Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.07.2005
Aktenzeichen: 1 U 109/05
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 362
GmbHG § 19
Die Beweislast des sich auf die Erfüllung seiner Einlageforderung berufenden Gesellschafters entfällt nicht und die Anforderungen an diesen Beweis ermäßigen sich nicht allein dadurch, dass seit Gründung der Gesellschaft geraume Zeit verstrichen ist (Anschluss an OLG Koblenz NZG 2002, 821, 822; entgegen OLG Frankfurt am Main NJW-RR 2001, 402 f.; NZG 2002, 822, 823).
Gründe:

I. Der Kläger, Insolvenzverwalter einer Ende 1977 gegründeten GmbH, nimmt die Beklagten auf Erfüllung einer restlichen Einlagenverpflichtung in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 14.4.2005 (Bl. 96 ff. d. A.), das den Beklagten am 19.4.2005 zugestellt worden ist (Bl. 102 d. A.), stattgegeben. Die Beklagten haben mit am 19.5.2005 eingegangenem Schriftsatz vom 17.5.2005 (Bl. 117 ff. d. A.) per Fax Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt und den Entwurf einer Berufungsbegründung vorgelegt. Entgegen S. 2 Mitte dieses Schriftsatzes, dessen Original am 23.5.2005 eingegangen ist (Bl. 130 d. A.), waren dem Fax keine Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller beigefügt; eine Angestellte der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hatte dies vergessen. Mit Schriftsatz vom 20.5.2005, der per Fax am gleichen Tage (Bl. 128 d. A.) und im Original am 25.5.2005 (Bl. 136 d. A.) eingegangen ist, hat der Beklagte zu 2. seine Formularerklärung nachgereicht und gebeten, "das Büroversehen zu entschuldigen". Der Beklagte zu 1. hat zu seinen Haupteinkünften - einer Altersrente - keine Belege eingereicht. Das Formular des Beklagten zu 2. ist unter der Rubrik "E" (Bruttoeinnahmen) höchst unvollständig ausgefüllt. Der Beklagte zu 1. begehrt wegen der verspäteten Vorlage seiner Formularerklärung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II. Den Beklagten ist die beantragte Prozesskostenhilfe zu versagen, weil ihre beabsichtigte Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

1. Die beabsichtigte Berufung ist wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig. Es spricht viel dafür, dass den Beklagten insoweit keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein wird, weil sie die Berufungsfrist nicht schuldlos versäumt haben.

a) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittels beantragt hat, ist nach Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs nur dann wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben. Von einer ordnungsgemäßen Darlegung dieser Voraussetzungen darf eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausgehen, die innerhalb der Rechtsmittelfrist weder den nach § 117 Abs. 4 ZPO erforderlichen, ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck vorgelegt noch auf Prozesskostenhilfe-Unterlagen aus den Vorinstanzen mit der Erklärung Bezug genommen hat, dass sich seither nichts verändert habe (vgl. BGHZ 148, 66, 69; BGH NJWE-FER 2001, 57 f. [unter II 2 der Entscheidungsgründe]; VersR 1997, 383 [unter II der Entscheidungsgründe]). Ungeklärt ist, ob Gleiches gelten muss, wenn der Antragsteller die Höhe seiner Einnahmen nicht belegt hat, wie das Formular dies vorsieht.

b) An einer fristgerechten Darlegung im dargestellten Sinne fehlt es im Streitfall.

(1) In der Formularerklärung des Beklagten zu 2. fehlen Angaben zu Einnahmen aus selbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitalvermögen und Wohngeld. Der Beklagte zu 1. hat die Höhe seiner angeblichen Haupteinkünfte, einer Altersrente, nicht belegt.

(2) Die verspätete Vorlage der Urkunden zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dürfte auf einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten beruhen, das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müssen (vgl. BGHZ 148, 66, 70 ff.). Der Beklagte zu 2. hat sich auf die lapidare Mitteilung beschränkt, die verspätete Übersendung seiner Unterlagen beruhe auf einem zu entschuldigenden Büroversehen. Der Beklagte zu 1. hat sein Wiedereinsetzungsgesuch bezüglich des Prozesskostenhilfeantrags mit einer Vergesslichkeit einer Büroangestellten seiner Prozessbevollmächtigten, die "in der Regel" ihre Arbeiten gewissenhaft und sorgfältig ausführe, zu entschuldigen versucht. Bereits zu seinem erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeantrag waren die Anlagen unvollständig übersandt worden, was seine Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13.4.2005 (Bl. 90 d. A.) ebenfalls als Büroversehen bezeichnet hatten. Diese ungewöhnliche Häufung von Büroversehen weckt erhebliche Zweifel an der Zuverläs-sigkeit des Büropersonals der Prozessbevollmächtigten sowie daran, ob diese hinsichtlich der Auswahl und der Kontrolle desselben die nötige Sorgfalt walten lassen.

2. Die Berufung kann jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht für die Erfüllung ihrer Einlageschuld als beweispflichtig und -fällig angesehen. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts und des OLG Koblenz (NZG 2002, 821, 822; insoweit ohne nähere Begründung bestätigt durch das Revisionsurteil BGH WM 2004, 2365 f. [juris-Rn. 9]; a. A. noch OLG Frankfurt am Main NJW-RR 2001, 402 f. [juris-Rn. 5]; NZG 2002, 822, 823), dass die Beweislast des sich auf die Erfüllung seiner Einlageschuld berufenden Gesellschafters nicht dadurch entfällt und sich die Anforderungen an diesen Beweis nicht allein dadurch ermäßigen, dass seit Gründung der Gesellschaft geraume Zeit verstrichen ist. Soweit sich die Beklagten auf nunmehr vorgefundene, erstmals vorgelegte Zahlungsbelege berufen, wird dies nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen sein.

III. Es besteht kein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 574 Abs. 2, 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück