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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 22.01.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 46/06 (1)
Rechtsgebiete: VgV, GWB, SGB III


Vorschriften:

VgV § 13
GWB § 114 Abs. 2 S. 2
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
GWB § 124 Abs. 2
SGB III § 241 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Verkündungstermin vom 24. Januar 2007 wird aufgehoben.

Eine Entscheidung ergeht bereits jetzt.

Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 25. August 2006 (VK 2-86/06) aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, durch eine neu einzusetzende Prüfgruppe, deren Mitglieder von denen der bisherigen Prüfgruppe personenverschieden sind, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine erneute Bewertung der zu Los 28 eingegangenen Angebote in dem Wertungskriterium I. 3 vornehmen zu lassen und die Bieter über das Ergebnis dieser Bewertung gemäß § 13 VgV zu unterrichten.

Im übrigen werden die Beschwerde der Beigeladenen und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Verfahren über die Anträge nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB sind von der Antragstellerin und der Beigeladenen je zur Hälfte zu tragen.

Die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren einschließlich der Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB entstandenen außergerichtlichen Kosten werden der Antragstellerin und der Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt.

Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 78.000 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin bewarb sich für die Lose 28 und 31 der Ausschreibung von Berufsausbildungsmaßnahmen nach § 241 Abs. 2 SGB III (integratives Modell - Vergabenr. 152-06-26595) der B... um den Zuschlag. Der geschätzte Auftragswert liegt über 200.000 €.

Die Verdingungsunterlagen bestanden aus einem Teil A "Allgemeine Hinweise" und einem Teil B "Leistungsbeschreibung". Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Maßnahme sah Ziffer B.2.3 vor:

"Die Wochenstundenzahl beträgt einschließlich des Berufsschulunterrichts 39 Zeitstunden ohne Pausen. Die wöchentliche Verteilung der Unterrichtsstunden orientiert sich am Ausbildungsrahmenplan".

Ziffer B. 4 enthielt die Bewertungsmatrix, die aus den jeweils mit Bewertungskriterien versehenen Wertungsbereichen "Integrationsstrategie und bisherige Integrationserfahrung" (I.), "Netzwerke" (II.), "Akquise" (III.), "Organisation und Durchführungsqualität" (IV.) und "Individuelle Förderplanung" (V.) bestand.

Zu dem Wertungskriterium I.3 wurde vorgegeben:

"Beschreiben Sie Ihre Vorgehensweise zur Unterstützung der Teilnehmer sowie der Betriebe bei der Integration in den regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt".

Im Hinblick auf das Wertungskriterium IV.7 wurde die Anweisung erteilt:

"Stellen Sie beispielhaft je eine Unterrichtstunde Stütz- und Förderunterricht dar und erläutern Sie die von Ihnen für eine Zielgruppe gewählte methodische und didaktische Vorgehensweise".

Gemäß Ziffer A.7 sollte die Bewertung des Konzeptinhaltes anhand der in der Bewertungsmatrix aufgeführten Kriterien erfolgen. Insoweit sollten folgende Bewertungsstufen gelten:

"0 Punkte: Das Leistungsangebot des Bieters entspricht nicht den Anforderungen.

1 Punkt: Das Leistungsangebot des Bieters entspricht mit geringen Einschränkungen den Anforderungen.

2 Punkte: Das Leistungsangebot des Bieters entspricht den Anforderungen.

3 Punkte: Das Angebot des Bieters ist der Zielerreichung in besonderer Weise dienlich."

In ihrem Angebot zu Los 28 verwies die Antragstellerin bei der Beschreibung ihrer Strategie zur Unterstützung der Teilnehmer (Wertungskriterium I.3) unter anderem auf ihre "Kooperationsbeziehungen mit führenden Unternehmen der Region, wie der Handelskette D..., den Stadtwerken St., dem Zellstoffwerk St., der Firma M... u.a.." Die Beigeladene nannte in ihrer Strategiedarstellung keine Firmen, sondern listete zahlreiche organisatorische Maßnahmen zur Unterstützung der Jugendlichen und der Betriebe auf. Im Rahmen der zu dem Wertungskriterium IV.7 geforderten beispielhaften Unterrichtsdarstellung sah das Konzept der Antragstellerin zwei Unterrichtstunden mit einer Gesamtdauer von 90 Minuten, das der Beigeladenen eine Unterrichtstunde à 60 Minuten vor.

Die inhaltliche Bewertung der Angebote erfolgte durch eine von der Antragsgegnerin eingesetzte Prüfgruppe. Das Angebot der Antragstellerin zu Los 28 wurde bezüglich der Wertungskriterien I.3 und IV.7 jeweils mit einem Punkt, das Angebot der Beigeladenen jeweils mit 2 Punkten bewertet.

Hinsichtlich des Wertungskriteriums I. 3 verwies die Prüfgruppe zur Begründung der Bewertung des Angebots der Antragstellerin darauf, dass "der regionale Bezug fehle und Namen der Firmen nicht genannt" seien. Zur Bewertung des Kriteriums IV. 7 führte sie aus, dass die Darstellung des Stützunterrichts als Doppelstunde für die Zielgruppe nicht geeignet sei.

Die erste Wertung ergab, dass die Beigeladene zu Los 28 und zu Los 31 das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Die auf die Rüge der Antragstellerin hin veranlasste Überprüfung der Wertung führte dazu, dass die Antragstellerin den Zuschlag für beide Lose erhalten sollte.

Nachdem die Beigeladene gegen die beabsichtigte Vergabeentscheidung ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet hatte, ließ die Antragsgegnerin wiederum eine Überprüfung der Wertung vornehmen. Diese gelangte zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Bewertung korrekt gewesen sei. Gegen die ihr mitgeteilte Absicht der Antragsgegnerin, nunmehr der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, strengte die Antragstellerin nach erfolgloser Rüge ein Nachprüfungsverfahren an.

Die Vergabekammer gab der Antragsgegnerin auf, eine erneute Bewertung der zu Los 28 eingegangenen Angebote vornehmen zu lassen und wies den weitergehenden, auf eine Neubewertung der Angebote zu Los 31 gerichteten Antrag zurück.

Sie begründete dies im wesentlichen folgendermaßen:

Die von der Prüfgruppe zu Los 28 vorgenommene Angebotswertung sei hinsichtlich der Kriterien I.3 und IV.7 beurteilungsfehlerhaft.

Bezüglich des Kriteriums I.3 sei ein falscher Bewertungsmaßstab angelegt worden. Zu Unrecht sei der Nachweis eines regionalen Bezugs durch die Benennung von regional ansässigen Firmen verlangt worden, wobei auch der Begriff der "Region" unzutreffend definiert worden sei. Jedenfalls seien aber die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen insoweit ungleich behandelt worden.

Bei der Wertung des Kriteriums IV.7 sei unberücksichtigt geblieben, ob das auf einer Zeitstunde basierende Unterrichtskonzept der Beigeladenen der geringen Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer angemessen Rechnung trage und ob sich der Darstellung einer Zeitstunde ein hinreichend schlüssiges Konzept für eine mit 45 Minuten anzusetzende Unterrichtsstunde entnehmen lasse. Der Zeitraum von 45 Minuten werde üblicherweise in Deutschland nicht nur im allgemeinen staatlichen Schulbereich, sondern regelmäßig im pädagogischen Lehrbetrieb zugrunde gelegt. Ein verständiger Bieter habe den in den Verdingungsunterlagen verwandten Begriff der Unterrichtsstunde demnach nur dahingehend verstehen dürfen, dass für eine Unterrichtseinheit ein Zeitraum von 45 Minuten zu veranschlagen sei.

Gegen die am 28.08.2006 zugestellte Entscheidung der Vergabekammer haben die Antragstellerin und die Beigeladene unter dem 08.09.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, verbunden mit Anträgen auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB. Bereits am 04.09.2006 hatte die Antragsgegnerin die Angebotswertung der zu Los 28 eingegangenen Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durch eine neu eingesetzte Prüfgruppe wiederholen lassen. Aufgrund der erneuten Bewertung rückte das Angebot der Antragstellerin an die erste Stelle.

Nachdem die Beigeladene auf einen entsprechenden Hinweis des Senates den Antrag nach § 118 Abs.1 S. 3 GWB zurückgenommen hatte und der Antrag der Antragstellerin durch Beschluss des Senates vom 25.09.2006 abgelehnt worden war, hat die Antragsgegnerin den Zuschlag zu Los 31 am 26.09.2006 an die Beigeladene erteilt.

Die Antragstellerin hat daraufhin ihre Beschwerde zurückgenommen.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Beigeladene gegen die von der Vergabekammer angeordnete Neubewertung der zu Los 28 eingegangenen Angebote und macht geltend, dass die Wertung zum Kriterium I.3 beurteilungsfehlerfrei gewesen sei. Das Konzept der Antragstellerin habe den entgegen der Auffassung der Vergabekammer schon nach dem Wortlaut der Verdingungsunterlagen geforderten Nachweis des regionalen Bezugs vermissen lassen. Die Antragstellerin habe ausschließlich auf die Kooperation zu Unternehmen abgestellt, die nicht im Tagespendelbereich des Maßnahmeortes O. lägen.

Soweit die Vergabekammer eine Neubewertung der Angebote zu Los 28 im Wertungskriterium IV.7 angeordnet habe, sei die zugrunde gelegte Prämisse, wonach eine Unterrichtsstunde 45 Minuten dauere, unzutreffend. Die Antragsgegnerin selbst habe seit 1992 in ihren Ausschreibungen - zum Teil auch aus Kostengründen - Zeiträume zwischen 45 und 60 Minuten für eine Unterrichtsstunde angesetzt.

Die Beigeladene beantragt, den Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 25. August 2006 (VK 2 - 86/06) insoweit abzuändern, als er dem Nachprüfungsantrag hinsichtlich Los 28 stattgibt, das heißt

1. den Nachprüfungsantrag zu Los 28 zurückzuweisen,

2. hilfsweise: die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren gemäß § 241 Abs. 2 SGB III (152-06-126595), und zwar in dem Los 28, aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Vergabekammer und die Vergabeakten Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig, aber nur zum Teil begründet.

1.

Der Zulässigkeit des Rechtsmittels, durch das die Beigeladene die von der Vergabekammer angeordnete Wiederholung der Angebotswertung verhindern will, steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin der Entscheidung der Vergabekammer bereits vor Abschluss der Beschwerdeinstanz Folge geleistet und eine erneute Angebotswertung, die das Angebot der Antragstellerin an erster Stelle sieht, durchgeführt hat. Dadurch ist das Rechtsschutzbedürfnis für die sofortige Beschwerde der Beigeladenen nicht entfallen.

Zwar hat die Beigeladene gegen die Entscheidung der Vergabekammer erst Beschwerde eingelegt, nachdem die Antragstellerin die Entscheidung der Vergabekammer durch eine erneute Wertung umgesetzt hatte. Der Antragstellerin und der Beigeladenen ist am 07.09.2006 das Ergebnis dieser Angebotswertung zugegangen. Danach, nämlich durch Beschwerdeschrift vom 08.09.2006, hat die Beigeladene sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer erhoben.

Infolge der Wiederholung der Angebotswertung ist grundsätzlich allerdings eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens eingetreten. Gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB kann Erledigung durch Erteilen des Zuschlags, durch Aufhebung oder Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise eintreten. Der über die im Gesetz ausdrücklich genannten Fälle hinaus gegebene Auffangtatbestand einer Erledigung in sonstiger Weise ist namentlich dann anzunehmen, wenn der öffentliche Auftraggeber vor Beendigung des Nachprüfungsverfahrens die Entscheidung der Vergabekammer umgesetzt und den vom Antragsteller gerügten Vergaberechtsverstoß beseitigt hat (Boesen, § 114 GWB Rn. 59; Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 114 Rn. 35; Reidt in Reidt/Stickler/Glahs, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 114 GWB Rn. 50). Auch der Fall, dass der öffentliche Auftraggeber die von dem Antragsteller begehrte und ihm durch die Entscheidung der Vergabekammer aufgegebene Wiederholung der Angebotswertung durchführt, ist als ein das Nachprüfungsverfahren erledigender Tatbestand zu behandeln (vgl. Senat, Beschluss vom 20.12.2006, VII Verg 109/04, Umdruck Bl. 10.) Unabhängig von einer entsprechenden prozessualen Erklärung der Verfahrensbeteiligten hat sich das Nachprüfungsverfahren allein durch die vom Auftraggeber vorgenommene Neubewertung kraft Gesetzes erledigt. Da der Antragsteller durch die Wiederholung der Wertung bereits klaglos gestellt ist, kann die Vergabeentscheidung im Nachprüfungsverfahren nicht mehr zu seinen Gunsten korrigiert werden, sondern dem Antragsteller ist in beiden Nachprüfungsinstanzen nur noch der Antrag, eine Rechtsverletzung durch den Auftraggeber festzustellen, eröffnet. Die wiederholte Vergabeentscheidung ist nur mit einem erneuten Nachprüfungsantrag anzugreifen.

Die Beendigung des zwischen den Hauptparteien des Verfahrens bestehenden Streitverhältnisses und die dadurch eintretende Erledigung des Nachprüfungsverfahrens des Antragstellers lässt aber trotz der nur unselbständigen, von den Hauptparteien abgeleiteten Rechtsstellung des Beigeladenen sein Rechtsschutzbedürfnis für die sofortige Beschwerde jedenfalls dann nicht entfallen, wenn er durch die Umsetzung der Vergabekammerentscheidung, d.h. durch die Wiederholung der Angebotswertung beschwert wird.

Diese Konstellation liegt im Streitfall vor: Während das allein auf die Wiederholung der Wertung gerichtete Begehren der Antragstellerin sich erledigt hat, wird die Rechtsposition der Beigeladenen gerade durch die Wiederholung der Wertung beeinträchtigt. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem der Entscheidung des Senates vom 20.12.2006 zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort hatte die Beigeladene die eine Wiederholung der Angebotswertung anordnende Entscheidung der Vergabekammer mit der sofortigen Beschwerde angegriffen, nachdem die Angebotswertung wiederholt worden war und die Beigeladene - wiederum - den Zuschlag erhalten sollte.

Das Rechtsschutzbedürfnis der Beigeladenen entfällt auch nicht deswegen, weil eine Einwirkung auf das Vergabeverfahren nicht mehr möglich ist. Bislang ist ein Zuschlag nicht erteilt, so dass eine nochmalige Neuwertung auf der Grundlage der Rechtsansicht des Senates durchgeführt werden und zu einer entsprechenden Zuschlagserteilung führen kann. Unter Berücksichtigung dieses letztgenannten Aspektes sprechen auch prozessökonomische Erwägungen dafür, ein Rechtsschutzbedürfnis der Beigeladenen an einer Sachentscheidung jedenfalls dann anzuerkennen, wenn sie durch das Ergebnis der erneuten Angebotswertung beschwert wird.

Mit dieser Betrachtungsweise weicht der Senat nicht von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 16.05.2000 - 11 Verg 1/99 - ab. Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 GWB ist infolgedessen nicht erforderlich.

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt lag ein sich vom Streitfall maßgeblich unterscheidender Sachverhalt zugrunde. Das dort streitgegenständliche Vergabeverfahren hatte durch Aufhebung seine Erledigung gefunden, so dass das von der Vergabekammer angeordnete und von der Beigeladenen angegriffene Zuschlagsverbot gegenstandslos geworden war. Für die mit der Beschwerde der Beigeladenen erstrebte Abänderung dieser Entscheidung fehlte mithin das Rechtsschutzbedürfnis. Mit der im Streitfall zu entscheidenden Frage, ob nach Durchführung der vom Antragsteller begehrten Wiederholung der Angebotswertung auch das Rechtsschutzbedürfnis des Beigeladenen entfällt, der gerade durch das Ergebnis der Neuwertung beschwert wird, beschäftigt sich die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt dagegen nicht.

2.

Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist teilweise begründet. Die Vergabekammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Wertung der zu Los 28 eingegangenen Angebote im Hinblick auf das Kriterium I. 3 zu wiederholen ist. Dagegen ist eine Neubewertung im Hinblick auf das Wertungskriterium IV.7 nicht veranlasst.

Die Bewertung der zu Los 28 eingegangen Angebote durch die von der Antragsgegnerin eingesetzte Prüfgruppe ist im Hinblick auf das Wertungskriterium I.3 beurteilungsfehlerhaft erfolgt.

Beanstandungen an der Bewertung des Angebots in der vierten Wertungsstufe können, da der Vergabestelle insoweit ein Beurteilungsspielraum eröffnet und ein Ermessen ist, nur auf das Zugrundelegen eines falschen Sachverhaltes, auf Nichteinhaltung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe, auf Ungleichbehandlung, Willkür oder sachfremde Erwägungen gestützt werden. Den nachprüfenden Instanzen ist es bei der Überprüfung verwehrt, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen. Bei festgestellten Bewertungsfehlern ist die Wiederholung der Bewertung anzuordnen. Nur ausnahmsweise, wenn nämlich die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vorliegen, das heißt eine bestimmte Wertung zwingend ist, ist es den Nachprüfungsinstanzen erlaubt, diese Wertung an die Stelle einer Wertung der Vergabestelle treten zu lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 27.07.2005, Verg 108/04, Umdruck S. 10).

Hieran gemessen weist die Bewertung der von der Antragstellerin und der Beigeladenen zu Los 28 eingereichten Angebote im Hinblick auf das Kriterium I.3 durch die von der Antragsgegnerin eingesetzte Prüfgruppe Beurteilungs- bzw. Ermessensfehler auf. Bei der Bewertung des Angebots der Antragstellerin hat die Prüfgruppe einen falschen Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt. Aus dem Hinweis zur Begründung der Bewertung "fehlender regionaler Bezug/Namen von Firmen fehlen" ergibt sich, dass die Prüfgruppe den Nachweis eines regionalen Bezuges durch die namentliche Nennung von Unternehmen für erforderlich hielt, obgleich derartige Angaben in den Verdingungsunterlagen von den Bietern nicht gefordert wurden. Der Umstand, dass die Antragstellerin Unternehmen benannte, die nicht im Tagespendelbereich um O. liegen, durfte somit auch dann nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden, wenn die Prüfgruppe den Begriff der Region zutreffend definiert hätte.

Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, ist für den Begriff der Region aber nicht der von der Prüfgruppe zugrunde gelegte Tagespendelbereich, sondern der Bezirk der Arbeitsagentur bzw. der Wirtschaftsraum maßgeblich. Dieses folgt aus dem Wortlaut des Wertungskriteriums I.1. Dort wird "Region" ausdrücklich als "AA-Bezirk/Wirtschaftsraum" definiert. Dass derselbe Begriff im Rahmen des Wertungskriteriums I.3 anders zu verstehen ist, kann nicht angenommen werden.

Jedenfalls ist aber - worauf die Vergabekammer ebenfalls hingewiesen hat - eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Angebote erfolgt. Den Umstand, dass in dem Angebot der Beigeladenen gar keine Unternehmen benannt waren, hat die Prüfgruppe nicht beanstandet.

Der Auffassung der Beigeladenen, die höhere Bepunktung ihres Angebots rechtfertige sich dadurch, dass sie in ihrem Konzept die der Integration dienenden organisatorischen Maßnahmen dargestellt habe, während die Antragstellerin nur auf die Kooperation mit Unternehmen abgestellt habe, die für die Teilnehmer der Maßnahme schlecht oder gar nicht zu erreichen seien, schließt sich der Senat nicht an. Auch die Antragstellerin hat in ihrem Angebot ein ausführliches, die Beschreibung organisatorischer Maßnahmen umfassendes Konzept zur Integration in den regionalen Arbeitsmarkt vorgestellt und sich nicht auf die Benennung von Kooperationsunternehmen beschränkt.

Soweit durch den angefochtenen Beschluss eine Neubewertung der Angebote auch zum Wertungskriterium IV.7 angeordnet worden ist, ist die Beschwerde der Beigeladenen dagegen begründet.

Es stellt keinen Beurteilungsfehler dar, dass die Prüfgruppe das Angebot der Beigeladenen als den Anforderungen entsprechend angesehen und mit zwei Punkten bewertet hat, obwohl das Unterrichtskonzept eine Unterrichtsstunde von 60 Minuten Gesamtdauer vorsah. Aus den Gründen des Beschlusses des Senats vom 25.09.2006, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, folgt, dass die Wertung des Angebots der Beigeladenen zu Los 31 nicht deswegen fehlerhaft ist, weil die Prüfgruppe den von der Beigeladenen zugrunde gelegten Zeitraum von 60 Minuten für eine Unterrichtsstunde nicht beanstandet hat. Die Erwägungen des Senates gelten in gleicher Weise für die Wertung der Angebote zu Los 28. Im Hinblick auf beide Lose war zum Wertungskriterium IV.7 das Konzept einer Unterrichtsstunde zu erstellen, so dass die sich an die Bewertung der Angebote zu richtenden Maßstäbe nicht unterscheiden.

Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrages der Parteien sieht der Senat keinen Anlass für eine abweichende Würdigung im Rahmen der nunmehr zu treffenden Beschwerdeentscheidung. Die von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 04.10.2006 ausdrücklich in Bezug genommenen Arbeitszeitverordnung für Lehrer an öffentlichen Schulen enthält keinen bindenden Auslegungsmaßstab für den in den Verdingungsunterlagen der Antragsgegnerin verwandten Begriff der Unterrichtsstunde. Bei den ausgeschriebenen Leistungen handelt es sich nicht um öffentlichen Schulunterricht, sondern um außerbetriebliche Berufsausbildungsmaßnahmen. Auch wird in den Verdingungsunterlagen auf die Arbeitszeitverordnung weder ausdrücklich noch konkludent Bezug genommen.

Zwar hat auch der Senat bereits in dem Beschluss vom 25.09.2006 darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtsstunde an öffentlichen allgemein- und auch berufsbildenden Stunden üblicherweise einen Zeitraum von 45 Minuten umfasst. Für das Verständnis des in den Verdingungsunterlagen verwandten und nicht näher erläuterten Begriffs der Unterrichtsstunde ist aber maßgeblich, dass keine zwingenden Gründe für eine Beschränkung des Zeitrahmens auf 45 Minuten streiten und dass - wie die Beigeladene unbestritten vorgetragen hat - auch bei früheren Ausschreibungen der Antragsgegnerin unterschiedliche Zeiten für eine Unterrichtsstunde angesetzt wurden. Hätte die Antragsgegnerin nunmehr abweichend von ihrer früheren Praxis den Begriff der Unterrichtsstunde in zeitlicher Hinsicht auf 45 Minuten beschränken wollen, hätte dieses unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.

Danach war die Zugrundelegung einer Zeitstunde pro Unterrichtseinheit von den Vorgaben der Verding ungsunterlagen gedeckt, so dass die von der Vergabekammer geforderte Prüfung, ob sich der Darstellung der Unterrichtseinheit auch ein schlüssiges Konzept für eine Unterrichtsstunde mit 45 Minuten entnehmen ließe, nicht erforderlich ist.

Allein der Umstand, dass die Beigeladene nicht 45 Minuten sondern eine Zeitstunde veranschlagt hat, belegt abweichend von der Auffassung der Vergabekammer auch nicht, dass die nur eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Der Senat hat bereits in seinem Beschuss vom 25.09.2006 darauf hingewiesen, dass der unterdurchschnittlichen Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer nicht nur durch die Dauer des Unterrichts, sondern auch durch andere methodische und didaktische Ansätze sowie insbesondere durch das Einplanen von Pausen Rechnung getragen werden kann.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 128 Abs. 3 S. 1 GWB sowie aus §§ 516 Abs. 3 S. 1, 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO (analog).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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