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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.10.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 41/08
Rechtsgebiete: VOB/A, BGB, GWB, VgV


Vorschriften:

VOB/A § 8a Nr. 10
VOB/A § 8a Nr. 10 Satz 2
VOB/A § 9 Nr. 3 Abs. 4
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5
VOB/A § 24
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 b)
VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
BGB § 241 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 641 a Abs. 2 Satz 2
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
VgV § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 26. Mai 2008, VK 2-49/08, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beigeladenen und der Antragsgegnerin je zur Hälfte auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 470.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin schrieb Rohbaumaßnahmen der Staatsbibliothek in B..., Standort B... (Vergabe-Nr. 34/08) im Dezember 2007 europaweit im offenen Verfahren aus.

Mit dem Angebot war unter Position 4.1.20 des Leistungsverzeichnisses (LV) ein Preis für die Überwachung des Einbaus von Beton gemäß DIN 1045-3, Überwachungsklasse 2 C 30/37 und 3 C 50/60, durch eine Prüfstelle (nachfolgend: Eigenüberwachungsstelle) und eine anerkannte Überwachungsstelle (nachfolgend: Fremdüberwachungsstelle) anzugeben. Die DIN-1045-3 sieht für den Einbau von Betonen der Klassen zwei und drei eine regelmäßige Überwachung durch eine Prüfstelle und eine staatlich anerkannte Überwachungsstelle vor.

Das als Bestandteil der Verdingungsunterlagen beigefügte Formblatt EFB U EG 317 enthielt unter der Überschrift "Ergänzung zur Aufforderung der Angebotsabgabe" die Aufforderung an die Bieter, mit dem Angebot die Unternehmen zu benennen, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfall bedienen wird und mit dem Angebot die Nachweise vorzulegen, dass ihm die erforderlichen Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen. In der Angebotsaufforderung war das Formblatt als eine der mit dem Angebot einzureichenden Unterlagen gekennzeichnet.

Die Antragstellerin und die Beigeladene sowie weitere acht Bieter gaben Angebote ab. Nach der Submission am 29. Januar 2008 lag die Antragstellerin auf dem ersten Rang. Die Antragstellerin reichte ein Angebot ein, sollte aber den Zuschlag nicht erhalten.

Die Antragstellerin gab im Leistungsverzeichnis unter der Position 4.1.20 einen Preis an. In dem Formular EFB U EG 317 "Verzeichnis der Unternehmerleistungen", das sie dem Angebot beigefügt hatte, führte die Antragstellerin die von dritten Unternehmern auszuführenden Leistungen auf, benannte die Unternehmer namentlich, derer sie sich ausweislich des Formblatts bei der Erbringung von einzelnen Leistungen bedienen wollte und legte mit dem Angebot deren Verpflichtungserklärungen gemäß dem Formblatt EFB V EG 320 vor. Für die Leistungen nach der Ordnungsziffer 4.1.20 benannte sie keine Unternehmen als Nachunternehmer. Die Antragstellerin legte insoweit auch keine Verfügbarkeitsnachweise vor. Mit Ausnahme der an zweiter Stelle platzierten Beigeladenen und eines weiteren Bieters nahm keiner der übrigen Bieter für die Position 4.1.20 eine Eintragung im Verzeichnis der Unternehmerleistungen vor.

Im Februar 2008 bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin schriftlich um Erklärung, wie sie gemäß der Ordnungsziffer 4.1.20 die Einhaltung der DIN 1045-3 bezüglich der Anforderungen an die notwendigen Überwachungsleistungen für den Einbau von Beton der Überwachungsklasse zwei sicherstellen wolle. Die Antragstellerin antwortete darauf, sie arbeite mit einem zertifizierten Prüflabor (Prüfstelle) zusammen, durch das unter anderem die Anmeldung der Baustelle zur Fremdüberwachung bei einer anerkannten Überwachungsstelle erfolge. Als Anlage fügte die Antragstellerin "exemplarisch" die detaillierten Angaben zur Sicherstellung der Überwachung für den Einbau von Beton der Überwachungsklasse zwei durch die ständige Betonprüfstelle Ingenieurbüro R... bei. Als Fremdüberwachungsstelle war in der Anlage die G..., ...e.V., B..., genannt, die über die erforderliche staatliche Anerkennung für die Fremdüberwachung verfügte.

Mit Schreiben vom 18. März 2008 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, ihr Angebot werde ausgeschlossen, weil geforderte Erklärungen fehlten. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag einer "B... Ingenieurbau GmbH" zu erteilen.

Dies rügte die Antragstellerin mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25. März 2008 erfolglos als vergaberechtswidrig. Mit dem Nachprüfungsantrag machte sie geltend, der Ausschluss ihres Angebots verletze sie in Bieterrechten. Die Angabe der Prüf- und Überwachungsstellen als Nachunternehmer sei in den Verdingungsunterlagen unter der Position 4.1.20 nicht gefordert gewesen. Zudem sei die Überwachungsstelle kein Nachunternehmer, denn sie sei nicht weisungsgebunden. Ihre Tätigkeit sei eine reine Hilfstätigkeit im Rahmen der Abnahme des Werkes.

Der B... Ingenieurbau GmbH könne der Zuschlag nicht erteilt werden, da diese kein fristgerechtes Angebot abgegeben habe. Das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen. Es liege offenbar ein Bieterwechsel vor, denn das Angebot sei ursprünglich von der B... Ingenieurbau GmbH in Bietergemeinschaft mit der M... Bau GmbH unterbreitet worden.

Die Vergabekammer hat angeordnet, die Wertung der Angebote zu wiederholen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Das Angebot der Antragstellerin sei nicht auszuschließen, weil sie es unterlassen habe, die von ihr für die Fremdüberwachung nach DIN 1045-3 vorgesehene Überwachungsstelle im Formblatt als Nachunternehmen zu benennen und einen Verfügbarkeitsnachweis beizufügen. Zwar habe die Antragsgegnerin wirksam (eindeutig und klar) ein Unternehmerverzeichnis und die Verpflichtungserklärungen als mit dem Angebot vorzulegen gefordert. Die Überwachungsstelle sei auch Nachunternehmerin. Das Fehlen geforderter Angaben rechtfertige aber keinen Ausschluss vom Vergabeverfahren, weil die Antragsgegnerin in den Verdingungsunterlagen nicht hinreichend deutlich gemacht habe, dass sie in Abweichung von ihrer bis 2007 geübten Vergabepraxis von den Bietern die Eintragung der anerkannten Überwachungsstelle als Nachunternehmer in das Formblatt und die Verpflichtungserklärung erwarte. Dadurch habe sie einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beigeladenen, mit der diese die Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer und die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags begehrt.

Sie trägt vor: Das Angebot der Antragstellerin sei wegen unvollständiger und widersprüchlicher Angaben zum Nachunternehmereinsatz bei der Fremdüberwachung der Betonierarbeiten von der Wertung auszunehmen. Sie vertritt die Auffassung, die Entscheidung der Vergabekammer stehe im Widerspruch zu einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. Dezember 2004 (6 Verg 4/04). Die Änderung einer (zuvor) rechtswidrigen Vergaberechtspraxis sei zwingend erforderlich, denn die Antragsgegnerin habe gemäß § 9 Nr. 3 Abs. 4 VOB/A die VOB/C zu beachten. Zumindest sei die Antragstellerin wegen mangelnder personeller und fachlicher Leistungsfähigkeit auszuschließen, da sie kein ausreichendes und geeignetes Personal für die Ausführung der Bewehrungsarbeiten vorhalte.

Diesem Vorbringen schließt sich die Antragsgegnerin an und trägt ergänzend vor:

Einen Vertrauenstatbestand habe sie nicht geschaffen. Die erstmalige gesonderte Berechnungsmöglichkeit der Kosten habe für die Bieter Anlass sein müssen zu prüfen, ob die Benennung der Prüf- und Überwachungsstelle als Nachunternehmer erforderlich war. Es habe keines gesonderten Hinweises auf die Erforderlichkeit der Benennung der Überwachungsstelle bei Position 4.1.20 bedurft. Eine Überprüfung jeder Position des Leistungsverzeichnisses auf die Notwendigkeit eines Nachunternehmereinsatzes sei dem Auftraggeber nicht zumutbar. Bei der Auslegung komme es auf den Empfängerhorizont eines Bieters an, der sich professionell mit der Erbringung von Hochbauleistungen beschäftige. Dieser könne ohne weiteres erkennen, welche Leistungen und welche Darlegungsanforderungen sich hinter der Position 4.1.20 verbergen.

Die Beigeladene beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 26.5.2008 aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen,

Sie vertritt die Auffassung, eine anerkannte Überwachungsstelle (Fremdüberwachung) sei kein Nachunternehmer, sondern analog § 641 a Abs. 2 Satz 2 BGB als Sachverständiger anzusehen. Die Überwachungsstelle stelle dem Auftragnehmer nicht ihre Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Leistungspflichten zur Verfügung. Vielmehr prüfe sie die vom Auftragnehmer allein oder durch Nachunternehmer erbrachten Leistungen.

Im Wege von (Hilfs-)Anschlussbeschwerden angekündigte Anträge sind von der Antragstellerin und der Antragsgegnerin im Senatstermin fallen gelassen worden. Die Antragsgegnerin schloss sich dem Beschwerdebegehren der Beigeladenen an.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und auf die mit diesen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.

Die Antragstellerin hat die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB nicht verletzt. Die Antragstellerin hat die von ihr beanstandete Zuschlagsentscheidung vom 18. März 2008 unverzüglich im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt. Erst mit der am 18. März 2008 abgesandten und der Antragstellerin einen Tag später zugegangenen Bieterinformation erfuhr die Antragstellerin, dass der Zuschlag auf das Angebot eines anderen Bieters erteilt werden solle. Die am 25. März 2008 erhobene Rüge ist rechtzeitig erfolgt, da die Osterfeiertage eine frühere Befassung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht zuließen.

Die Beigeladene kann auch nicht einwenden, die Antragstellerin habe mit der Leistungsabfrage Kenntnis über die von der Antragsgegnerin hinsichtlich der Position 4.1.20 des Leistungsverzeichnisses erwarteten Informationen erlangt. Aus der Position 4.1.20 als solcher, die ihrem Wortlaut nach eindeutig und klar (nur) eine Preisangabe forderte, ergab sich für den verständigen Bieter nicht, dass die Überwachungsstelle als Nachunternehmer zu benennen war.

Schließlich kann die Beigeladene nicht mit Erfolg einwenden, eine Rüge hätte nach Zugang der eine Aufklärung betreffenden Aufforderung der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2008 erfolgen müssen. Zwar mag die Antragstellerin mit Zugang des Schreibens vom 27. Februar erstmals in tatsächlicher Hinsicht erkannt haben, dass die Antragsgegnerin Wert auf die Einhaltung der DIN 1045-3 bezüglich der Anforderungen an die notwendigen Überwachungsleistungen für den Einbau von Beton der Überwachungsklasse legte. Die Rechtskenntnis, dass in der unterlassenen und später nachgereichten Angabe der Überwachungs- und Prüfstellen im Vordruck EFB U EG 317 ein Ausschlussgrund liegen könnte, erlangte die Antragstellerin erst aufgrund der Bieterinformation.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist begründet.

a) Allerdings ist - entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin - das Angebot der Beigeladenen, einer Bietergemeinschaft, nicht wegen eines nach Angebotsabgabe erfolgten, vergaberechtlich unzulässigen Bieterwechsels von der Wertung auszuschließen. Der Zuschlag sollte auf das Angebot der Bietergemeinschaft, bestehend aus der B... Ingenieurbau GmbH und M... Bau GmbH, erteilt werden. In der Bieterinformation ist die Bezeichnung der Mitgesellschafterin, der B... Ingenieurbau GmbH, als erfolgreichster Bieter nur irrtümlich fehlerhaft erfolgt.

b) Das Angebot der Antragstellerin ist nicht wegen unvollständiger Preisangaben von der Wertung auszuschließen. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so - wie gefordert - vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.2004, X ZB 7/04, Umdruck S.10, VergabeR 2004, 473). Von einer unvollständigen Preisangabe kann mithin nur ausgegangen werden, wenn bezüglich sämtlicher oder zumindest einer einzigen Ordnungsziffer(n) des Leistungsverzeichnisses dargelegt wird, dass zwar - wie vom Auftraggeber gefordert - ein Preis angegeben wurde, der aber dem tatsächlich vom Bieter für die Leistung beanspruchten Preis nicht entspricht, und damit die Preisangabe unvollständig ist. Die von der Antragsgegnerin behaupteten Diskrepanzen bei der Berechnung einzelner Kostenarten (Anzahl der kalkulierten Lohnstunden und Lohnkosten, Baustellengemeinkosten) zwischen den keinen konstitutiven Bestandteil des Angebots bildenden (nachgereichten) Preisblättern EFB 1b und EFB 2 lassen keinen Rückschluss darauf zu, die Antragstellerin habe im Leistungsverzeichnis unvollständige Preise angegeben. Die Unterschiede zwischen den Angaben bei Stundenansätzen und Lohnkosten sind kein Beleg und noch nicht einmal ein Indiz dafür, dass auch nur ein einziger oder aber alle beanspruchten Einzelpreise des Leistungsverzeichnisses unvollständig sind. Die Diskrepanzen zwischen den beiden Preisblättern erlauben keinen Rückschluss auf eine Unvollständigkeit der im Leistungsverzeichnis gemachten Preisangaben. Entscheidungserheblich ist lediglich, ob die mit dem Angebot geforderten Preisangaben unvollständig sind. Nicht entscheidend ist, ob die im Preisblatt EFB 1 b enthaltenen Angaben im Vergleich zu den Angaben im Preisblatt EGB 2 unrichtig oder unvollständig sind, denn eine solche Abweichung erlaubt nicht ohne Weiteres einen Rückschluss auf die Vollständigkeit der Preisangaben im Angebot. Darauf hat der Senat die Antragsgegnerin schon in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Antragsgegnerin hat eine Unvollständigkeit der mit dem Angebot gemachten Preisangaben auch nicht im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Juli 2008 dargelegt, sondern lediglich die Widersprüche zwischen den Preisblättern erläutert.

Auch die im Leistungsverzeichnis geforderten Preisangaben unter den Positionen 06.01.10, 07.05.10 und 08.05.10 sind nicht unvollständig, zumindest lässt sich dies nicht feststellen. Die Antragstellerin hat im Wege der Aufklärung nach § 24 VOB/A dargelegt, wie sie den im Leistungsverzeichnis geforderten Einheitspreis pro kg (bestehend aus Material- und Lohnkosten) für die Lieferung und Verlegung des Betonstahls unter den Kostenpositionen 06.01.10, 07.05.10 und 08.05.10 des Leistungsverzeichnisses kalkuliert hat. Sollte die Antragstellerin den im Leistungsverzeichnis angegebenen Preis mit zu niedrigen Lohnkosten für die Verlegung kalkuliert haben, kann sie im Wege eines Nachtrages bei gleich bleibender Menge nicht zu einem späteren Zeitpunkt ein höheres Entgelt beanspruchen. Der Umstand, dass die Lohnkosten niedrig kalkuliert sind, lässt zunächst nur den Schluss zu, dass die Antragstellerin für die Verlegung nicht mehr beanspruchen will. Das geht zu Lasten ihres Gewinns.

c) Die Antragstellerin war auch nicht mangels Eignung von der Auftragsvergabe zwingend auszuschließen. Zwar steht der Antragsgegnerin ein Beurteilungsspielraum bei der Frage zu, ob im Zeitpunkt der Auftragsdurchführung ein Bieter über ausreichende personelle Kapazitäten verfügen wird, um den Auftrag rechtzeitig und ordnungsgemäß auszuführen. Die im Beschwerdeverfahren nachgeschobene Eignungsbeurteilung der Antragsgegnerin ist aber fehlerhaft, denn sie beruht auf einem unvollständigen Sachverhalt. Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, die Eignung der antragstellenden Bietergemeinschaft sei zu verneinen, weil der Antragstellerin zu 1 (Gesellschafterin A... AG) ein Großauftrag erteilt worden sei. Dies sagt indes nichts darüber aus, ob die Mitarbeiter der Gesellschafterin zu 1 der antragstellenden Bietergemeinschaft im Zeitraum der Auftragsdurchführung tatsächlich zur Verfügung stehen werden. Da eine Bietergemeinschaft sich auch auf die Leistungsfähigkeit ihrer Gesellschafter stützen kann, kann zwar dem Umstand, dass ein Gesellschafter als Mitglied einer anderen Bietergemeinschaft andere Aufträge auszuführen hat und damit seine personellen Kapazitäten gebunden sind, Bedeutung zukommen. Die Tatsache, dass die A... AG derzeit 12 Mitarbeiter auf der Baustelle des Großauftrags beschäftigt, ist indes nicht geeignet, die personellen Kapazitäten der Gesellschafterin zu 1. für den vorliegenden Auftrag in Frage zu stellen. In ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Juli 2008 hat die Antragstellerin dargelegt, nicht sie selbst habe einen (weiteren) Großauftrag erhalten, sondern eine andere Bietergemeinschaft, an der die A... AG (die Gesellschafterin zu 1) als eine von drei Gesellschafterinnen einer Bietergemeinschaft beteiligt sei und deren größte Gesellschafterin mit ca. 1500 Baufacharbeitern über eine mehr als ausreichende personelle Ausstattung zur Erbringung der Bewehrungsarbeiten verfüge.

Zur Ausführung der hier zu vergebenden Bewehrungsarbeiten verfügt die A... GmbH mit 21 Betonbauern und ca. 30 Baufacharbeitern über eine ausreichende personelle Kapazität. Die Antragstellerin hat zudem vorgetragen, die Bewehrungsarbeiten seien auch beim Einsatz der von ihr kalkulierten 30 anstatt der von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten 36 Baufacharbeitern zeitgerecht zu erledigen, wenn diese Überstunden erbringen.

Betonbauer sind auch ausreichend qualifiziert, Bewehrungsarbeiten auszuführen. Zum Ausbildungsrahmenplan des Betonbauers zählen Kenntnisse in der Bewehrungstechnik (vgl. Anlage 5 zu § 29 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 2.6.1999, in der Fassung vom 2.4.2004, FNA 806-21-1-236). Dies ist sogar Gegenstand der praktischen Gesellenprüfung wie sich aus § 32 Abs. 2 Satz 3 der einschlägigen Prüfungsordnung ergibt.

d) Das Angebot der Antragstellerin ist nicht wegen unvollständiger Erklärungen zu den Leistungen, die der Bieter durch Unternehmer erbringen lassen will, nach § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A oder wegen unvollständiger Verpflichtungserklärungen für Unternehmer gemäß § 8a Nr. 10 Satz 2, § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.

Die Antragsgegnerin hat unter Position 4.1.20 des Leistungsverzeichnisses von den Bietern verlangt, folgende Leistung zu bepreisen:

Überwachung des Einbaus von Beton DIN-1045-3:

Überwachungsklasse 2 C 30/37 und 3 C 50/60 durch anerkannte Prüfstellen

Die Antragstellerin hat zwar - entgegen der ausdrücklichen Forderung im Formblatt EFB U EG 317 - mit dem Angebot nicht angegeben, dass sie die Fremdüberwachung des Betoneinbaus nach DIN 1045-3 (nunmehr DIN 18331) unter Position 4.1.20 durch einen anderen Unternehmer (eine Fremdüberwachungsstelle) ausführen lassen will. Bei der während der Bauausführung zu erbringenden Eigen- und Fremdüberwachung nach DIN 18331 durch den Auftragnehmer handelt es sich um eine Nebenleistung im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB zur Hauptleistung Betoneinbau (vgl. Franz/Sack/Stich in Franz/Englert/Sack/Sommer/Stich/Wittmann, VOB/C Kommentar - Rohbauarbeiten, DIN 18331, S. 210; a.A. vgl. Scherer/Schuldt in Englert/Katzenbach/Motzke, Beck`scher VOB und Vergaberechts-Kommentar 2008, DIN 18331, Rdnr. 160); sie dienen der Durchführung und Sicherung der Hauptleistung. Für diese Leistungen kann erst seit Inkrafttreten der VOB/C 2006 nach Abschnitt 4.2.14 vom Auftragnehmer eine besondere Vergütung verlangt werden (vgl. Scherer/Schuldt in Englert/Katzenbach/Motzke, Beck`scher VOB und Vergaberechts-Kommentar 2008, DIN 18331, Rdnr. 160). Die DIN 1045-3, auf die die Leistungsbeschreibung Bezug nimmt, sieht ebenso wie ihre Nachfolgerin, die DIN 18331, ein zweistufiges Überwachungsverfahren für den Einbau von Betonen der Klasse zwei und drei vor. Der Unternehmer kann eine (unternehmensangehörige) Prüfstelle zur Eigenüberwachung und parallel dazu eine staatlich anerkannte Fremdüberwachungsstelle zur Fremdüberwachung einsetzen. Die Antragstellerin beabsichtigt nach ihren eigenen Angaben im Verfahren vor der Vergabekammer, sich bezüglich der Eigenüberwachung eines konzernangehörigen Unternehmens und hinsichtlich der Fremdüberwachung einer staatlich anerkannten Überwachungsstelle zu bedienen. Sie hat indes ihrem Angebot keine Verpflichtungserklärungen einer Tochtergesellschaft und/oder einer staatlich anerkannten Überwachungsstelle beigefügt noch die Prüf- und Überwachungsstellen als Nachunternehmer benannt.

Ob die Antragstellerin geforderte Erklärungen nicht abgegeben oder geforderte Eignungsnachweise mit dem Angebot nicht eingereicht hat, richtet sich danach, welcher Erklärungswert der Forderung im Formblatt EFB U EG 317 zu entnehmen ist, der wie folgt lautet:

Mit dem Angebot sind:

- die Unternehmen zu benennen, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfalle bedienen wird, und

- die Nachweise vorzulegen, dass ihm die erforderlichen Mittel dieser Unternehmen zur Verfügung stehen, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen.

Der Erklärungsinhalt von Verdingungsunterlagen ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 10.6.2008, X ZR 78/07, Tz. 10, Umdruck S. 6 zur VOB/A; vgl. Senat, Beschl. v. 6.12.2004, VII-Verg 79/04, VergabeR 2005, 212: zur Auslegung eines Angebots). Bedürfen die Vergabeunterlagen der Auslegung, ist dafür der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich. Das tatsächliche Verständnis der Bieter entfaltet demgegenüber nur indizielle Bedeutung.

Allerdings stellte sich zumindest die Fremdüberwachungsstelle nach der DIN 1045-3 objektiv-rechtlich betrachtet auch schon im Zeitraum vor 2006 im vergaberechtlichen Sinne als "ein (anderes) Unternehmen dar, deren Fähigkeiten der Bieter sich bedienen will" dar. Sie hätte - und zwar auch ohne eine entsprechende Forderung des Auftraggebers in den Verdingungsunterlagen - schon immer von den Bietern benannt und Verfügbarkeitsnachweise vom Bieter - unaufgefordert - mit dem Angebot vorgelegt werden müssen.

Ist, wie hier geschehen, vom öffentlichen Auftraggeber eine ausdrückliche Forderung nach Benennung von dritten Unternehmen und nach Vorlage der Verfügbarkeitserklärungen mit dem Angebot erhoben worden, so muss dies aber in klarer und deutlicher Form geschehen. Dies ist im Streitfall nicht mit der ausreichenden Klarheit geschehen. Die Bieter mussten den hier interessierenden Teilen der Verdingungsunterlagen nicht entnehmen, dass sie die für die Ausführung der Nebenleistungen "Fremdüberwachung nach der DIN 1045-3" einzusetzenden Unternehmen namentlich zu benennen und Verpflichtungserklärungen mit dem Angebot vorzulegen hatten.

Die vorstehend wiedergegebene Forderung der Vergabestelle unterscheidet zwischen der namentlichen Benennung der für die Ausführung des Auftrags vorgesehenen Unternehmen und der Vorlage von Verfügbarkeitsnachweisen. Die geforderte Benennung und Vorlage von Verpflichtungserklärungen mit dem Angebot betrifft danach "die Unternehmen, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfalle bedienen will, ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesen Unternehmen bestehenden Verbindungen". Diese Formulierung übernimmt den Wortlaut der §§ 8 a Nr. 10 VOB/A, 4 Abs. 4 VgV, welche den Art. 48 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG umsetzen, und steht mit der Rechtsprechung des Gerichthofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. EuGH, Urt. v. 18.3.2004 - Rs. C 314/91, Siemens, VergabeR 2004, 465, 471 f = NZBau 2004, 340 m.w.N.) im Einklang. Art. 48 Abs. 3 Satz 2 RL 2004/18/EG bestimmt, dass der Bieter einen Verfügbarkeitsnachweis "anderer Unternehmen", auf deren Kapazitäten der Bieter sich stützt, vorzulegen hat. Die Vorschrift verwendet in Abgrenzung zum bietenden Unternehmen den Begriff des "anderen Unternehmen", wobei der Begriff autonom auszulegen ist. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs unterscheidet "die (anderen) Unternehmen" nicht danach, ob sie mit dem bietenden Unternehmen gesellschaftsrechtlich verbunden sind (vgl. EuGH, Urt. v. 18.3.2004, Rs. C-314/01, VergabeR 2004, 465, Tz. 44 - Siemens; Urt. v. 2.12.1999, Rs. C- 176/98 Tz. 29 - Holst Italia; Urt. v. 14.4.1994, Rs. C- 389/92, Slg. 1994, I- 1289 - Ballast Nedam I; Urt.v.10.12.1997, Rs. C-5/97, Slg. 1997, I- 7549 - Ballast Nedam II). Sie verlangt bezüglich beider Arten von Unternehmen die Vorlage von Verfügbarkeitsnachweisen. "Die Unternehmen" im Sinne der eingangs zitierten Forderung sind damit "alle" (anderen) Unternehmen, die der Auftragnehmer arbeitsteilig in der Phase der Erfüllung des Auftrags einzusetzen beabsichtigt, gleichgültig welcher Art die Verbindung zum Bieterunternehmen ist.

Art. 25 der Richtlinie 2004/18/EG räumt dem Auftraggeber ferner das Recht ein, in den Verdingungsunterlagen den Bieter aufzufordern, ihm in seinem Angebot den Teil des Auftrags, den der Bieter im Wege von Unteraufträgen gegebenenfalls an Dritte zu vergeben gedenkt, sowie die bereits vorgeschlagenen Unterauftragnehmer zu benennen. Ob der Begriff des Dritten bzw. des Unterauftragnehmers im Sinne des Art. 25 nach (autonomen) europarechtlichem Verständnis nur rechtlich selbständige Unternehmen erfasst oder daneben auch konzernverbundene Unternehmen (vgl. EuGH, Urt. v. 2.12.1999, Rs. C -176/98, Tz. 30), kann im Streitfall dahinstehen, denn die Antragstellerin hat schon die Fremdüberwachungsstelle nicht in die mit dem Angebot einzureichenden Liste der zu benennenden Unternehmen eingetragen.

Die an die Formulierungen des europäischen Rechts anknüpfende Forderung der Vergabestelle "deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfalle bedienen will" (vgl. Art. 48 Abs. 3 Satz 1: "auf die Kapazitäten anderer Unternehmen ..... stützen will") weist die unbestimmten Rechtsbegriffe "Fähigkeiten" und "bedienen" auf, die auszulegen sind. Die Begriffe sind weit zu verstehen. Sie erfassen das Sichstützen auf die wirtschaftlichen, personellen und technischen Kapazitäten eines Unternehmens.

Die vorstehend zitierte Forderung ist unklar. Die Bieter konnten aufgrund der Ordnungsziffer 4.1.20 des Leistungsverzeichnisses nur erkennen, dass für die Leistung "Überwachung des Betoneinbaus durch eine anerkannte Prüfstelle (=Fremdüberwachungsstelle)" ein Preis gefordert und vom Bieter anzugeben war. Die Bieter vermochten aber allein aufgrund der Ordnungsziffer 4.1.20 nicht zu erkennen, dass die Überwachungsstelle ein Unternehmen ist, deren Fähigkeiten sich der Bieter im Auftragsfalle bedient. Zunächst mussten die Adressaten der Verdingungsunterlagen die zitierte Forderung des Formblatts EFB 317 EG NU als eine abstrakte, übergeordnete Regelung (Bewerbungsbedingung) ansehen, die Anlass zu der Prüfung gab, ob sich aus den Ordnungsziffern des Leistungsverzeichnisses, insbesondere aus der Ordnungsziffer 4.120 etwas in Bezug auf den Regelungsgehalt dieser Bewerbungsbedingung ergab (vgl. BGH, Urt. v. 10.6.2008, X ZR 78/07, Tz. 10, Umdruck S. 6 zur VOB/A). Durch die bloße Anlehnung der Forderung an europarechtliche Formulierungen vermochten die verständigen Bieter in Verbindung mit den Umständen des Falles nicht zu erkennen, dass es sich bei der Überwachungsstelle um ein zu benennendes Unternehmen handeln sollte. Denn es entsprach - wie außer Streit steht - der vor Inkrafttreten der VOB/C 2006 geübten Praxis der Vergabestelle, eine unterlassene Benennung der Überwachungsinstitute in der Liste der Nachunternehmer nicht zum Anlass für einen Ausschluss von Angeboten zu nehmen. Schließlich musste ein verständiger Bieter ein Prüfinstitut auch nicht als drittes Unternehmen ansehen, das einen Teil des Bauauftrags ausführen sollte, sondern als eine unabhängige staatlich anerkannte Kontrollinstanz, die Überwachungstätigkeiten im Rahmen einer baubegleitenden Abnahme übernimmt. Dieses Verständnis beruht insbesondere darauf, dass nach den einschlägigen DIN-Normen auch der öffentliche Auftraggeber selbst einer zugelassenen Überwachungsstelle einen Auftrag zur Fremdüberwachung erteilen kann und die Fremdüberwachung nicht notwendigerweise eine vom Bieter geschuldete (erst seit 2006 gesondert zu bepreisende) Nebenleistung des Betoneinbaus ist.

Die potenziellen Bieter mussten aber erkennen können, dass ein "sich der Fähigkeiten eines (anderen) Unternehmens bedienen" verwirklicht ist, wenn ein drittes Unternehmen nur zu Kontrollzwecken des Betoneinbaus der Klasse zwei tätig werden muss. Dies erforderte von ihnen eine Auslegung der Forderung des Formblattes, eine Kenntnis der einschlägigen DIN-Norm 1045-3 und der DIN-Norm 18331, die im Leistungsverzeichnis nicht erwähnt wurde, und zudem eine zutreffende Subsumtion der Überwachungstelle unter die ausgelegte Forderung. Dies konnte von einem potenziellen Bieter in Anbetracht der bisher geübten Vergaberechtspraxis, eine - trotz entsprechender Forderung, die Unternehmer zu benennen, die Teile des Auftrags ausführen - unterlassene Angabe der Überwachungsstelle nicht zum Anlass für einen Ausschluss zu nehmen, nicht erwartet werden.

Es ist aber Sache des Auftraggebers auf eine eindeutige und transparente Formulierung der Forderungen zu achten. So wäre hier schon eine Definition des Begriffs der "(anderen) Unternehmen" in dem Sinne geboten gewesen, dass sämtliche, selbständigen, aber auch konzernverbundenen Unternehmen, wie z.B. ein Schwester- oder Tochterunternehmen oder eine Muttergesellschaft, im europarechtlichen Sinne "Unternehmen" sind. Schließlich wäre klarzustellen gewesen, dass ein "Sich der Fähigkeiten bedienen" nicht nur in der Ausführung eines Teils der Hauptleistung, sondern auch in der (notwendigen) Ausführung einer Nebenleistung durch ein drittes Unternehmen liegt. Alternativ hätte der Auftraggeber auch im Wege einer negativen Abgrenzung die Tätigkeiten aufzählen können, für die er eine Benennung eines Unternehmers und Verpflichtungserklärungen nicht fordert (etwa Hilfstätigkeiten wie Speditionsleistungen oder die Lieferung von Baustoffen durch den Hersteller). Dies verlangt vom Auftraggeber nichts Unzumutbares. Auf Grund der notwendigen Klarstellungen wäre für einen Bieter erkennbar gewesen, dass auch eine Nebenleistung wie die von einer zugelassenen Überwachungsstelle zu erbringende Überwachung der weit zu verstehenden Formulierung des "Sich der Fähigkeiten von Unternehmen bedienen" unterfällt.

Da die Verdingungsunterlagen in Verbindung mit den Umständen in diesem Punkt - wie dargestellt - unklar waren und dies der Auftraggeber zu verantworten hat, darf ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen Unvollständigkeit der Unternehmerliste auf diese Bewerbungsbedingung nicht gestützt werden.

Eine Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof wegen einer Divergenz zwischen dem Senat und dem Schleswig Holsteinischen Oberlandesgericht in dem Punkt, ob das Vertrauen des Bieters in eine Vergaberechtspraxis der Vergabestelle nach § 242 BGB schützenswert ist, ist nicht veranlasst. Zwar hat das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht (Beschl. v. 14. Dezember 2004 - 6 Verg 4/04) entschieden, dass der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) keine Anwendung finden soll, wenn die Vergabestelle bisher die Nachreichung von Nachunternehmerangaben - entgegen der eindeutigen Forderung in den Bewerbungsbedingungen, diese mit dem Angebot einzureichen - zugelassen hat. Demgegenüber hat der Senat (Beschl. v. 20. 3.2003, Verg 8/03, Umdruck S. 4; vgl. aber Beschl. v. 26.11.2003, VII-Verg 53/03, Umdruck S. 8) entschieden, dass die Vergabestelle, die in jahrelanger Praxis die (vergaberechtswidrige) Nachreichung von Nachunternehmerangaben geduldet hat, durch eine rechtzeitige Vorankündigung gegenüber dem Bieter klarstellen muss, dass sie die Bewerbungsbedingung künftig strikt anzuwenden gedenkt. Eine Divergenz zur Entscheidung des Schleswig Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. Dezember 2004 (6 Verg 4/04; Rdnr. 20) liegt jedoch nicht vor. Der Senat wendet im Streitfall den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht an, sondern ist im Wege der Auslegung der Verdingungsunterlagen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verdingungsunterlagen vor dem Hintergrund der bislang dem Bieter bekannten Praxis der Antragsgegnerin nicht hinreichend klar und eindeutig sind.

e) Offen lassen kann der Senat die Frage, ob der Angebots(gesamt)preis der Antragstellerin auskömmlich oder das niedrige Angebot der Antragstellerin ein Unterkostenangebot ist. Die Antragstellerin hat in ihrem Schriftsatz vom 1. August 2008 mitgeteilt, sie habe die Prüfung der Auskömmlichkeit des Angebots der Antragstellerin noch nicht abgeschlossen. Die noch nicht vollendete Prüfung hindert den Senat nicht an einer abschließenden Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Damit ist aber eine abschließende Entscheidung des Senats über einen etwaigen Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen möglicher Unauskömmlichkeit nicht getroffen.

4.

Das tatsächliche Vorbringen der Beigeladenen in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 1. Oktober 2008 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

5. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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