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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 56/06
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB, BGB


Vorschriften:

VOB/A § 8 Nr. 5
VOB/A § 8 Nr. 5 Abs. 1
VOB/A § 8 Nr. 5 Abs. 1 a
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 2
VOB/A § 25 Nr. 2
VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
GWB § 107 Abs. 3 S. 1
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
GWB § 118 Abs. 2 S. 1
GWB § 118 Abs. 2 S. 2
BGB § 121
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 8. November 2006 (VK 1-121/06) bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird abgelehnt.

Der Antragsteller wird aufgefordert, dem Gericht bis zum 28. Dezember 2006 anzuzeigen, ob und mit gegebenenfalls welchem Antrag die Beschwerde aufrechterhalten wird.

Gründe:

I. Die P... W... KG beteiligte sich an einer im offenen Verfahren durchgeführten Ausschreibung von Umbaumaßnahmen auf dem Heeresflugplatz N. mit einem Haupt- und einem Nebenangebot für das Gewerk Metallbauarbeiten und Sonnenschutz. Etwa drei Wochen zuvor war über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Antragsteller zeigte gegenüber der Vergabestelle (Staatliches Hochbauamt Sch.) an, das Unternehmen werde im Insolvenzverfahren fortgeführt. Vorher und nachher forderte die Vergabestelle ergänzende Unterlagen, Belege und Bestätigungen zum Angebot bei P... an, welche eingereicht wurden. Mitte September 2006 führte sie eine Betriebsbesichtigung durch. Sie soll mündlich sogar einen Zuschlag avisiert haben. Unter dem 26.9.2006 informierte die Vergabestelle allerdings dahin, dass die Angebote der P... ausgeschlossen würden, "weil ein Ausschlussgrund nach § 8 Nr. 5 VOB/A vorliegt."

Gemeint war ein Ausschlussgrund nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A (Insolvenzverfahren). Dagegen stellte der Antragsteller - ohne einen Vergaberechtsverstoß vorher gerügt zu haben - am 5.10.2006 einen Nachprüfungsantrag und ließ der Antragsgegnerin eine Abschrift zukommen. Am 9.10.2006 rügte er den Ausschluss gegenüber der Vergabestelle und am 10.10.2006 stellte er einen weiteren Nachprüfungsantrag. Im Nachprüfungsverfahren stritten die Verfahrensbeteiligten über die Berechtigung des Ausschlusses.

Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag, da der Antragsteller den von ihm erkannten Vergaberechtsverstoß eines nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A ungerechtfertigten Ausschlusses der P... nicht rechtzeitig gerügt habe. Der Antragsteller sei gehalten gewesen, dies am 5.10.2006 zu rügen, was dem Datum des ersten Nachprüfungsantrags entspricht. In der Sache selbst sei der Ausschluss der P... überdies begründet. Im Rahmen des Ausschlusstatbestands nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A sei die Vergabestelle nicht verpflichtet zu prüfen, ob das am Auftrag interessierte Unternehmen trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin als geeignet, insbesondere als leistungsfähig, anzusehen sei. Der genannte Ausschlussgrund erlaube der Vergabestelle, das im Insolvenzverfahren stehende Unternehmen aufgrund einer durch das Insolvenzverfahren hervorgerufenen abstrakten Gefahrenlage und ohne Prüfung von Risiken im Einzelfall vom Wettbewerb auszuschließen. Dabei sei der Vergabestelle zwar ein Ermessen eingeräumt, doch sei sie nicht verpflichtet, die für einen Ausschluss sprechenden Tatsachen abzuwägen und die Ausschlussentscheidung zu begründen.

Dagegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, die Rüge vom 9.10.2006 ohne schuldhaftes Zögern ausgesprochen zu haben. Auch habe sich die Vergabestelle schon durch die Übermittlung des ersten Nachprüfungsantrags vom 5.10.2006 zu einer Abhilfe aufgerufen sehen müssen. In der Sache selbst hält der Antragsteller die Antragsgegnerin aus Gründen der Selbstbindung und des Vertrauensschutzes für verpflichtet, die P... im Vergabeverfahren zu belassen und ihr den Zuschlag zu erteilen.

Einstweilen ist nur über den Antrag des Antragstellers zu entscheiden, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind diesem Antrag und der Beschwerde entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, auf die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer und auf die Akten der Vergabekammer Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB kann, sofern die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag abgelehnt hat, das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung der Beschwerde verlängern. Gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 GWB berücksichtigt das Gericht bei der Entscheidung über den Antrag die Erfolgsaussichten der Beschwerde. Verspricht die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, ist der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung allein deswegen abzulehnen, ohne dass es noch einer Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 S. 2 GWB bedarf. So liegt der Fall hier. Gemessen am derzeitigen Sach- und Streitstand ist die sofortige Beschwerde des Antragstellers unbegründet, da der Nachprüfungsantrag unzulässig und außerdem unbegründet ist.

a) Die Vergabekammer hat mit Recht eine Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB durch den Antragsteller gesehen. Richtig ist zwar, dass die Rügeobliegenheit hinsichtlich der im Vergabeverfahren erkannten Rechtsverstöße des Auftraggebers die Kenntnis des Antragstellers von den einen Verstoß begründenden Tatsachen und ferner voraussetzt, dass der Antragsteller aus den ihm bekannten Tatsachen bei laienhafter Würdigung auf einen Vergaberechtsverstoß schließt (vgl. BayObLG VergabeR 2005, 130; OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364). Vom Eintritt der tatsächlichen und rechtlichen Kenntnis an ist die Rüge unverzüglich, d.h. im Sinne von § 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern, auszusprechen (OLG Düsseldorf NJW 2000, 145; OLG Naumburg ZfBR 2005, 415). Dies bedeutet, die Rüge muss so rechtzeitig erfolgen, wie dies mit Blick auf die für die Prüfung des Rechtsverstoßes und für die Begründung der Rüge notwendige Vorbereitungszeit einschließlich einer angemessenen Überlegungsfrist im einzelnen Fall möglich und zumutbar ist (vgl. Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 77). Der in der Rechtsprechung genannte Zeitraum von zwei Wochen ab Kenntniserlangung ist in diesem Sinn als eine zeitliche Obergrenze zu verstehen (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR 2002, 267; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2002, 394; OLG Koblenz VergabeR 2003, 709). Dieses Zeitmaß darf im Regelfall, insbesondere in durchschnittlichen und nicht schwierig gelagerten Fällen, vom Antragsteller keineswegs ausgeschöpft werden. Welche Zeitspanne noch als unverzüglich gelten kann, ist stets aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles zu ermitteln.

Von diesem Vorverständnis ausgehend ist die Rüge vom 9.10.2006 nicht mehr unverzüglich ergangen. Dabei ist zu bedenken, dass der Antragsteller bereits vier Tage zuvor, nämlich unter dem 5.10.2006, ohne eine vorherige Rüge einen Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer gerichtet hatte (den diese der Vergabestelle freilich nicht zustellte, da der Antragsteller vorher keine Rüge angebracht hatte). Der Antragsteller, der - ohne zuvor der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB nachgekommen zu sein - einen Nachprüfungsantrag stellt, muss, um seiner Rügeobliegenheit noch zu genügen, die Rüge im Allgemeinen am selben Tag, spätestens aber innerhalb einer Frist von ein bis zwei Tagen danach gegenüber dem Auftraggeber aussprechen. Die Einreichung eines Nachprüfungsantrags markiert den Zeitpunkt, in dem sich der Antragsteller fest entschlossen hat, einen erkannten Vergaberechtsverstoß auf dem Rechtsweg zu bekämpfen und in dem er sich seiner Sache so sicher ist, dass er dafür auch erhebliche Kostenrisiken einzugehen bereit ist. Bei dem darin zum Ausdruck kommenden Grad an Gewissheit und Entschlossenheit besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller weitere Vorbereitungs- oder Überlegungsfristen für die Erhebung einer Rüge zu konzedieren. Ausweislich eines Nachprüfungsantrags sind die Erkenntnis eines Rechtsverstoßes und die Absicht, dagegen vorzugehen, gereift. Der Vergaberechtsverstoß liegt für den Antragsteller gewissermaßen "auf der Hand". Bei einer derartigen Verdichtung muss der Antragsteller von der Einreichung des Nachprüfungsantrags an in der Regel sofort handeln und die Rüge aussprechen, dies aber spätestens innerhalb von zwei Tagen danach tun, wenn die Rüge noch als unverzüglich gelten soll. Im Streitfall ist dies nicht geschehen. Der Antragsteller hat einen Vergaberechtsverstoß erst am vierten Tag nach Anbringung des Nachprüfungsantrags und mithin verspätet gerügt.

Der Vortrag des Antragstellers, die Bieterinformation vom 26.9.2006 - "verbunden mit der Bitte um Überprüfung und etwaige Veranlassung" - umgehend an die Vergabestelle zurückgesandt zu haben, ist nicht im Sinn einer Rügeerhebung zu verstehen. Der Rüge des Antragstellers muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein (vgl. OLG Frankfurt am Main VergabeR 2002, 394), was nicht behauptet worden ist.

Der erste Nachprüfungsantrag vom 5.10.2006 ist auch nicht in eine Rüge nach § 107 Abs. 3 S. 1 GWB umzudeuten. Zwar kann sich der öffentliche Auftraggeber durch den Zugang eines Nachprüfungsantrags dazu angehalten sehen, einen Vergaberechtsverstoß abzustellen oder zu beseitigen. Doch haben Rüge und Nachprüfungsantrag verschiedene Zwecke, was ausschließt, den Nachprüfungsantrag im Rechtssinn auch als eine Rüge zu behandeln. Mit einer Rüge soll dem Auftraggeber signalisiert werden, dass er einen Vergaberechtsverstoß zur Vermeidung eines unter Umständen aufwändigen und eine unverzögerte Auftragsvergabe in jedem Fall ausschließenden Nachprüfungsverfahrens noch beheben kann. Mit der Anbringung und Bekanntmachung eines Nachprüfungsantrags ist es dafür zu spät und ist gewissermaßen "das Kind in den Brunnen gefallen". Bei der Erfüllung der Rügeobliegenheit handelt es sich um eine prozessuale Zugangsvoraussetzung für das Nachprüfungsverfahren. Lässt sie der Antragsteller unbeachtet, ist der Nachprüfungsantrag unzulässig (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR 2005, 364).

b) Der Nachprüfungsantrag könnte freilich auch dann keinen Erfolg haben, wenn man über die Unzulässigkeit hinweg gelangte. Denn nach Lage der Dinge hat die Vergabestelle die P... wegen des Ausschlussgrundes nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a in Verbindung mit § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A zu Recht vom Wettbewerb ausgeschlossen.

1. Insofern teilt der Senat allerdings nur im Ergebnis, nicht aber in der Begründung die Rechtsauffassung der Vergabekammer. § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A, und zwar auch in Verbindung mit § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, erlaubt dem öffentlichen Auftraggeber keineswegs, einen Bieter oder Bewerber allein aufgrund einer durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingetretenen abstrakten Gefährdungslage, ohne eine gezielte und konkrete Überprüfung seiner Eignung, d.h. einer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit trotz eingeleiteten Insolvenzverfahrens, ohne Betätigung des dabei auf der Tatbestandsseite auszuübenden Beurteilungsspielraums und des auf der Rechtsfolgenseite eingeräumten Ermessens und vor allen Dingen ohne eine Kontrolle der bei der Ausübung von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen einzuhaltenden Grenzen vom Wettbewerb auszuschließen. Der Tatbestand von § 8 Nr. 5 VOB/A zielt darauf ab, dass beim Vorliegen bestimmter, typisierend verwendeter Merkmale Bieter oder Bewerber keine zureichende Gewähr dafür bieten, den abzuschließenden Vertrag ordnungsgemäß erfüllen zu können. Die Tatbestandselemente der Norm betreffen die Eignungsmerkmale der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (vgl. § 25 Nr. 2 Abs. 1 S. 2 VOB/A). Da sie nach dem Norminhalt und -zweck (nur) in einem typisierenden Sinn zu verstehen sind, ist die Entscheidung über den Ausschluss dem Ermessen des Auftraggebers anheim gegeben - und seinem Beurteilungsspielraum, soweit es den Tatbestand der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit betrifft.

Beim Ausschluss eines Bieters oder Bewerbers nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A, insbesondere nach Buchst. a und auch in Verbindung mit einem Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, hat der öffentliche Auftraggeber daher genauso wie im Rahmen der Eignungsbewertung gemäß § 25 Nr. 2 VOB/A in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob das betroffene Unternehmen trotz Vorliegens der in § 8 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A typisierend genannten Tatbestandsmerkmale genügend fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist, um die in der Vergabebekanntmachung angegebenen Eignungsanforderungen zu erfüllen und ob es davon ausgehend die notwendigen Sicherheiten bietet, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen (ebenso: Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB, 15. Aufl., A § 8 Rn. 70, 71; Prieß/Hausmann in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB Teil A, § 8 Rn. 96 f., 99; Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 10. Aufl., A § 8 Rn. 52; Franke/Mertens in Franke/Kemper/Zanner/Grünhagen, VOB, 2. Aufl., A § 8 Rn. 67; Hennemann in Völlink/Kehrberg, VOB/A, § 8 Rn. 45, und für den Anwendungsbereich der VOL/A: Zdzieblo in in Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 7 Rn. 67; Müller-Wrede, VOL/A, § 7 Rn. 39). Bei der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale hat der Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum, da eine prognostische, in die Zukunft gerichtete Entscheidung zu treffen ist. Die Entscheidung über den Ausschluss selbst unterliegt darüber hinaus dem pflichtgemäßen Ermessen des Auftraggebers, das fehlerfrei auszuüben ist. Sowohl die Ermessensausübung als auch die vorgelagerte Betätigung des Beurteilungsspielraums unterliegen der Kontrolle der Nachprüfungsinstanzen darauf, ob die nach allgemeinen Grundsätzen zu beachtenden Grenzen eingehalten worden sind (vgl. zum Ermessensgebrauch Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 114 Rn. 7 ff. und zum Beurteilungsspielraum OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.2.2004 - VII - Verg 88/04; Boesen, Vergaberecht, § 97 GWB Rn. 151).

Der Umstand, dass hiervon ausgehend nach der VOB/A unter Umständen an drei Stellen eine Eignungsprüfung veranlasst ist (nämlich nach § 8 Nr. 5, § 25 Nr. 1 Abs. 2 und nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A), rechtfertigt nicht die von der Vergabekammer gezogene Schlussfolgerung, ein Ausschluss nach § 8 Nr. 5 Abs. 1 a VOB/A sei allein aufgrund der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegebenen abstrakten Gefährdungslage gerechtfertigt. Systematische Erwägungen, wie sie die Vergabekammer getätigt hat, sind vom zuständigen Verdingungsausschuss (Vergabe- und Vertragsausschuss) nicht unbedingt angestellt worden. Immerhin lässt sich insoweit feststellen, dass § 8 Nr. 5 VOB/A den Ausschluss eines Bewerbers oder Bieters schon vor Einreichung eines Teilnahmeantrags oder eines Angebots rechtfertigen und insofern vom öffentlichen Auftraggeber im Vergabeverfahren systematisch und zeitlich früher angewendet werden kann als die Ausschlusstatbestände nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 2 Abs. 1 VOB/A.

2. In der Sache hat die Vergabestelle den ihr zu Gebote stehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum dahin ausgeübt und die Entscheidung spätestens im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren abschließend dahin begründet, dass die P... W... KG wegen der Unklarheit einer Übernahme durch einen ungenannten Investor, der Unklarheit, durch wen der Auftrag letztendlich auszuführen sei, sowie deswegen vom Wettbewerb ausgeschlossen werde, weil völlig offen sei, welches als zuverlässig anzusehende Unternehmen die Gewährleistungshaftung übernehmen werde. Nicht zuletzt ist berücksichtigt worden, dass der Antragsteller der Vergabestelle über den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 5.9.2006 berichtet hat, "dass ich den Geschäftsbetrieb schließen darf, sobald sich die Fortführung als masseschädlich erweist."

Die genannten Umstände lassen die Entscheidung der Vergabestelle über einen Ausschluss der P... und die Begründung nicht als beurteilungs- und/oder ermessensfehlerhaft erscheinen, mit der Folge, dass dem Nachprüfungsantrag unter Zugrundelegung dieses Sach- und Streitstands auch in der Sache aller Voraussicht nach kein Erfolg beschieden sein kann.

Der Antragsteller kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg auf einen Vertrauensschutz oder eine Selbstbindung der Vergabestelle berufen, dass die Angebote der P... in der Wertung zu verbleiben haben. Die Vergabestelle hat nach dem Vorbringen des Antragstellers durch Anfordern von Unterlagen, Belegen und Bestätigungen allenfalls ein Vertrauen darauf hervorgerufen, dass die durch das Insolvenzverfahren in Frage gestellte Eignung des Unternehmens sachlich geprüft werde. Die erforderliche Prüfung ist erfolgt. Auf das Ergebnis der Prüfung hat sich die Vergabestelle nach eigenem Vortrag des Antragstellers hingegen nicht vorher festgelegt. Eine bloß mündliche Avisierung eines Zuschlags ist dafür ohne rechtliche Bedeutung.

Die Kostenentscheidung ist der Hauptsacheentscheidung vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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