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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 63/05
Rechtsgebiete: GKG, GWB, VwVfG


Vorschriften:

GKG § 50 Abs. 2
GWB § 128 Abs. 4 Satz 3
VwVfG § 80
VwVfG § 80 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 16. August 2005, VK-04/2005-L, aufgehoben, soweit die Vergabekammer darin den Gegenstandswert des Nachprüfungsverfahrens festgesetzt hat.

Im übrigen werden die sofortige Beschwerde und der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis zu 7.000 €.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb die Vergabe eines Auftrages über den Versand von Briefen im In- und Ausland sowie die Ausführung von Postzustellungsaufträgen mit einer Vertragslaufzeit von 2 Jahren mit einverständlicher Verlängerungsmöglichkeit um ein weiteres Jahr europaweit in zwei Losen aus. Die Vergabe des Loses 2 wurde aufgehoben. Den jährlichen Auftragswert für das Los 1 schätzte die Vergabestelle auf ein Jahresvolumen von 230.000 €. Der Zuschlag sollte der Beigeladenen erteilt werden.

Die Antragstellerin reichte bei der Vergabekammer der Bezirksregierung einen Nachprüfungsantrag ein. Mit Beschluss vom 14. Juni 2005 wies die Vergabekammer die Antragsgegnerin an, die Ausschreibung "Briefversand Inland/Ausland" (Los 1) aufzuheben und bei einer erneuten Ausschreibung die im Beschluss zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

Im Anschluss an das Nachprüfungsverfahren hat die Vergabekammer mit Beschluss vom 16. August 2005, VK-04/2005-L, den Gegenstandswert für das durch die Antragstellerin eingeleitete Nachprüfungsverfahren auf einen Betrag von 34.500 € (5 % von 690.000 €) und die der Antragstellerin zu ersetzenden notwendigen Auslagen in Höhe von 2.431,00 € festgesetzt.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie will ihre Auslagen um weitere 6.915 € auf insgesamt 9.346,00 € festgesetzt wissen. Die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV betrage bei einem 2,5 fachen Gebührensatz und bei einem zu Grunde zu legenden Gegenstandswert von 690.000 € 8.990 €. Zur Begründung führt sie aus, dass § 50 Abs. 2 GKG nur im Beschwerdeverfahren Anwendung finde. Im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren für den Gebührenstreitwert sei unter Berücksichtigung einer Vertragslaufzeit von 3 Jahren von einem nicht herabgesetzten Auftragsvolumen von 690.000 € auszugehen. Es sei allein das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin am Erhalt des ausgeschriebenen Auftrags maßgeblich.

Die Antragstellerin beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. August 2005 aufzuheben, den Streitwert des Nachprüfungsverfahrens auf 690.000 € festzusetzen und die Sache zur erneuten Kostenfestsetzung zurückzuverweisen, hilfsweise die zu erstattenden Kosten im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 9.346,00 € festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt dem Begehren des Antragstellers entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, denn sie richtet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf, mit dem diese die der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 2.431,00 € festgesetzt hat.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist - sowohl nach dem Hauptantrag als auch nach dem Hilfsantrag - unbegründet.

1. Nach § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V.m. § 80 VwVfG setzt dieselbe Behörde, die die Kostenentscheidung nach Beendigung eines Vorverfahrens getroffen hat, auf Antrag auch den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Dem auf die Festsetzung eines bestimmten Gegenstandswertes gerichteten Hauptantrag der Antragstellerin ist der Erfolg zu versagen, weil es der Verwaltungsbehörde - und mithin auch dem Beschwerdegericht - an einer gesetzlichen Grundlage dafür fehlt, den Gegenstandswert für die Anwaltsgebühren durch verbindlichen Verwaltungsakt im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren festzusetzen. § 80 Abs. 3 VwVfG stellt nur die gesetzliche Grundlage für den Erlass eines Verwaltungsaktes über die Kostenerstattung sowie über die Bestimmung dar, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalt oder sonstigen Bevollmächtigten notwendig war. Die Vergabekammer hat nur inzident den Gegenstandswert des Nachprüfungsverfahrens zu ermitteln und festzulegen (vgl. OLG Koblenz VergabeR 2001, 123, 126 f.; OLG Jena VergabeR 2002, 202, 203; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.07.2003 - Verg 29/00, Umdruck S. 9 f. u. ständige Rspr. des Senats). Aus diesem Grund ist der Ausspruch unter 1. des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses aufzuheben, da die Vergabekammer darin den Streitwert für das erstinstanzliche Nachprüfungsverfahren ausdrücklich festgesetzt hat.

2. Die Vergabekammer hat in der Sache selbst aber - rechtlich zutreffend - § 50 Abs. 2 GKG entsprechend zur Bestimmung des Gegenstandwertes herangezogen. Der für die Rechtsanwaltsvergütung maßgebende Gegenstandswert richtet sich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 Satz 1 RVG). Der Streitwert für die Gerichtsgebühren beträgt fünf Prozent der Bruttoauftragssumme (einschließlich Umsatzsteuer, § 50 Abs. 2 GKG). Die Auftragssumme wird von der Angebotssumme des Antragstellers bestimmt, da - im Sinn einer generalisierenden Beschränkung auf den genannten Auftragswert - für den Gegenstandswert sein Interesse an der Erlangung des Auftrags maßgebend ist. Ist es zur Einreichung eines mit Preisen versehenen Angebots durch den Antragsteller noch nicht gekommen, so ist von der vorherigen Schätzung der Auftragssumme durch die Vergabestelle auszugehen. Dies war hier der Fall. Die Antragstellerin hat zwar ein Angebot abgegeben, sah sich aber nicht in der Lage, einen Preis pro Briefformat anzugeben. Die Vergabestelle hat den Jahresauftragswert auf 230.00 € geschätzt. Hiervon ausgehend hat die Vergabekammer § 50 Abs. 2 GKG angewandt. Zwar ist § 50 Abs. 2 GKG unmittelbar nur auf die Streitwertfestsetzung im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer anzuwenden. Jedoch sind die Streitwerte des erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens - soweit es zu keinen streitwertrelevanten Ereignissen gekommen ist - übereinstimmend festzusetzen, wobei § 50 Abs. 2 GKG für das Verfahren vor der Vergabekammer entsprechend oder seinem Rechtsgedanken nach anzuwenden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.10.2002 Verg 23/00, WuW/E Verg 699 m.w.N.; Beschl. v. 3.7.2003, Verg 29/00, Umdruck S. 11; Beschl. v. 24.10.2005, VII-Verg 30/05, Umdruck S. 4).

3. Soweit die Vergabekammer der Berechnung des Gegenstandswertes die Annahme zu Grunde gelegt hat, das wirtschaftliche Interesse des Antragstellerin richte sich nach dem dreifachen Jahresbruttowert des Vertrages, ist dies rechtlich allerdings nicht zutreffend. Das Entgelt für den Auftrag nach Los 1 sollte sich nach der Kostenschätzung der Vergabestelle auf einen Jahreswert von 230.000 € belaufen. Dem Streitwert ist nur der für die zeitlich begrenzte Laufzeit des Vertrages, d.h. der für zwei Jahre zu ermittelnde Gesamtbetrag des Bruttoentgeltes zu Grunde zu legen. Auf eine Vertragsverlängerung gerichtete Aussichten sind nicht in die Streitwertberechnung einzubeziehen. Der Vertrag sah eine - allein streitwertrelevante - Verlängerung durch einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung einer Vertragspartei, eine Option, nicht vor. Der Vertrag sollte sich nur im gegenseitigen Einverständnis der Vertragsparteien um ein weiteres Jahr von zwei auf drei Jahre verlängern. Da die Kostenfestsetzung der Vergabekammer insoweit jedoch in Bestandskraft erwachsen ist, hat es bei der der Antragstellerin günstigen Festsetzung der Geschäftsgebühr in Höhe von 2.075,00 € zu verbleiben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog.

Ende der Entscheidung

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