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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 59/08
Rechtsgebiete: VOL/A, GWB


Vorschriften:

VOL/A § 8 Nr. 1 Abs. 1
VOL/A § 8 Nr. 1 Abs. 3
VOL/A § 9a
VOL/A § 18a Nr. 1 Abs. 6
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a)
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 3
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2
VOL/A § 25 a
GWB § 97 Abs. 5
GWB § 107 Abs. 3 Satz 2
GWB § 128 Abs. 3
GWB § 128 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Detmold vom 2. September 2008 (VK 2-06/08) aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, in dem Vergabenachprüfungsverfahren "Unterhaltsreinigung für Schulen, Turnhallen, Kindertagesstätten und Verwaltungsgebäude (Vergabe-Nr. FB 2303/2008)" einen Zuschlag zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen trägt die Antragsgegnerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer war für die Antragstellerin notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Gegenstandwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 300.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb Ende April 2008 im offenen Verfahren die Vergabe von Reinigungsdienstleistungen für Schulen, Turnhallen, Kindertagesstätten und Verwaltungsgebäude in fünf Losen aus. Als Vertragsbeginn war im Vertragsentwurf der 1. August 2008, als Vertragsende der 31. Juli 2012 vorgesehen, mit einer Verlängerungsoption für die Antragsgegnerin um ein Jahr (vgl. Ziffer 17).

Ausweislich der Bekanntmachung sollte das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhalten. Die Zuschlagskriterien waren unter Ziffern IV.2.1. wie folgt angegeben: 1. Plausibilität des Angebotes 2. Machbarkeit der Leistung und 3. Angebotspreis. Eine Gewichtung der Zuschlagskriterien wurde weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen vorgenommen.

Die Antragstellerin forderte mit Schreiben vom 30. April 2008 die Vergabeunterlagen für das Los eins an. Sie beanstandete mit Schreiben vom 6. Mai 2008 (Anlage BF2) unter anderem die Zuschlagskriterien als intransparent und vergaberechtlich unzulässig. Außerdem rügte sie, es sei eine Gewichtung der Kriterien in der Bekanntmachung unterblieben. Ferner beanstandete sie zahlreiche Bedingungen der Vergabebekanntmachung als unklar.

Die Antragsgegnerin wies die Rügen mit Schreiben vom 8. Mai 2008 (Anlage BF3) als unbegründet zurück. Sie vertrat die Auffassung, der Wortlaut des § 9a VOL/A ("möglichst") schreibe eine Gewichtung in der Bekanntmachung nicht zwingend vor. Außerdem sei in der Gebäudereinigung eine Gewichtung der Zuschlagskriterien "Machbarkeit der Leistung" und "Plausibilität des Angebots" nicht möglich. Es werde kein Zuschlag auf ein Angebot erteilt, das nicht machbar sei.

Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2008 ihres anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten (Anlage BF4) rügte die Antragstellerin weitere Vorgaben der Bekanntmachung, der Leistungsbeschreibung und des Vertragsentwurfs als unklar. Sie beanstandete erneut die Unbestimmtheit der Kriterien "Plausibilität des Angebots" und "Machbarkeit der Leistung". Daraufhin übersandte mit Schreiben vom 12. Juni 2008 (Anlage BF5) das von der Antragsgegnerin mit der Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung beauftragte Ingenieurbüro ein Informationsblatt an den Bieterkreis, das zahlreiche Erläuterungen zu den Verdingungsunterlagen enthielt. Auf den Inhalt des Informationsblatts für Bieter zur Ausschreibung FB 2303/2008 wird Bezug genommen. Gleichzeitig verlängerte die Antragsgegnerin die Angebotsabgabefrist bis zum 20. Juni 2008. Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 18. Juni 2008 (Anlage BF6) weitere Vergaberechtsverstöße auf Grund des mit Schreiben vom 12. Juni 2006 übersandten Informationsblatts. Die im Informationsblatt mitgeteilten Abänderungen erforderten eine grundlegende Korrektur der Angebote, wenn nicht sogar eine neue Kalkulation der Angebote, die innerhalb von sechs Tagen bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht zu gewährleisten sei. Die Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin auf, die Angebotsfrist um einen angemessenen Zeitraum zu verlängern. Ferner rügte sie eine Vermischung der Wertungsstufen, soweit die Plausibilität als Zuschlagskriterium auch in der ersten Wertungsstufe geprüft werden sollte. Ein Angebot gab die Antragstellerin nicht ab.

Die Antragstellerin reichte Anfang Juli 2008 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein, mit dem sie in erster Linie die Aufhebung des Vergabeverfahrens, hilfsweise die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens erstrebte. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Es sei bei verständiger Würdigung des Bekanntmachungstextes und schließlich aufgrund der Mitteilung der vom 12. Juni 2008 für jeden fachkundigen Bieter ohne weiteres erkennbar, dass die Kriterien "Plausibilität des Angebots" und "Machbarkeit der Leistung" begrifflich keine Zuschlagskriterien darstellten. Die Prüfung der Angebote auf Plausibilität erfolge in der Eignungsprüfung. Sei ein Angebot in sich unschlüssig und nicht plausibel, so sei es wegen fehlender Eignung des Bieters auszuschließen. Auch ein unauskömmliches und damit nicht machbares Angebot sei von der weiteren Wertung auszuschließen. Da als einzig zulässiges Zuschlagskriterium lediglich der Preis verbleibe, stelle sich die Frage der Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht mehr. Eine Wertung der im Vergabeverfahren verbliebenen Angebote lediglich aufgrund des Kriteriums "Angebotspreis" sei aber vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie den Antrag auf Zurückversetzung des Verfahrens weiter verfolgt. Sie macht geltend: Schon die unterlassene Bekanntgabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien stelle einen Vergaberechtsverstoß dar. Es sei daher nicht entscheidungserheblich, ob die Kriterien "Machbarkeit der Leistung" und "Plausibilität des Angebots" zulässige Zuschlagskriterien seien. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei dies aber zu verneinen. Die Kriterien seien unbestimmt. Es handele sich um Eignungskriterien, nicht um zulässige Zuschlagskriterien. Das Schreiben vom 12. Juni 2008 stelle nicht eindeutig und unmissverständlich klar, dass es sich bei den Kriterien nicht um Zuschlagskriterien handeln solle. Sie seien dort als Zuschlagskriterien ausdrücklich bezeichnet.

Mit dem Kriterium "Plausibilität" vermische die Antragsgegnerin die dritte mit der vierten Wertungsstufe.

Wegen der unzulässigen Zuschlagskriterien und der nur um sechs Tagen verlängerten Angebotsfrist sei sie gehindert gewesen, ein Angebot zu kalkulieren. Sie habe nicht vorhersehen können, ob allein der Preis das einzige Kriterium für den Zuschlag sei oder aber weitere Zuschlagskriterien Anwendung finden

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und das Vergabeverfahren in den Stand nach der Vergabebekanntmachung zurückzuversetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt, denn sie habe kein Angebot abgegeben. Sie habe nicht plausibel dargelegt, dass sie zu einer Angebotskalkulation nicht in der Lage gewesen sei. Sie habe ferner nicht dargelegt, dass die behaupteten Verstöße kausal für ihren Entschluss gewesen seien, kein Angebot einzureichen. Die Antragstellerin habe zudem mit ihrem Schreiben vom 30. April 2008 nur ihr Interesse an dem Los eins bekundet, nicht aber an allen Losen.

Es sei bei Reinigungsdienstleistungen nicht möglich, die Gewichtung in den Verdingungsunterlagen bekannt zu geben. Sie, die Antragsgegnerin, habe spätestens mit Schreiben vom 12. Juni 2008 gegenüber allen Bietern klargestellt, dass es sich bei den beiden Kriterien nicht um Zuschlagskriterien handele. Eine Leistung, deren Machbarkeit vom Bieter nicht nachgewiesen werden könne, führe zum Ausschluss des Bieters bereits in der zweiten Wertungsstufe.

Im Bereich der Gebäudereinigung gebe es nur zwei Werte, die ein Bieter mit dem Angebot angeben könne, den Stundenverrechnungssatz und den Leistungswert, auch Richtwert genannt. Durch die Angabe dieser Werte stehe angesichts der vorgegebenen Quadratmeterzahlen der zu reinigenden Objekte der Preis eindeutig fest (mit Ausnahme von Zusatzkosten). Im Rahmen der Kriterien "Plausibilität der Angebote" und "Machbarkeit der Leistung" würden diese Angaben geprüft. Sei die Berechnung des Stundenverrechnungssatzes nicht schlüssig oder ein angegebener Leistungswert nicht durchführbar, so werde das Angebot schon ausgeschlossen und gelange mithin nicht mehr in die vierte Wertungsstufe. Insofern sei auch eine Gewichtung der Kriterien nicht möglich.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie die zu Informationszwecken beigezogenen Akten der Vergabekammer und die Vergabeakten Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.

1. a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB), soweit sie behauptet hat, durch die Bekanntmachung von unzulässigen Zuschlagskriterien in eigenen Rechten verletzt worden zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VergabeR 2004, 473, 474= NZBau 2004, 457) ist es ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der eingetretene oder der drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist. Solchen Vortrag hat die Antragstellerin angebracht. Die Antragstellerin hat auch ihr Interesse an der Erteilung des Auftrags bekundet. Zwar hat sie kein eigenes Angebot eingereicht. Es kann jedoch offen bleiben, ob in dem Schreiben der Antragstellerin vom 30. April 2008, mit welchem sie die Verdingungsunterlagen für das Los eins angefordert hat, eine ausreichende Interessenbekundung liegt. Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar die Auffassung der Antragsgegnerin, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Unternehmen, die kein Angebot abgegeben haben, substantiiert darlegen müssen, an der Angebotseinreichung gerade durch ein vergaberechtswidriges Verhalten des Antragsgegners gehindert worden zu sein (vgl. BayObLG, Beschl. v. 4.2.2003 - Verg 31/02, VergabeR 2003, 345; Brandenburgisches OLG, VergabeR 2005, 138; OLG Koblenz, NZBau 2000, 445, 446; OLG Rostock VergabeR 2002, 193; vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 688, 689 unter II.1. b)). Nach dem Vorbringen der Antragstellerin war sie gehindert, ein chancenreiches Angebot einzureichen, weil sie nicht wusste, welche Zuschlagskriterien in der vierten Wertungsstufe zur Anwendung kommen sollten. Es kann von der Antragstellerin weder verlangt werden, ein zeit- und kostenintensives Angebot zu erarbeiten, das allein den Preis als einziges zulässiges Zuschlagskriterium berücksichtigt, noch ein Angebot in Unkenntnis der den Zuschlagskriterien zugeordneten Gewichtungen zu erstellen. Die Kalkulation eines Angebots unter Anwendung der (unzulässigen) Kriterien wäre ein nutzloser Aufwand gewesen (vgl. Senat NZBau 2001, 155,157; Beschl. v. 9. 7.2004, Verg 26/03, Umdruck S. 4), zumal noch erschwerend hinzu kam, dass die Antragstellerin die Gewichtung der Kriterien nicht kannte. Bei Anwendung nur des Preises als Zuschlagkriterium hätte sie in Kauf nehmen müssen, ein nicht aussichtsreiches Angebot einzureichen. Wenn aber ein Unternehmen erkennt, dass es durch einen Vergaberechtsverstoß in den veröffentlichten Vergabebedingungen gehindert oder in seinen Aussichten erheblich beeinträchtigt wird, ein chancenreiches Angebot einzureichen, ist es nicht gehalten, ein aus seiner Sicht sinnloses Angebot einzureichen. Im Übrigen ist jedenfalls in den Rügen vom 6., 29. Mai und vom 18. Juni 2008 sowie in dem Nachprüfungsantrag eine ausreichende Interessenbekundung an der Vergabe des Auftrags zu sehen.

b) Die Antragstellerin hat auch ihre Rügeobliegenheit nicht verletzt (§ 107 Abs. 3 GWB). Die Rügen der Antragstellerin, soweit sie die bekanntgemachten Zuschlagskriterien betreffen, sind nicht präkludiert. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB lässt das Nachprüfungsrecht für Verstöße gegen Vergabevorschriften entfallen, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind und die nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe gerügt werden. Die Bekanntmachung wurde am 29. April 2008 veröffentlicht. Daraufhin hat die Antragstellerin die Verdingungsunterlagen angefordert. Das von der Antragstellerin selbst verfasste Rügeschreiben vom 6. Mai 2008 ist noch vor Ablauf der Angebotsfrist am 20. Juni 2006 der Antragsgegnerin zugegangen.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei den Kriterien "Plausibilität des Angebots" und "Machbarkeit der Leistung" nicht um zulässige Zuschlagskriterien im Sinne des § 25 a VOL/A.

Nach § 97 Abs. 5 GWB wird der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Die Vorschrift, die richtlinienkonform anhand von Art. 53 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG auszulegen ist, überlässt den öffentlichen Auftraggebern die Wahl zwischen dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit und dem Kriterium des niedrigsten Preises (vgl. Art. 53 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG; EuGH, VergabeR 2005, 62- "Sintesi"; EuGH, Urt. v. 24.1.2008, Rs. C 532/06, Tz. 28, VergabeR 2008, 496, 499 - "Lianakis"; Urt. v. 20.9.1988 - Rs. 31/87, Slg. 1988, 4635, Tz. 15 u.16 - "Beentjes"). Der Auftraggeber kann auch dem preiswertesten Angebot den Zuschlag erteilen.

Nach § 25a VOL/A berücksichtigt der Auftraggeber bei der Entscheidung über den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot verschiedene durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien, beispielsweise Qualität, Preis, technischen Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeit, Lieferungs- und Ausführungsfristen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Jedoch kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen. Danach sind als Zuschlagskriterien Kriterien ausgeschlossen, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots dienen, sondern im Wesentlichen und/ oder in erster Linie mit der Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags zusammenhängen (vgl. EuGH, Urt. v. 24.1.2008, Rs. C 532/06, Tz. 30 u. 31, VergabeR 2008, 496, 499 - Lianakis). Die Festlegung der auftragsbezogenen Kriterien für die Bestimmung des wirtschaftlichen Angebots steht im Ermessen des Auftraggebers. Die Kontrolle der Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich dabei auf die Frage zu beschränken, ob ein Ermessensmissbrauch oder ein sonstiger Ermessensfehler zu beanstanden ist (vgl. Senat, Beschl. v. 5.5.2008, VII-Verg 5/08, Umdruck S. 14 m.w.N.).

Die von der Antragsgegnerin in der Bekanntmachung zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots genannten Kriterien beinhalten neben dem Preis mit der Machbarkeit der Leistung ein Kriterium, das in erster Linie der Ermittlung der Leistungsfähigkeit (Eignung) des Auftragsnehmers dient, und mit dem Kriterium Plausibilität des Angebots ein solches, anhand dessen eine formelle Prüfung der Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A vorzunehmen ist.

1. Im Streitfall bezieht sich das Kriterium der "Machbarkeit der Leistung" auf die personelle und technische Leistungsfähigkeit des Bieters. Es handelt sich um ein Kriterium, das im Wesentlichen die fachliche Eignung und Leistungsfähigkeit der Bieter für die Ausführung des Auftrags betrifft, auch wenn es jedenfalls (mittelbar) in Beziehung zur Leistungszeit, zur Qualität und zum Preis steht. Dass es sich aber in erster Linie um ein Eignungskriterium handelt, folgt aus folgenden Überlegungen: Die Richtleistungswerte geben bezüglich einzelner Raumgruppen die sogenannte Quadratmeterleistung an, das heißt, wieviele Quadratmeter Reinigungsfläche innerhalb einer Stunde von einer Reinigungskraft zu reinigen sind (z.B. Sanitätsbereiche: 110 m²/h), wobei diese Leistung ihrerseits wiederum von verschiedenen Parametern abhängig ist, wie den Hygieneanforderungen, dem Verschmutzungsgrad, der Zugänglichkeit des Reinigungsobjekts, seinen Abmessungen und Bodenbelägen sowie Art und Zahl der Überstellungen der Reinigungsflächen (etwa durch Möblierung). Je mehr Fläche innerhalb einer Stunde bei gleichbleibender Qualität gereinigt werden kann, desto niedriger ist der Preis. Im Informationsblatt heißt es insoweit:

2.2. Erläuterung des Begriffs der Machbarkeit:

Machbarkeit dokumentiert sich darin, dass die Richtleistungsangabe eine Leistungszeit ermöglicht, die es den Mitarbeitern eines Auftragnehmers gestattet, die in den Leistungsverzeichnissen geforderten Leistungen unter Beachtung der Örtlichkeiten auch zu erbringen. Ob eine angegebene Richtleistung machbar ist oder nicht, hat keinen Auslegungsspielraum. Wenn ein Bieter eine Richtleistung benennt, muss diese durch ihn bzw. seine Mitarbeiter auch jederzeit erbracht werden können. Für die Hauptraumgruppen in einigen Objekten sind in den Unterlagen schon Werte benannt worden. Jeder Bieter kann diese durch höhere Werte ersetzen. In diesem Fall oder bei der Angabe unrealistischer Leistungswerte für sonstige Raumgruppen bestehen wir aber auf der Darlegung seiner Leistungsfähigkeit. Dies geschieht dann im Rahmen einer Probereinigung. Das zugehörige Protokoll entspricht dem erforderlichen Beleg nach VOL/A § 25 2., (2) 2.Satz.

Das Kriterium der "Machbarkeit der Leistung", so wie es im Informationsblatt unter Ziffern 2.2. erläutert wurde, ermöglicht es einem Bieter, bei einem im wesentlichen gleichbleibenden Qualitätsniveau der Reinigungsleistungen die in der Leistungsbeschreibung als obere Grenzwerte für einige Hauptraumgruppen von der Antragsgegnerin vorgegebenen, auf Erfahrungswerten beruhenden Richtleistungen durch höhere (objektspezifische) Richtleistungen für die jeweiligen Objekte zu ersetzen (vgl. Technische Spezifikationen Unterhaltsreinigung der Stadt G... unter 3.). Entscheidend für die Qualifizierung des Merkmals als Eignungskriterium ist, dass die Erreichung und Einhaltung eines individuellen (höheren) Richtleistungswertes als des vorgegebenen oberen Grenzwertes nur durch eine effizientere Ausstattung mit Reinigungsgeräten oder aber durch leistungsfähigeres und/oder kompetenteres Personal zu gewährleisten ist. Da zu hohe Quadratmeterzahlen zwar zu niedrigen Preisen, aber im Extremfall zu einer mangelhaften Reinigungsleistung führen, sollte im Fall der Angabe hoher Richtleistungswerte ein Bieter im Rahmen einer Probereinigung nachweisen, dass er die angebotene Richtleistung einhält ("Darlegung seiner Leistungsfähigkeit").

Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus mit dem Eignungskriterium der "Machbarkeit der Leistung" eine über die generelle Eignungsanforderung hinausgehende spezielle Eignungsanforderung an die Bieter gestellt, um möglichst kostengünstig die Reinigungsdienstleistungen beschaffen zu können. Wie der Bundesgerichtshof schon in seinem Urteil vom 8. September 1998 entschieden und ferner im Urteil vom 15. April 2008 bestätigt hat (vgl. BGHZ 139, 273; X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641, 643 Tz. 11, 12 zur VOB/A), dient die Eignungsprüfung der Verdingungsordnungen beim offenen Verfahren dazu, die Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Leistungen nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Bieter auszusondern. Mit dem System der Wertungsvorschriften ist es grundsätzlich nicht zu vereinbaren, unterschiedliche Eignungsgrade von Bietern bei der Entscheidung über den Zuschlag im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass dem Angebot eines für geeignet befundenen Bieters dasjenige eines Konkurrenten maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzten Eignung vorgezogen wird. Die Eignungsprüfung ist eine unternehmensbezogene Untersuchung, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausstattung in der Lage sein wird, den Auftrag auszuführen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich dagegen nicht auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote. Bewertet werden die Eigenschaften der angebotenen Leistung, nicht aber die des Anbieters. Im Bereich der VOL/A kann für die Eignungsprüfung nichts anderes gelten.

Allerdings kann auf der Seite des Auftraggebers das unabweisbare Bedürfnis bestehen, den Auftrag nicht nur einem generell geeigneten Bieter, sondern mit Rücksicht auf die besonderen Anforderungen, die die Ausführung stellt, nur einem besonders erfahrenen, fachkundigen und oder zuverlässigen Auftragnehmer zu übertragen. Derartige Besonderheiten können sich etwa aus den besonderen technischen Randbedingungen ergeben, unter denen der Auftrag auszuführen ist, oder - wie im Streitfall - aus dem Bedürfnis heraus entstehen, Leistungen möglichst preisgünstig einzukaufen. In diesem Fall kann die graduell verschiedene Eignung der Bieter schon im Rahmen der Eignungsprüfung berücksichtigt werden.

Während die generellen Anforderungen an die technische und personelle Ausstattung des Bieters durch die Vorgabe von Höchstgrenzwerten in der Leistungsbeschreibung gestellt wurden, ermittelte die Antragsgegnerin durch die Zulassung der Angabe von höheren Richtleistungswerten diejenigen Unternehmen, die einen spezifischen Eignungsgrad und eine besondere Leistungsfähigkeit aufwiesen. Um aber den Kreis der Bieter nicht unzulässigerweise zu beschränken (z.B. durch Ausschluss von newcomern), wurden auch Bieter, die unter dem oberen Grenzwert liegende (durchschnittliche) Richtleistungswerte anboten, als geeignet (geringere Eignungsgrade) angesehen und deren Angebote in der Wertung belassen. Demgegenüber sollten aber Bieter, die nicht einhaltbare Richtleistungswerte angaben, als nicht geeignet zwingend von der weiteren Wertung ausgeschlossen und nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen werden.

(2) Das Kriterium "Plausibilität des Angebots" ist ebenfalls kein zulässiges Zuschlagskriterium, sondern in der ersten Wertungsstufe zu prüfen (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 6.11.2007, VergabeR 2005, 676, 679 zur Widerspruchsfreiheit). Wie die Antragsgegnerin im Informationsblatt unter Ziffer 2. ausgeführt hat, erfasst die Überprüfung aller vom Bieter gemachten Angaben, insbesondere die Prüfung des Stundenverrechnungssatzes und des Gesamtpreises. Die Prüfung der geforderten und vom Bieter anzugebenden Preise und Stundenverrechnungssätze auf Plausibilität ist ein formaler Prüfungsschritt im Rahmen der ersten Wertungsstufe. Die vom Bieter im dafür vorgesehenen Berechnungsnachweis anzugebenden und aufzuschlüsselnden Stundenverrechnungssätze setzen sich aus den tarifvertraglich festgelegten und mit Wirkung zu, 1. Juli 2007 für allgemeinverbindlich erklärten Lohnkosten (Mindestlohn von 7,87 € in den alten Bundesländern; § 5 TVG), den Lohnzusatzkosten (ca. 40%, davon ca. 20 % für den Arbeitgeber), den Material- und Gerätekosten sowie den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft, zu Kammern und Versicherungen, Steuern und Abgaben zusammen (vgl. Berechnungsnachweis zum Stundenverrechnungssatz). Eine Überprüfung der Stundenverrechnungssätze auf ihre Plausibilität hin, sollte dahingehend erfolgen, ob die angegebenen Beträge im Hinblick auf gesetzliche oder allgemeinverbindliche Vorgaben betriebswirtschaftlich realistisch sind. Nach Ziffern 2.3. des Informationsblatts sollte die Richtleistung, mit der der Bieter die Reinigung einer Räume einer Raumgruppe kalkuliert, mit durch die Gesamtreinigungsfläche einer Raumgruppe pro Jahr dividiert werden, um so die Jahresstundenzahl pro Raumgruppe zu ermitteln. Die Stundenzahl multipliziert mit dem Stundenverrechnungssatz ergab den Angebotspreis zur Reinigung einer Raumgruppe. Sollte sich zwischen den gesetzlichen und allgemeinverbindlichen Vorgaben einerseits und den angegebenen Stundenverrechnungssätzen anderseits eine Abweichung ergeben (z. B. weil die angegebenen Lohnkosten unter dem gesetzlichen Mindestlohn von 7,87 Euro liegen), so sind die geforderten Angaben des Bieters zu den Stundenverrechnungssätzen (Einzelpreise) und zu den Gesamtpreisen unvollständige Preisangaben im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOL/A.

b) Auf die Rügen der Antragstellerin hin hat die Antragsgegnerin die bestehenden Unklarheiten und Zweifel an der Qualifikation der in der Bekanntmachung genannten Zuschlagskriterien mit dem Informationsblatt nicht ausgeräumt. In den ursprünglichen Verdingungsunterlagen hatte die Antragsgegnerin zwar auch den Bezug des Kriteriums der Machbarkeit (und der Richtleistungen) zu ihrem Qualitätsanspruch hervorgehoben (vgl. Ausführungen unter 3. der Technischen Spezifikationen Unterhaltsreinigung der Stadt G...). Gleichwohl war auch den Ausführungen dort schon zu entnehmen, dass das Kriterium "Machbarkeit" auf der zweiten Wertungsstufe geprüft werden sollte. Der vom Auftraggeber hergestellte Bezug des Kriteriums "Machbarkeit der Leistung" zur Qualität ist durch das Informationsblatt vom 13. Juni 2006 allerdings nachträglich entfallen.

Zwar wird noch aus den Ausführungen unter 2. im Informationsblatt deutlich, dass das Kriterium der "Plausibilität des Angebots" jedenfalls im Zusammenhang mit der ersten Wertungsebene geprüft werden soll. Im Informationsblatt sind die "Plausibilität des Angebotes" und die "Machbarkeit der Leistung" noch ausdrücklich in der Überschrift zu Ziffer 2 ebenso wie in der Bekanntmachung als "Zuschlagskriterien" und nicht als "Eignungskriterien" bezeichnet. Also wäre die Prüfung auf Einhaltung der Richtleistungen durch die Bieter in der vierten Wertungsstufe vorzunehmen gewesen. Eine Falschbezeichnung der Kriterien wäre zwar nicht schädlich gewesen, wenn sich aus dem übrigen Inhalt des Informationsschreibens klar und deutlich ergäbe, dass - entgegen der anderslautenden Bekanntmachung - die Kriterien in der Wirtschaftlichkeitsprüfung keine Rolle spielen sollten. Eine solche mit Bezug auf die Bekanntmachung klarstellende Aussage enthält das Informationsschreiben jedoch nicht. Der weitere Inhalt des Informationsblatts lässt indes erkennen, dass zumindest das Kriterium "Machbarkeit des Angebots" neben der zweiten und vierten auch in der dritten Wertungsstufe Anwendung finden sollte, denn dort heißt es:

Kann ein Bieter seine angebotenen Richtleistungen im Rahmen der Probereinigung nachweisen, so entstehen diesem keine Kosten und der Auftraggeber ist seiner Verpflichtung zur Überprüfung der Einzelposten nach § 25 2. (2) VOL/A nachgekommen.

Im Rahmen des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A (dritte Wertungsebene) prüft der Auftraggeber, ob der angebotene Preis in offenbarem Missverhältnis zu der angebotenen Leistung steht, das heißt, ob der Preis zu hoch oder zu niedrig ist. Mit dem Preis ist der Gesamtpreis gemeint. Bei einem niedrigen Preis wird geprüft, ob der Preis kostendeckend ist und falls dies zu verneinen ist, ob ein Bieter bei einer Unterdeckung in der Lage ist, zu dem angebotenen (niedrigen) Preis den Auftrag (ordnungsgemäß und fristgerecht) auszuführen. Im Rahmen der Auskömmlichkeitsprüfung sind nicht die angegebenen Richtwerte von Bedeutung, sondern der Gesamtpreis. Bevor eine Entscheidung über die Auskömmlichkeit des (niedrigen) Angebots(Gesamt-)preises von der Vergabestelle getroffen wird, hat diese dem Auftragnehmer Gelegenheit zu geben (§ 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A), die Einzelpreise (also hier die Stundenverrechnungssätze, nicht die Richtleistungen) anhand der Kalkulation zu erläutern.

Die erneute Berücksichtigung der Machbarkeit der Leistung auf der dritten Wertungsebene stellt zudem eine unzulässige Vermischung der Wertungsstufen dar. Jedenfalls ist der Inhalt des Informationsschreibens in seinem Aussagegehalt zu der zu verneinenden Frage, ob die beiden Kriterien der Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots dienen, nicht eindeutig und klar.

c) Durch die Benennung unzulässiger Zuschlagskriterien in der Vergabebekanntmachung ist die Antragstellerin in Rechten verletzt. Sie hatte zwar erkannt, dass allein der Preis ein zulässiges Zuschlagskriterien darstellte. Gleichwohl war sie durch die Bekanntgabe der beiden unzulässigen Kriterien gehindert, ein sinnvolles und wertungsfähiges, nämlich ein vorbehaltsloses Angebot abzugeben. Hätte die Antragstellerin ein Angebot erstellt und eingereicht, dem nur der Preis als Zuschlagskriterium zugrunde gelegen hätte, so hätte sie ein nicht in jeder Hinsicht mit den Konkurrenzangeboten vergleichbares Angebot unterbreitet und den Ausschluss ihres Angebots in Kauf genommen. Zudem konnte sie auch nicht antizipieren, ob nicht andere zulässige Kriterien (etwa das Kriterium Kundendienst oder Mängelbeseitigung) an die Stelle der inkriminierten Zuschlagskriterien treten sollten. Den Auftraggeber in diesem Fall an dem allein zulässigen Kriterium "niedrigster Preis" festzuhalten, führt dazu, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, die Art und die Besonderheiten des Auftrags zu berücksichtigen, indem er das Kriterium wählt, das am besten geeignet ist (nämlich u.U. auch ausschließlich den niedrigsten Preis), den freien Wettbewerb und die Auswahl des besten Angebots zu sichern. Die Vergabenachprüfungsinstanzen dürfen aber nicht an Stelle des öffentlichen Auftraggebers das ihm zustehende Ermessen bei der Auswahl der Zuschlagskriterien ausüben. Dem Antragsgegner muss die Gelegenheit eingeräumt werden, erneut zu prüfen, ob er ausschließlich den niedrigsten Preis oder andere Kriterien seiner Zuschlagsentscheidung zugrunde legen will. Entscheidet er sich wieder für letzteres, hat er die zur Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots (maßgebenden Kriterien) festzulegen.

Nach Zugang des den Vergaberechtsverstoß nicht ausräumenden Informationsblatts war die Antragstellerin infolge der zu kurz bemessenen Frist für die Abgabe des Angebots gehindert, ein vollständiges Angebot zu erarbeiten und rechtzeitig einzureichen. Die sechstägige Frist des § 18a Nr. 1 Abs. 6 VOL/A war nicht ausreichend für die Erstellung eines Angebots. Sie betrifft nur den Fall, dass der Auftraggeber zusätzliche Auskünfte zu den Verdingungsunterlagen auf Bieterfragen zu Teilaspekten des Angebots erteilt. Im Streitfall ging es aber um die Gewährung einer angemessenen Frist zur Einreichung eines in Ansehung der verbliebenen Zuschlagskriterien zu kalkulierenden Angebots. Die Antragstellerin war nicht gehalten, für den Fall der Zurückweisung ihrer Rügen schon vorsorglich ein Angebot auf der Grundlage der drei Zuschlagskriterien und/oder ein Angebot auf der Grundlage des Kriteriums "niedrigster Preis" zu kalkulieren. Auch die zu kurze Bemessung der Frist verletzte die Antragstellerin in Rechten. Sie war nicht gehalten, vorsorglich mit der Angebotsausarbeitung zu beginnen.

d) Es bleibt der Antragsgegnerin überlassen, ob sie das Vergabeverfahren insgesamt (einschließlich der Bekanntmachung) aufhebt oder aber in den Stand vor Versendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der Verdingungsunterlagen zurückversetzt. Zumindest muss den Bietern Gelegenheit gegeben werden, nach Bekanntgabe der neu festzulegenden Zuschlagskriterien und gegebenenfalls ihrer Gewichtungen die Angebote innerhalb angemessener Frist neu zu kalkulieren und einzureichen. Für die Neuausschreibung oder die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens ist auf Folgendes hinzuweisen:

aa) Die Ansicht der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe unter III.2.1.) der Bekanntmachung eine unklare Anforderung bezüglich des Nachweises der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister formuliert, ist unzutreffend. Gerade für ausländische Bieter muss es auch möglich sein, an Stelle des Handelsregisterauszuges einen Berufsregisterauszug vorzulegen.

Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, die Antragsgegnerin habe bezüglich der vorzulegenden Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter III.2.2) nur von "einer" Bescheinigung gesprochen, obwohl die geforderten Nachweise nur durch mehrere Bescheinigungen zu erbringen seien, ist zu erkennen, dass es sich hierbei nur um eine sprachliche Ungenauigkeit handelte ("Bescheinigung, aus denen"), die nicht zu einer Unklarheit führt.

Der Begriff "Bescheinigung" meint ausschließlich "Fremderklärungen", nicht aber Eigenerklärungen. Die Antragsgegnerin hat in der Bekanntmachung zum Nachweis der Zahlung von Steuern und Abgaben und den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung nur die Vorlage von Fremderklärungen zugelassen. Nur bezüglich der Unfallversicherung, die von den Berufsgenossenschaften geführt wird, war eine Bescheinigung der Berufsgenossenschaft oder aber eine unterschriebene Eigenerklärung zugelassen, wie die Angabe "Bescheinigung der Berufsgenossenschaft oder unterschriebene Eigenerklärung (liegt den Unterlagen bei)" im Anschluss an die Aufzählung und inhaltliche Beschreibung der Bescheinigungen belegt.

Mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe und den Verdingungsunterlagen hat die Antragsgegnerin an Stelle von Fremderklärungen bezüglich der Zahlung von Steuern und Abgaben sowie den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung auch die Einreichung einer Eigenerklärung zugelassen. Auf die Vorlage einer Bescheinigung der Berufsgenossenschaft zum Bestehen einer Unfallversicherung hat sie indes mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe und den Verdingungsunterlagen verzichtet. Dies war vergaberechtlich unbedenklich.

Die Antragsgegnerin hat über die in der Bekanntmachung aufgezählten Eignungsnachweise hinaus mit dem Formular "Eigenerklärung" die Abgabe von weiteren Erklärungen zur Nichtbegehung von schweren Verfehlungen (vgl. § 7 Nr. 5 lit. c VOL/A) und Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsnehmerentsendegesetzes verlangt, die in der Bekanntmachung nicht aufgeführt waren. Das Verlangen der Abgabe von in der Bekanntmachung nicht geforderten Erklärungen war indes vergaberechtlich nicht zulässig. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, muss sich die Vergabestelle bei der Vergabebekanntmachung darüber im Klaren sein, ob und welche Nachweise sie von den Bietern verlangen will; in den Verdingungsunterlagen kann sie diese Anforderungen nur konkretisieren, ob und welche der in der Bekanntmachung angegebenen Unterlagen sie mit dem Angebot beigebracht sehen oder ob sie hinsichtlich bestimmter Unterlagen auf eine solche Beibringung verzichten und sich vorbehalten will, diese zu gegebener Zeit nachzufordern. Keinesfalls kann die Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen über die eindeutig in den Verdingungsunterlagen verlangten Nachweise hinausgehen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Auftraggebers (vgl. Senatsbeschluss v. 12.3.2008, VII-Verg 56/07, VergabeR 2008, 671-674, Tz. 23.; Beschl. v. 12.12.2007, VII-Verg 34/07).

Ebenso unzulässig war es, sich die Vorlage von Versicherungsnachweisen in der Bekanntmachung vorzubehalten. Soweit unter III.2.2.) ausgeführt war, "möglicherweise geforderte Mindeststandards: Nachweis ausreichender Versicherungshöhen", hat die Antragsgegnerin sich in der Bekanntmachung vorbehalten ("möglicherweise"), die Vorlage des Versicherungsnachweises zu verlangen. Sie durfte sich nicht vorbehalten, möglicherweise einen Versicherungsnachweis im Angebotsschreiben zu fordern, sondern hatte diesen schon mit der Bekanntmachung zu verlangen. Auf welche Versicherungshöhen der Nachweis sich beziehen sollte, konnte zulässigerweise in den Verdingungsunterlagen, zu denen auch der Vertragsentwurf zu zählen ist (vgl. Ziffer 12), konkretisiert werden. Dies musste sich nicht schon aus der Bekanntmachung ergeben.

Die unter III.2.3.) enthaltene Angabe "Referenzen" ist nicht unbestimmt oder unklar, weil sie keine weiteren Vorgaben enthält. Der Plural des Wortes besagt, dass mindestens zwei Referenzen vorgelegt werden sollten. Die Angabe enthält eine Minimalforderung des Auftraggebers. Ansonsten war es dem Bieter überlassen, ob er mehr Referenzgeber benannte und in welcher Form (Referenzliste) er dies tat. Dass die Referenzen aktuell sein sollten, liegt auf der Hand und ergab sich im Sinne einer Konkretisierung auch aus dem Informationsblatt vom 13. Juni 2006 (vgl. Ziffer 3).

Durch die Fehler der Bekanntmachung ist die Antragstellerin nicht in Rechten verletzt worden, denn sie hatte kein Angebot eingereicht und mithin drohte auch nicht der Ausschluss ihres Angebots wegen unterbliebener Beifügung von Nachweisen.

bb) Bezüglich des Inhalts der Verdingungsunterlagen (Leistungsbeschreibung, technische Spezifikationen Unterhaltsreinigung der Stadt G..., Vertragsentwurf) ist auf Folgendes hinzuweisen:

Soweit die Antragstellerin gerügt hat, die Berechnung des Stundenverrechnungssatzes sei nicht in der dritten Wertungsstufe zu prüfen, gilt das bereits oben Ausgeführte.

Soweit die Antragstellerin ferner beanstandet hat, der Berechnungsnachweis für den Stundensatz sehe keinerlei Zuschläge für Wagnis und Gewinn vor, hat die Vergabekammer mit Recht ausgeführt, dass dies selbstverständlich die Bieter nicht daran hindere, den Stundenverrechnungssatz unter Berücksichtigung von Wagniszuschlägen und Gewinnmargen zu kalkulieren ("sonstige Kosten"). Die Antragsgegnerin hat nur darauf verzichtet, insoweit von den Bietern eine Aufschlüsselung des Stundenverrechnungssatzes zu verlangen.

Soweit in Ziffer 14 (Sonstiges) der technischen Spezifikationen für die Unterhaltsreinigung die Höhe des Stundenverrechnungssatzes als Merkmal für die Zuverlässigkeit und Fachkunde (Eignung) behandelt wird, ist dies unzutreffend. Der Stundenverrechnungssatz ist eine Kalkulationsgröße für den Gesamtjahrespreis pro Raumgruppe. Im Übrigen gilt zu seiner Überprüfung in der ersten Wertungsstufe das bereits oben Ausgeführte.

Zutreffend ist allerdings die Auffassung der Antragstellerin, dass im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Kosten während der gesamten Vertragslaufzeit abzustellen ist, um festzustellen, welches der Angebote das wirtschaftlichste ist. Entscheidend ist der Gesamtpreis, nicht der Jahrespreis. Nur so können auch Preissteigerungen angemessen berücksichtigt werden. Der Verlängerungszeitraum kann dabei außer Acht gelassen werden, da noch ungewiss ist, ob der Auftraggeber die Option in Anspruch nehmen wird.

Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, die Antragsgegnerin habe mit der DIN EN ISO 9000 und 0001:2000 nur ein allgemeines Qualitätsmanagement verlangt, ist festzustellen, dass es Sache des Auftraggebers ist, zu bestimmen, ob besondere Anforderungen an den einzuhaltenden Stand der Technik zu stellen sind oder er nur den allgemeinen Stand der Technik eingehalten wissen will. Es ist nicht Sache des Bieters, dem Auftraggeber insoweit Vorschriften zu machen.

Das Verlangen nach einer Probereinigung zur Überprüfung der Eignung des Bieters im Falle der Angabe unrealistischer oder höherer Richtleistungswerte ist als Teil der Eignungsprüfung zulässig und nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die vorgesehene Kostenregelung.

Die Ausführungszeiten für die Reinigungsdienstleistungen, mit denen bei Los eins zu kalkulieren war, den Begriff der Aufbereitungsräume (Synonym für Putzmittelräume) und die Unentgeltlichkeit der Reinigung von Putzmittelräumen (vgl. Ziffer 6 des Vertragsentwurfs) hat die Antragsgegnerin im Informationsblatt unter Ziffer 3 und 4 klar gestellt.

Die negative Abgrenzung des Begriffs "Betriebsstoffe" im Sinne von "keine Reinigungsmittel" ist nicht unbestimmt oder unklar (vgl. Ziffer 2 der technischen Spezifikation Unterhaltsreinigung der Stadt G...). Erfasst wird alles, was nicht zu den Reinigungsmitteln zu zählen ist. Hierzu zählen beispielsweise Seife, Papierhandtücher und Toilettenpapier, nicht aber die Müllbeutel (vgl. Ziffer 6 der Technischen Spezifikationen).

Mit welchen Ausführungszeiten die Bieter das Los eins zu kalkulieren hatten, hat die Antragsgegnerin spätestens mit dem Informationsblatt klargestellt. Gleiches gilt für die Anzahl der Reinigungstage (vgl. Ziffer 4 des Informationsblattes und Ziffer 2 der gesonderten technische Spezifikation Objekt 03 Geschwister- Scholl-Schule).

Dass zum Leistungsumfang "Reinigungsdienstleistung" auch die Gestellung von Müllbeuteln durch den Auftragnehmern zählt, ergibt sich aus Ziffer 6 der technischen Spezifikationen. Die Bieter können dies in ihrer Preiskalkulation ("Materialanteil für diesen Auftrag") berücksichtigen. Eine unentgeltliche Gestellung von Müllbeuteln war aus Sicht eines verständigen Bieters nicht verlangt. Ein unzulässiges Wagnis dürfte aber darin liegen, dass für den Bieter nicht beeinflussbar und vorhersehbar ist, welcher durchschnittliche Bedarf pro Reinigungsobjekt im Jahr entstehen wird und er den Einfluss auf die Preise nicht schätzen kann.

Ebenso können die Bieter die Kosten des Objektleiters bei der Kalkulation der Stundenverrechnungssätze berücksichtigen, auch wenn unter Ziffer 2 der technischen Spezifikationen ausgeführt ist, dass die Anwesenheitsstunden des Objektleiters keine Leistungsstunden (Reinigungsstunden) sind, und diese Kosten im Berechnungsnachweis nicht gesondert abgefragt wurden. Sie sind aus der Sicht eines verständigen Bieters unter der Position "sonstige Kosten" im Berechnungsnachweis zum Stundenverrechnungsnachweis zu kalkulieren.

Unklar ist auch nicht Ziffer 7 der technischen Spezifikationen, soweit sie besagt, es dürfe "durch Reinigungsmittelrückstände nicht zu runden Ecken noch sonstigen Ablagerungen" kommen. Jeder potentielle Bieter versteht, dass damit Fälle der Schlechtleistung gemeint sind.

Unter Ziffer 10 der technischen Spezifikationen ist bestimmt, dass eine Differenz von bis zu +/- 3% der Gesamtfläche vom Bieter akzeptiert wird und eine Abweichung den Bieter nicht zu Nachforderungen berechtigt. Ein unzulässiges Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist hierin nicht zu sehen. Zwar hat der Bieter keinen Einfluss auf die Richtigkeit der Angaben des Auftraggebers zur Gesamtfläche. Er kann aber in seiner Kalkulation von einer bis zu 3% größeren Fläche der Reinigungsobjekte ausgehen und durch einen angemessenen Zuschlag auf den Preis das Risiko einer Mehrleistung ausgleichen. Sollte die Differenz mehr als +3% der Gesamtfläche eines Loses betragen, ist der Bieter ohnedies zu Nachforderungen berechtigt.

Ziffer 4 des Vertragsentwurfs, die die Verdingungsunterlagen zu Vertragsbestandteilen macht, ist nicht unklar im Sinne des § 8 Nr.1 Abs. 1 VOL/A. Der Festlegung einer Reihenfolge bedarf es nicht. Konstitutiver Bestandteil des Vertrags sind alle Bestandteile der Verdingungsunterlagen gleichermaßen.

Die in Ziffer 6 des Vertragsentwurfs vorgesehene Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für den Auftraggeber und seine Erfüllungsgehilfen enthält kein unzulässiges Wagnis zu Lasten des Bieters (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A). Nur ein Haftungsausschluss bei grob fahrlässigen Verhalten und Vorsatz ist unwirksam (vgl. § 309 Nr. 7 BGB).

Der Begriff "Havariefall" (vgl. Ziffer 8 des Vertragsentwurfs) ist nicht unklar. Er ist über seinen ursprünglichen Bedeutungsgehalt hinaus dahingehend auszulegen, dass bei Unfällen und Notsituationen die Telefonanlage vom Personal des Bieters benutzt werden darf.

Soweit in Ziffer 14 Satz 1 dem Bieter eine ausdrückliche Garantieerklärung für die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter abverlangt wird, ist dies nicht unzulässig. Jeder Bieter, der sich an einer Ausschreibung mit einem Angebot beteiligt, übernimmt eine besondere Einstandspflicht für seine Leistungsfähigkeit (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.2005, KZR 36/03, Tz. 6, VergabeR 2005, 339, 340 - Ausschreibungsgewinnerin). Der Bieter haftet auf das positive Interesse, wenn er die geschuldete Leistung nicht erbringen kann, und zwar unabhängig davon, ob der Hinderungsgrund auf rechtlichen oder tatsächlichen Gründen beruht. Eine entsprechende Einstandspflicht hat der Bieter durch die Erklärung übernommen, dass er sich als Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an das Angebot gebunden halte. Ein Ausschreibungsverfahren kann nämlich nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn gewährleistet ist, dass der obsiegende Bieter die angebotene Leistung auch tatsächlich erbringen kann.

Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegenüber Ziffer 14 Satz 4 ff. des Vertragsentwurfs. Geregelt sind die gesetzlichen Ansprüche auf Schadensersatz und Minderung im Falle der Nicht- oder Schlechterfüllung von Reinigungsdienstleistungen sowie die Kündigungsrechte des Auftraggebers. Eine pauschale Vertragsstrafe (§ 339 BGB) ist in den Regelungen nicht vorgesehen.

Ein unzulässiges Wagnis in Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A enthält auch nicht die Preisänderungsklausel (vgl. Ziffer 16 des Vertragsentwurfes), soweit sie besagt, der Auftragnehmer solle dem Auftraggeber mindestens sechs Wochen vor dem Inkrafttreten Tariflohnänderungen mitteilen. Ob es sachlich zutreffend ist, dass Änderungen des Tariflohns sich regelmäßig innerhalb einer kürzeren Frist als sechs Wochen ergeben, kann dahinstehen. Zwar muss der Auftragnehmer die tariflichen Lohnerhöhungen für seine Arbeitnehmer selbst tragen, wenn er den Auftraggeber nicht rechtzeitig über einen Tarifabschluss und Tariflohnänderungen im Reinigungsgewerbe unterrichten kann. Das Risiko von tariflichen Lohnabschlüssen ist zwar vom Auftragnehmer nicht zu beeinflussen, aber vorhersehbar. Er kann den Einfluss einer voraussichtlichen Lohnerhöhung für den Zeitraum von sechs Wochen auf die Preise schätzen und gegebenenfalls durch einen entsprechenden Zuschlag absichern.

3. Die Kostenentscheidung für das Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3, 4 GWB. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf analoger Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG, § 3 Abs. 6 VgV analog.

Ende der Entscheidung

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