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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 77/05
Rechtsgebiete: GWB, VgV, ZPO, VOL/A, GO NRW, KrO NRW, BGB, VAG


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 1
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 107 Abs. 3 Satz 2
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
VgV § 13
ZPO § 233
VOL/A § 2 Nr. 1 Abs. 2
VOL/A § 7 Nr. 6
VOL/A § 17 Nr. 3 Abs. 5
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 3
VOL/A § 21 Nr. 2
VOL/A § 21 Abs. 3
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. c
GO NRW § 107
GO NRW § 107 Abs. 1
GO NRW § 107 Abs. 1 Satz 3
GO NRW § 107 Abs. 3
GO NRW § 108
GO NRW § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
KrO NRW § 53 Abs. 1
BGB § 22
BGB § 420
BGB § 427
VAG §§ 5 ff.
VAG § 7
VAG § 24 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antragstellerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 5. Oktober 2005, VK 19/05, gewährt.

Auf die sofortige Beschwerde des Beigeladenen zu 1 wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Antragstellerin - der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 5. Oktober 2005, VK 19/05, aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens - einschließlich der Kosten der Wiedereinsetzung und des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB - sowie die der Antragsgegnerin und den Beigeladenen in diesen Verfahren entstandenen Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten hat die Antragstellerin zu tragen. Im Übrigen findet eine Erstattung von Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten nicht statt.

Der Gegenstandswert beträgt bis zu 16.000 €.

Gründe:

A.

Der Antragsgegner schrieb die Leistungen der Gebäude-, Inventar- und Wohngebäudeversicherung für 42 Gebäude in seinem Kreisgebiet europaweit aus. Nach Abschnitt II Auftragsgegenstand unter Ziffern II.1.10 der Vergabebekanntmachung sollten Nebenangebote/Alternativangebote berücksichtigt werden. Im Abschnitt III, "Rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und technische Informationen" war unter Ziffern III.1.3) und III.2.1.1) sowie III.3.1) angegeben:

III.1.3): Rechtsform, die eine Bietergemeinschaft von Bauunternehmern, Lieferanten und Dienstleistern, an die der Auftrag vergeben wird, haben muss: Die Bietergemeinschaft haftet gesamtschuldnerisch, sie hat einen bevollmächtigten Vertreter zu benennen.

....

III.2.1.1): Rechtslage - Geforderte Nachweise:

Zulassung gem. §§ 5 ff VAG.

....

III.3.1): Die Dienstleistungserbringung ist einem besonderen Berufsstand vorbehalten:

Ja.

§§ 5 ff VAG.

Als Zuschlagskriterien waren im Abschnitt "IV: Verfahren" unter Ziffern IV.2) folgende Kriterien benannt, wobei sich aus Ziffer 1.9 "Zuschlagskriterien" der Besonderen Ausschreibungsbedingungen ergab, dass die beiden letzten Zuschlagskriterien bei Nebenangeboten in die Wertung einfließen sollten:

IV.2) Das wirtschaftlich günstigstes Angebot.

Bezüglich der nachstehenden Kriterien:

1: Preis/Prämienhöhe,

2: Präsenz/Betreuung,

3: Schadensregulierung,

4: Deckungsumfang,

5: Zusatzleistungen.

In der Reihenfolge ihrer Priorität: Ja.

Der Antragsgegner erhielt insgesamt von vier Bietern Angebote. Die Antragstellerin und der Beigeladene zu 1 reichten jeweils ein Haupt- und ein Nebenangebot ein. Der Beigeladene zu 2 gab ein Hauptangebot ab. Nach der Angebotswertung nahm der Beigeladene zu 1 mit seinem Nebenangebot den ersten Rang - gefolgt von dem Angebot des Beigeladenen zu 2 auf Rang 2 - und mit seinem Hauptangebot den fünften Rang ein. Gegen den beabsichtigten Zuschlag hat die Antragstellerin, die mit ihren Angeboten Rang 3 (Nebenangebot) und Rang 4 (Hauptangebot) belegte, ein Nachprüfungsverfahren angestrengt und beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Angebote des Beigeladenen zu 1 und das Angebot des Beigeladenen zu 2 auszuschließen und eine Neubewertung der übrigen Angebote anzuordnen. Das Angebot des vierten Bieters wurde aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen.

In einem Telefonat am 12. Juli 2005 wies die Antragstellerin den Antragsgegner darauf hin, dass die Mindestanforderungen an die Nebenangebote in den Verdingungsunterlagen nicht hinreichend bestimmt seien. Der Antragsgegner hielt die Mindestanforderung für gestellt.

Mit Schreiben vom 23. August 2005 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin gemäß § 13 VgV, dass der Zuschlag auf das Nebenangebot des Beigeladenen zu 1 entfallen solle, weil dieses wirtschaftlicher sei. Die Antragstellerin rügte die beabsichtigte Zuschlagserteilung mit Schreiben vom 30. August 2005 erfolglos als vergaberechtsfehlerhaft.

Die Antragstellerin beantragte die Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung. Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag teilweise entsprochen und den Antragsgegner mit Beschluss vom 5. Oktober 2005, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 7.Oktober 2005, verpflichtet, die Angebote mit Ausnahme der Angebote des Beigeladenen zu 1 erneut zu werten. Die Angebote des Beigeladenen zu 1 seien wegen unzulässiger Änderung der Verdingungsunterlagen von der Wertung auszunehmen.

Dagegen wenden sich die Antragstellerin und der Beigeladene zu 1 mit ihren sofortigen Beschwerden. Der Beigeladene zu 1 hat gegen den Beschluss der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt, soweit der Antragsgegner verpflichtet wurde, seine Angebote auszuschliessen und eine neue Wertung angeordnet wurde. Gegen die teilweise Ablehnung des Nachprüfungsantrags (kein Ausschluss des Angebotes des Beigeladenen zu 2) hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Daneben hat sie beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Rechtsmittels gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern. Der Senat hat mit Beschluss vom 4. November 2005 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin einstweilen bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zur Gewährung des effektiven Rechtsschutzes der Antragstellerin mit dem Hinweis darauf verlängert, dass der Antragstellerin wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde voraussichtlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.

Die Antragstellerin beantragt,

ihr gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, neben den Angeboten des Beigeladenen zu 1 auch das Angebot des Beigeladenen zu 2 auszuschliessen und eine Neubewertung der verbliebenen Angebote nach der Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats anzuordnen.

Der Beigeladene zu 1 beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Im Hinblick auf die von ihm eingelegte sofortige Beschwerde und die Beschwerde der Antragstellerin beantragt der Beigeladene zu 1, den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 5. Oktober 2005, VK 19/05, aufzuheben, soweit dem Antragsgegner aufgegeben worden sei, die Angebote der Bieter mit Ausnahme der Angebote der Beigeladenen zu 1 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu werten, und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 1. September 2005 sowie ihre sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde des Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen.

Der Antragsgegner und der Beigeladene zu 2 stellen keinen Antrag.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die sofortige Beschwerde des Beigeladenen zu 1. ist begründet, das Rechtsmittel der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

I. Das Rechtsmittel der Antragstellerin und des Beigeladenen zu 1. ist zulässig.

1. Zwar hat die Antragstellerin die Notfrist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht eingehalten (§ 117 Abs. 1 GWB). Jedoch ist ihr auf ihren Antrag vom 25. Oktober 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO).

Der angefochtene Beschluss der Vergabekammer ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 7. Oktober 2005 zugestellt worden. Die zweiwöchige Beschwerdefrist lief daher am 21. Oktober 2005 ab. Die mit Telefax am 20. Oktober 2005 übersandte Beschwerdeschrift der Antragsgegnerin wahrte die Frist nicht, weil der Übersendung die Seite 25 der Beschwerdeschrift mit der anwaltlichen Unterschrift fehlte. Der auf dem Postweg übersandte vollständige Beschwerdeschriftsatz ging erst am 24. Oktober 2005 beim Beschwerdegericht ein. Jedoch war die Antragstellerin ohne ihr Verschulden im Sinne des § 233 ZPO verhindert, die Beschwerdefrist einzuhalten. Ihr Verfahrensbevollmächtigter durfte einfache Bürotätigkeiten auf sein geschultes und zuverlässiges Büropersonal zur selbständigen Erledigung übertragen. Zu den übertragbaren einfachen Tätigkeiten zählen nach der Rechtsprechung auch die Absendung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Telefax und die Kontrolle des Fax-Sendeberichtes (BGH NJW 1994, 329; VersR 96, 778). Beide Tätigkeiten hatte Rechtsanwalt Dr. A... im Streitfall der seit dem Jahr 2002 fertig ausgebildeten und ihm als zuverlässig bekannten Rechtsanwaltsfachangestellten E. am 20. Oktober 2005 übertragen. Mit Anlagen hatte die zu übersendende Beschwerdeschrift einen Umfang von 76 Seiten, darunter die von Rechtsanwalt Dr. A... unterzeichnete Seite 25 des Beschwerdeschriftsatzes. Frau E. hat das gesamte Konvolut in das Faxgerät des Rechtsanwaltsbüros zum Versenden eingelegt und die Fax-Nummer des OLG Düsseldorf gewählt, bei der anschließenden Kontrolle des Sendeberichtes jedoch übersehen, dass tatsächlich nur 75 Seiten an das Gericht übermittelt worden waren. Ein solches Versehen war ihr bis dahin bei der Ausübung ihres Berufes noch nicht unterlaufen. Ebenso wenig ist der Antragstellerin anzulasten, dass jenes Versehen nicht schon im Zuge der telefonischen Nachfrage des Mitarbeiters T. am 21. Oktober 2005 noch vor Ablauf der Beschwerdefrist aufgedeckt und behoben worden ist. Herr T. hatte am Vormittag des 21. Oktober 2005 bei der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts angefragt, ob die sofortige Beschwerde bei Gericht eingegangen war. Auf die bejahende Antwort der Geschäftsstelle hatte er zu diesem Zeitpunkt keinen greifbaren Anlass, gezielt zurückzufragen, ob von dem 76-seitigen Schriftsatz wirklich alle Seiten ordnungsgemäß übermittelt worden waren.

2. Der Beteiligung des Beigeladenen zu 2 steht nicht entgegen, dass nicht das Bieterkonsortium selbst, sondern die B... GmbH & Co. KG förmlich beigeladen worden ist (§ 119 GWB). Es liegt kein Wechsel des Beigeladenen vor. Die Bezeichnung des Beigeladenen zu 2 im Rubrum war vielmehr zu berichtigen. Das im Rubrum als Beigeladener zu 2 aufgeführte Versicherungskonsortium ist durch die B... GmbH & Co. KG bei der Abgabe des Angebots vertreten worden (§ 164 BGB). Die dem Konsortium als Gesellschafterin angehörende und zur Vertretung des Versicherungskonsortiums bevollmächtigte H... Versicherungs AG hat ihrerseits die B... GmbH & Co. KG bevollmächtigt, sie in dem Vergabeverfahren zu vertreten. Auch im laufenden Nachprüfungsverfahren tritt diese als gewillkürte Vertreterin des Bieterkonsortiums auf.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch unbegründet.

1. a) Allerdings ist der Nachprüfungsantrag - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - zulässig, soweit die Antragstellerin gerügt hat, der Antragsgegner habe in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen für Nebenangebote nicht festgelegt. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Die Antragstellerin hat die Rüge unverzüglich erhoben. Die Rüge setzt nach § 107 Abs. 3 GWB weder eine Schriftform voraus, noch ist sie ausdrücklich als Rüge zu bezeichnen. Sie muss lediglich erkennen lassen, dass der Bieter ein bestimmtes, näher zu bezeichnendes Verhalten als vergaberechtswidrig tadelt und Abhilfe erwartet. Unstreitig hat die Antragstellerin den vermeintlichen Vergabefehler bereits in der ersten Hälfte des Juli 2005 erkannt. Sie hat die Rüge zwar schriftlich erst mit Schreiben vom 30. August 2005 (Anlage BF 8) erhoben. Dies steht der Rechtzeitigkeit der Rüge jedoch nicht entgegen. Die Rüge kann auch mündlich erhoben werden. Im Streitfall liegt die Rüge bereits in dem Telefonat vom 12. Juli 2005, in dem die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner die Auffassung vertrat, dass die vom Antragsgegner in der Leistungsbeschreibung gestellten Anforderungen an Nebenangebote nicht ausreichend seien. Dass die Antragstellerin Abhilfe erwartete, ergibt sich mittelbar aus dem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 12. Juli 2005 (Anlage BF 4). Der zuständige Mitarbeiter des Antragsgegners hat nach dem Telefonat eine Korrekturmitteilung erstellt.

b) Hinsichtlich der weiteren Rügen, insbesondere aus § 7 Nr. 6 VOL/A, ist der Nachprüfungsantrag ebenfalls zulässig. Eine Verletzung der Rügeobliegenheit ist nicht festzustellen. Dem Antragsteller obliegt nach § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB nur die Rüge der in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht erkannten Vergaberechtsverstöße. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.2000, Verg 9/00; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.9.2000-5 Verg 1/00), entsteht keine gesonderte Rügeobliegenheit, wenn der Antragsteller erst im Laufe des Nachprüfungsverfahrens einen Vergaberechtsverstoß erkennt. Die Antragstellerin hat den beabsichtigten Zuschlag auf das Nebenangebot des Beigeladenen zu 1 mit Schreiben vom 30. August 2005 beanstandet. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin anwaltlich noch nicht vertreten, weshalb sie den vermeintlichen Verstoß gegen § 7 Nr.6 VOL/A, der in der Teilnahme des Beigeladenen zu 1 am Vergabeverfahren zu sehen sein kann, noch nicht erkannt haben will. Dies ist der Antragstellerin nicht zu widerlegen. Das gilt auch für die weiteren im Laufe des Nachprüfungsverfahrens von der Antragstellerin erhobenen Rügen.

2. Die Antragstellerin kann die mit ihrem Nachprüfungsantrag begehrte Neuwertung der Angebote unter Einschluss ihres Angebotes und unter Ausschluss der Angebote des Beigeladenen zu 1 und des Angebots des Beigeladenen zu 2 nicht erreichen. Sie wird weder durch den unterlassenen Ausschluss der Konkurrenzangebote, noch durch eine ungerechtfertigte Bewertung des eigenen Angebotes und des Nebenangebotes des Beigeladenen zu 1 in ihren Bieterrechten verletzt.

Entgegen der insoweit geäußerten Bedenken des Antragsgegners war das an Platz 3 der Bieterrangliste liegende Nebenangebot der Antragstellerin nicht von der Wertung auszunehmen mit der Folge, dass nur das an Platz 4 der Rangliste liegende Hauptangebot der Antragstellerin zu werten gewesen wäre. Nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. c) VOL/A können Nebenangebote, die nicht auf besonderer Anlage gemacht worden oder als solche nicht deutlich gekennzeichnet sind (§ 21 Nr. 2 VOL/A), ausgeschlossen werden.

Die zweite formelle Voraussetzung des § 21 Nr. 2 VOL/A ist erfüllt. Das Angebot ist als Nebenangebot deutlich gekennzeichnet gewesen. Die Anlageblätter waren mit den Kennzeichnungen "N1 bis N8" versehen. Im Begleitschreiben zu ihrem Angebot vom 8. August 2005 wies die Antragstellerin ferner daraufhin, dass das Nebenangebot den Leistungs- und Deckungsumfang des Hauptangebots nach Anlagen H1 bis H3 und der Anlagen H5 und H6 zur örtlichen Betreuung und Schadenregulierung sowie den Inhalt der gesonderten Anlagen (N1: Darstellung Kommunales Risk-Management; N3-N8: Leistungen des "Kommunalen Risk-Managements") umfassen sollte und die Prämien für das Nebenangebot der Anlage N 2 zu entnehmen seien.

Die von § 21 Nr. 2 VOL/A verlangte körperliche Trennung des Hauptangebots vom Nebenangebot - die erste Voraussetzung - ist ebenfalls gegeben. Das Nebenangebot der Antragstellerin bestand in erster Linie aus den Anlageblättern N1 bis N8 sowie - dies zeigt die Bezugnahme auf diese im Begleitschreiben der Antragstellerin - aus den Anlageblättern H1 bis H3 sowie H5 und H6. Die zuletzt genannten Blätter mussten nicht ein zweites Mal mit dem Nebenangebot eingereicht werden, da sie dem Nebenangebot gedanklich und körperlich ohne weiteres zugeordnet werden konnten.

Unterstellt man, die erste formelle Voraussetzung läge hier nicht vor, hätte dies außerdem den Ausschluss des Angebots nicht zwingend zur Folge. Der Ausschluss eines die formellen Anforderungen des § 21 Nr. 2 VOL/A nicht erfüllenden Nebenangebotes steht nach § 25 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A im Ermessen des Auftraggebers. Die Vorschrift dient sowohl der Erleichterung der Tätigkeit des Auftraggebers bei der Angebotsöffnung und -wertung als auch der Wahrung der Transparenz des Wettbewerbs. Für eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Bezugnahme auf die Anlagenblätter H1 bis H3 und H5 und H6 als Teil des Nebenangebots sind keine Anhaltspunkte vorhanden, da die Bezugnahmen offen gelegt waren. Bei bestimmungsgemäßer Ausübung des Ermessens mußte das Nebenangebot vom Antragsgegner nicht ausgeschlossen werden. Tatsächlich ist es aus formellen Gründen auch nicht ausgeschlossen worden.

3. Die Nebenangebote des Beigeladenen zu 1 und der Antragstellerin sind nicht wegen einer vom Antragsgegner unterlassenen Aufstellung der von den Nebenangeboten zu erfüllenden Mindestanforderungen von der Wertung auszunehmen.

Nebenangebote sind nur wertbar, wenn der öffentliche Auftraggeber für sie Mindestanforderungen in den Verdingungsunterlagen festgelegt hat (vgl. EuGH, Urt. v. 16.10.2003, RS. C-241/01 VergabeR 2004, 50 zu Art. 19 Abs. 2 BKR -"Traunfellner"). Aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ergibt sich, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen zu nennen, die die Änderungsvorschläge ("Varianten") erfüllen müssen. Dies ist in richtlinienkonformer Auslegung auch als Regelungsinhalt des § 17 Nr. 3 Abs. 5 VOL/A anzusehen (vgl. Sen., Beschl. v. 27.4.2005, Verg 23/05, VergabeR 2005, 483, 484 -Fahrzeugzulassungssoftware). Der allgemeine Hinweis des Auftraggebers auf das Erfordernis einer Gleichwertigkeit des Nebenangebots mit dem Hauptangebot genügt nicht (vgl. BayObLG VergabeR 2004, 654, 656).

In den Besonderen Ausschreibungsbedingungen unter "1 Allgemeine Vergabekriterien" war im Hinblick auf Änderungsvorschläge und Nebenangebote ausgeführt:

1.6 Änderungsvorschläge-/Nebenangebote

Nebenangebote und Änderungsvorschläge werden zugelassen, sofern daneben auch ein Hauptangebot entsprechend den Ausschreibungsbedingungen abgegeben wurde. Der Deckungsumfang des Hauptangebots darf in keiner Position durch das Nebenangebot unterschritten werden. Abweichungen des Deckungsumfanges nach oben sind herauszustellen.

Aus der Sicht des verständigen Bieters war damit hinreichend bestimmt und klar die einzige Mindestanforderung bzw. Bedingung, die die Nebenangebote zu erfüllen hatten, festgelegt: Der Deckungsumfang des Hauptangebots (Leistungen in Schadensfällen) durfte vom Nebenangebot nicht unterschritten werden. Damit war negativ umschrieben, unter welchen Voraussetzungen ein Nebenangebot dem Hauptangebot gleichwertig war. Der Festschreibung weiterer von den kaufmännischen Nebenangeboten zu erfüllender Mindestanforderungen bedurfte es nicht. Die Nebenangebote konnten Änderungen in allen anderen Bereichen des Angebots aufweisen, etwa einen Rabatt bei den Prämien, eine Aufnahme von Zusatzleistungen (vgl. Ziff.1.7 der Besonderen Ausschreibungsbedingungen), oder Änderungen bei den Schadensregulierungs- und Betreuungsleistungen nach Ziffer 2.2.1 und 2.2.2. der genannten Bedingungen, ohne dass die Gleichwertigkeit des Nebenangebots in Frage gestellt war, wenn der Deckungsumfang gewährleistet blieb. Damit sollte der Kreativität der Bieter bei der Erstellung von Nebenangeboten Raum gelassen werden. Dies haben die Bieter - einschließlich der Antragstellerin - so auch verstanden. Während der Beigeladene zu 1 (zum Teil bedingte, zum Teil unbedingte) Rabatte auf die Prämien eingeräumt hat, hat die Antragstellerin ein Nebenangebot erstellt, dass geldwerte Zusatzleistungen enthielt.

4. Haupt- und Nebenangebot der Beigeladenen zu 1 sind - entgegen der Meinung der Antragstellerin - nicht wegen eines Verstoßes gegen § 97 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A i.V.m. § 107 GO NRW von der Wertung auszuschließen.

Nach § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind im Vergabeverfahren wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen. Beim Verstoß einer Gemeinde gegen § 107 GO NRW, § 53 Abs. 1 KrO NRW kann die den Wettbewerb verfälschende Unlauterkeit darin bestehen, dass eine Gemeinde oder ihr Beteiligungsunternehmen sich an einem Vergabeverfahren beteiligt, das ihr nach den kommunalwirtschaftsrechtlichen Einschränkungen nach der Gemeindeordnung verschlossen ist, und sie darin von einem öffentlichen Auftraggeber noch gefördert wird, indem sie den Zuschlag erhalten soll. Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Januar 2000, Verg 3/99 (NZBau 2000, 155- "Awista"), entschieden, dass § 107 Abs. 1, 3 GO NRW - ebenso wie § 97 Abs.1 GWB und § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A - eine wettbewerbsregelnde Funktion hat, nämlich das "Ob" des Wettbewerbs regelt. Eine Gemeinde darf sich nach § 107 Abs. 1 GO NRW zur Erfüllung ihrer Aufgaben nur wirtschaftlich betätigen, wenn vor allem ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert und die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht. Die Vorschrift dient nicht nur dem Schutz der Gemeinde vor den mit einer eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Risiken, sondern auch dem Schutz privater Dritter vor einer wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden (vgl. Senat, NZBau 2002, 626, 630 f. - DAR; OVG Münster, Beschl. v.13.8.2003, Az.15 B 1137/03, NVWZ 2003, 1520, 1521 f.; Beschl. v.12.10.2004, 15 B 1873/04 und 15 B 1889/04, NZBau 2005, 167). Der Drittschutz der Vorschrift erstreckt sich auch auf solche Wettbewerber, die nicht im Gebiet der sich wirtschaftlich betätigenden Gemeinde ansässig sind, wenn das Wettbewerbsverhältnis jedenfalls im Geltungsbereich der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung besteht. Zwar wird die geographische Reichweite der rechtlichen Beschränkung einer wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden nach § 107 GO NRW in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. Senat NZBau 2002, 626, 632 f.; OVG Münster NZBau 2005, 167, 168 f.). Darüber muss hier jedoch nicht entschieden werden. Denn ein Verstoß gegen § 107 GO, § 53 Abs. 1 KrO NRW ist im Streitfall aus anderen Gründen zu verneinen.

Der Beigeladene zu 1. unterliegt als Privatrechtssubjekt nicht unmittelbar den kommunalwirtschaftsrechtlichen Beschränkungen nach § 107 GO NRW, die gemäß § 53 Abs. 1 KrO NRW auch für die Kreise gelten. Der Beigeladene zu 1. ist wirtschaftlicher Verein im Sinne von § 22 BGB (vgl. auch § 7 VAG). Die Mitgliedschaft beim Beigeladenen ist für die betreffenden Kommunen und kommunalen Einrichtungen selbst (unter ihnen befindet sich auch der Antragsgegner) keine wirtschaftliche Betätigung. Als wirtschaftliche Betätigung ist nach § 107 Abs. 1 S. 3 GO NRW der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte. Diese Voraussetzungen sind in der Person der Mitglieder des Beigeladenen zu 1. nicht gegeben. Denn im Streitfall werden Versicherungsdienstleistungen nicht von den Mitgliedern des Beigeladenen zu 1., sondern nur von diesem als einem selbständig am Markt auftretenden Unternehmen angeboten. Der bloße Erwerb und die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft im Beigeladenen stellen im Rechtssinn keine wirtschaftliche Betätigung der Mitglieder dar. Die Mitglieder betätigen sich selbst nicht als Anbieter von Versicherungsdienstleistungen.

Der Beigeladene zu 1. hat die Vorschriften der Gemeindeordnung NRW ebenso wenig deswegen zu befolgen, weil sich seine Mitglieder zumindest überwiegend aus Kommunen und kommunalen Einrichtungen zusammensetzen, und diese bei einer (unterstellten) eigenwirtschaftlichen Betätigung die genannten Beschränkungen zu beachten haben. Der Beigeladene ist infolge seiner Mitgliederstruktur weder ein kommunales, d.h. von einer Mehrheit von Kommunen oder kommunalen Einrichtungen beherrschtes, Unternehmen, noch ist die bloße Mitgliedschaft von Gemeinden, Kreisen und Gemeindeeinrichtungen beim Beigeladenen als eine Beteiligung an einem Unternehmen anzusehen, kraft derer die wirtschaftliche Betätigung des Beigeladenen zu 1. sinngemäß denselben Beschränkungen unterworfen ist, wie sie die Gemeinden bei einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu beachten haben. Im Sinne des Kommunalwirtschaftsrechts ist als eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden in der Form der Beteiligung an einem Unternehmen im Allgemeinen nur der Erwerb und das Halten von Geschäftsanteilen oder Aktien am Unternehmen zu verstehen. Ob die bloße Mitgliedschaft von Kommunen in einem wirtschaftlichen Verein dem Begriff der wirtschaftlichen Betätigung der GO NRW unterfällt, ist dagegen von den Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen. Dieses Verständnis ergibt sich nicht nur aus den die wirtschaftlichen Beteiligungen der Kommunen betreffenden Vorschriften der §§ 107, 108 GO NRW, sondern auch aus dem Wesen der Mitgliedschaft in einem auf Gegenseitigkeit angelegten Versicherungsverein. Die Verweisung in § 108 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GO NRW auf § 107 Abs. 1 des Gesetzes macht deutlich, dass von der Beteiligung einer Kommune an einem Unternehmen nur gesprochen werden kann, sofern diese im Sinne der Legaldefinition in § 107 Abs. 1 S. 3 GO NRW bei wertungsmäßiger und funktionaler Betrachtung als eine wirtschaftliche Betätigung beim Betrieb des Unternehmens als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Waren und/oder Dienstleistungen erscheint. Davon kann im Verhältnis des Beigeladenen zu 1. und allgemein eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu seinen (kommunalen) Mitgliedern nicht gesprochen werden.

Der Beigeladene zu 1. erlangte als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Rechtsfähigkeit, indem ihm die Erlaubnis erteilt wurde, Versicherungsgeschäfte durchzuführen (vgl. § 15 Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG). Funktional gesehen betreibt der Beigeladene ein Versicherungsunternehmen. Die Versicherungsnehmer werden durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages - wie in der Regel bei jedem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit - zugleich Mitglieder des Beigeladenen (vgl. auch § 4 Abs. 1, 2, § 5 Abs. 1, 4, § 17 Abs. 2 der Satzung des Beigeladenen zu 1.). Bei der gebotenen funktionalen Betrachtung des Beschaffungsvorgangs sind die Mitglieder indes "nur" Abnehmer oder Kunden des Versicherungsvereins, die sich durch den Abschluss eines Versicherungsvertrages gegen ein Entgelt in der Form von Beitragszahlungen eine von ihnen nachgefragte Versicherungsdienstleistung erkaufen. Die Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit sind nicht Anbieter oder Verteiler von Dienstleistungen oder Waren. Allerdings sind sie im vereinsrechtlichen Sinn Träger des Versicherungsvereins (wie auch des Beigeladenen zu 1.). Die Mitglieder lenken in der Mitgliederversammlung die Geschicke des Vereins (vgl. §§ 29,36 VAG, § 17 der Satzung des Beigeladenen zu 1.). Sie tragen das Geschäftsrisiko und haben durch Umlagen oder Nachschüsse für die Verluste des Vereins aufzukommen (vgl. § 19, § 50 Abs. 1 VAG, § 21 Abs. 3 der Satzung des Beigeladenen zu 1.). Erwirtschaftet der Verein dagegen Überschüsse aus Beitragseinnahmen, sind diese an die Mitglieder auszuzahlen (vgl. § 38 VAG, § 21 Abs. 2 der Satzung des Beigeladenen zu 1.). Der Mitgliedstatus stellt jedoch nur eine spezifische rechtliche Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses dar, die darauf beruht, dass dem von einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit gewährten Versicherungsschutz - im Sinn tragender Elemente - die Gedanken der gegenseitigen Hilfe und der Risikoverteilung auf eine möglichst breite Mitgliederzahl innewohnen. Dagegen sind die zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern bestehenden Rechtsbeziehungen - wie bei jedem Versicherungsverhältnis - in erster Linie durch das versicherungsrechtliche Austauschverhältnis, nicht aber davon geprägt, dass die Versicherungsnehmer durch einen Beitritt in der Form der Mitgliedschaft im (wirtschaftlichen) Verein eine eigenwirtschaftliche Betätigung suchen. Der Erwerb und die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft sind Nebenfolgen, die mit dem Abschluss und der weiteren Unterhaltung eines Versicherungsvertrages bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit - in der Regel notwendig - verbunden sind. Sie rechtfertigen es nicht, die wirtschaftliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. denselben gesetzlichen Beschränkungen zu unterwerfen, die für die wirtschaftliche Beteiligung seiner kommunalen Mitglieder gelten.

Unabhängig hiervon wird vom Zweck der Beschränkung, denen kommunalwirtschaftliche Betätigungen gemäß § 107 GO NRW unterliegen, eine Erstreckung auf die bloße Mitgliedschaft von Kommunen in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht gefordert. Die Begründung der Landesregierung zum Entwurf des ersten Gesetzes zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen (Erstes Modernisierungsgesetz - NW 1.ModernG) vom 15.6.1999 (NWGV 1999, 386), durch das § 107 GO NRW seine heute geltende Fassung erhalten hat, lässt ersehen, dass hierbei vor allem an einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Kommunen und kommunalen Unternehmen auf der einen Seite und von kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere solchen des Handwerks, auf der anderen Seite gedacht worden ist. Eine - denkbare - wirtschaftliche Betätigung von Kommunen in der Form einer Mitgliedschaft in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und ihre mögliche Einbeziehung in den angestrebten Interessenausgleich hat hierbei keine Rolle gespielt (vgl. LT-Drucks. 12/3730, S. 103 ff.). Daran zeigt sich, dass eine solche Mitgliedschaft von der angesprochenen Norm auch nicht erfasst werden sollte.

5. Die Teilnahme des Beigeladenen zu 1 am Vergabeverfahren verstößt auch nicht gegen § 7 Nr. 6 VOL/A. Die Vorschrift besagt, dass Justivollzugsanstalten, Einrichtungen der Jugendhilfe, Aus- und Fortbildungsstätten oder ähnlichen Einrichtungen zum Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen nicht zuzulassen sind.

Der Beigeladene zu 1 ist keine "ähnliche (öffentliche) Einrichtung" im Sinne dieser Vorschrift. Als eingetragener Verein ist er Rechtssubjekt des privaten Rechts, aber keine öffentliche Einrichtung. Der Senat hat dies bereits für eingetragene Vereine in mehreren Beschlüssen entschieden (vgl. Beschl. v. 23.12.2003, Verg 58/03, VergabeR 2004, 379 - Jugendhilfe; Beschl. v. 4.3.2004, Verg 8/04, VergabeR 2004, 511; Beschl. v. 14.7.2004, VII-Verg 33/04 sowie nochmals zusammenfassend: Beschl. v. 17.11.2004, VII-Verg 46/04; zuletzt: Beschl. v. 23.3.2005, VII-Verg 68/04. Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1 über überwiegend kommunale Gebietskörperschaften als Mitglieder verfügt, rechtfertigt weder eine ausdehnende Auslegung von § 7 Nr. 6 VOL/A noch eine Analogie, zumal es hier bereits an der in der Vorschrift verlangten sozialpolitischen Ausrichtung des Beigeladenen fehlt. Die Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und nicht analogiefähig.

6. Das Haupt- und das Nebenangebot des Beigeladenen zu 1 sind nicht gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der Wertung auszunehmen, weil die geforderte Preisangabe - objektiv betrachtet - nicht unvollständig war. Angebote, die dem § 21 Abs. 1 Nr. 1 VOL/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, insbesondere aber der geforderte Preis nicht vollständig angegeben ist, sind zwingend von der Wertung auszuschließen. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb der in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (vgl. BGH, Beschl. v. 18.5.2004, X ZB 7/04, Umdruck S. 10 = VergabeR 2004, 473).

Der Antragsgegner hat von den Bietern die Ausweisung der Versicherungsprämien für jedes Objekt nach Inventarversicherung und Gebäudeversicherung gesondert gefordert (vgl. Satz 2 der Ziffer 1.4 Beiträge und Rechnungsstellung der Besonderen Ausschreibungsbedingungen). Unter Ziffer 4 "Preisangebot" war verlangt, dass die Versicherungsbeiträge vom Versicherer in den beigefügten Angebotsvordruck einzutragen waren. Ferner ergab sich aus dem Formblatt "Angebot Gebäude- und Inventarversicherung (Jahresbeitrag)", dass in die letzte Spalte der "Gesamtjahresbeitrag (incl. Vst.)" einzutragen war.

Soweit die Antragstellerin meint, die Angaben des Beigeladenen zu 1 seien unvollständig, weil sich aus § 21 Abs. 3 der Satzung des Beigeladenen zu 1 ergebe, dass die Mitglieder des Beigeladenen zu 1 in Verlustfällen zum Nachschuss verpflichtet seien und der Nachschuss durch einen prozentualen Beitrag zum Jahresbeitrag erhoben werde, ist dem nicht zu folgen. Der Beigeladene zu 1 hat weder in seinem Haupt- noch in seinem Nebenangebot unvollständige Preisangaben zur Gesamtjahresprämie gemacht, indem er jeweils den im Voraus zu entrichtenden Versicherungsbeitrag einschließlich der Versicherungssteuer pro Versicherungsjahr und Gebäudeobjekt in das Preisblatt eingetragen hat. Zwar fallen die bereits bestehende Mitgliedschaft bei dem Beigeladenen zu 1 und das noch zu begründende Versicherungsverhältnis beim Antragsgegner zusammen. Die Verdingungsunterlagen verlangten vom Beigeladenen zu 1 jedoch nicht die Angabe der Gesamtjahresprämie unter Einbeziehung der aus § 21 Abs. 3 der Satzung möglicherweise für den jeweiligen Abrechnungsverband zu erhebenden Nachschüsse. § 21 Abs. 3 der Satzung des Beigeladenen lautet wie folgt:

Ergibt sich bei einem der Abrechungsverbände ein Verlust, so kann dieser zunächst aus dem Reservefonds (§ 22 der Satzung) gedeckt werden. Übersteigt der Verlust in einem Jahr 15.v.H. des Jahresbeitrages oder reicht der Reservefonds nicht aus, so ist der Verlust durch Nachschusserhebung spätestens zusammen mit dem nächsten Jahresbeitrag abzudecken, und zwar durch einen prozentualen Zuschlag zum Beitrag.

Der Beigeladene zu 1 hat die Versicherungsjahresprämie, so wie gefordert, vollständig angegeben. Aus Sicht eines verständigen Bieters waren nur die im Voraus zu entrichtenden Prämien anzugeben. Keineswegs bedeutete die Angabe im Preisblatt "Versicherungsbeitrag incl. Versicherungssteuer" bzw. "Gesamtjahresbeitrag incl. Versicherungssteuer", dass der Beigeladene zu 1 auch etwaige künftig anfallende Nachschussbeiträge in die Kalkulation der Prämie einzubeziehen hatte. Bereits aus dem Wortlaut und dem Zusammenhang des Satzes 1 (Die Versicherungsbeiträge werden am Jahresbeginn vorschüssig gezahlt.) der Ziffer 1.4 mit dem Satz 2 der Ziffer 1.4 (Die Versicherungsprämien sind für jedes Objekt nach Inventarversicherung und Gebäudeversicherung gesondert auszuweisen) der Besonderen Ausschreibungsbedingungen konnte ein verständiger Bieter in der Lage des Beigeladenen zu 1 entnehmen, dass er lediglich die "vorschüssig" zu zahlenden Versicherungsbeiträge ohne Berücksichtigung etwaiger Nachschussbeiträge als tatsächlich geforderten Preis anzugeben hatte. Der Begriff "vorschüssig" bezeichnet den Fälligkeitszeitpunkt des Versicherungsbeitrages (§ 273 BGB), nämlich zu Beginn des Versicherungsjahres oder nach Abschluss des Versicherungsvertrages (vgl. § 35 VVG). Der Begriff "Nachschuss" bezeichnet eine im Nachhinein zu leistende zusätzliche Zahlung über den bereits geleisteten Beitrag hinaus. Die Begriffe bilden ein Gegensatzpaar. Ein verständiger Bieter durfte - auch nach dem Wortlaut der im Preisblatt geforderten Angabe "Versicherungsbeitrag incl. Versicherungssteuer" - davon ausgehen, dass lediglich die Angabe der Höhe der im Voraus zu entrichtenden Versicherungsjahresprämie erforderlich war, weil dies der zu Jahresbeginn fällig werdende Beitrag war.

Für dieses Verständnis des Bieters vom Begriff des "Versicherungsbeitrages" spricht auch, dass in die Höhe der zu Jahresbeginn "vorschüssig" zu zahlenden Versicherungsbeiträge (vgl. Satz 1 der Ziffer 1.4 der Besonderen Versicherungsbedingungen) keine erst am Ende des Versicherungsjahres fällig werdenden Beitragsrückerstattungen (vgl. § 21 Abs. 2 der Satzung des Beigeladenen zu 1) im Wege der Saldierung einberechnet werden, weil deren Höhe am Beginn des Versicherungsjahres ebenfalls völlig ungewiss ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass erst am Ende eines Versicherungsjahres entstehende - nach § 21 Abs. 3 der Satzung beschlossene - und fällig werdende Nachschussbeiträge rein faktisch nicht bei Angebotserstellung in die Preiskalkulation durch den Bieter einbezogen werden können. Insoweit wären dem Beigeladenen zu 1 bei Angebotsabgabe allenfalls Schätzungen - ohne dass dies jedoch an einer von der Antragstellerin gerügten "Vorläufigkeit" der Prämie etwas ändern würde - möglich gewesen. Nur die Einbeziehung der Nachschussansprüche und der Rückerstattungsansprüche hätte aber aus Sicht eines verständigen Bieters den tatsächlich vom Antragsgegner zu entrichtenden Preis der Versicherungsdienstleistungen offenbart.

Der Antragsgegner musste mit Angeboten von Bietern in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit rechnen. In der Vergabebekanntmachung unter Ziffer III. 2.1.1.) und in den Besonderen Ausschreibungsbedingungen unter Ziffer 1.10 hatte der Antragsgegner die Eignungsanforderung gestellt, dass nur Angebote von Versicherern akzeptiert werden. Als Eignungsnachweis wurde die "Zulassung gem. §§ 5 ff. VAG" gefordert. Nach § 7 VAG darf die Erlaubnis nach § 5 VAG nur Aktiengesellschaften, Körperschaften und Anstalten des Öffentlichen Rechts sowie Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit erteilt werden. Der Antragsgegner hatte folglich davon auszugehen und hatte dies zugelassen, dass auch Versicherer in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit Angebote einreichen werden, da diese über die notwendige Zulassung nach § 5 VAG verfügen. § 24 Abs. 2 VAG sieht ferner für den Fall, dass Mitgliedsbeiträge, die den Versicherungsbeiträgen entsprechen, im Voraus erhoben werden, vor, dass in der Satzung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit zu bestimmen ist, ob Nachschüsse vorbehalten oder ausgeschlossen sind. Zwar folgt die Nachschusspflicht genuin aus dem zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1 begründeten mitgliedschaftlichen Vertragsverhältnis; sie wirkt sich aber unmittelbar auf das mit dem Mitgliedsverhältnis zusammenfallende Versicherungsverhältnis aus. Die dem Antragsgegner im Synallagma obliegende Prämienzahlung für das kommende Versicherungsjahr erhöht sich um die - unter der Bedingung eines Verlusts im Abrechungsverband stehende - mitgliedschaftliche Nachschusspflicht für das bereits abgeschlossene Versicherungsjahr. Der Antragsgegner hätte daher - wenn er bei Aufstellung der Verdingungsunterlagen die Möglichkeit einer Erhebung von Nachschüssen durch Bieter in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit erkannt, Zweifel an der Vergleichbarkeit der Angebotspreise gehegt und "fehlende" Preisangaben insofern zum Anlass hätte nehmen wollen, das betreffende Angebot von der weiteren Wertung auszuschließen - in den Verdingungsunterlagen, insbesondere im Preisblatt aus Gründen der Transparenz des Vergabeverfahrens, die ihrerseits der Gleichbehandlung der Bieter dient, die Einbeziehung von Nachschüssen in die Angaben der Prämien ausdrücklich verlangen müssen. Da die Verdingungsunterlagen aber keine Vorgaben für die Kalkulation der Prämien unter Einbeziehung von Nachschüssen trafen, sondern sich zu der Frage, ob über die Angabe der im Voraus zu entrichtenden Prämien hinaus etwaige Nachschusspflichten eines Mitglieds in den Leistungspreis einzubeziehen waren, nicht verhielten, vielmehr hierzu gänzlich schwiegen, war aus Sicht eines verständigen Bieters in der Position des Beigeladenen zu 1 eine Einbeziehung möglicher Nachschussbeiträge in die Angabe der Prämie nicht gefordert und können unterbliebene Preisangaben insofern einen Angebotsausschluss keinesfalls rechtfertigen.

Sollte - wie die Antragstellerin meint - der Antragsgegner bei der Abfassung der Verdingungsunterlagen von der subjektiven Vorstellung geleitet gewesen sein, dass Bieter in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit in die Prämie einen möglichen Nachschuss einzukalkulieren und als geforderten Preis anzugeben haben, so war die in den Besonderen Ausschreibungsbedingungen, insbesondere im Preisblatt enthaltene Vorgabe "Versicherungsbeiträge inkl. VSt." darüber hinaus unklar und nicht geeignet, in Bezug auf den Preis vergleichbare Angebote hervorzubringen. Bei der gegebenen Sachlage können die Angebote des Beigeladenen zu 1 infolge einer unvollständigen Preisangabe nicht von der Wertung ausgeschlossen werden. Der Antragsgegner hatte vielmehr seine Anforderungen an die Kalkulation der Preisangabe in den Verdingungsunterlagen und im Preisblatt so zu gestalten, dass für jeden Bieter - entsprechend seiner jeweiligen Rechtsform und seiner Abrechnungsweise - eindeutig war, welche kalkulationserheblichen Faktoren er der Preisbildung zu Grunde legen musste. Zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Angebotspreise der konkurrierenden Sachversicherer hätte - auch aus Sicht des Antragsgegners - gehört, dass neben den Nachschüssen etwaige Beitragsrückerstattungen, die nach Abschluss eines Versicherungsjahres ausgeschüttet werden, in die Kalkulation des Preises einzubeziehen gewesen wären.

Die vom Beigeladenen zu 1 angegebene Gesamtprämie ist zwar wegen der rechtlich bestehenden Verpflichtung eines Mitglieds zum Nachschuss - und auch wegen der Möglichkeit von Beitragsrückerstattungen - kein feststehender Preis. Die Preisangabe wird dadurch jedoch nicht intransparent oder unbestimmt, wie die Antragstellerin einwendet. Denn jedenfalls ist der vom Antragsgegner im Voraus zu entrichtende Betrag - ohne Nachschusspflicht und ohne Beitragsrückerstattungsansprüche - festgelegt. Die Möglichkeit eines tatsächlichen Eintritts der Nachschusspflicht hat sich in den insgesamt 91 Geschäftsjahren des Beigeladenen zu 1 für seine Mitglieder demgegenüber noch nie verwirklicht. Sie ist - auch in Anbetracht des Bestehens eines, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen worden ist, mit einem Betrag in dreistelliger Millionenhöhe ausgestatteten Reservefonds (vgl. § 22 der Satzung) - als theoretisch und unwahrscheinlich einzustufen. Ob mit Rücksicht auf eine Möglichkeit von exorbitant hohen Brandschäden an Gebäuden und eine Gefahr von Terroranschlägen eine Erschöpfung des Reservefonds zu besorgen ist, wie der Beigeladene zu 2 im nachgelassenen Schriftsatz vom 15. Februar 2006 geltend macht, kann angesichts der Absicherung der Risiken durch Rückversicherungen dahinstehen. Da die rechtliche Verpflichtung zum Nachschuss der Mitglieder eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit den beteiligten Wettbewerbern und dem Antragsgegner als Mitglied des Beigeladenen zu 1 ersichtlich bekannt waren, fehlte es objektiv weder an der Transparenz des angegebenen Preises, noch an einer Vergleichbarkeit der Angebotspreise der Bieter. Die Möglichkeit bzw. das Risiko des Antragsgegners, zu einem Nachschuss herangezogen zu werden, war ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der 4. Wertungsstufe bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Angebots unter dem Zuschlagskriterium der Folgekosten eine Rolle spielen konnte, wenn dieser Umstand in der Vergabebekanntmachung als ein Zuschlagskriterium angegeben worden wäre (vgl. § 9a VOL/A). Sie war aber kein kalkulationserheblicher Preisbestandteil, der von den Bietern anzugeben war.

7. Es ist objektiv auch nicht veranlasst, die Angebote des Beigeladenen zu 1 wegen einer unzulässigen Änderung der Verdingungsunterlagen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A von der Wertung auszunehmen.

Nach § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A sind Änderungen und Ergänzungen des Bieters an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Solche Änderungen können in Ergänzungen und Streichungen bestehen; sie können sich auch auf den Inhalt der Leistungen beziehen. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt regelmäßig vor, wenn der Bieter die zu erbringende Leistung inhaltlich abändert und eine andere als die ausgeschriebene Leistung anbietet oder die Leistung unter Bedingungen stellt. Der Auftraggeber hat diejenigen Leistungen, deren Ausführung er vom Auftragnehmer erwartet, in der Leistungsbeschreibung eindeutig zu beschreiben.

Die Angebote des Beigeladenen zu 1 enthalten neben den angebotenen Versicherungsleistungen weder das zusätzliche Angebot zum Abschluss eines Mitgliedsvertrages, noch liegt in einer Erweiterung der Beitrags- und Nachschussverpflichtungen des Antragsgegners eine Änderung der Verdingungsunterlagen. Der Beigeladene zu 1 hat die Leistung nicht unter die Bedingung gestellt, einen Mitgliedsvertrag mit dem Antragsgegner abzuschließen. Er hat mit seinen auf den Abschluss eines Versicherungsvertrags gerichteten Angeboten dem Antragsgegner - objektiv betrachtet - weder ausdrücklich noch konkludent ein zusätzliches Angebot auf Eingehung eines Mitgliedsvertrages unterbreitet, weil der Antragsgegner bereits sein Mitglied ist. Die Mitgliedschaft in einem Verein ist unteilbar. Sie kann nicht vervielfacht werden. Subjektiv hat der Beigeladene zu 1 dem Antragsgegner ein Angebot auf Abschluss eines weiteren Mitgliedsvertrages auch nicht unterbreiten wollen, wie er unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat.

Eine Änderung der Verdingungsunterlagen ist ferner nicht darin zu sehen, dass mit dem Zuschlag auf eines der Angebote des Beigeladenen 1 für den Antragsgegner erweiterte Mitgliedspflichten verbunden sind, nämlich die aus § 21 Abs. 3 der Satzung folgenden erweiterten Nachschusspflichten in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit des Antragsgegners zu den jeweils einschlägigen Abrechnungsverbänden, die sich in Verlustfällen auf die Höhe des Versicherungsbeitrages auswirken können. Die Nachschusspflicht ändert nicht den Inhalt der angebotenen Versicherungsleistungen ab. Sie kann nur die vom Antragsgegner geschuldete Gegenleistung erweitern.

Die vom Beigeladenen zu 1 angebotenen Versicherungsleistungen (Schadensbeseitigungsleistungen) entsprechen aber identisch den vom Antragsgegner ausgeschriebenen Versicherungsleistungen, und zwar sowohl nach dem Deckungsumfang, als auch hinsichtlich der versicherten Risiken als auch hinsichtlich der angebotenen Vertragsdauer.

8. Ob - wie die Beschwerde der Antragstellerin geltend macht - das Angebot der Beigeladenen zu 2. wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen zwingend von der Wertung auszunehmen ist (vgl. § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d, § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A), bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Es kann insbesondere dahinstehen, ob ein solcher Ausschluss unter dem Gesichtspunkt, dass in der Vergabebekanntmachung bei Schadensfällen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Auftragnehmer gefordert war (vgl. die Bekanntmachung unter Ziffern III.1.3), der Beigeladene zu 2. mit dem Angebot eine dahingehende Erklärung ausdrücklich jedoch nicht abgegeben hat, geboten war (was im Ergebnis freilich nahe liegt). Denn jedenfalls hat der Antragsgegner das Angebot des Beigeladenen zu 1. dem Angebot der Antragstellerin wertungsfehlerfrei vorgezogen.

Gemäß der Vergabebekanntmachung sollte (in Übereinstimmung mit § 25 Nr. 3 VOL/A) der Zuschlag dem wirtschaftlichsten Angebot erteilt werden. Die in diesem Zusammenhang in der Bekanntmachung genannten Einzelkriterien "Präsenz/Betreuung" und "Schadensregulierung" sollten gemäß der angegebenen Reihenfolge ihrer Priorität gegenüber dem in erster Linie maßgebenden Zuschlagskriterium "Preis/Prämienhöhe" eine lediglich nachrangige Bedeutung haben. Die Aufstellung der Zuschlagskriterien ist nicht zu beanstanden. Dies macht auch die Antragstellerin nicht geltend.

Der Antragsgegner hat auf dieser Grundlage das Angebot der Antragstellerin, mit der Überlegung, eine dezentrale Schadensabwicklung durch örtliche Geschäftsstellen - allerdings mit einer "Schadenshotline" zur Hauptgeschäftsstelle in Münster - sei nicht in allen Fällen geeignet ist, den ihm obliegenden Verwaltungsaufwand zu vermindern, sondern könne diesen sogar erhöhen, nicht fehlerhaft bewertet. In ihren Zuschlagschancen ist der Antragstellerin dabei freilich schon deswegen kein Nachteil widerfahren, weil der Antragsgegner ihr Angebot mit dem des Beigeladenen zu 1. insoweit als gleichwertig bewertet hat. Ohnehin sollte dem Zuschlagskriterium "Preis/Prämienhöhe" das größte Gewicht bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots eingeräumt werden. Da sie aber zu höheren Prämien angeboten hatte - das Nebenangebot des Beigeladenen zu 1 liegt auch bei Außerachtlassung des Rabattes für das 3. Versicherungsjahrs preislich unter ihrem Nebenangebot - sollte die Antragstellerin nach der gebotenen Gesamtabwägung der Zuschlagskriterien nicht den Zuschlag erhalten, zumal die Angebote den gleichen Deckungsumfang aufwiesen und der Vorteil einer Auszahlung der Schadenssumme durch örtliche Geschäftsstellen den günstigeren Preis des Nebenangebots der Beigeladenen zu 1 nicht aufwiegen konnte. Hiervon abgesehen enthält der Vergabevermerk auf Seite 4 nicht ausschließlich den Hinweis, dass dem Zuschlagskriterium "Präsenz/Betreuung" keine Bedeutung zugemessen bzw. es als "nahezu unwichtig" - wie die Antragstellerin meint - eingestuft wurde, sondern die zusätzliche Bemerkung, der Vorteil eines Geschäftsstellennetzes (Präsenz vor Ort) werde auch durch die Möglichkeiten einer Korrespondenz durch Telefax und E-Mail "relativiert".

Das Argument der Antragstellerin, die Betreuung durch vor Ort ansässige Geschäftsstellen führe zwangsläufig zu höheren Kosten, deshalb dürfe bei dem Kriterium Angebotspreis/Prämienhöhe nicht allein auf die Höhe des Preises abgestellt werden, überzeugt nicht, weil dies zu einer unzulässigen Vermischung der Zuschlagskriterien führen würde. Der Betreuung durch Geschäftsstellen wurde vom Antragsgegner bereits bei den Zuschlagskriterien "Betreuung/Präsenz" und "Schadensregulierung" in angemessenem Umfang Rechnung getragen.

Zwar hat der Antragsgegner bei der preislichen Bewertung des Nebenangebots der Antragstellerin Abschläge in einer Größenordnung von 12.500 € bei den einzusparenden Kosten vorgenommen. Die Abschläge sind vertretbar.

Der Antragsgegner ist mit hinzunehmender Begründung zu dem Wertungsergebnis gelangt, dass nicht alle im Nebenangebot aufgeführten Einsparungen, in der von der Antragstellerin angegebenen Höhe anzusetzen sind. Die Antragstellerin hat mit ihrem Nebenangebot Zusatzleistungen im Gesamtwert von 15.000 € angeboten und hat Einsparungen auf die Versicherungsprämie des Hauptangebots in gleicher Höhe errechnet. Der Antragsgegner hat demgegenüber nur Einsparungen im Betrag von 2.500 € als mit dem Nebenangebot realisierbar angesehen, weil er die darüber hinausgehenden Leistungen in der Vergangenheit nicht abgerufen habe bzw. eine Vergabe an Dritte günstiger sei. Infolgedessen hat der Antragsgegner nur den Betrag von 2.500 € von der Prämienhöhe des Hauptangebots in Abzug gebracht.

Die Beschwerde zeigt keine Wertungsfehler auf. Die Antragstellerin stellt lediglich die Richtigkeit der vom Antragsgegner angestellten Erwägungen in Abrede, verkennt hierbei jedoch, dass sie die mit dem Nebenangebot offerierten zusätzlichen Leistungen dem Antragsgegner nicht aufzwingen, also nicht verlangen kann, dass der Antragsgegner diese abnimmt, nur um ihrem Angebot eine eventuell bessere Position in der preislichen Rangfolge der Angebote zukommen zu lassen. Die Entscheidung, ob er die angebotenen zusätzlichen Leistungen in Anspruch nehmen, diese mithin beschaffen will, obliegt allein dem Antragsgegner. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner sich - auch mit Blick auf den in seinem Geschäftsbereich dadurch entstehenden Verwaltungsaufwand - gegen eine Inanspruchnahme der Zusatzleistungen entschieden, was hinzunehmen ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie die Antragstellerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz meint - der Antragsgegner bei der Ermittlung der Prämienhöhe fehlerhaft vorgegangen ist, indem er einen vom Beigeladenen zu 1 unter der Voraussetzung eines bestimmten (für den Versicherer vorteilhaften) Schadensverlaufs für das dritte Versicherungsjahr (2008) angekündigten Rabatt, mithin einen unter einer Bedingung stehenden Preisnachlass, in die preisliche Bewertung einbezogen hat.

Ob bedingte Preisnachlässe (z.B. auch Skonti) im Vergabeverfahren wertbar sind, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NZBau 2000, 35, 38; BayObLG, Beschl. v. 9.9.2004 - Verg 18/04, VergabeR 2005, 126, 128; Kulartz in in Daub/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl., § 25 Rn. 46 m.w.N.). Darf der Auftraggeber bedingte Preisnachlässe nicht berücksichtigen, führt dies jedenfalls nur zu einem den Preisnachlass selbst betreffenden Wertungsausschluss, nicht aber dazu, dass das gesamte Angebot auszuschließen ist (vg. Thüringer OLG, Beschl. v. 24.2.2003 - 6 Verg 1/03, VergabeR 339, 341).

Bleibt der vom Beigeladenen zu 1 angebotene bedingte Preisnachlass außer Ansatz ändert sich - was das Verhältnis der Antragstellerin zum Beigeladenen zu 1 betrifft - jedoch nicht die Reihenfolge der Angebote. Das Angebot des Beigeladenen zu 1 ist nach wie vor auch dann erheblich (nämlich um einen zweistelligen Prozentsatz) preisgünstiger als das Angebot der Antragstellerin, wenn für das dritte Versicherungsjahr der volle Versicherungsbeitrag in die Wertung einbezogen (d.h. einer Berechnung der durchschnittlichen Prämie zugrunde gelegt) wird.

Allerdings kann sich die preisliche Reihenfolge der Angebote des Beigeladenen zu 1 und des Beigeladenen zu 2 bei dieser Sachlage zugunsten des Beigeladenen zu 2 verschieben. Nicht im Zusammenhang mit der Beschwerde der Antragstellerin, sondern nur aus Gründen einer Klarstellung, wie der Antragsgegner im Vergabeverfahren weiter verfahren darf, hält der Senat an dieser Stelle indes den Hinweis für angezeigt, dass das Angebot des Beigeladenen zu 2 zwingend von der Wertung auszunehmen ist und der Umstand, dass es möglicherweise preisgünstiger ist als das Angebot des Beigeladenen zu 1, keinen Zuschlag erlaubt. Das Angebot des Beigeladenen zu 2 ist - was vorstehend bereits angesprochen worden ist (s.o. unter 8.) - wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen, und zwar allein schon wegen dieser Änderung, zwingend von der Wertung auszunehmen (§§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d, § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A). Die Mitgliedsunternehmen des Beigeladenen zu 2 haben die in der Vergabebekanntmachung (unter Ziffern III. 1.3) und in den Allgemeinen Bewerbungs- und Vergabebedingungen des Antragsgegners (dort unter 7) geforderte ausdrückliche und von allen Mitgliedern unterzeichnete gesamtschuldnerische Haftungserklärung nicht abgegeben. Diese Erklärung sollte von "Arbeitsgemeinschaften und anderen Bietern" abgegeben werden. Die dem Beigeladenen zu 2 angehörenden Unternehmen haben sich zu einer solchen Erklärung nicht verstanden, obwohl das Konsortium dem (Auffang-) Begriff der "anderen Bieter" unterfällt. Die Mitgliedsunternehmen des Beigeladenen zu 2 haben lediglich Teilschuldnererklärungen im Sinne von § 420 BGB abgegeben. Auch die Büchner & Barella GmbH & Co. KG als Vertreter der genannten Unternehmen hat die Erklärung einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht beigebracht. Die Angaben der Mitgliedsunternehmen des Beigeladenen zu 2 zum Umfang ihrer jeweiligen anteiligen Haftung enthalten lediglich das Bekenntnis einer teilschuldnerischen Haftung. Eine Verpflichtung zu gemeinschaftlicher Leistung im Sinne von § 427 BGB, die im Zweifel eine gesamtschuldnerische Haftung entstehen lässt, ist von ihnen gerade nicht eingegangen worden. Dies macht der Beigeladene zu 2 auch selbst nicht geltend.

Infolgedessen sind die Verdingungsunterlagen abgeändert worden, obwohl der Antragsgegner eine gesamtschuldnerische Haftung zulässigerweise gefordert hat. Zur Zulässigkeit der Forderung genügt es darauf hinzuweisen, dass die geforderte Erklärung die Bieter nicht unzumutbar belastete (vgl. BGH VergabeR 2005, 617, 619), dass dem Antragsgegner die Entscheidung darüber obliegt, ob und gegebenenfalls welche Vorgaben er hinsichtlich einer Haftung des Auftragnehmers machen will, und dass eine gesamtschuldnerische Haftung in Schadensfällen zweckmäßig sein kann. Rechtliche Hindernisse, von einer Bietermehrheit eine gesamtschuldnerische Haftung zu verlangen, bestanden nicht. Auf die vom Beigeladenen zu 2 behaupteten Gepflogenheiten der Versicherungswirtschaft in Fällen dieser Art sowie darauf, ob andere Auftraggeber die Auswechslung einer gesamtschuldnerischen Haftung gegen eine Teilschuldnerschaft zum Anlass genommen haben, Angebote auszuschließen, kommt es nicht an.

Das Angebot des Beigeladenen zu 2 unterliegt darüber hinaus einem Ausschluss von der Wertung, da es unvollständig ist. Es fehlt die in den Verdingungsunterlagen ausdrücklich geforderte Erklärung einer gesamtschuldnerischen Haftung (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOL/A). Zwar unterliegt nach dem Wortlaut von § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A ("können") in diesen Fällen der Ausschluss des Angebots dem Ermessen des Auftraggebers. Im Streitfall ist der Antragsgegner jedenfalls im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null aber daran gehindert, mit dem Angebot des Beigeladenen zu 2 anders zu verfahren, als es von der Wertung auszunehmen. Denn aufgrund der hierauf gerichteten Forderung des Antragsgegners war die Gesamtschulderklärung als ein Umstand ausgewiesen, der für die Vergabeentscheidung relevant sein, m.a.W. wettbewerbliche Relevanz aufweisen, sollte. Da eine sachgerechte, transparente und auf Gleichbehandlung aller Bieter bedachte Vergabeentscheidung nur getroffen werden kann, wenn hinsichtlich aller relevanten Umstände eine Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.2.2993 - X ZB 43/02, u.a. ZfBR 2003, 401, NZBau 2003, 293), sind solche Angebote, die die geforderte Gesamtschuldnererklärung nicht enthalten, von der Wertung auszuschließen (ebenso: OLG Dresden VergabeR 2004, 724, 726; 609, 612).

Der Beigeladene zu 2 kann sich demgegenüber nicht mit Erfolg darauf berufen, für den Fall, dass die Erklärung einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht beigebracht war, sei den Verdingungsunterlagen die Konsequenz eines Ausschlusses des Angebots so deutlich nicht zu entnehmen gewesen. Aus der insoweit maßgebenden Sicht eines verständigen Bieters ist das Gegenteil anzunehmen. Denn in den Allgemeinen Bewerbungs- und Vergabebedingungen des Antragsgegners war die Erklärung einer gesamtschuldnerischen Haftung von den Bietern explizit gefordert worden (dort unter 7). Ergänzend war im selben Regelungswerk unter Ordnungsnummer 2.2 darauf hingewiesen (im 1. Unterabsatz):

Das Angebot muss vollständig sein; es muss die Preise und die in den Verdingungsunterlagen geforderten Angaben oder Erklärungen enthalten.

...

Änderungen und Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen sind unzulässig.

Ferner war unmissverständlich angekündigt worden (im 4. Unterabsatz):

Angebote, die die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllen, werden von der Wertung ausgeschlossen.

Infolge dieser Hinweise war in Fällen der vorliegenden Art die Gefahr eines Ausschlusses von der Wertung klar und deutlich zu erkennen. Was die Unvollständigkeit eines Angebots anbelangte, hatte der Antragsgegner sich an eine Anordnung dieser Rechtsfolge sogar über den Wortlaut der einschlägigen Verdingungsordnung hinaus sogar gebunden.

9. Einer Anordnung der Wiederholung der Angebotswertung - insbesondere der 4. Wertungsstufe - durch den Senat bedarf es nicht, da sich - jedenfalls wenn das Angebot des Beigeladenen zu 2 auszuschließen ist - durch eine Wiederholung der Wertung die Chancen der Antragstellerin auf den Zuschlag nicht verbessern werden.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Antragstellerin vom 10. Februar 2006 gibt zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im übrigen keine Veranlassung (§ 156 ZPO entsprechend).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 1, 238 Abs. 4 ZPO analog, § 128 Abs. 3, 4 GWB, § 162 Abs. 3 VwGO analog. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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