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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.02.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 66/08
Rechtsgebiete: ASiG, GWB, VOL/A, VgV


Vorschriften:

ASiG § 3
GWB § 97 Abs. 5
GWB § 97 Abs. 7
GWB §§ 102 ff.
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 113 Abs. 2 Satz 1
GWB § 124 Abs. 2
VOL/A § 1 a Nr. 2 Abs. 2
VOL/A § 8 a
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 a
VOL/A § 25 Nr. 3 Satz 1
VOL/A § 28 a
VgV § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 28. Oktober 2008 (VK 2 - 127/08) wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 260.000 Euro fest-gesetzt

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin schrieb durch die Wehrbereichsverwaltung West als Vergabestelle im Jahr 2008 in zahlreichen Gebietslosen die arbeitsmedizinische Betreuung für Einheiten und Dienststellen der Bundeswehr in mehreren westdeutschen Ländern öffentlich aus. Für die Gebietslose sollten mit jeweils einem Auftragnehmer Rahmenverträge abgeschlossen werden, in denen die Auftragsbedingungen festgelegt waren. Im Streitfall geht es um die Gebietslose 35 (Düsseldorf), 36 (Köln), 37 (Aachen) und 38 (Bonn), bei denen die Beigeladene den Zuschlag erhalten soll.

Die Vergabestelle machte die Ausschreibung in zwei verschiedenen Versionen national bekannt. In der einen Version sollten insbesondere Fachkunde- und Qualitätsnachweise vorbehaltlos mit dem Angebot eingereicht werden. In einer anderen Version brachte die Vergabestelle darüber hinaus den Zusatz an:

Bei bereits bestehenden Vertragsbeziehungen mit dem Auftraggeber genügt ein entsprechender Hinweis und die Angabe der Bearbeitungsnummer.

In die Leistungsbeschreibung nahm die Vergabestelle zu Eignungsnachweisen weiter auf:

Die Nachweise sind gegenüber dem Auftraggeber auf Verlangen zu erbringen.

Nebenangebote und Änderungsvorschläge waren nicht zugelassen.

In der Sache sollten nach näherer Beschreibung folgende Leistungen ausgeführt werden:

1. Leistungen nach § 3 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)

Die Vergabeunterlagen schrieben vor, dass die Vergütung insoweit nach vollen ärztlichen Einsatzstunden (netto) anzugeben war und dass Leistungen des vom Auftragnehmer zu stellenden Assistenzpersonals mit der Vergütung des Betriebsarztes abgegolten sein und nicht gesondert honoriert werden sollten.

2. Spezielle arbeitsmedizinische Untersuchungen

3. Andere arbeitsmedizinische Leistungen

Leistungen nach Nummern 2 und 3 sollten nach näherer Bestimmung gemäß GOÄ vergütet werden. Preisangaben sollten insofern entbehrlich sein (da die Vergütungssätze feststehen).

In den Vergabeunterlagen waren in Bezug auf die in den zu Losen zusammengefassten Gebieten ansässigen Einheiten und Dienststellen die jeweilige Personalstärke und die Einsatzzeiten aufgeführt.

Als Zuschlagskriterium gab die Vergabestelle an:

Neben dem Nachweis der arbeitsmedizinischen Fachkunde/Qualifikation wird der Zuschlag ... auf das preisgünstigste Angebot erteilt.

Dabei sollten nur die Preisangaben für Leistungen nach Nummer 1 (Leistungen nach § 3 ASiG) gewertet werden.

Die Antragstellerin und die Beigeladene beteiligten sich an der Ausschreibung. In der Folgezeit äußerte sich das zuständige Sanitätskommando der Bundeswehr auf Anfrage der Vergabestelle über die Eignung der Beigeladenen.

Unter dem 21.8.2008 beschied die Vergabestelle das Angebot der Antragstellerin abschlägig (§ 13 VgV). Auf erfolglose Rüge vom 25.8.2008 brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag an. Damit verfolgte die Antragstellerin unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen in erster Linie eine Zuschlagserteilung auf ihr Angebot, hilfsweise eine Neubewertung der Angebote, unter denen ihr Angebot in preislicher Hinsicht nach dem der Beigeladenen den zweiten Rang einnimmt.

Die Vergabekammer lehnte den Nachprüfungsantrag ab (2. Vergabekammer des Bundes, Beschl. v. 28.10.2008 - VK 3 - 127/08). Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.

Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde greift die Entscheidung der Vergabekammer resp. die Handhabung des Vergabeverfahrens unter folgenden Gesichtspunkten an:

Es sei nach den Umständen unklar, wem der Auftrag erteilt werden solle: der Beigeladenen oder dem ....

Die Beigeladene sei bei einem gleichartigen Pilotprojekt bereits in der Vergangenheit für die Antragsgegnerin tätig gewesen. Sie habe infolgedessen über einen Informationsvorsprung verfügt.

Das Angebot der Beigeladenen sei wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen und wegen unzulässiger Mischkalkulation von der Wertung auszunehmen.

Die Beigeladene habe ihre Eignung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen.

Das Angebot der Beigeladenen sei wegen eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung nicht fähig, bezuschlagt zu werden.

Nachdem die Antragstellerin zunächst, so auch in erster Instanz, hauptsächlich begehrt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf ihr Angebot zu erteilen, hat sie im Senatstermin beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Wertung der Angebote zu wiederholen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten der Beschwerde entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen sowie auf die zu Informationszwecken beigezogene Vergabeakte und die Verfahrensakten der Vergabekammer Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. a) Die ausgeschriebenen Dienstleistungen sind einer Nachprüfung nach den §§ 102 ff. GWB unterworfen. Die Ausschreibung betrifft "oberhalb" des Schwellenwerts die Vergabe nachrangiger Dienstleistungen i.S. der Kategorie 25 des Anhangs I B der VOL/A, Abschnitt 2, die gemäß § 1 a Nr. 2 Abs. 2 VOL/A auf nationale Bekanntmachung nach den Bestimmungen der Basisparagraphen des zweiten Abschnitts der VOL/A und der §§ 8 a und 28 a VOL/A zu vergeben sind. Die ausgeschriebenen Leistungen unterliegen dem Vergaberechtsregime des vierten Teils des GWB (vgl. BGH, Beschl. v. 1.12.2008 - X ZB 31/08 Rn. 26).

b) Hinsichtlich der auch im Beschwerdeverfahren noch im Streit stehenden Beanstandungen, und zwar einen angeblichen Wissensvorsprung der Antragstellerin bei der Kalkulation und das behauptete Missverhältnis zwischen dem von der Antragstellerin angebotenen Preis und der Leistung betreffend, hat die Vergabekammer die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu Unrecht verneint. Die Antragstellerin ist auch insoweit antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB).

aa) Die Antragstellerin hat ein Interesse am ausgeschriebenen Auftrag. Dies ist, was den Regelfall bildet, von dem hier keine Abweichung veranlasst ist, durch das Angebot belegt (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 61 Rn. 18).

bb) Die Antragstellerin macht ebenso eine Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend. Dabei ist ausreichend, dass nach dem in diesem Zusammenhang als richtig zu unterstellenden Vortrag des Antragstellers eine Rechtsverletzung möglich erscheint, der Vortrag mithin den Schluss auf die behauptete Rechtsfolge erlaubt. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren sichergestellt werden soll, kann die Antragsbefugnis nur dem Antragsteller abgesprochen werden, bei dem eine Rechtsbeeinträchtigung offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. BGH a.a.O. Rn. 20; BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 566 = VergabeR 2004, 597, 599).

Im Streitfall macht die Antragstellerin geltend, die Beigeladene habe als Teilnehmerin an einer gleichartigen Pilotausschreibung der Antragsgegnerin den Zuschlag bekommen; sie habe dadurch für die hier zu beurteilende Ausschreibung einen Informationsvorsprung sammeln können. Wenn das so ist, ist bei der vorliegenden Ausschreibung gegen das Gebot zur Gleichbehandlung der Bieter verstoßen worden (§ 97 Abs. 2 GWB). Die diesbezüglichen Behauptungen sind von der Antragstellerin nicht aus der Luft gegriffen oder ins Blaue hinein aufgestellt worden (vgl. zur Substantiierung der behaupteten Rechtsverletzung BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 65 f. Rn. 39). Vielmehr steht außer Streit, dass es die behauptete Parallelausschreibung gegeben und dass die Beigeladene seinerzeit den Auftrag erhalten hat.

Die Antragstellerin beanstandet ferner, die Beigeladene habe die ausgeschriebenen Leistungen zu einem im Missverhältnis zur Leistung stehenden Preis angeboten. Bejahendenfalls darf auf das Angebot nicht der Zuschlag erteilt werden (vgl. § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A). Auch insoweit ist der Vortrag der Antragstellerin nicht unbeachtlich, weil willkürlich, aufs Geradewohl oder ins Blaue hinein angebracht worden (vgl. wiederum BGH a.a.O.). Die Antragstellerin hatte Anhaltspunkte für ein ungewöhnlich niedriges Preisangebot der Beigeladenen. Nach ihrem Vorbringen stellt ihre eigene, von der Beigeladenen nochmals unterschrittene Preisangabe die kalkulatorische Untergrenze dessen dar, was für die ausgeschriebenen Leistungen sinnvollerweise (gemeint ist: objektiv) verlangt werden muss. Die Antragstellerin hat auf der Grundlage ihrer Auffassung auch Anhaltspunkte für eine Gefahr vorgetragen, infolge der Angebotspraxis der Beigeladenen vom einschlägigen Anbietermarkt für Arbeits- und Gesundheitsschutz verdrängt zu werden. Bei dieser Sachlage kann eine genügende Darlegung, dass im zu überprüfenden Vergabeverfahren Rechtsvorschriften verletzt worden sind, nicht verneint werden. Ob eine Rechtsverletzung (auch mit Blick auf einen bieterschützenden Charakter der Vorschriften des § 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A) tatsächlich gegeben ist, ist eine Frage der Begründetheit des Nachprüfungsantrags.

Dies betrifft ebenso die Beanstandung der Antragstellerin, nach den Umständen, insbesondere nach der Bieterinformation (§ 13 VgV), sei unklar, wem der Zuschlag erteilt werden solle: der Beigeladenen oder dem ... .... Auch dies kann im Rahmen einer Prüfung der Antragsbefugnis nicht abschließend beantwortet werden, sondern ist der Beurteilung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu überlassen.

cc) Genauso wenig ist zu verneinen, dass der Antragstellerin durch eine Nichtberücksichtigung beim Zuschlag ein Schaden droht. An die Darlegung eines Schadens sind im Rahmen der Antragsbefugnis keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn, so auch hier, ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. BVerfG a.a.O. NZBau 2004, 564, 566 = VergabeR 2004, 597, 599). Im vorliegenden Fall ist die Möglichkeit eines Schadens schon deswegen zu bejahen, weil die Antragstellerin zweitbeste Bieterin ist, und der Nachprüfungsantrag darauf abzielt, das Angebot der vorrangig platzierten Antragstellerin von der Wertung auszuschließen. Gemessen an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts hat die Vergabekammer demnach zu strenge Prüfungsmaßstäbe an die Antragsbefugnis angelegt.

c) Die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB ist von der Antragstellerin nicht verletzt worden.

aa) Anders als die Vergabekammer angenommen hat (VKB 20), entsteht die Rügeobliegenheit nicht bereits dann, wenn der (spätere) Antragsteller lediglich Anhaltspunkte für einen Verstoß des Auftraggebers gegen Vergabevorschriften hat. Erst die im Nachprüfungsverfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht feststellbare Erkenntnis eines Vergaberechtsverstoßes löst die Rügeobliegenheit aus. Erkennt der Antragsteller einen Rechtsverstoß erst im Nachprüfungsverfahren (z.B. nach Einsicht in die Vergabeakten), besteht keine Rügeobliegenheit (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 65 Rn. 35, 36). Im Streitfall hat die Antragstellerin die die Eignung und die Preisangaben der Beigeladenen betreffenden Beanstandungen (nach Einsicht in die Vergabeakten) frühestens im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren erkannt. Im Übrigen hat sie, was unverzüglich war, die Auftragsvergabe vier Tage nach Abfassung der Bieterinformation nach § 13 VgV gerügt, so dass der Nachprüfungsantrag zulässig ist.

bb) Entgegen der dargestellten eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) sowie früherer und wiederholt erneuerter gleichlautender Entscheidungen der Vergabesenate anderer OLG (vgl. u.a. OLG Schleswig ZfBR 2005, 616; Beschl. v. 20.3.2008 - 1 Verg 6/07, BeckRS 2008, 08129 = NZBau 2008, 472 (LS); OLG Düsseldorf NZBau 2001, 106, 111, 155; VergabeR 2005, 364; Beschl. v. 21.5.2008 - VII-Verg 19/08; BayObLG VergabeR 2002, 77; 2001, 438; OLG Frankfurt am Main VergabeR 2004, 754; NZBau 2002, 161; Beschl. v. 7.8.2007 - 11 Verg 3 und 4/07, VergabeR 2007, 776, 779 f.; OLG Dresden VergabeR 2001, 41) ist insbesondere der Vergabesenat des OLG Celle davon abweichend, jedoch ohne dem Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB vorgelegt zu haben, allerdings der Auffassung, dass (in entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB) auch erst im Nachprüfungsverfahren erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften vom Antragsteller unverzüglich zu beanstanden seien (OLG Celle, Beschl. v. 8.3.2007 - 13 Verg 2/07, VergabeR 2007, 401, 402). Die Auffassung des OLG Celle ist abzulehnen, da die Entstehung einer Rügeobliegenheit im Nachprüfungsverfahren - schon aus verfassungsrechtlichen Gründen - einer eindeutigen Rechtsgrundlage bedarf, die in § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nicht vorhanden ist. Die Geltendmachung im Nachprüfungsverfahren erkannter Vergaberechtsverstöße unterliegt nur der in § 113 Abs. 2 Satz 1 GWB normierten Verfahrensförderungspflicht und einer danach in Betracht kommenden Präklusion (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.11.2003 - Verg 22/03, BeckRS 2003, 09977 = VergabeR 2004, 248, 250 f.). Ungeachtet dessen löst die abweichende Auffassung des Senats keine Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 GWB aus. Es kommt darauf für die Entscheidung nicht an. Denn tatsächlich hat die Antragstellerin die ihr frühestens durch Einsichtnahme in die Vergabeakten bekannt gewordenen Vergaberechtsverstöße im Nachprüfungsverfahren unverzüglich, und zwar am dritten Tag nach Erlangen der Akteneinsicht, beanstandet. Auch auf der Grundlage der Ansicht des OLG Celle ist danach die Rügeobliegenheit nicht verletzt worden.

2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet.

a) Von einer Unklarheit über die Person des Auftragnehmers kann - wie die Vergabekammer, allerdings im Rahmen der Antragsbefugnis, mit Recht entschieden hat - nicht gesprochen werden. Die Vergabestelle hat in der Bieterinformation einen Zuschlag an die ... ... Berlin angekündigt. Dadurch wurde das Unternehmen der Beigeladenen hinreichend individualisiert. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin in der Antragserwiderungsschrift die ... ... als Auftragnehmer bezeichnet hat, stellt den Inhalt der Bieterinformation nicht in Frage und ändert ihn erst recht nicht ab. Die Antragsgegnerin hat sich dabei ersichtlich verschrieben, was eine Erklärung darin finden kann, dass die Beigeladene der ... Gruppe angehört und für diese arbeitsmedizinische Leistungen erbringt.

b) Die Beigeladene verfügte bei der Vorbereitung des Angebots über keinen Informationsvorsprung gegenüber anderen Bietern, insbesondere gegenüber der Antragstellerin. Wie außer Streit steht, ist der Beigeladenen bei einer früheren gleichartigen Ausschreibung der Antragsgegnerin (Pilotausschreibung genannt), aber andere Gebietslose betreffend, zwar der Zuschlag erteilt worden. Dadurch hat sich die Beigeladene als Bieterin im vorliegenden Vergabeverfahren aber nicht besser oder anders gestanden, als - was nicht zu tadeln ist - jeder frühere Auftragnehmer des Auftraggebers, der sich an der Ausschreibung eines Folgeauftrags beteiligt. Dadurch ist die Antragstellerin nicht benachteiligt worden, zumal sie nach eigenem Vortrag in der Vergangenheit bei gleichartigen Dienstleistungen selbst schon Auftragnehmer der Antragsgegnerin gewesen ist und die Antragsgegnerin in Anlage 6 zum Muster eines den Vergabeunterlagen beigefügten Rahmenvertrags innerhalb der jeweiligen Gebietslose nicht nur die Standorte der Dienststellen und Einheiten, die zu versorgen sind, sondern auch die jeweiligen Personalstärken und die bei Dienstleistungen nach § 3 ASiG anfallenden Einsatzzeiten angegeben hat. Die Antragstellerin war insoweit mit denselben Informationen ausgestattet wie die Beigeladene.

c) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen oder wegen einer sog. Mischkalkulation von der Wertung auszunehmen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 a, d und g VOL/A). Eine Änderung an den Verdingungsunterlagen scheidet aus. Die Beigeladene hat an keiner Stelle ihres Angebots, insbesondere was Leistungen nach § 3 ASiG anbelangt, etwas inhaltlich anderes angeboten, als in den Ausschreibungsunterlagen angegeben ist (§ 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A). Das Angebot der Beigeladenen ist deswegen ebenso wenig als ein (nicht zugelassenes) Nebenangebot zu qualifizieren.

Im Kern bekämpft die Antragstellerin das Angebot der Beigeladenen auch nicht unter solchen rechtlichen Gesichtspunkten, sondern sie macht geltend, die Beigeladene habe den Preis für Leistungen nach § 3 ASiG nicht so, wie gefordert war, sondern unzutreffend und daher unvollständig i.S.v. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A angegeben. M.a.W.: Die Beigeladene habe bei der Preisangabe für Leistungen nach § 3 ASiG eine Mischkalkulation angestellt zwischen der Vergütung für ärztliche Einsatzstunden und jener für die Einsatzstunden von Assistenzpersonal, obwohl, und zwar i.S. einer vom Auftraggeber gemachten Kalkulationsvorgabe, ausschließlich nach dem Nettopreis für eine volle ärztliche Einsatzstunde gefragt gewesen sei. Eine weitere Mischkalkulation stelle dar, dass die Beigeladene mit solchen Erlösen, die sie bei der Ausführung arbeitsmedizinischer Untersuchungen und Leistungen erwarte (Vergütung nach GoÄ), den Preis bei Leistungen nach § 3 ASiG gewissermaßen quer subventioniert habe, um dabei besonders günstig anbieten zu können. In keinem Fall hat die Beigeladene indes einen unvollständigen, d.h. einen unzutreffenden Preis angeboten. So hat auch die Vergabekammer entschieden, der dabei freilich nur im Ergebnis beizutreten ist.

aa) Nach den Verdingungsunterlagen sollte als Preis bei Dienstleistungen nach § 3 ASiG die Nettovergütung je erbrachter voller ärztlicher Einsatzstunde angegeben werden. Freilich war dies von einem fachkundigen und wirtschaftlich denkenden Bieter nicht in einem wörtlichen Sinn als eine Kalkulationsvorgabe des Inhalts zu verstehen, dass bei den genannten Leistungen ausschließlich Betriebsärzte tätig werden dürften oder auch für unterstützend hinzuzuziehende Kräfte eine Vergütung wie für den Einsatz eines Arztes angesetzt werden sollte. Dies wäre widersinnig und wirtschaftlich unvernünftig gewesen, zumal es die Vergabestelle durch eine von ihr selbst gesetzte Bedingung dann erkennbar geradezu darauf angelegt hätte, die Ausführung der Leistungen mindestens tendenziell zu verteuern. Dergleichen widerspricht überdies der Erkenntnis, dass auch bei Leistungen nach § 3 ASiG (unterschiedlich hoch zu bezahlende) Betriebsärzte und Assistenzkräfte zu mehr oder minder großen Leistungsanteilen zusammenwirken können, wobei die Leistungen des Assistenzpersonals - unter der Verantwortung des Arztes und ihrer Art nach lediglich unterstützend - nicht unbedingt und in jedem Fall nach außen (dem Auftraggeber oder den Leistungsempfängern gegenüber) hervortreten müssen. In einem gleichlautenden Sinn hat sich auch die Vertretung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer geäußert. Dass Assistenzkräfte, und zwar gerade auch bei Leistungen nach § 3 ASiG, zum Einsatz kommen konnten, war auch in den Ausschreibungsbedingungen nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich mehrfach angesprochen worden, nämlich in der Weise, dass das zur Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben erforderliche Assistenzpersonal vom Auftragnehmer zu stellen sei (Leistungsbeschreibung 1.5) und insoweit anfallende Kosten nicht gesondert erstattet würden (Leistungsbeschreibung 1.4 und § 6 Abs. 3 des Rahmenvertragsentwurfs). Wenn dann gleichwohl der Preis für eine volle ärztliche Einsatzstunde anzugeben war, war dies von einem fachkundigen Bieter dahin zu verstehen, dass bei der Preiskalkulation ein Einsatz von Assistenzpersonal selbstverständlich berücksichtigt werden durfte. Abhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Bieter mit unterstützend tätigen Kräften arbeiten wollten und kalkulierten, durfte bei der Preisangabe bei Leistungen nach § 3 ASiG die für eine volle betriebsärztliche Einsatzstunde gewöhnlich beanspruchte Vergütung folglich auch unterschritten werden. Dies entspricht, so wie sich die Vertretung der Antragsgegnerin im Termin vor der Vergabekammer erklärt hat, auch deren Verständnis. Durch die zulässige - da die Bieter nicht unzumutbar belastende - Vorgabe, die Vergütung für eine erbrachte volle ärztliche Einsatzstunde anzugeben (vgl. zur Zulässigkeit von Kalkulationsvorgaben des Auftraggebers BGH VergabeR 2007, 73, 75 f.; OLG München VergabeR 2006, 933, 936 f.; OLG Koblenz VergabeR 2006, 233, 234 f.), wollte die Vergabestelle demgegenüber erkennbar nur das Abrechnungsverfahren vereinfachen, ohne im Übrigen in die Bietern zustehende Kalkulationsfreiheit einzugreifen oder die Leistungen zu verteuern. Die Vorgabe war nicht dahin auszulegen, die Bieter sollten - gegebenenfalls wahrheitswidrig - bei der Preisangabe so tun, als setzten sie bei den Leistungen nach § 3 ASiG nur Betriebsärzte oder Assistenzkräfte zum Preis von Ärzten ein. Eine dahingehende Kalkulationsvorgabe hat die Vergabestelle nicht gemacht.

Dabei war die Vergabestelle - wie die Vergabekammer allerdings erwogen hat (VKB 26) - nicht gehalten, in den Verdingungsunterlagen, was einen Einsatz von Ärzten und Assistenzkräften bei Leistungen nach § 3 ASiG anbetraf, bestimmte Quoten oder insoweit gewisse Bandbreiten vorzuschreiben. Ob und gegebenenfalls wie die Aufgaben zwischen Betriebsarzt und Assistenzpersonal aufgeteilt werden sollten, m.a.W. das Ob sowie Art und Ausmaß eines Einsatzes von Assistenzkräften, unterlag der unternehmerischen Entscheidung der Bieter und ihrer Preiskalkulation. Weitergehende Vorgaben waren ebenso wenig notwendig, denn nach unbestrittenem Vortrag der Beigeladenen existieren im Bereich von Leistungen nach § 3 ASiG für die Assistenzanteile Erfahrungswerte, die von der Vergabestelle mit 10 bis 20 % und von der Beigeladenen mit bis zu 10 % beziffert worden sind (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer, Verfahrensakte der Vergabekammer 631). Dies hat, mindestens was die Größenordnung angeht, die Antragstellerin im Senatstermin bestätigt, in dem sie erklärt hat, der Arztanteil liege bei den genannten Leistungen nur um Weniges unter 100 %. Die genannten Erfahrungswerte sind den Verfahrensbeteiligten mithin bekannt.

bb) Am vorstehend dargestellten Verständnis gemessen wäre folglich nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn die Beigeladene in die Preisangabe für Leistungen nach § 3 ASiG (Vergütung für eine volle ärztliche Einsatzstunde) mit einer bestimmten Quote den auf Assistenzpersonal entfallenden Leistungsanteil einkalkuliert und sich der Preis im Vergleich zu der für eine Arztstunde normalerweise anzusetzenden Vergütung dadurch ermäßigt hätte. Dass sie so kalkuliert hat, ist indes - auch durch ihre erstinstanzlichen Schriftsätze vom 23.9.2008 und 1.10.2008 - nicht belegt. Die darin aufgestellten Preisberechnungen sind - wie sich aus dem Zusammenhang erschließt - lediglich beispielhafter Natur. Tatsächlich und unwiderlegt will die Beigeladene - im Übrigen genauso wie die Antragstellerin - den angegebenen Preis jedenfalls im Ansatz an der Vergütung für eine volle ärztliche Einsatzstunde zuzüglich der Kosten für Assistenzpersonal bemessen haben. Infolgedessen hat die Antragstellerin das in der Preiskalkulation liegende Wettbewerbspotential nicht ausgenutzt. Die Beigeladene hat sich dessen jedenfalls im kalkulatorischen Ansatz nicht bedient, was freilich keinen Grund bildet, eines der Angebote wegen einer unzutreffenden Preisangabe von der Wertung auszuschließen. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene haben die Vergütung tatsächlich und unwiderlegt so kalkuliert und wollen sie so (die Beigeladene im Ansatz so) auch in Rechnung stellen.

cc) Allerdings war die Kalkulation der Beigeladenen nach eigenem Vortrag (anders als die der Antragstellerin) damit nicht abgeschlossen. Die Beigeladene erwartet bei den über die Leistungen nach § 3 ASiG hinausgehenden und nach GOÄ zu vergütenden arbeitsmedizinischen Untersuchungen und Leistungen einen Überschuss über die ihr entstehenden Kosten und hat diesen nach eigenem Vortrag im Wege einer Mischkalkulation dazu verwendet, den Preis für die Leistungen nach § 3 ASiG herabzusetzen. Dies wird von der Antragstellerin als unzulässig beanstandet und scheint unter dem Gesichtspunkt einer Abpreisung auch von der Vergabekammer missbilligt worden zu sein, wobei diese nur deswegen von einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen abgesehen hat, weil sie eine Kostenverlagerung und - im Sinn einer Mischkalkulation - ein Verstecken von Kosten in anderen Leistungspositionen, mithin eine Konnexität zwischen ab- und aufgepreisten Leistungen, dies von ihrer Auffassung ausgehend auch folgerichtig, verneint hat. Denn - so die Vergabekammer - die Preise für die arbeitsmedizinischen Untersuchungen und Leistungen liegen, ohne dass die Beigeladene daran etwas aufgepreist habe oder solches auch nur habe tun können, nach der GOÄ fest. Indes ist in diesem Punkt weder der Antragstellerin noch der Vergabekammer beizupflichten.

Die Feststellung einer unvollständigen, da unzutreffenden Preisangabe setzt nicht den Nachweis einer Mischkalkulation, m.a.W. voraus, dass ermittelt wird oder werden kann, welcher gegebenenfalls abgepreisten Leistung welche andere, aus Gründen der Kompensation aufgepreiste Leistung im Angebot des betroffenen Bieters entspricht. Eine unvollständige Preisangabe, die zum Ausschluss des Angebots führt, ist vielmehr schon anzunehmen, wenn ein einzelner oder einziger Preis unzutreffend, d.h. nicht so, wie gefordert, vollständig mit dem Betrag angegeben worden ist, den der Bieter für die betreffende Leistung tatsächlich beansprucht (so auch BGH VergabeR 2004, 473, 477 und OLG Koblenz VergabeR 2006, 233, 236). Denn nach dem Zweck der Norm ist mit dem zutreffenden Betrag jeder in der Leistungsbeschreibung oder den übrigen Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Preis anzugeben (vgl. BGH VergabeR 2004, 473, 477 zur identischen Rechtslage nach VOB/A). Zwar wird dies von mehreren Vergabesenaten, nach deren Ansicht die Feststellung einer Konnexität zwischen auf- und abgepreisten Leistungen erforderlich ist, anders beurteilt (so u.a. OLG Frankfurt am Main VergabeR 2006, 126, 128; 259, 260; OLG Dresden NZBau 2006, 130 = VergabeR 2005, 641, 642; Brandenburgisches OLG VergabeR 2005, 770, 772). Doch ist eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB auch insoweit nicht notwendig, da sich die Abweichung auf die Entscheidung nicht auswirkt. Denn eine unvollständige Preisangabe ist im Streitfall sowohl nach Auffassung jener Vergabesenate (da eine Mischkalkulation nicht festzustellen ist) als auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zu verneinen. Die Beigeladene hat bei den Leistungen nach § 3 ASiG keinen unvollständigen, d.h. unzutreffenden Preis angegeben, der nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a VOL/A - sofern es sich um eine wesentliche Preisangabe handelt - zum Ausschluss des Angebots führt.

Eine Preisangabe ist unzutreffend und daher unvollständig, wenn sie nicht mit demjenigen Preis vorgenommen worden ist, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (BGH NZBau 2005, 594; VergabeR 2004, 473, 476). Zutreffend beansprucht ist derjenige Preis, den der Bieter für die Leistung tatsächlich kalkuliert hat und den er folglich tatsächlich berechnen will. Wie er seine Preise kalkuliert, schreiben die Vertrags- und Verdingungsordnungen einem Bieter hingegen nicht vor. Dies liegt als Ausdruck der Freiheit unternehmerischen Handelns vielmehr in seinem Verantwortungsbereich (vgl. BGH VergabeR 2004, 473, 477). Im Streitfall hat die Vergabestelle ebenso wenig inhaltliche Kalkulationsvorgaben gemacht. Mischkalkulationen (oder besser: Kosten- oder Preisverlagerungen) sind von daher nicht per se anstößig. Sie sind nicht zu beanstanden, wenn im Angebot jedenfalls der Preis genannt wird, den der Bieter nach dem Ergebnis seiner Kalkulation dem Auftraggeber tatsächlich in Rechnung zu stellen beabsichtigt. So betrachtet durfte die Beigeladene einen aufgrund Abrechnung nach GOÄ bei den betriebsärztlichen Untersuchungen und Leistungen erwarteten Erlösüberschuss der Preiskalkulation bei Leistungen nach § 3 ASiG durchaus gutbringen und solche Leistungen dergestalt gewissermaßen quer subventionieren, sofern aufgrund dessen nicht anzunehmen war, dass es sich bei dem für Leistungen nach § 3 ASiG angegebenen Preis nicht um den nach der Kalkulation der Beigeladenen tatsächlich beanspruchten und infolgedessen zutreffenden Preis handelte. Nach dem diesbezüglichen Vortrag der Beigeladenen ist eine unzutreffende Preisangabe danach nicht festzustellen. Bei der Preisangabe der Beigeladenen für Leistungen nach § 3 ASiG handelt es sich unwiderlegt um den aufgrund ihrer Kalkulation von der Vergabestelle tatsächlich beanspruchten und nicht um einen unzutreffenden Preis.

dd) Dies sucht die Antragstellerin ohne Erfolg mit dem Vorbringen in Zweifel zu ziehen, die nach GOÄ abzurechnenden Leistungen entzögen sich einer seriösen Kalkulation. Mithin sei die Annahme eines Erlösüberschusses bei den arbeitsmedizinischen Untersuchungen und Leistungen ohne tatsächliche Grundlage, es sei denn, die Beigeladene habe infolge ihrer Tätigkeit als Auftragnehmer bei der erwähnten Pilotausschreibung der Antragsgegnerin über Vorkenntnisse und demnach über einen Informationsvorsprung verfügt.

Nach der nachvollziehbaren Darstellung der Beigeladenen - so auch im Schriftsatz vom 23.9.2008 an die Vergabekammer - können aus gleichartigen Aufträgen (welche die Antragstellerin in der Vergangenheit ausgeführt hat und die keineswegs nur von der Antragsgegnerin erteilt worden sein müssen), was eine durchschnittliche Untersuchungshäufigkeit, einen durchschnittlich anfallenden Zeitaufwand und die durchschnittliche Vergütung anbelangt, bei den GOÄ-Leistungen durchaus Erfahrungswerte gesammelt und bei einer Kalkulation verwertet werden. Dazu ist nicht erforderlich, dass GOÄ-Leistungen zur Gänze kalkuliert werden können. Auch indiziert der Umstand, dass die Antragstellerin eine derartige Kalkulation nach eigenem Vortrag nicht angestellt hat, nicht, dass solches unmöglich oder betriebwirtschaftlich unvertretbar gewesen ist. Auch die Antragstellerin hat nach eigenem Vortrag in der Vergangenheit insbesondere bei gleichartigen Aufträgen für die Antragsgegnerin bereits gearbeitet. Sie hat daraus folglich Erfahrungen gewinnen können, aber nicht vorgetragen, dass und aus gegebenenfalls welchen Gründen tatsächlich gezogene oder nach den Umständen mögliche Erkenntnisse für die Kalkulation von GOÄ-Leistungen nicht nutzbar zu machen gewesen sind. In Ermangelung entsprechenden Vortrags der Antragstellerin kann der Beigeladenen auch in dieser Frage kein Wissensvorsprung zugeschrieben werden.

d) Die Beigeladene ist - wie die Vergabekammer mit Recht entschieden hat - entgegen der Meinung der Antragstellerin ebenso wenig wegen unvollständig eingereichter Eignungsnachweise vom Vergabeverfahren auszuschließen. Die Beigeladene hat - wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer unstreitig gestellt hat - die Approbation und Facharztausbildung der einsetzbaren Betriebsärzte durch eine dem Angebot beigefügte Informationsmappe belegt. Unabhängig davon: Die Beigeladene hat unwiderlegt geltend gemacht, das Angebot aufgrund der Bekanntmachungsversion, die bei bestehenden Vertragsbeziehungen - wie in ihrem Fall - lediglich einen Hinweis auf das Aktenzeichen des Vorgangs vorgab, eingereicht zu haben. Dann war es entbehrlich, alle in der Bekanntmachung geforderten Eignungsnachweise vorzulegen. Außerdem hat die Vergabestelle hinsichtlich des Zeitpunkts für eine Vorlage von Eignungsnachweisen in der Leistungsbeschreibung bestimmt, dass solche (erst) auf Verlangen einzureichen sein sollten. Allein dies schließt aus, ein Angebot - so auch dasjenige der Beigeladenen - wegen Fehlens beigefügter Eignungsnachweise von der Wertung auszunehmen. Solches darf nur geschehen, sofern die mit dem Angebot (und auf Anforderung gegebenenfalls nicht erst später) einzureichenden Unterlagen in der Vergabebekanntmachung oder (insoweit hinsichtlich des Zeitpunkts einer Vorlage) in den Verdingungsunterlagen vom Auftraggeber eindeutig und zweifelsfrei, woran es im Streitfall fehlt, bezeichnet worden sind.

Die Eignung der Beigeladenen als solche ist von der Vergabestelle im Übrigen beurteilungsfehlerfrei bejaht worden. Die Eignungsbewertung beruht auf der unangegriffenen Auskunft des zuständigen Sanitätskommandos der Bundeswehr in Kiel, wonach sich die Beigeladene als langjähriger Vertragspartner bewährt habe.

e) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen eines Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A). Die Annahme der Antragstellerin, das Angebot der Beigeladenen sei in dem die Leistungen nach § 3 ASiG betreffenden Punkt ungewöhnlich niedrig, kann der Beschwerdeentscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Gegenstand der in der dritten Wertungsstufe stattfindenden Preisprüfung ist der Gesamtpreis (Endpreis) des Angebots. Nicht aber sind einzelne Leistungspreise einer Prüfung auf Angemessenheit zu unterziehen (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2000, 155, 157; BayObLG NZBau 2003, 105, 107; 342, 344 f.; NZBau 2004, 294 f.; OLG Celle NZBau 2000, 105; OLG Saarbrücken NZBau 2004, 117, 118 f.; OLG Dresden VergabeR 2003, 64, 67). Danach kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene die nach § 3 ASiG zu erbringenden Einzelleistungen zu einem ungewöhnlich niedrigen Preis angeboten hat. Sie müsste vielmehr die vertragsmäßig zu erbringende Gesamtleistung zu einem unangemessenen Preis angeboten haben. Dass dieses nicht festgestellt werden kann, ist vorstehend im Zusammenhang mit einer von der Antragstellerin ohne Erfolg behaupteten unvollständigen Preisangabe der Beigeladenen begründet worden. Aus dem Umstand, dass die Antragstellerin die ihr - genauso wie der Beigeladenen - insofern zu Gebote stehenden Preisermittlungsspielräume nicht ausgenutzt hat, ist nicht zu folgern, der von der Beigeladenen angebotene Preis stehe in einem Missverhältnis zur vertraglichen Leistung.

f) Der Senat hat - was von den Verfahrensbeteiligten nicht artikuliert worden ist -, auch erwogen, ob die Ausschreibung, mit einem der Beschwerde wenigstens zukommenden Teilerfolg nicht deswegen in den Stand vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen ist, da nach den Ausschreibungsunterlagen faktisch nur der Preis als Kriterium für den Zuschlag in Betracht kommen konnte, eine (erst recht eine erneute) Bewertung der Fachkunde oder Qualifikation der Bieter in der vierten Wertungsphase, so jedoch die von der Vergabestelle wörtlich angegebenen Zuschlagskriterien, hingegen ausgeschlossen ist. Indes darf der öffentliche Auftraggeber bei richtlinienkonformer Auslegung des § 97 Abs. 5 GWB sowie von § 25 Nr. 3 Satz 1 VOL/A, jedenfalls aber bei einer verneinendenfalls unmittelbaren Anwendung des Art. 53 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/18/EG, auch den Preis als ausschließliches Zuschlagskriterium bestimmen (vgl. EuGH, Urt. v. 7.10.2004 - C-247/02, NZBau 2004, 685 = VergabeR 2005, 62). Dies ist jedenfalls dann hinzunehmen, wenn - wie im Streitfall - die auszuführenden Leistungen in allen für die Zuschlagsentscheidung in Betracht kommenden Punkten in der Leistungsbeschreibung und/oder in den übrigen Ausschreibungsunterlagen vom Auftraggeber hinreichend genau definiert worden sind (vgl. dazu auch OLG Naumburg, Beschl. v. 5.12.2008 - 1 Verg 9/08).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung gründet sich auf § 50 Abs. 2 GKG. Ihr ist in Verbindung mit der Auftragswertermittlung der Antragsgegnerin zugrunde gelegt worden, dass der abzuschließende Rahmenvertrag mit Rücksicht auf darin angelegte Vertragsverlängerungen fünf Jahre dauern kann (vgl. § 13 Abs. 1 des Rahmenvertragsentwurfs sowie §§ 1, 3 Abs. 6 VgV; Berechnung: 8 Mio Euro netto jährlich zuzüglich Umsatzsteuer x 5 Jahre : 38 Lose x 4 Lose x 5 %).

Ende der Entscheidung

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