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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 54/08
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB, VwVfG, ZPO, GKG


Vorschriften:

VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b
VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. a
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. b
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. c
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. d
VOB/A § 30
GWB § 101 Abs. 6
GWB § 113 Abs. 2 S. 1
GWB § 114 S. 2
GWB § 120 Abs. 2
GWB § 128 Abs. 3 S. 1
GWB § 128 Abs. 4 S. 2
GWB § 128 Abs. 4 S. 3
VwVfG § 80
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1
GKG § 50 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird der Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 21. August 2008 (VK 3-113/08) aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen trägt die Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Beigeladene war notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Offenen Verfahren die "Sohlstabilisierung Königswardt/Marwick, Rhein-km 820,0 - 824,0" aus. Der Auftrag wurde in der EU-Bekanntmachung unter II.1.5) kurz als "Sohlstabilisierung, Grobkornanreicherung, Nassbaggerung" beschrieben, wobei die Menge in II.2.1) mit "Sohlstabilisierung herstellen aus 148.000 t Wasserbausteinen, Grobkornanreicherung herstellen aus 65.000 t Kiesmaterial, 71.500 m³ Kiesmaterial, 75.500 m³ Boden baggern und verklappen" dargestellt war. Hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit wurde auf einen "Nachweis gemäß § 8 Nr. 3 (1) Buchstabe a, b, c VOB/A", zur technischen Leistungsfähigkeit auf einen "Nachweis gemäß § 8 Nr. 3 (1) Buchstabe d VOB/A verwiesen; Angaben zu "Mindeststandards" waren nicht verlangt. Die Verdingungsunterlagen benannten gleichfalls lediglich "Nachweise gemäß ... § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A a), b), c), d)".

In der Baubeschreibung wurde darauf hingewiesen, dass die Baumaßnahmen in zwei Flussbiegungen durchgeführt und von den eingesetzten Arbeitsgeräten daher besondere Beweglichkeit im Falle von Gefahrensituationen gefordert werde. Mit Rücksicht auf die durchgehende Schifffahrt seien die Nacharbeiten bei der Sohlstabilisierung und der Grobkornanreicherung möglichst gering zu halten, daher seien die Arbeiten mit äußerster Präzision durchzuführen: Aufgrund der z.T. geringen Einbaustärken, der engen Toleranzen sowie der Beeinträchtigungen der durchgehenden Schifffahrt seien nur Hydroklappschuten, Hydroklappschiffe oder entsprechende Steinstürzer für den Einbau zugelassen.

Nebenangebote waren gemäß den in den Verdingungsunterlagen angegebenen Mindestanforderungen zugelassen.

Daraufhin gaben sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene (neben anderen Bietern) jeweils ein Hauptangebot (sowie Nebenangebote) ab.

Dem Angebot der Beigeladenen, welches sich als das preislich Günstigste herausstellte, waren 6 Referenzen für "Nassbaggerung" aus dem Zeitraum 2005 bis 2008 (sowie weitere aus anderen Jahren) beigefügt; sie betrafen den Ausbau/Abzweig Havelkanal, den City-Sporthafen in Hamburg sowie Arbeiten am Elbe-Lübeck-Kanal.

Die Antragsgegnerin vermerkte zum Angebot der Beigeladenen: "keine Sohlstabilisierung/Grobkornanreicherung am freifl. Fluß". Sie wandte sich an die Beigeladene mit der Bitte um Erläuterung der Referenz-Baumaßnahme "Ausbau Abzweig Havelkanal". Die Beigeladene erwiderte, sie habe dort Nassbaggerarbeiten mit eigenem Bagger und eigenem Personal ausgeführt; die Nassbagger-Arbeiten im Elbe-Lübeck-Kanal seien bei durchgehender Schifffahrt durchgeführt worden; beim City Sporthafen Hamburg habe sie Erfahrungen mit Nassbaggerarbeiten bei Wasserstandsänderungen gesammelt, bei der sie auch eine höhen- und lagegenaue Verklappung in der Elbe vorgenommen habe. Nach weiteren Erkundigungen bewertete die Antragsgegnerin die Beigeladene als geeignet.

Die Antragsgegnerin entschied sich daraufhin für das Angebot der Beigeladenen (unter Berücksichtigung der Nebenangebote 3 bis 5).

Die Antragstellerin leitete dagegen ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer des Bundes ein (zukünftig: erstes Nachprüfungsverfahren). Die Vergabekammer hat mit bestandskräftig gewordenem Beschluss vom 25. Juni 2008 (VK 3-68/08) die Wiederholung der zweiten Wertungsstufe (Eignung) im Hinblick auf die Beigeladene und deren Dokumentation angeordnet. Grund dafür war die anhand der bisherigen Dokumentation nicht nachvollziehbare Bewertung der Antragsgegnerin, die Beigeladene sei geeignet, obwohl sich deren vorgelegte Referenzen lediglich mit Nassbaggerarbeiten, nicht aber mit Sohlstabilisierung und Grobkornanreicherung befassten; auch sei unklar, was die Antragsgegnerin unter "vergleichbaren" Leistungen verstanden habe. Des Weiteren hat die Vergabekammer gemeint, die Unterlagen gäben gegenwärtig nichts Hinreichendes für den Verdacht der Antragstellerin über einen geplanten unzulässigen Einsatz von Baggern her. Sie hat der Antragsgegnerin jedoch zu prüfen aufgegeben, ob die Beigeladene entgegen der Leistungsbeschreibung Kleinmengen auch mit Baggern einbauen wolle oder ob sich eine diesbezügliche Bemerkung in einem Aufklärungsgespräch nur auf den - zulässigen - Fall bezogen habe, dass eine Verklappung aus technischen Gründen nicht möglich sei. Die übrigen Rügen der Antragstellerin wies die Vergabekammer zurück.

Die Antragsgegnerin nahm darauf unter dem 16. Juli 2008 eine erneute Bewertung der Eignung der Beigeladenen vor. Sie wies dabei darauf hin, dass der Arbeitsgang "Verklappen" bei allein drei Leistungen vergleichbar, wenn nicht gar identisch sei. Dabei ging sie bei der konkreten Bewertung davon aus, dass im Bereich City-Sporthafen Hamburg "die Verklappungen höhen- und lagegenau erfolgten." U.a. aus diesem Grunde sei das dort verwandte Arbeitsverfahren mit den ausgeschriebenen Maßnahmen Sohlstabilisierung und Grobkornanreicherung vergleichbar. Was die Einbringung mittels Baggern betrifft, hat die Antragsgegnerin sich aufgrund der Erklärungen der Beigeladenen sowie ihres Logistikkonzepts davon überzeugt, dass sie Schubboote und Hydro-Spalt-Klappschuten einsetzen werde und sich die betreffende Bemerkung zum Einsatz von Baggern nur auf eine technisch nicht anders zu realisierende Einbringung beziehe.

Die Antragsgegnerin teilte daraufhin der Antragstellerin erneut mit, dass der Zuschlag an die Beigeladene erfolgen solle, was die Antragstellerin - nach erfolgloser Rüge - zum Anlass nahm, einen neuerlichen Nachprüfungsantrag anzubringen. Sie hat wiederum gerügt, die Beigeladene sei mit ihrer Erklärung zum Einsatz von Baggern statt von Hydroklappschuten, -schiffen oder Steinstürzern von der Leistungsbeschreibung abgewichen. Des Weiteren sei die Beigeladene ungeeignet. Sie habe Referenzen zu vergleichbaren Leistungen nicht vorgelegt. Der Schwerpunkt der ausgeschriebenen Arbeiten bestehe in Präzisionsverklappungen. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Arbeiten im City-Sporthafen Hamburg seien damit nicht vergleichbar. Dort sei es nur darum gegangen, dass die Verklappung der ausgebaggerten Sedimente in einem bestimmten Klappgebiet erfolge, wobei die Sedimente nicht - wie bei einer Sohlstabilisierung und Grobkornanreicherung - an Ort und Stelle in einer präzise festgelegten Lage und Höhe hätten ablagern, sondern von den dort vorhandenen Strömungen hätten fortgespült werden sollen. Die Antragstellerin hat daher beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, im Vergabeverfahren "Sohlstabilisierung Königswardt/Marwick, Rhein km 820, 0 - 824,0" den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,

und der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzuführen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Angriffe der Antragstellerin seien insoweit unzulässig, als sie bereits Gegenstand des Verfahrens VK 3-68/08 gewesen sein. Die zweite Wertungsstufe sei unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer wiederholt und dokumentiert worden. Im Übrigen verweist sie auf ihren Vermerk vom 16. Juli 2008.

Die Beigeladene hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat vorgetragen: Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei unzulässig, weil sie in ihrem Angebot eine Nassbaggerung mittels Eimerkettenschwimmbagger ausführen wolle, was in den Verdingungsunterlagen ausgeschlossen sei. Soweit eine erneute Prüfung des Ausschlusses ihres - der Beigeladenen - Angebots auf der ersten Stufe wegen des Einsatzes von Baggern begehrt werde, habe bereits die Vergabekammer bestandskräftig entschieden.

Im Übrigen sei gegen die Wertung der Antragsgegnerin nichts einzuwenden. Was den Auftrag im City-Sporthafen Hamburg betreffe, habe das Baggergut mit Hydroklappschuten in einem klar definierten Verklappgebiet, und zwar wegen der hohen Fließgeschwindigkeit und der großen Wassertiefe der Elbe mit größtmöglicher Präzision, eingebracht werden müssen.

Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Sie ist davon ausgegangen, dass die Arbeiten im City-Sporthafen Hamburg nicht vergleichbar gewesen seien. Anders als beim vorliegenden Auftrag sei es nicht darum gegangen, das Ladegut in präzise vorgegebener Lage und Dicke am Grunde des Flusses abzulagern, vielmehr habe das Ladegut letztlich nur fortgespült werden sollen. Die präzise lage- und höhengenaue Verklappung ohne Nacharbeiten stelle ein wesentliches Element der ausgeschriebenen Arbeiten dar. Die Antragsgegnerin habe damit ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Dagegen wenden sich die Antragsgegnerin und die Beigeladene mit der sofortigen Beschwerde. Sie machen geltend, die Antragsgegnerin sei den Anforderungen, die die Vergabekammer im ersten Nachprüfungsverfahren aufgestellt habe, hinreichend nachgekommen. Der höhen- und lagengenauen Verklappung ohne Nacharbeiten komme nicht die Bedeutung zu, die ihr die Vergabekammer zugemessen habe. Die Erfahrung bei Nassbaggerarbeiten reiche aus.

Sie beantragen,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

hilfsweise, die Vergabekammer zu verpflichten, über den Nachprüfungsantrag neu zu entscheiden.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und weist auf die ihrer Ansicht nach erheblichen Unterschiede zwischen den im City-Sporthafen Hamburg durchgeführten und den ausgeschriebenen Arbeiten hin. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, die Beigeladene verfüge nicht über Eimerkettenschwimmbagger.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen haben Erfolg. Zu Unrecht hat die Vergabekammer die Beigeladene als ungeeignet angesehen.

1.a) Die Eignungsprüfung ist in zwei Stufen durchzuführen (Burgi, VergabeR 2007, 457, 464; Dittmann, in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 25 Rdnr. 106), und zwar

- zum einen, ob das Angebot sämtliche geforderten Eignungsnachweise bzw. - angaben enthält (formale Eignungsprüfung; s. Burgi, a.a.O.; Dittmann, a.a.O. § 25 Rdnrn. 107 ff.),

- zum anderen, ob der Bieter geeignet ist (materielle Eignungsprüfung; s. Burgi, a.a.O.; Dittmann, a.a.O., Rdnrn. 118 ff).

Dabei spielt keine Rolle, ob das Fehlen der geforderten Eignungsnachweise bzw. -angaben zum Ausschluss des Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A (so OLG Naumburg, VergabeR 2004, 398; OLG Schleswig, Beschlüsse vom 10.03.2006 - 1 (6) Verg 13/05) und vom 22.06.2006 (1 Verg 5/06); OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2006 - 13 Verg 3/04; dazu neigend auch OLG Dresden, Beschluss vom 17.10.2006 - WVerg 15/06) oder nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A (Senat, Beschlüsse vom 05.05.2003 - Verg 20/03, vom 06.09.2004 - VII-Verg 11/04; VergabeR 2005, 2222; VergabeR 2006, 547; Kulartz, in Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 97 GWB Rdrn. 89; Dittmann, a.a.O., § 25 Rdrnr. 83) zu erfolgen hat.

b) Eine derartige zweistufige Prüfung hat die Vergabekammer nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - vorgenommen. Sie knüpft zwar an die Vorschrift des § 8 Nr. 3 Abs.1 VOB/A an (was für einen Fehler bei der formalen Eignungsprüfung spricht), einige Passagen aus der Begründung können aber auch auf einen Fehler bei der materiellen Eignungsprüfung hindeuten.

2. Formale Eignungsprüfung

a) Die Vergabebekanntmachung hat lediglich pauschal auf § 8 Nr. 3 Abs. 1 lit. a) bis d) VOB/B verwiesen. Nähere Erläuterungen zu den vorzulegenden Unterlagen sind nicht, auch nicht in den Verdingungsunterlagen erfolgt. Insbesondere hat die Antragsgegnerin vor Ablauf der Angebotsfrist keine Begriffsbestimmung hinsichtlich vergleichbarer Leistungen (§ 8 Nr. 3 Abs. 1 lit.a), b) VOB/A) abgegeben.

Damit können lediglich der Leistungsbeschreibung selbst und ihrer Charakterisierung in der Vergabebekanntmachung Anhaltspunkte dafür entnommen werden, was unter diesem Begriff zu verstehen ist.

b) Allgemein wird darauf hingewiesen, dass der Begriff vor dem Hintergrund auszulegen ist, dass nach § 101 Abs. 6 GWB eine möglichst hohe Wettbewerbsintensität erreicht werden soll (OLG Frankfurt, NZBau 2007, 468; Gröning, VergabeR 2008, 721, 723; vgl. auch Burgi, VergabeR 2007, 457, 466/7). Vergleichbare Leistungen sind schon nach dem Wortlaut nicht gleiche Leistungen. Bei einer zu engen Auslegung besteht bei bestimmten Märkten die Gefahr, dass nur sehr wenige Unternehmen als geeignet angesehen werden können und Newcomer praktisch keinen Zutritt zum Markt erhalten können. Zu berücksichtigen ist auch, dass die VKR den Begriff der vergleichbaren Leistung nicht kennt, sondern in Art. 48 Abs. 2 lit. a) i) pauschal auf Bauleistungen verweist. Das OLG Frankfurt (a.a.O.) definiert vergleichbare Leistungen als solche, die den hinreichend sicheren Schluss zulassen, dass der betreffende Beiter über die für eine ordnungsgemäße Durchführung des ausgeschriebenen Auftrages erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit verfügt.

Die Vergabebekanntmachung beschreibt unter II.1.5) den Auftrag kurz als "Sohlstabilisierung, Grobkornanreicherung, Nassbaggerung". II.2.1) beschreibt dies näher als "Sohlstabilisierung herstellen aus 148 000 t Wasserbausteinen, Grobkornanreicherung herstellen aus 65 000 t Kiesmaterial, 75 500 m³ Boden baggern und verklappen". Zweck des Auftrages ist damit ersichtlich die Gewährleistung einer ungehinderten Schifffahrt durch Sohlstabilisierung sowie Auffüllen von Löchern; daneben sollen auch Bänke weggebaggert werden. Zentrale Aufgabe des Auftragnehmers ist mithin die ordnungsgemäße Verklappung (wobei naturgemäß eine Logistikkette zum Heranführen des Schüttgutes eingerichtet sein muss).

Aus der Vergabebekanntmachung geht allerdings gleichzeitig hervor, dass die Vergabestelle keine hohen Anforderungen an die formale Eignung der Bieter gestellt hat. Es wurden keine Mindestanforderungen (etwa Mindestanzahl von Referenzen, Mindestumsatzzahlen auf dem Gebiet) aufgestellt oder Angaben zum Qualifikationsprofil der Mitarbeiter verlangt. Dem lässt sich entnehmen, dass die Vergabestelle trotz der Tatsache, dass der Rhein eine vielbefahrene Wasserstraße ist und der Schiffsverkehr durch die Arbeiten möglichst wenig behindert werden soll, wettbewerbsoffen ausschreiben wollte.

Bei der Frage der formalen Eignungsprüfung steht der Vergabestelle ein Wertungsspielraum (anders als die Vergabekammer in ihren beiden Entscheidungen wohl angenommen hat) nicht zu. Zwar wird dem öffentlichen Auftraggeber in der zweiten Wertungsphase einhellig ein Wertungsspielraum zugebilligt (vgl. Dittmann, a.a.O., Rdnr. 124 m.w.N.). Dies bezieht sich aber nur auf die materielle Eignungsprüfung, nicht auf die formelle Eignungsprüfung. Burgi (VergabeR 2007, 457, 465/6) verweist insofern zutreffend darauf, dass ein Wertungsspielraum nur insoweit in Betracht kommt, als es um die Bewertung der materiellen Eignung eines Bieters geht. Dies leuchtet auch ein. Die Bieter sollen bereits der Vergabebekanntmachung, ergänzend den Verdingungsunterlagen, entnehmen können, welche Anforderungen in formaler Hinsicht gestellt werden; dies lässt im Allgemeinen keinen Raum für eine Beurteilungsbandbreite.

Dies wird zwar problematisch, wenn die Frage, was unter vergleichbaren Leistungen zu verstehen ist, entsprechend der Definition des OLG Frankfurt (a.a.O.) nur im Hinblick auf die daraus zu ziehenden Schlüsse für eine materielle Eignung beantwortet wird. Dann besteht die Gefahr einer Vermischung von formeller und materieller Eignungsprüfung, was zur Einräumung eines Wertungsspielraums für die Vergabestelle in formaler Hinsicht führen würde. Nach Ansicht des Senats ist aber auch in derartigen Fällen eine strikte Trennung von formeller und materieller Eignungstrennung jedenfalls dann geboten, wenn - wie hier - in der Vergabebekanntmachung keine Mindestanforderungen (etwa Mindestumsätze) gestellt werden. In diesem Fall reicht die Angabe des Bieters über seine Erfahrungen aus. Ob sie hinreichende Schlüsse auf seine materielle Eignung zulassen, ist erst im Rahmen der Prüfung der materiellen Eignung zu erörtern (vgl. auch Gröning, a.a.O., 726).

Dementsprechend reichte es aus, wenn die Beigeladene ihrem Angebot Referenzen ordnungsgemäß beigefügt hat.

3. Materielle Eignungsprüfung

Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Beigeladene als geeignet anzusehen, letztlich nicht zu beanstanden.

a) Allerdings konnte diese Frage von der Vergabekammer im zweiten Vergabenachprüfungsverfahren nachgeprüft werden.

Die Vergabekammer hatte in ihrer ersten Entscheidung bemängelt, dass die Antragsgegnerin ihre Erwägungen zur Eignung der Beigeladenen nicht hinreichend dokumentiert habe. Dies könne nicht im Rahmen des Vergabenachprüfungsverfahrens nachgeholt werden.

In diesem Zusammenhang wirft die Antragsgegnerin der Vergabekammer vor, sich bei ihrem zweiten Beschluss über die Bestandskraft des ersten Beschlusses hinweggesetzt zu haben. In ihrem ersten Beschluss habe die Vergabekammer lediglich die Nachholung der Dokumentation ihrer Erwägungen verlangt. Dem sei sie, die Antragsgegnerin, nachgekommen. Weitergehende Anforderungen könnten nicht mehr gestellt werden.

Dies trifft indes nicht zu, ohne dass es einer umfassenden Diskussion der Bindungswirkungen eines bestandskräftigen Beschlusses der Vergabekammer für Folgeverfahren bedarf. Die Vergabekammer hat in ihrem ersten Beschluss keine endgültige Entscheidung über die Eignung der Beigeladenen getroffen, sondern hat sich daran durch eine unzureichende Dokumentation der Entscheidung der Vergabestelle gehindert gesehen. Daraus folgt aber nicht, dass auf eine Nachholung der Dokumentation nunmehr ohne Weiteres von einer Eignung der Beigeladenen auszugehen wäre, sondern im Gegenteil, dass diese nunmehr zu überprüfen ist.

b) Allerdings ist der Vergabekammer und der Antragstellerin zuzugestehen, dass die Bewertung der Antragsgegnerin im Vergabevermerk vom 16. Juli 2008 fehlerhaft ist. Die Antragsgegnerin hat damals ihren Wertungsspielraum falsch ausgeübt. Zwar kann die Ausübung des Wertungsspielraums anerkanntermaßen nur begrenzt von den Vergabenachprüfungsinstanzen überprüft werden (vgl. Dittmann, a.a.O.), ein Fehler liegt aber u.a. dann vor, wenn die Vergabestelle ihrer Bewertung unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt hat. Dies ist hier der Fall.

Bei der Würdigung der Nassbaggerarbeiten im Bereich City-Sporthafen Hamburg ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, "dass ... die Verklappungen höhen- und lagegenau erfolgten. Dieses Arbeitsverfahren ist mit den hier ausgeschriebenen Maßnahmen Sohlstabilisierung und Grobkornanreicherung vergleichbar." Dabei ist sie auf die - nachfolgend näher erläuterten - offensichtlichen Unterschiede nicht eingegangen. Angesichts dessen muss der Senat annehmen, dass die Vergabestelle die Angaben der Beigeladenen missverstanden hat.

Eine höhen- und lagegenaue Verklappung in dem Sinne, wie sie beim streitgegenständlichen Auftrag zu erfolgen hat, hat jedoch in Hamburg nicht stattgefunden und war dort auch nicht Auftragsgegenstand. Das Baggergut musste lediglich per Schiff in ein bestimmtes "Feld" verbracht und dort "verklappt" werden, wobei es nicht höhen- und lagegenau auf die Sohle absinken, sondern im Gegenteil mit der Strömung weggetrieben werden sollte. Eine "höhen- und lagegenaue" Verklappung hat lediglich in dem Sinne stattgefunden, als das Klappschiff bei der Verklappung eine bestimmte - vom Auftraggeber überwachte - Position bei bestimmten Wasserständen einnehmen musste. Unterdessen kommt es beim streitgegenständlichen Auftrag darauf an, dass das Schüttgut höhen- und lagegenau auf der Sohle abgelagert wird.

c) Dieser Mangel führt jedoch nicht zum Erfolg des Nachprüfungsantrags, sondern ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin durch die Vergabestelle auch im laufenden Vergabenachprüfungsverfahren heilbar.

Die Vergabekammer ist in ihrem ersten Beschluss davon ausgegangen, die Vergabestelle könne die der Wertung zugrunde liegenden Erwägungen im Vergabenachprüfungsverfahren selbst nicht nachholen, diese müssten sich vielmehr aus dem Vergabevermerk nach § 30 VOB/A ergeben. Sie hat sich dabei auf einen Beschluss des Senats vom 14.08.2003 (Verg 46/03) gestützt. Der Senat hat damals ausgeführt, dass bei einer aus bestimmten Gründen vorzunehmenden Wiederholung der Angebotswertung die Vergabestelle an ein dokumentiertes Wertungsverfahren bei der ersten Angebotswertung gebunden sei. Bedeutung und Funktion des Vergabevermerks würden entwertet, wenn man den Einwand des öffentlichen Auftraggebers zuließe, der Vermerk sei inhaltlich nicht zutreffend und tatsächlich beruhe die Zuschlagsentscheidung auf anderen als den niedergelegten Erwägungen. Dadurch würde nicht nur in eklatanter Weise gegen das Gebot eines transparenten Vergabeverfahrens verstoßen, sondern auch die Möglichkeit einer Manipulation des Wertungsvorgangs eröffnet.

Diese Erwägungen des Senats treffen aber für die vorliegende Fallgestaltung nicht zu. Die Vergabekammer hat in ihrem ersten Beschluss die Eignungsprüfung aus formellen Gründen beanstandet und daher eine Neubewertung für notwendig erachtet. Ob diese Neubewertung in einem als solchen bezeichneten Vergabevermerk oder in Erwägungen im Rahmen eines Schriftsatzes an die Vergabenachprüfungsinstanzen erfolgen, hat mit den im Senatsbeschluss genannten Erwägungen nichts zu tun. Dem Senat kam es auf eine zeitnahe Niederlegung der Gründe an. Die Zeitnähe ist nicht mehr gewährleistet, ganz gleich, ob die Erwägungen aufgrund der angeordneten Neubewertung in einem gesonderten Vergabevermerk oder in einem Schriftsatz an die Nachprüfungsinstanzen erfolgen. Auch die Frage einer nachträglichen Manipulierbarkeit stellt sich in beiden Fallge-staltungen nunmehr gleich.

Des Weiteren sprechen die von dem Gesetzgeber vorgenommenen Wertungen für eine Nachholbarkeit fehlerfreier Erwägungen der Vergabestelle im laufenden Vergabenachprüfungsverfahren. Die VwGO sieht in § 114 S. 2 vor, dass unterlassene oder fehlerbehaftete Ermessenserwägungen noch in einem laufenden Prozess dadurch geheilt werden können, dass die Behörde fehlerfreie Erwägungsgründe nachschiebt. Dies gilt nicht nur für Ermessensentscheidungen, sondern auch im Falle von nur beschränkt überprüfbaren Wertungsentscheidungen (Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 114 Rdnr. 49). Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass ein auf Ermessensüberlegungen beruhender Verwaltungsakt allein deshalb aufgehoben wird, weil die Begründung ursprünglich fehlerhaft war. In diesem Falle sollte die Behörde fehlerfreie Erwägungen noch im laufenden Anfechtungsverfahren nachschieben können, ohne darauf angewiesen zu sein, erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nochmals einen Verwaltungsakt - diesmal mit fehlerfreier Begründung - zu erlassen. Die Gefahr, dass die Behörde in Kenntnis der Einwände des Anfechtungsklägers Erwägungen nachschiebt, sowie die möglichen Probleme des Anfechtungsklägers, auf das Nachschieben von Erwägungen prozessual zu reagieren, hat der Gesetzgeber zurückgestellt.

Diese Überlegungen gelten auch im Vergabenachprüfungsverfahren. Das Vergabenachprüfungsverfahren bildet ein austariertes System zwischen einer Rechtsschutzgewährung für unterlegene Bieter einerseits und andererseits bestimmten Instrumentarien, die dem Interesse des öffentlichen Auftraggebers an einer ordnungsgemäßen Erledigung seiner Aufgaben und den zu diesem Zweck durchzuführenden Beschaffungen Rechnung tragen sollen (vgl. BGH NJW 2008, 3222; Senat, VergabeR 2008, 73). Gerade dann wäre es eine bloße Förmelei und führte nur zu unnötigen Verzögerungen bei der Auftragsvergabe, wenn die Vergabenachprüfungsinstanz den Wertungsspielraum überschreitende Entscheidungen aufhöbe, obwohl die Vergabestelle inzwischen eine nicht zu beanstandende Entscheidung getroffen hat und nach der Entscheidung der Nachprüfungsinstanz ohne Weiteres nochmals treffen könnte. Hinzu kommt, dass es zu weiteren Verzögerungen führte, würde der Antragsteller die auch aufgrund weiterer Erwägungen getroffene neue Entscheidung erneut anfechten. Statt dessen können die neuen Gründe im laufenden Nachprüfungsverfahren überprüft werden.

d) Die Antragsgegnerin hat im Laufe des Vergabenachprüfungsverfahrens - in Kenntnis der Tätigkeit der Beigeladenen im Bereich City-Sporthafen Hamburg - ihre Erwägungen ergänzt und deren Eignung weiterhin bejaht.

Sie hat ausgeführt, es komme ihr zum einen auf Erfahrungen in der Ladungskette (Organisation des Transports von Baggergut auf eine Klappschute; hinreichende Erfahrungen in diesem Bereich werden nicht beanstandet) sowie auf eine ortsgenaue (bezogen auf die Positon des Schiffes) Verklappung an. Das hält sich in den Grenzen des der Antragsgegnerin zustehenden Wertungsspielraums.

Im Projekt City-Sporthafen Hamburg hat die Beigeladene Arbeiten durchgeführt, die die Verklappung innerhalb eines - durch GPS-Peilung genau zu bestimmenden - Gebiets beeinhaltete. Dass die Positionsbestimmung dort vor allem der Überwachung durch den Auftraggeber diente, um zu verhindern, dass die Verklappung nicht an anderer Stelle stattfand, ist unerheblich, da die Referenz dennoch die Verklappung an einem bestimmten Ort betraf. Auch wenn man Erfahrungen in einem fließenden Gewässer oder in Schifffahrtsgewässern verlangt, ist dieses Erfordernis damit erfüllt.

Vom ausgeschriebenen Auftrag unterscheidet sich der Auftrag "City-Sporthafen Hamburg" noch dadurch, dass die Ladung hier höhen- und lagengenau auf der Fluss-Sohle aufgebracht werden soll, während sie dort fortgeschwemmt werden sollte. Die Arbeiten sind nicht identisch, eine Beurteilung als vergleichbar ist aber vertretbar. Durch die vorhandenen Karten sowie durch Peilung kann ermittelt werden, welche Massen an welcher Stelle abgeklappt werden müssen. Dass nach dem Abklappen infolge der Fließgeschwindigkeit des Rheins mit einer nennenswerten Abdrift des Materials zu rechnen ist (nur dann wären die Befürchtungen der Vergabekammer in ihrem zweiten Beschluss realistisch) und infolgedessen auch Erfahrungen mit der Abdrift vonnöten wären, ist nicht näher dargetan und auch nicht ersichtlich. Es handelt sich - worauf die Beigeladene vor der Vergabekammer mit Schriftsatz vom 07. August 2008 (Bl. 13 = Bl. 591 der Verfahrensakte der Vergabekammer) unwidersprochen hingewiesen hat - um schweres Schüttgut. Der Rhein ist auch nicht übermäßig tief, ganz abgesehen von der Frage, ob eine Abdrift nicht ohnehin berechnet werden kann.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin sich mit ihrer jetzigen Bewertung nicht von den Bewertungsmaßstäben entfernt hat, die sie in ihrem Vermerk vom 16. Juli 2008 angewendet hat. Sie hat dort nicht etwa abstrakt Erfahrungen mit einer höhen- und lagengenauen Ablagerung von Schüttgut auf einer Flußsohle verlangt, sondern ist irrigerweise von derartigen Erfahrungen der Beigeladenen ausgegangen, so dass sie sich nicht damit befassen musste und auch nicht befasst hat, ob derartige Erfahrungen überhaupt notwendig waren.

e) Auch der im Termin vom 05. November 2008 erhobene Einwand der Antragstellerin, die Beigeladene habe sich durch falsche Auskünfte als unzuverlässig erwiesen, jedenfalls habe die Antragsgegnerin unter diesem Gesichtspunkt noch keine Entscheidung getroffen, greift nicht durch.

Allerdings können Falschangaben des Bieters im Vergabeverfahren zu seinem Ausschluss führen (vgl. § 8 Nr. 5 Abs. 1 lit. e) VOB/A). Von solchen Angaben kann der Senat jedoch nicht ausgehen. Die Antragsgegnerin hatte mit Schreiben vom 07. April 2008 Fragen an die Beigeladene gestellt; diese Fragen - auch zum Einbau des gebaggerten Materials - bezogen sich jedoch auf die Baumaßnahme "Ausbau Abzweig Havelkanal". In ihrem Antwortschreiben ging die Beigeladene auch auf die Referenz "City-Sporthafen Hamburg" ein. Sie erwähnte dabei zwar, dass sie "dort höhen- und lagegenau verklappt" habe. Das bezog sich aber nicht darauf, dass das Schüttgut auf dem Grund "höhen- und lagegenau" ablagern sollte. Bei dem ausgebaggerten Boden handelte es sich ersichtlich um Sedimente, so dass ein "höhen- und lagegenaues Abklappen" in dem Sinne, dass sie in einem bestimmten Gebiet in einer bestimmten Stärke auf dem Grund ablagern sollten, - auch angesichts der Strömungsverhältnisse nicht nahelag. Dagegen sprach auch der folgende Satz im Antwortschreiben der Beigeladenen, wonach der Auftraggeber die genaue Schiffsposition (und nur diese) überwachte. Damit bezog sich die Bemerkung zur höhen- und lagegenauen Verklappung lediglich auf die Position (bei einem bestimmten Wasserstand) während des Verklappungsvorgangs, nicht auf das Verklappungsergebnis.

Auch in der Folgezeit hat die Beigeladene keine Erklärung abgegeben, wonach es bei dem Auftrag "City-Sporthafen Hamburg" auf eine höhen- und lagegenaue Ablagerung des Sedimentes angekommen wäre; ihre Argumentation hat sich immer nur auf die Vergleichbarkeit des Verklappungsvorgangs bezogen.

f) Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 10. November 2008 auf die abträglichen Kostenfolgen einer Berücksichtigung nachgeholter Ermessenserwägungen verweist, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sie weiterhin in der Hauptsache die Entscheidung der Antragsgegnerin als fehlerhaft ansieht; eine lediglich hilfsweise Erledigungserklärung führte nicht zu einer für sie günstigen Kostenentscheidung (vgl. Vollkommer, in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rdnr. 35). Zum anderen hätte die Antragstellerin, wenn sie ihre Bedenken in dieser Hinsicht hätte zurückstellen wollen, die notwendigen Erklärungen spätestens im Termin vom 05. November 2008 abgeben können und müssen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist aus diesen Gründen nicht veranlasst.

4.

Ob dem Angebot der Beigeladenen weitere Mängel anhaften, ist nicht zu entscheiden.

a) Die Antragstellerin hat bereits im ersten Nachprüfungsverfahren geltend gemacht, das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, weil die Beigeladene hinsichtlich bestimmter Arbeiten durch den im Aufklärungsgespräch erklärten Vorbehalt des Einsatzes von Baggern vom Leistungsverzeichnis abweichen wolle. Die Vergabekammer hat in ihrem ersten Beschluss dazu ausgeführt, die Arbeiten hätten mit einer Klappschute durchgeführt werden sollen; zulässig sei es allerdings, wenn Unebenheiten bei bereits eingebauten Materialien aus technischen Gründen nicht mit einer Klappschute, sondern mit einem Bagger beseitigt würden. Die Angaben der Beigeladenen seien wohl in diesem Sinne zu verstehen, eine erneute Prüfung könne die Antragsgegnerin jedoch vornehmen. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Vermerk vom 16.07.2008, auch unter Berücksichtigung weiterer Erklärungen der Beigeladenen, angenommen, dass es lediglich um solche Ausnahmefälle gegangen sei. Auch im zweiten Vergabenachprüfungsverfahren hat die Beigeladene erklärt, nur in jenen Ausnahmefällen Bagger einzusetzen.

Unter diesen Umständen kann die Antragstellerin jetzt nicht mehr geltend machen, der Einsatz von Baggern sei in jedem Falle ausgeschlossen. Die Vergabekammer ist in ihrem ersten Beschluss - wie bereits erwähnt - davon ausgegangen, dass in bestimmten Fällen der Einsatz von Baggern zulässig sei, und hat der Antragsgegnerin lediglich aufgegeben zu prüfen, ob sich die Erklärung der Beigeladenen nur auf diese bestimmten Fälle beziehe. Dieser Beschluss ist bestandskräftig.

b) Mit dem Einwand, der Beigeladenen stünden keine Eimerkettenschwimmbagger zur Verfügung, ist die Antragstellerin nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 113 Abs. 2 S. 1 GWB ausgeschlossen.

Die Antragstellerin ist damit erst im Termin vom 05. November 2008 hervorgetreten, eine Berücksichtigung würde zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und damit zu einer nicht hinzunehmenden Verzögerung bei der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens führen.

Die Antragstellerin hat dies zwar mit Schriftsatz vom 14. August 2008 zwar auch im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren geltend gemacht. Nachdem die Beigeladene jedoch darauf hingewiesen hatte, die entsprechenden Positionen im Leistungsverzeichnis ausgefüllt zu haben, und die Vergabekammer in ihrem Beschluss - anders als bei dem unter a) angesprochenen Mangel - auf den Einwand nicht mehr zurückgekommen ist, die Antragstellerin den Punkt auch in der Beschwerdeerwiderung - ebenfalls anders als den unter a) behandelten angeblichen Mangel des Angebots - nicht mehr angesprochen hatte, mussten der Senat und die übrigen Verfahrensbeteiligten davon ausgehen, dass die Antragstellerin ihre Beanstandung als gegenstandslos, weil im Sinne der Beigeladenen geklärt, ansah.

Die Berücksichtigung des Vortrages der Antragstellerin führte zu einer Verzögerung des Verfahrens. Es hätte nicht ausgereicht, der Antragsgegnerin und der Beigeladenen eine Schriftsatzfrist einzuräumen. Die Bedeutung des geltend gemachten Mangels hätte nämlich ohne Erörterung in einer mündlichen Verhandlung nicht ordnungsgemäß gewürdigt werden können. Wie eine Einsicht in die Vergabeunterlagen ergeben hat, handelt es sich unter 4.1.70 um eine Bedarfsposition "auf Aufforderung durch den AG". In dem Angebot der Beigeladenen finden sich zu 4.1.70 sowohl Angaben als auch ein Verrechnungssatz, ebenso findet sich auf dem Formblatt 367 "Angaben zum Gerätekonzept" unter "1. Eimerkettenschwimmbagger" ein Eintrag. Es hätte zunächst geklärt werden müssen, ob und inwieweit der Antragstellerin insoweit Akteneinsicht hätte gewährt werden können. Des Weiteren hätte sich die Antragstellerin dazu erklären müssen, ob ihre Erklärungen, bisher habe die Beigeladene von den benannten Unternehmen keine Eimerkettenschwimmbagger angemietet, bedeuten sollte, dass eine Anmietung auch später nicht in Betracht komme. Gegebenenfalls hätte darüber diskutiert werden müssen, ob mit dem Angebot nur Geräte benannt werden durften, über die ein Bieter durch Abschluss eines Mietvertrages oder einer Mietoption später auch sicher würde verfügen können oder ob es ausreichte, wenn erst bei Bedarf auf eine Anmietung zurückgegriffen würde. All das ließ sich, wie sich auch aus der Reaktion der Beigeladenen auf den Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 13. November 2008 ergibt, nicht nur durch Einräumung einer Schriftsatzfrist hinreichend klären.

Unter diesen Umständen entsprach das Aufgreifen des Punktes erst in der mündlichen Verhandlung vom 05. November 2008 nicht den Vorschriften des § 113 Abs. 2 S. 1 GWB, was in Ermangelung einer Möglichkeit zu hinreichender Erörterung in diesem Termin zum Ausschluss des Vortrags führt (vgl. Senat, VergabeR 2004, 248 - Durchsatzmenge).

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten geben - auch über den oben angesprochenen Punkt hinaus - keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (entsprechend § 156 ZPO).

III.

Die Entscheidung zu den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 2 GWB. Die Beigeladene ist kostenmäßig als Beteiligter anzusehen, weil sich die Antragstellerin gegen die vorgesehene Vergabe gewandt und sind die Beigeladene an dem Verfahren streitig beteiligt hat. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts war für sie notwendig, § 128 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 80 VwVfG.

Für die Kosten des Beschwerdeverfahrens gilt § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO analog.

Der Beschwerdewert beträgt über 350.000 Euro, § 50 Abs. 2 GKG

Ende der Entscheidung

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