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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.01.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 92/05
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A


Vorschriften:

GWB § 97 Abs. 4 Halbsatz 1
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 5
VOL/A § 7a Nr. 3
VOL/A § 24 Abs. 1
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 24. November 2005 - VK 24/05 - wird zurückgewiesen.

Der Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2005 ist gegenstandslos.

Der Antragstellerin wird um Mitteilung bis zum 3. Februar 2006 gebeten, ob und mit welchen Anträgen sie das Rechtsmittel aufrechterhält.

Der Antragsgegner schrieb im August 2005 Bezugsverträge zur Kampfmittelbeseitigung in den Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster (Az.: 12.21-90-05-001), aufgeteilt in zwölf fachliche Lose europaweit im Wege des nicht offenen Verfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach VOL/A aus.

Unter Ziffer III.2) "Bedingungen für die Teilnahme" der Vergabebekanntmachung legte der Antragsgegner u.a. folgende Mindestanforderungen fest:

III.2.1.1) Rechtslage - Geforderte Nachweise

1. Nachweis der Eintragung im Berufs- oder Handelsregister

2. .....

Die Antragstellerin, die im Jahr 2004 durch Ausgliederung aus der K. GmbH gegründet wurde, bewarb sich mit Schreiben vom 21. September 2005 um die Teilnahme am Vergabeverfahren. Dem Teilnahmeantrag war die Fotokopie eines vom Amtsgericht P. erstellten und als pdf-Datei gespeicherten Handelsregisterblattes beigefügt. Auf dieser waren der Name des das Handelsregister führenden Amtsgerichts P., eine Registernummer sowie die Spaltenüberschriften zu erkennen. Weder die Firma der Antragstellerin noch weitere Eintragungen waren anhand der Fotokopie lesbar.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2005 teilte die Vergabestelle des Antragsgegners der Antragstellerin mit, dass ihr nach der abgeschlossenen Prüfung des Teilnahmeantrags keine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots übersandt werde, weil das von ihr mit dem Teilnahmeantrag eingereichte Handelsregisterblatt unleserlich sei und somit als nicht beigefügt gelte. Dies rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 als vergaberechtsfehlerhaft. Die Vergabestelle half der Rüge nicht ab.

Die Antragstellerin reichte daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer der Bezirksregierung Arnsberg ein, mit dem sie die Verpflichtung des Antragsgegners begehrte, sie zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Die Vergabekammer der Bezirksregierung Arnsberg wies mit Beschluss vom 24. November 2005, VK 24/05, den Nachprüfungsantrag zurück. Zur Begründung führte sie aus, die als Nachweis der Eintragung im Handelsregister vorgelegte Fotokopie des Handelsregisterblattes vermittle keine weitergehenden Erkenntnisse als das Angebotsschreiben, das als Eigenerklärung nicht einem Nachweis entspreche. Darüber hinaus seien Zweifel an der Übertragbarkeit der Referenzen der Vorgängergesellschaft grundsätzlich nicht sachwidrig oder willkürlich und als Auswahlerwägungen ohne weiteres zulässig.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese ihr ursprüngliches Begehren weiterverfolgt.

Die Antragstellerin macht geltend, die Vergabestelle habe die von ihr mit dem Teilnahmeantrag eingereichte Fotokopie der pdf-Datei des Handelsregisterblattes nicht als nicht vorgelegt behandeln dürfen. Aus der Fotokopie in Verbindung mit den weiteren Bewerbungsunterlagen, insbesondere ihres Briefkopfes ergebe sich, dass sie, die Antragstellerin, im Handelsregister eingetragen sei. Mit der Bekanntmachung sei nur der Nachweis der Eintragung im Handelsregister gefordert gewesen. Dieser werde durch die nicht leserliche Fotokopie des Handelsregisterblattes im Zusammenhang mit ihrem Briefkopf, auf dem das Amtsgericht und die Registernummer vermerkt seien, geführt. Die Vergabestelle wäre zudem zur Sachaufklärung verpflichtet gewesen. Sie habe sich leichtfertig gegenüber präsenten Erkenntnisquellen, insbesondere dem Online-Handelsregister verschlossen. Zumindest habe die Vergabestelle sie zur Erläuterung ihres Handelsregisterblattes auffordern müssen. Eine neue Fotokopie würde das eingereichte, teilweise unleserliche Handelsregisterblatt lediglich ergänzen.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur endgültigen Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss der Vergabekammer.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2005 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB verlängert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist zurückzuweisen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin - und mit ihm aus Rechtsgründen die sofortige Beschwerde - ist nach vorläufiger Prüfung voraussichtlich unbegründet.

1. Der Teilnahmeantrag der Antragstellerin war wegen der Nichtvorlage des mit dem Teilnahmeantrag vorzulegenden Nachweises der Eintragung im Handelsregister zwingend von dem Vergabeverfahren nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auszuschließen. Zu Recht unterließ es die Vergabestelle deshalb, die Antragstellerin zur Abgabe eines Angebots aufzufordern. Nach § 97 Abs. 4 Halbsatz 1 GWB werden Aufträge an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben. Die Eignung der Bewerber ist beim nicht offenen Verfahren vor der Angebotsabgabe zu prüfen. Nach § 7 a Nr. 3 VOL/A wählt der Auftraggeber im Teilnahmewettbewerb anhand der mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Unterlagen unter den Bewerbern diejenigen aus, die er unter Beifügen der Verdingungsunterlagen schriftlich auffordert, ein Angebot einzureichen. Der Teilnahmeantrag der Antragstellerin ist gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A vom weiteren Vergabeverfahren zwingend auszunehmen. Die Antragstellerin hat nicht den mit dem Teilnahmeantrag geforderten Eignungsnachweis eingereicht, dass sie bei dem für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Amtsgericht im Handelsregister eingetragen ist (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG). Die Vorlage eines nicht lesbaren Handelsregisterauszugs steht wertungsmäßig der Nichtvorlage eines solchen Nachweises gleich.

a) Es ist vergaberechtlich zulässig, dass der öffentliche Auftraggeber mit der Bekanntmachung zum Beleg der Eignung der Bewerber von diesen den Nachweis der Eintragung im Handelsregister verlangt. Nach § 7a Nr. 2 Abs. 5 VOL/A können Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber aufgefordert werden, den Nachweis darüber zu erbringen, dass sie im Berufs- oder Handelsregister eingetragen sind. Von dieser Möglichkeit hat die Vergabestelle Gebrauch gemacht. Die Antragstellerin hat sich entschieden, den Nachweis einer Eintragung im Handelsregister zu führen.

Der Nachweis der Eintragung im Handelsregister dient dem Nachweis der Existenz der Bewerber (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG). Dass die Vergabestelle ermessensfehlerhaft gehandelt hätte, indem sie die Bewerber mit der Bekanntmachung aufgefordert hat, einen Nachweis über die Eintragung im Handelsregister mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen, ist nicht ersichtlich. Für den Nachweis der Eintragung der Bewerber in das Handelsregister am Sitz ihrer Gesellschaft bestand ein Informationsbedürfnis der Vergabestelle, denn in der Vergangenheit kam es wiederholt zu Umstrukturierungen, Neugründungen und Insolvenzen bei den auf dem Markt befindlichen Bewerbern, von denen auch die Antragstellerin betroffen war.

b) Die Anforderung unter Ziffer III.2.1.1. der Vergabebekanntmachung, die den Wortlaut des § 7 a Nr. 2 Abs. 5 VOL/A in Teilen wiederholt, verlangt einen vollen Beweis. Neben der Vorlage einer Abschrift der Handelsregistereintragung (vgl. § 9 Abs. 2 HGB) oder einer Bestätigung (vgl. § 9 Abs. 3 HGB) der Eintragung durch das registerführende Amtsgericht, konnte aus Sicht des verständigen Bewerbers auch ein gleichwertiger schriftlicher Nachweis - z.B. ein Ausdruck einer elektronischen Datei - genügen. Diesen herkömmlichen (schriftlichen) Beweismitteln ist gemeinsam, dass es sich jeweils um Fremdbelege handelt. Einen vollen Nachweis über die Eintragung ihres Unternehmens im Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft hat die Antragstellerin mit der Vorlage der Fotokopie des Ausdrucks der pdF-Datei nicht erbracht.

aa) Die Fotokopie des Ausdrucks einer vom zuständigen Amtsgericht erstellten pdf-Datei des Handelsregisterblattes ist zwar als Beweismittel grundsätzlich geeignet, den Nachweis der Tatsache der Eintragung in das Handelsregister zu führen. Aussteller (bzw. Urheber) der pdf-Datei war nicht die Antragstellerin, sondern das Amtsgericht P.. Der Nachweis der Eintragung setzt aber voraus, dass sich aus der Fotokopie des Ausdrucks ergibt, dass der Bewerber unter seiner Firma im Handelsregister tatsächlich eingetragen ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, da aus der vorgelegten Fotokopie des Ausdrucks eine Eintragung der Antragstellerin nicht zu entnehmen ist. Zwar war die Bezeichnung des registerführenden Amtsgerichts P. auf der Fotokopie des Handelsregisterblattes ebenso lesbar wie eine Registernummer, die "HRB 1.... F" zu lauten schien. Die Fotokopie belegte aber nur die Eintragung eines namentlich nicht genannten Unternehmens. Der gesamte übrige Text mit Ausnahme der Spaltenüberschriften war nicht lesbar. Es war vollkommen offen, welches Unternehmen die vorgelegte Fotokopie eines Handelsregisterblattes betraf. Die Lesbarkeit einer zum Nachweis der Eintragung im Handelsregister eingereichten Fotokopie eines Handelsregisterauszuges ist - soll die Fotokopie den ihr beigelegten Zweck erfüllen - zwingend vorauszusetzen. Zum Nachweis der Eintragung war es also zwingend notwendig, dass der Fotokopie in Spalte 2 unter lit. a) die Firma (der Name) des als Bewerber auftretenden Unternehmens zweifelsfrei zu entnehmen war.

bb) Der Firmenbriefbogen der Antragstellerin, auf dem der Teilnahmeantrag gestellt worden war, kann den geforderten Nachweis der Eintragung im Handelsregister nicht führen. Dem Briefkopf waren die Firma und die Anschrift der Antragstellerin zu entnehmen. Im unteren Abschnitt war die Angabe "AG Ch. HRB 9...." durchgestrichen und darüber der Stempelaufdruck gesetzt: "AG P. HRB 1.... P".

Der unterschriebene Briefbogen enthält - wie die Vergabekammer mit Recht ausgeführt hat - eine bloße Eigenerklärung der Antragstellerin. Ihr ist lediglich die Erklärung der Antragstellerin zu entnehmen, unter einer bestimmten Firma und einer Handelsregisternummer beim Amtsgericht P. eingetragen zu sein. Die Erklärung erbringt aber keinen Beweis für die Tatsache der Eintragung. Sie ist einem Nachweis nicht gleichwertig, weil Aussteller der betreffenden Erklärung allein die Antragstellerin ist, und ihre eigene Erklärung nicht die mit der Forderung der Nachweisstellung vorausgesetzte Gewähr der Richtigkeit bietet.

cc) Der Nachweis der Eintragung in das Handelsregister ist ferner nicht dadurch erbracht worden, dass sich dem Briefbogen des Bewerbungsschreibens der Antragstellerin in Ergänzung ("im Zusammenhang") zur lediglich hinsichtlich des Amtsgerichts und der Registernummer sowie der Spaltenüberschriften lesbaren Fotokopie des Ausdruckes des Handelsregisterblattes die Erklärung der Antragstellerin entnehmen ließ, unter der Firma "K. Engineering GmbH" beim Amtsgericht P. im Handelsregister unter der Registernummer HRB 1.... P eingetragen zu sein.

Die Umstände ließen für die Vergabestelle nur den möglichen, aber auf keinen Fall zwingenden Schluss zu, dass die vorgelegte unleserliche Fotokopie des Handelsregisterblattes die Antragstellerin betraf. Eine Identität zwischen dem im Handelsregister des Amtsgerichts P. eingetragenen Unternehmen und der Antragstellerin war auch unter Heranziehung des die Firma ausweisenden Briefbogens nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen. Erschwerend kam zudem hinzu, dass die anhand der Fotokopie lesbare Registernummer "HRB 1.... F" mit der Registernummer des Stempelaufdrucks "HRB 1.... P" nicht übereinstimmte. Letztlich kann dies freilich dahinstehen. Entscheidend ist, dass in der eingereichten Fotokopie die Firma nicht lesbar und eine Identität mit der Firma der Antragstellerin nicht festzustellen war.

d) Die Vergabestelle musste nicht von sich aus aufklären, ob die Antragstellerin unter der Registernummer beim Amtsgericht P. eingetragen ist, oder ihr Gelegenheit geben, einen lesbaren Registerauszug nachzureichen. Dies setzt eine Lückenhaftigkeit der vorgelegten Bescheinigungen oder des Inhaltes einer Bescheinigung voraus (vgl. § 7a Nr. 5 VOL/A). Im Streitfall ist das vorgelegte Handelsregisterblatt im Rechtssinne nicht existent, nicht aber seinem Inhalt nach lückenhaft. Zu eigenen Ermittlungen war die Vergabestelle von Amts wegen nicht verpflichtet. Ein Nachreichen eines lesbaren Handelsregisterauszuges nach § 24 Abs. 1 VOL/A kam nicht in Betracht, da darin eine unzulässige Änderung und Ergänzung des Angebots gelegen hätte.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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