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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 1 U 120/08
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 422
BGB § 635
EGBGB Art. 229
1. Vor Inkrafttreten des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasste der Schadensersatzanspruch nach § 635 a.F. BGB auch dann die gesetzliche Mehrwertsteuer, wenn eine Durchführung der Mängelbeseitigung, für welche Kostenerstattung verlangt wurde, nicht absehbar war.

2. Bei einer Änderung des Mehrwertsteuersatzes ist für die Berechnung der Höhe des Schadensersatzes auf den im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gültigen Steuersatz abzustellen.

3. Zur Anrechnung der Zahlung aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf den Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Werkunternehmer und den mit der Bauüberwachung Betrauten als gesamtschuldnerisch Haftende, wenn der Schadensersatzanspruch gegenüber beiden in unterschiedlicher Höhe festgestellt wird.

4. Der gemäß der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB auf vor dem 1.5.2000 fällig Forderungen anwendbare Zinssatz von 4 % gem. § 288 a.F. BGB findet bei derartigen Forderungen auch Anwendung auf den Prozesszins aus § 291 BGB.


Gründe:

I.

Der Kläger ist Eigentümer von zwei Wohn-Hochhäusern in O1. Er nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Wege der Teilklage auf 500.000 DM (= 255.645,94 €) in Anspruch wegen mangelhafter Überwachung von Werkleistungen der Firma A; diese war im Rahmen der Generalsanierung der beiden Häuser aufgrund eines im Jahre 1993 mit dem Kläger geschlossenen Vertrages zur Neuherstellung der Fenster und der zu den Balkonen führenden Türelemente verpflichtet. Die Ausführung der Fensterarbeiten war erheblich mangelhaft. Im Rahmen der Klage des Klägers gegen den Insolvenzverwalter der Firma A auf Anerkennung der vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzforderung wurde zur Schadenshöhe ein Schiedsgutachten des Sachverständigen Prof. SV1 eingeholt, welches zu einem Nachbesserungsaufwand von 1.739.330 DM netto kam. Auf dieser Grundlage wurde entsprechend dem mit dem Insolvenzverwalter vor dem Landgericht Bonn am 08.02.2001 geschlossenen Vergleich - 9 O 371/00 - (Bl. 639 ff d.A.) unter Abzug nicht gezahlten Werklohns von 380.332 DM und unter Anrechnung der Zahlung aus einer von der Firma A gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 180.000 DM der - so wörtlich der Vergleich - "der zur Tabelle anzumeldende bzw. festzustellende Betrag" ermittelt. Der Kläger beziffert diesen vor Verrechnung der Leistung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft auf 575.947 €. Ein vom Landgericht eingeholtes Sachverständigengutachten ist lediglich zu Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 786.135 DM netto gelangt, woraus das Landgericht zzgl. Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % unter Abzug des nicht gezahlten Werklohns einen - den Wert der Teilklageforderung übersteigenden - Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten in Höhe von 555.168,59 DM = 283.853,19 € ermittelt hat. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.04.2008 in vollem Umfang stattgegeben; auf dessen Ausführungen wird verwiesen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung, soweit sie den Betrag von 179.762,32 € übersteigt. Außerdem wendet sie sich gegen die Höhe des Zinssatzes für den ab 14.07.2000 ausgeurteilten Zinsanspruch. Sie nimmt ihre vom Landgericht festgestellte Haftung mit dem Werkunternehmer dem Grunde nach hin. Sie macht jedoch geltend, das Landgericht habe bei seiner Schadensberechnung zu Unrecht den seit dem 01.01.2007 geltenden Mehrwertsteuersatz von 19 % angewandt; es sei unbillig, einen höheren als den früher geltenden Mehrwertsteuersatz zuzusprechen, nachdem der Kläger seit Jahren nicht daran denke, erlangte Schadensersatzleistungen zur Schadensbehebung zu verwenden. Insbesondere hätte das Landgericht bei der Berechnung des von der Beklagten zu leistenden Schadensersatzes zu deren Gunsten die Zahlung aus der von der Firma A gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 180.000 DM (= 92.032,54 €) berücksichtigen müssen. Hilfsweise macht sie geltend, sie habe sich keinesfalls seit dem 14.07.2000 mit dem erst seit 2007 geltenden höheren Mehrwertsteuersatz in Verzug befinden können, so dass zumindest die Nebenforderung entsprechend zu reduzieren sei. Darüber hinaus wendet sich die Beklagte gegen den ausgeurteilten Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz; da die Fälligkeit der Schadensersatzforderung bereits lange vor dem für die Anwendbarkeit dieses Zinssatzes maßgeblichen Stichtag des 01.05.2000 eingetreten sei, sei der bis dahin geltende Zinssatz vom 4 % maßgeblich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 30.07. und 20.10.2008 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit sie den Betrag von 179.762,32 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 14.07.2000 übersteigt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere hält er an seiner Auffassung fest, die Zahlung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft sei zunächst teilweise auf Kostenpositionen im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Schadensersatzforderung des Klägers gegen die Firma A und der danach verbleibende Betrag von 71.636,12 € allein auf die Schadensersatzforderung gegen die Firma A zu verrechnen, nämlich auf die insoweit bestehende Einzelschuld, welche über den Betrag von 283.853,19 € hinausgeht, für den sich nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils eine gesamtschuldnerische Haftung der Firma A und der Beklagten ergebe. Darüber hinaus hält der Kläger den vom Landgericht zugesprochenen Zinssatz jedenfalls für den Zeitraum ab Zustellung des Mahnbescheids am 04.08.2000 unter dem Gesichtspunkt des Prozesszinses für gerechtfertigt. Wegen der Einzelheiten, auch wegen seines vorsorglichen Vorbringens zu einem höheren als dem vom Landgericht angenommenen Schaden, wird auf seinen Schriftsatz vom 14.08.2008 verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat nur bezüglich der Höhe des Zinsanspruchs Erfolg. Denn im Übrigen ist auf der Grundlage des Berufungsvorbringens der Beklagten nicht ersichtlich, dass das landgerichtliche Urteil Rechtsfehler enthält oder konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen bestehen (§ 513 ZPO), welche im Ergebnis zu einer Unrichtigkeit der Entscheidung führen.

1. Zu Recht hat das Landgericht die Mängelbeseitigungskosten, denen es das Gutachten des Sachverständigen SV2 mit einem Netto-Wert von 786.135 DM zugrunde legt, auf einen Brutto-Wert von 935.500,65 DM unter Einbeziehung eines Mehrwertsteuersatzes von 19 % errechnet und dabei auf die Höhe der Mängelbeseitigungskosten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt. Den gegen die Anwendung dieses Mehrwertsteuersatzes erhobenen Einwänden der Berufung vermag der Senat nicht zu folgen. Aufgrund des zum 01.01.2007 erhöhten Mehrwertsteuersatzes haben sich die für eine Mängelbeseitigung aufzuwendenden Kosten erhöht, so dass bei der Berechnung der Mängelbeseitigungskosten der neue, höhere Mehrwertsteuersatz einzustellen ist (s. OLG Frankfurt - 16. ZivSen. -, Urt. v. 11.02.1999 - 16 U 55/98 -, IBR 2001, 11 [juris Rn. 153]; OLG Stuttgart, Urt. v. 18.1.2007 - 7 U 69/07 -, BauR 2008, 1036 [juris Rn. 45]). Für den vorliegenden Rechtsstreit ergeben sich auch aus dem Sachverhalt keine Besonderheiten, welche eine Zuerkennung von lediglich 16 % MwSt rechtfertigen könnten. Es steht dem Kläger als dem Schadensersatz fordernden Bauherrn frei, in welcher Weise er den als Mängelbeseitigungskosten geltend gemachten Betrag verwenden will; dies ist Ausdruck der ihm nach ständiger Rechtsprechung zuerkannten Dispositionsbefugnis als Geschädigter (vgl. nur BGH, Urt. v. 06.11.1986 - VII ZR 97/85 -, BGHZ 99, 81 [juris Rn. 9]; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, Teil 6 Rn. 164). Der Schädiger hat keinen Anspruch darauf, dass der Geschädigte das ihm als Schadensersatz gezahlte Geld auch wirklich zur Beseitigung des Schadens verwendet; was der Geschädigte mit dem Geld macht, ist für den Schädiger ohne Belang (BGH, Urt. v. 24.05.1973 - VII ZR 92/71 -, NJW 1973, 1457). Es kann also sein, dass der Bauherr, der die als Schadensersatz geschuldeten Mängelbeseitigungskosten nicht oder nur teilweise zur Mängelbeseitigung verwendet, einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt (Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn. 165). Dem könnte nach geltendem Recht nur durch eine am Einzelfall orientierte Beschränkung des Schadensersatzanspruchs nach § 242 BGB begegnet werden (Kniffka/Koeble, a.a.O., für besondere Fälle, in denen die Mängelbeseitigungskosten zur Höhe des Werklohns außer Verhältnis stehen). Ein gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten des Klägers, das also entweder rechtsmissbräuchlich oder widersprüchlich sein müsste und hinreichende Veranlassung gäbe, die als Maßstab zugrunde zu legende Dispositionsbefugnis des Klägers als Auftraggebers hintanzustellen, sieht der Senat nicht. Der Beklagten war aufgrund der Streitverkündung des Klägers ihr gegenüber im Schriftsatz vom 04.04.1995, welche im Rechtsstreit über die Werklohnklage der Firma A - 2-12 O 42/95 LG Frankfurt am Main - erfolgte, bekannt, dass der Kläger sie für die Kosten der Mängelbeseitigung in Höhe von mindestens 1 Mio. DM in Anspruch nehmen wollte. Auch hat der Kläger nicht den Fortgang des vorliegenden Rechtsstreits in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise verzögert. Denn die zeitliche Verzögerung nach der Beantragung des Mahnbescheid am. 02.08.2000 ist sachlich auf den Verfahrensgang in dem Verfahren gegen den Insolvenzverwalter der Firma A zurückzuführen: Am 08.02.2001 wurde dort im Verfahren zur Feststellung der Schadensersatzforderung zur Insolvenztabelle vor dem Landgericht Bonn der Vergleich geschlossen. Das Schiedsgutachten des Sachverständigen Prof. SV1 datiert erst vom 02.12.2002 (Anl. K 6 Bl. 29 d.A.), mit Schreiben vom 20.12.2002 (Anl. K 8 Bl. 70 d.A.) wurde die Beklagte nochmals zur Zahlung des Teilbetrags von 500.000 DM (= 255.645,94 €) aufgefordert mit Fristsetzung bis 20.01.2003. Am 11.03.2003 erfolgte dann die Begründung der Klage. Ebenso wenig sieht der Senat für die Erwägung der Beklagten, die Schadensentwicklung sei hier endgültig mit der Insolvenz der Firma A im Februar 2000 abgeschlossen gewesen, hinreichende rechtliche Ansatzpunkte.

2. Die Beklagte kann auch nicht verlangen, dass ihr bei der Berechnung der Höhe des von ihr geschuldeten Schadensersatzes die Leistungen aus der seitens der Firma A gestellten Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 180.000 DM, welche an den Kläger geflossen sind, gutgebracht werden.

a) Aufgrund des vor dem Landgericht Bonn zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter der Firma A geschlossenen Vergleichs steht die Höhe des von der Firma A geschuldeten Schadensersatzes auf der Grundlage des Schiedsgutachtens des Sachverständigen Prof. SV1 vom 02.12.2002 (Anl. K 6) in diesem rechtlichen Verhältnis verbindlich fest. Berechnungsgrundlage dessen sind die vom Sachverständigen auf 1.739.330 DM netto festgestellten Mängelbeseitigungskosten. Zwar lässt sich dem Sach- und Streitstand nicht ausdrücklich entnehmen, welcher Betrag genau entsprechend der im vor dem Landgericht Bonn geschlossenen Vergleich vorgegebenen Berechnung als Schadensanspruch zur Tabelle festgestellt wurde; der Kläger berechnet diesen Betrag in seinem Schriftsatz vom 29.12.2005 (Bl. 632, 634 d.A.) vor Abzug der Zahlung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft auf 575.947 €, wobei er allerdings lediglich von einer "im Verhältnis zur Fa. A endgültig festgelegten Forderung von 1.506.788 DM" abzüglich des nicht gezahlten Werklohns von 380.332 DM ausgeht, also - rechnerisch zu seinen Ungunsten - nicht von den vom Sachverständigen Prof. SV1 festgestellten Mängelbeseitigungskosten von 1.739.300 DM netto. Auf den genauen Betrag kommt es aber entscheidungserheblich nicht an. Denn er liegt jedenfalls erheblich höher als der vom Landgericht ermittelte Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 283.853,19 €, dessen Berechnung auf den vom Sachverständigen SV2 im vorliegenden Rechtsstreit ermittelten Mängelbeseitigungskosten von lediglich 786.135 DM netto beruht. Damit ist deutlich, dass die im Verhältnis des Klägers zur Firma A zu deren Insolvenzverwalter festgestellte Schadensersatzforderung jedenfalls um weit mehr als um die 180.000 DM höher liegt, um deren Anrechnung gestritten wird.

Die im Verhältnis zwischen Kläger und Insolvenzverwalter bindend getroffenen Feststellungen entfalten keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit. Eine Gesamtschuld zwischen der Firma A und der Beklagten besteht nur, soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens SV2 zu von der Beklagten an Mängelbeseitigungskosten geschuldetem Schadensersatz von 283.853,19 € gelangt ist, sich also dieser Betrag mit den im Verfahren des Klägers mit dem Insolvenzverwalter der Firma A festgestellten, von der Firma A geschuldeten Mängelbeseitigungskosten deckt. Die Erwägung der Beklagten auf S. 2 ihres Schriftsatzes vom 06.10.2008, dass die Mängelbeseitigungskosten nicht unterschiedlich hoch, sondern nur falsch oder richtig sein könnten, wird der prozessualen Gegebenheit nicht gerecht, dass wegen der fehlenden Bindungswirkung der Feststellung der Schadenshöhe in dem einen Verfahren für ein anderes Verfahren mit einer Partei, die an dem erstgenannten Verfahren nicht beteiligt war, in den beiden Verfahren unterschiedliche Feststellungen zur Schadenshöhe getroffen werden können, ohne dass dies prozessual zu beanstanden wäre. Dem entsprechend findet entgegen den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 20.10.2008 im vorliegenden Rechtsstreit auch keine "objektiv zutreffende" Feststellung oder eine im Verhältnis zu dem Feststellungen im Verfahren des Klägers gegen den Insolvenzverwalters "zutreffende" Feststellung der Schadenshöhe statt, sondern eine solche, die ausschließlich zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits bindet; es ist nicht ersichtlich, mit welchem rechtlichen Ansatzpunkt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit mit Einfluss auf den abgeschlossenen Parallelrechtsstreit zwischen Kläger und Insolvenzverwalter geltend machen könnte, die dortige Feststellung der Höhe der Schadensersatzforderung gegen die Firma A sei so unrichtig. Bei ihren Erwägungen, dass die von der Firma A und der Beklagten gesamtschuldnerisch geschuldete Leistung "der Schadensersatz" sei, lässt die Beklagte außer Betracht, dass die jeweils geschuldete Leistung nicht in "Schadensersatz" als einer Art abstrakter Größe besteht, sondern die von der Firma A und der Beklagten jeweils geschuldete Leistung in Schadensersatz gerade in einer bestimmten Höhe besteht. Diese jeweils geschuldete Leistung kann - wie ausgeführt - aus prozessualen Gründen unterschiedlich hoch sein, auch wenn der Schadensersatz aus demselben Lebenssachverhalt geschuldet wird; die "geschuldete Leistung" i.S.d. § 421 Satz 1 BGB kann nicht von der Frage getrennt werden, in welcher Höhe die Leistung, für die möglicherweise eine Gesamtschuldnerschaft besteht, von den jeweiligen "mehreren" Schuldnern geschuldet wird.

b) Die erfolgte Zahlung der Bürgin auf die dem Kläger zustehenden Mängelbeseitigungskosten ist eine bloße Teilleistung, so dass insoweit auch nur teilweise erfüllt ist. Die sich damit stellende Frage, ob diese Leistung auf die Gesamtschuld oder auf denjenigen, der Höhe nach "überschießenden" Schuldteil der Firma A erfolgt ist, hinsichtlich dessen keine Gesamtschuld besteht, ist dahin zu beantworten dass diese Teilleistung auf den Einzelschuldteil der Firma A zu verrechnen ist.

aa) Rechtlicher Maßstab hierfür sind in jedenfalls analoger Anwendung die Vorschriften des § 366 Abs. 1 und insbesondere des § 366 Abs. 2 BGB. Zwar bestehen hier nicht zwei unterschiedliche Forderungen, von denen die eine eine Gesamtschuld darstellt und die andere nicht. Die hier gegebene die Situation - der Schuldner schuldet zwar eine einheitliche Leistung, diese Schuld steht jedoch teilweise in Gesamtschuldnerschaft zu einem anderen Schuldner - ist aber mit dem in § 366 BGB geregelten Sachverhalt vergleichbar (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.1994 - 22 U 73/94 -, NJW 1995, 2566 a.E.; BGH, Urt. v. 16.12.1996 - II ZR 242/95 -, BGHZ 134, 224 [juris Rn. 13 f]).

bb) Es ist nicht ersichtlich, dass die Bürgin als Leistende entsprechend § 366 Abs. 1 BGB eine Bestimmung dahingehend getroffen hätte, dass ihre Zahlung an den Kläger auf den im Gesamtschuldverhältnis stehenden Teil der Forderung erfolgen sollte, zumal im Zeitpunkt der Zahlung eine Schadensersatzpflicht der Beklagten und damit eine Gesamtschuldnerschaft noch nicht feststand. Insbesondere enthält entgegen der Annahme der Beklagten das Protokoll des gerichtlichen Vergleichs vom 08.02.2001 im Parallelrechtsstreit des Klägers gegen den Insolvenzverwalter der Firma A LG Bonn - 9 O 371/00 - (Anl. K 14, Bl. 639, 643 d.A.) keine Festlegung, dass die Erfüllungsbürgschaft, die voraussichtlich nur eine Teilerfüllung der geltend gemachten Schadensersatzforderung bewirken konnte, auf eine etwa bestehende Gesamtschuld gezahlt werden sollte. Die Parteien waren sich - ausdrücklich zur Klarstellung - einig, dass "von dem zu schätzenden Sanierungsaufwand ... der eingelöste Bürgschaftsbetrag in Höhe von 180.000 DM in Abzug zu bringen ist, so dass sich hieraus der der zur Tabelle anzumeldende bzw. festzustellende Betrag ergibt". Als "Sanierungsaufwand" war aber zu diesem Zeitpunkt nur der von der Firma A geschuldete in Rede. Mit der Verrechnung "auf den Sanierungsaufwand" ist daher nichts darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Bürgschaftsbetrag auch einem etwaigen Gesamtschuldner zugute kommen sollte, soweit sich der im jeweiligen Verhältnis des Klägers zu mehreren Schadensersatzpflichtigen festgestellte Betrag des zu leistenden Schadensersatzes der Höhe nach deckt, also insoweit eine Gesamtschuldnerschaft besteht.

cc) Es greift deshalb mangels anderer Bestimmung durch den leistenden Schuldner § 366 Abs. 2 BGB analog dahingehend ein, dass durch die Zahlung zunächst jener Schuldteil getilgt wird, hinsichtlich dessen keine Gesamtschuld besteht; denn dieser stellt für den Gläubiger die Schuld mit der geringeren Sicherheit dar (OLG Düsseldorf, a.a.O., S. 2566; MünchKomm-BGB-Bydlinski, 5. Aufl. 2007, § 422 Rn. 3; Staudinger-Noack, BGB, 2005, § 422 Rn. 10 a.E.), zumal dann, wenn - wie hier - feststeht, dass derjenige Schuldner, welcher über den Gesamtschuld-Betrag hinaus zur Zahlung verpflichtet ist, vermögenslos ist (BGH, a.a.O., juris Rn. 15). Soweit sich die Beklagte auf S. 3 unten ihres Schriftsatzes vom 20.10.2008 für ein gegenteiliges Ergebnis auf MünchKomm-BGB-Bydlinski, a.a.O., Rn. 2 bezieht, ist dies sachlich nicht einschlägig; denn dort wird nur der Grundsatz der Erfüllungswirkung bei einer gesamtschuldnerischen Haftung beschrieben, während der Fall der Teilleistung als Spezialfall dann a.a.O. in Rn. 3 in Übereinstimmung mit der Auffassung des Senats behandelt wird.

dd) Ist demnach eine Anrechnung des auf die Vertragserfüllungsbürgschaft gezahlten Betrages auf die von den Beklagten gesamtschuldnerisch geschuldeten Mängelbeseitigungskosten rechtlich nicht veranlasst, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Zahlung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht jedenfalls teilweise in analoger Anwendung des § 367 BGB vorab auf die dem Kläger in Zusammenhang mit der Geltendmachung der Mängelbeseitigungskosten gegenüber der Firma A entstandenen Kosten in Höhe von 32.588,33 DM und 3.734,27 € zu verrechnen ist.

3. Zum Erfolg verhilft der Berufung auch nicht ihr hilfsweise gegenüber dem Umfang des ausgeurteilten Zinsanspruchs geltend gemachter Einwand, mit der Differenz zwischen 16 % MwSt und 19 % sei sie jedenfalls nicht ab 14.07.2000 in Verzug geraten, da der erhöhte Mehrwertsteuersatz erst seit 01.01.2007 gelte. Denn im vorliegenden Rechtsstreit besteht die Besonderheit, dass der Kläger an Mängelbeseitigungskosten gegenüber der Beklagten lediglich einen Teilbetrag von 500.000 DM gerichtlich geltend macht. Mit einem solchen Teilbetrag ist die Beklagte aufgrund des Schreibens des Klägers vom 30.06.2000 seit 14.07.2000 in Verzug. Zwar hat das Landgericht bei der Errechnung der Hauptforderung den Mehrwertsteuersatz von 19 % zugrunde gelegt. Aufgrund dessen ergibt sich aber eine Hauptforderung in Höhe von 555.168,59 DM. Da die Differenz zwischen 16 und 19 % MwSt auf den vom Landgericht zugrunde gelegten Netto-Schadensbetrag von 786.135 DM aber lediglich 23.584,05 DM beträgt und damit niedriger liegt als der Betrag, den das Landgericht über die Teilklagesumme von 500.000 DM hinaus als Mängelbeseitigungskosten angenommen hat, ist die gesamte Teilklageforderung ab Verzugseintritt zu verzinsen.

4. Die Berufung hat jedoch Erfolg, soweit das Landgericht Zinsen ab 14.07.2000 mit einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zuerkannt hat. Denn dem Kläger steht der ausgeurteilte Zinsanspruch lediglich mit einem Zinssatz in Höhe von 4 % gemäß der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis 30.04.2000 geltenden Fassung zu. Die hier streitgegenständliche Forderung ist nämlich vor dem 01.05.2000 fällig geworden. Gemäß § 271 BGB bezeichnet Fälligkeit den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann (Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 271 Rn. 1). Entgegen der Annahme der Berufungserwiderung kommt es für die Fälligkeit jedenfalls der hier in Rede stehenden Schadensersatzforderung nicht darauf an, dass die Forderung dem Schuldner gegenüber beziffert oder gar von ihm, etwa mittels einer Rechnung, angefordert wird (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 7). Abgesehen davon hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, der Kläger habe mit seiner Streitverkündung gegenüber der Beklagten im Vorprozess gegen die Firma A, Az. 2-12 O 42/95 Landgericht Frankfurt am Main, welcher die Werklohnklage der Firma A zum Gegenstand hatte, im Schriftsatz vom 04.04.1995 die Kosten der Mängelbeseitigung mit mindestens 1 Mio. DM beziffert und damit seinen Anspruch gegen die Beklagte konkretisiert.

Ein höherer Zinssatz ergibt sich zugunsten des Klägers auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Prozesszinses gemäß § 291 BGB. Diese Vorschrift verweist wegen der Höhe auf § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Da aber aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 1 Satz 3 EGBGB der § 288 BGB in der ab dem 01.05.2000 geltenden Fassung nur auf Forderungen anzuwenden ist, die von diesem Zeitpunkt an fällig werden, ist auch für den Prozesszins bei Klageerhebung ab dem 01.05.2000 wegen vor diesem Zeitpunkt fällig gewordenen Forderungen die bis zum 30.04.2000 geltende Fassung des § 288 Abs. 1 BGB mit einem Zinssatz von 4 % anzuwenden (ebenso BVerwG, Urt. v. 24.07.2008 - 7 A 2/07 -, juris Rn. 26; Sächsisches OVG, Urt. v. 12.0.2007 - 5 B 191/05 -, KStZ 2008, 137 [juris Rn. 35]; im Ergebnis ebenso OLG Hamm, Urt. v. 06.12.2005 - 21 U 66/05 - BauR 2006, 704 [juris Rn. 21]). Dieses Ergebnis folgt im Übrigen aus dem allgemeinen Grundsatz, dass Prozesszinsen nicht höher sein können als Verzugszinsen (s. Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl. 2004, § 291 Rn. 1 m.w.N.; ebenso Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 291 Rn. 1 a.E.). Es braucht deshalb nicht näher erwogen zu werden, ob die Annahme der Berufungserwiderung zutrifft, dass Prozesszins jedenfalls ab Zustellung des Mahnbescheids am 04.08.2000 geschuldet werde; denn dabei ist außer Betracht gelassen, dass die Sache nach Klagebegründung vom 13.03.2003 erst am 28.03.2003 beim Landgericht Frankfurt als Prozessgericht eingegangen und die Begründung dem Beklagten erst am 24.04.2003 zugestellt worden ist (vgl. § 696 Abs. 1 Satz 4 ZPO); demnach ist von einer "Abgabe demnächst" i.S.d. § 696 Abs. 3 ZPO und damit von einer Rechtshängigkeit ab Zustellung des Mahnbescheids nicht auszugehen.

5. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, da ihr Rechtsmittel in der Hauptsache keinen Erfolg hat und der Erfolg bezüglich der Höhe der Zinsforderung als einer Nebenforderung kostenmäßig nicht ins Gewicht fällt (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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