, dass der Zuschlag durch den Vertragsschluss am 27. Juli 2009 bereits erteilt worden sei und der Entscheidung insoweit nur klarstellende Bedeutung zukomme. Keine der Antragstellerinnen habe die ihnen mit Schreiben vom 13. Juli 2009 angekündigte Direktvergabe an die Beigeladene gerügt. Der Suspensiveffekt der zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) habe sich auch nicht automatisch auf das von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. Juli 2009 angekündigte und sodann durchgeführte zweite Vergabeverfahren erstreckt. Eine ausdrückliche Erweiterung ihrer Nachprüfungsanträge auf diese Vergabe hätten die Antragstellerinnen zu 1) und 2) erst nach Vertragsschluss vorgenommen. Der gegen die Direktvergabe an die Beigeladene gerichtete Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 3) sei ebenfalls erst nach Vertragsschluss anhängig geworden. Ein Wirksamkeitshindernis ergebe sich auch nicht aus § 138 BGB wegen kollusiven Zusammenwirkens der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Die Antragsgegnerin habe sich zu Recht auf eine besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe berufen dürfen. Insbesondere habe sie die aus dem fehlgeschlagenen Wettbewerb folgende Zeitverzögerung nicht selbst verschuldet. Durch die Direktvergabe seien die Antragstellerinnen somit nicht in ihren Rechten verletzt worden. Zudem sei die Antragsgegnerin berechtigt gewesen, den Realisierungswettbewerb aufzuheben, da sie mit keinem der Preisträger vergaberechtskonform über den Auftrag hätte verhandeln können.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin zu 2) mit dem Antrag gemäß § 115 Abs. 2 S. 2 GWB, das Verbot des Zuschlages wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin begehrt die Zurückweisung des Antrags.

II.

Der gemäß § 115 Abs. 2 S. 2 GWB zulässige Antrag hat Erfolg. Er führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Vergabekammer und zur Wiederherstellung des Zuschlagsverbots aus § 115 Abs. 1 GWB.

1. In die Abwägung zwischen den beteiligten wirtschaftlichen Interessen des Auftraggebers und der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und dem Interesse der Antragstellerin zu 2) an einer ungehinderten Durchführung des Primärrechtsschutzverfahrens sind mit einem erheblichen Gewicht auch die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags einzubeziehen (vgl. Jaeger, in Byok/Jaeger, GWB, 2. Aufl. § 118, Rdn. 1175). Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 2) bietet nach derzeitigem Sach- und Streitstand hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Direktvergabe an die Beigeladene.

a) Abweichend von der Rechtsauffassung der Vergabekammer ist der Zuschlag nicht bereits durch den Abschluss eines Generalplanervertrages zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wirksam erteilt worden.

Dabei kann dahinstehen, ob die Suspensivwirkung der Nachprüfungsanträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) sich auch ohne ausdrückliche Erweiterung auf das mit Schreiben vom 13. Juli 2009 angekündigte Vorhaben der Antragsgegnerin, das Verfahren aufheben und den Auftrag für die Planungsleistungen in einem neuen Verfahren ohne Bekanntgabe erteilen zu wollen, erstreckt. Im Rahmen der bei der Entscheidung über den Antrag auf Wiederherstellung des Zuschlagsverbots gebotenen summarischen Prüfung kann es auch auf sich beruhen, ob es infolge dieser Willenserklärung der Antragsgegnerin tatsächlich zu einem von dem ursprünglichen Verfahren getrennt zu bewertenden weiteren Vergabeverfahren gekommen ist, auf das die Vorschriften des § 101 a GWB Anwendung finden.

Da weder die in § 13 VgV noch die in § 101 a GWB enthaltenen Anforderungen an die Informations- und Wartepflicht im Streitfall erfüllt sind, ist der am 27. Juli 2009 geschlossene Vertrag in jedem Fall nichtig.

Für die Anwendbarkeit des § 13 VgV bzw. des § 101 a GWB ist es unerheblich, dass die Antragsgegnerin die Beigeladene ohne Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens im Sinne der §§ 97 GWB beauftragen wollte. Bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung werden auch De facto-Vergaben von § 13 VgV und von § 101 a GWB erfasst (vgl. BGH, VergabeR 2005, 328; OLG Naumburg, VergabeR 2007, 512 jeweils zur Frage der Anwendbarkeit des § 13 VgV). Beide Vorschriften dienen dem Zweck, den unterlegenen Bietern eines Vergabeverfahrens die Möglichkeit zu eröffnen, die Entscheidung des Auftraggebers anfechten zu können. Entgegen ihrer aus § 13 S. 1 VgV bzw. § 101 a Abs. 1 S. 1 GWB folgenden Verpflichtung hat die Antragsgegnerin die Wettbewerbsteilnehmer, darunter die Antragstellerin zu 2), nicht über den Namen des Bieters informiert, dessen Angebot berücksichtigt werden soll. Zwar hat sie in dem Schreiben vom 13. Juli 2009 mitgeteilt, dass sie von der Fortsetzung des Vergabeverfahrens absehen und den Zuschlag in einem neuen Verfahren ohne Vergabebekanntmachung erteilen werde. Sie hat sich aber nicht unmissverständlich darauf festgelegt, den Zuschlag im Wege einer De facto-Vergabe, d.h. in einem nicht förmlichen Verfahren unmittelbar und ohne weitere Verhandlungen der Beigeladenen zu erteilen. Aus dem Hinweis, die Beigeladene habe das beste Angebot abgegeben, ergibt sich eine derartige Absicht jedenfalls nicht in hinreichend eindeutiger Form. Insbesondere musste ein verständiger Bieter aus der Information, das neue Verfahren werde ohne Bekanntgabe stattfinden, keineswegs schließen, dass die Antragsgegnerin auch auf die Durchführung eines gemäß § 5 Abs. 1 VOF gebotenen Verhandlungsverfahrens verzichten wollte. Deshalb war auf die Mitteilung vom 13. Juli 2009 namentlich für die Antragstellerin zu 2) auch nichts zu rügen. In dem Schreiben vom 13. Juli 2009 fehlt zudem die in § 101 a Abs. 1 S. 1 GWB vorgesehene Information über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Die Nichtigkeit des Vertrages ergibt sich ferner daraus, dass die in § 13 VgV bzw. § 101 a Abs. 1 und 2 GWB vorgesehenen Wartefristen nicht eingehalten worden sind.

Gemäß § 13 S. 3 VgV beginnt die 14-tägige Wartefrist am Tag nach der Absendung der Bieterinformation und damit im Streitfall am 14. Juli 2009. Der Vertragsschluss am 27. Juli 2009 lag damit vor Ablauf der Frist, was gemäß § 13 S. 6 VgV zur Nichtigkeit des Vertrages führt. Auch bei Anwendung des § 101 a GWB ergibt sich kein anderes Ergebnis: Die in S.3 der Vorschrift bestimmte Wartefrist von 15 Tagen nach Absendung der Information wurde nicht eingehalten. Dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Fristverkürzung auf 10 Tage vorliegen, ist nicht ersichtlich und wird von der Antragsgegnerin auch nicht dargetan. Dieser Verstoß führt gemäß § 101 b Abs. 1 GWB zur Unwirksamkeit des Vertrages.

Die Informationspflicht ist auch nicht gemäß § 101 a Abs. 2 GWB entfallen. Danach ist der Auftraggeber im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens, das gemäß § 5 Abs. 2 lit. d) VOF wegen besonderer Dringlichkeit ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt werden kann, zwar nicht verpflichtet, eine Bieterinformation gemäß den Vorgaben des § 5 Abs. 1 zu erteilen. Bei der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Direktvergabe an die Beigeladene handelt es sich aber nicht um ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung, sondern um eine De-facto Vergabe, bei der sämtliche vergaberechtlichen Anforderungen und Förmlichkeiten unbeachtet geblieben sind. Die in § 5 Abs. 2 lit. d) VOF vorgesehene Möglichkeit, auf die Bekanntgabe zu verzichten, ermöglicht dem Auftraggeber nicht, in diesen Fällen auch von der Durchführung eines förmlichen Verhandlungsverfahrens abzusehen und eine De facto-Vergabe einzuleiten. Ebenso wenig gestattet § 101 a Abs. 2 GWB dem Auftraggeber, im Rahmen einer De facto-Vergabe auf die Bieterinformation zu verzichten.

b) Aus den voran stehenden Erwägungen folgt bereits, dass dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 2), soweit sich ihr Begehren in der Sache gegen die Direktvergabe an die Beigeladene richtet, hinreichende Erfolgsaussicht zukommt. Unabhängig von der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren aufgehoben hat und diese Aufhebung zu Recht erfolgte, ist eine Direktvergabe an die Beigeladene unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Durchführung eines weiteren Vergabeverfahrens aus den von der Antragsgegnerin genannten Gründen auf eine Bekanntmachung verzichtet werden kann. Selbst wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 lit. d) VOF vorlägen, entfiele damit nur die Pflicht, die Vergabeabsicht bekannt zu geben. Nach dem in § 5 Abs. 1 S. 1 VOF enthaltenen Grundsatz, wonach freiberufliche Leistungen im Verhandlungsverfahren zu vergeben sind, müsste die Antragsgegnerin ein solches Verfahren aber durchführen. Eine Direktvergabe an die Beigeladene erfüllt die an ein Verhandlungsverfahren gestellten Anforderungen nicht. So müssen nach § 10 Abs. 2 VOF mindestens drei Bewerber zur Verhandlung aufgefordert werden. Durch diese Regelung soll der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Vergabewettbewerbs Rechnung getragen werden. Mangelt es an einer hinreichenden Anzahl geeigneter Bewerber, weil sich nur zwei oder sogar nur ein Bewerber um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren beworben haben oder in der Lage waren, ihre Eignung nachzuweisen, kann sogar die Verhandlung mit weniger als drei Bewerbern ein ordnungsgemäßes Verfahren darstellen (so auch Kulartz/Röwekamp in Müller-Wrede, VOF, § 10 Rdn. 14). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist jedoch nicht ersichtlich.

2. Angesichts der überwiegenden Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin zu 2), soweit dieser sich gegen die Direktvergabe an die Beigeladene richtet, kommt eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags, der zu einem Verlust des - aussichtsreichen - Primärrechtschutzes führen würde, nur ausnahmsweise in Betracht, wenn ein dringendes Interesse an der Auftragsvergabe besteht, welches deutlich das Interesse an einer ordnungsgemäßen Durchführung des Nachprüfungsverfahrens übersteigt (vgl. Jaeger aaO; § 118 GWB Rn. 806; Boesen § 115 GWB Rn. 37). Einen solchen Ausnahmefall hat die Antragsgegnerin nicht dargetan. Insbesondere ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass bereits das Erfordernis, in ein geordnetes Verhandlungsverfahren einzutreten, zu einer so nachhaltigen zeitlichen Verzögerung führen würde, dass die durch das Konjunkturpaket II vorgegebenen zeitlichen Förderungsgrenzen nicht eigehalten werden können. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass in dem durch § 5 des Zukunftsinvestitionsgesetzes bestimmten Förderzeitraum bis Ende des Jahres 2011 der Mittelabruf gemäß § 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes in NRW sukzessive erfolgen kann, sobald die Fördermittel zur Begleichung erforderlicher Zahlungen benötigt werden. Selbst wenn eine Gesamtabrechnung bis Ende 2011 nicht vorliegt, hätte das keineswegs den Verlust sämtlicher Fördermittel zur Folge. Ein Eilfall, der eine Entscheidung im summarischen Verfahren des § 115 Abs. 2 S. 1 GWB mit seiner faktischen Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung rechtfertigen würde, liegt damit nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO analog.

Beschwerdewert: bis 25.000 Euro

Ende der Entscheidung

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