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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.10.2005
Aktenzeichen: 1 Ss 140/05
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 189
Zum Erfordernis der Vereidigung eines Dolmetschers in der Hauptverhandlung.
Gründe:

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat die Angeklagte vom Vorwurf der schweren Brandstiftung freigesprochen.

Auf ihre hiergegen gerichtete Berufung verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die Angeklagte wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Revision der Angeklagten.

Sie führt mit der Rüge der Verletzung des § 189 GVG zur Aufhebung des Urteils.

Zu Recht macht die Revision geltend, das Gericht habe den nicht allgemein vereidigten Dolmetscher X für die Sprache Twi herangezogen, ohne dass dieser gemäß § 189 Abs. 1 GVG vereidigt worden sei. Dass der Dolmetscher nicht vereidigt worden ist, wird durch das Protokoll über die Hauptverhandlung unwiderlegbar bewiesen. Deshalb haben die dienstlichen Äußerungen von Gerichtspersonen außer Betracht zu bleiben (BGH StV 96, 53).

Dass der Dolmetscher allgemein vereidigt war, kann hingegen nicht durch das Protokoll bewiesen werden. Die Beweiskraft des Protokolls bezieht sich nur auf die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Nicht erfasst von der formellen Beweiskraft des § 274 StPO sind Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung (Pfeifer, StPO, § 274, Rdnr. 2). Die allgemeine Vereidigung des Dolmetschers, auf die sich dieser ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls berufen hat, ist ein Vorgang außerhalb der Hauptverhandlung. Er wird daher von der Beweiskraft des § 274 StPO nicht umfasst. Die Frage der Vereidigung ist daher dem Freibeweisverfahren zugänglich (vgl. Dahs/Dahs, die Revision im Strafprozess, Rdnr. 492).

Die fehlende Vereidigung ist durch das vorgelegte Schreiben des Dolmetscherbüros Y vom 1.3.2005 bewiesen. Mit diesem Schreiben teilt der Inhaber des Dolmetscherbüros mit, dass der Dolmetscher X für die Sprache Twi nicht allgemein vereidigt sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Erklärung unrichtig sein könnte, sind nicht erkennbar. Es ist davon auszugehen, dass der Inhaber eines Dolmetscherbüros üblicherweise darüber unterrichtet ist, ob die für ihn tätigen Dolmetscher vereidigt sind. Gründe dafür, dass der Inhaber des Dolmetscherbüros unwahre Angaben gemacht haben könnte, sind nicht ersichtlich.

Obwohl es sich nach dem Gesetz um einen relativen Revisionsgrund handelt, wird davon ausgegangen, dass das Urteil in der Regel auf eine Verletzung des § 189 Abs. 1 GVG beruht; nur in Ausnahmefällen wird ein Beruhen ausgeschlossen (BGH NStZ 98, 204). Ein derartiger Ausnahmefall ist dann gegeben, wenn die Richtigkeit der Übersetzung leicht kontrollierbar war und anderweitig bestätigt wurde (OLG Köln, NStZ RR 02, 247, 248). Hier wurde aber von Twi ins Deutsche übersetzt, als einer Sprache, die kaum einem Verfahrensbeteiligten geläufig sein dürfte, so dass die Richtigkeit der Übersetzung nicht kontrollierbar war. Ein weiterer Ausnahmefall wird dann angenommen, wenn sich der Dolmetscher auf einen nicht ordnungsgemäß geleisteten Eid beruft, welchen jedoch er und das Gericht als ordnungsgemäß ansehen (BGH NStZ 84, 328). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hat der Dolmetscher vorliegend keinen Eid geleistet. Dementsprechend konnte er nicht annehmen, dass er ordnungsgemäß vereidigt sei.

Da die Angeklagte in der Hauptverhandlung eine Einlassung abgab, ihr die Aussagen der Zeugen durch den Dolmetscher übersetzt wurden, und sie nach dem Vortrag der Revision der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, wofür auch die Ladung des Dolmetschers durch das Gericht spricht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der genannte Dolmetscher, hätte er den nach § 189 Abs. 1 GVG vorgeschriebenen Eid geleistet, gewissenhafter als geschehen übertragen hätte. Allein die durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesene Versicherung des Dolmetschers, dass er treu und gewissenhaft übertragen werde, reicht nicht aus (BGH NStZ 98, 28).

Die angefochtene Entscheidung war mithin aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückzuverweisen (§§ 349 Abs.4, 353, 354 Abs. 2 StPO).

Ende der Entscheidung

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