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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.10.2003
Aktenzeichen: 1 U 162/03
Rechtsgebiete: BGB, GG, HBO, HDSchG


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 839
GG Art. 34
HBO § 65 -1993-
HDSchG § 16
HDSchG § 18 III
1. Die Bauaufsichtsbehörde trifft auch gegenüber dem Bauwilligen die Amtspflicht, keinen rechtswidrigen Bauvorbescheid zu erteilen; die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht kann Amtshaftungsansprüche des im Vertrauen auf den Vorbescheid Fehlinvestitionen tätigenden Bauwilligen auslösen (vgl. BGHZ 105, 52, 54 f.)

2. Einer Qualifizierung als Bauvorbescheid steht nicht zwingend entgegen, dass eine Baugenehmigung nach dem Wortlaut des behördlichen Schreibens nur "in Aussicht gestellt" wird (vgl. VGH Baden-Württemberg BauR 1995, 70 ff.).

3. Wenn Bauvoranfrage und Bauvoranlagen eindeutig erkennen lassen, dass die Verwirklichung des Neubauvorhabens den Abriss vorhandener Bausubstanz voraussetzt, dann ist Gegenstand der Bauvoranfrage wie des Vorbescheids regelmäßig auch die Zulässigkeit des Abrisses (vgl. BGH NJW 1985, 1335 ff. [unter I der Entscheidungsgründe]); mit der Genehmigung des nur unter dieser Voraussetzung zu realisierenden Neubauvorhabens wird stillschweigend auch die Genehmigung des Abbruchs angekündigt (vgl. Hess. VGH HessVGRspr 1982, 1, 2). 4. In einem solchen Fall ist der Architekt gegenüber seinem Auftraggeber vertraglich nicht verpflichtet, die Fragen des Abrisses und des Denkmalschutzes ausdrücklich im Rahmen der Bauvoranfrage anzusprechen.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES VORBEHALTSURTEIL

1 U 162/03

Verkündet am 30.10.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.1.2002 verkündete Grundurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidung über die mit Schriftsatz vom 18.8.2003 erklärte Hilfsaufrechnung dem Nachverfahren vorbehalten bleibt.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger oder ihr Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz für einen vermeintlich rechtswidrigen, wieder aufgehobenen Bauvorbescheid, der sie zu umfangreichen, sich als nutzlos erweisenden Investitionen verleitet habe.

Der Streithelfer der Kläger reichte für diese beim Bauaufsichtsamt der Beklagten eine formularmäßige Bauvoranfrage ein, die auf Seite 2 (Bl. 111 d. A.) ein Anlagenverzeichnis enthielt, in dem unter Nr. 9 aufgeführt ist "Baubeschreibung-Abbruch oder Beseitigung baulicher Anlagen". Diese Position hatte der Streithelfer nicht angekreuzt, speziell hierauf bezogene Unterlagen nicht beigefügt. Aus dem vorgelegten Lageplan und den ebenfalls vorgelegten Bauzeichnungen im Maßstab 1 : 200 ergab sich allerdings für den fachkundigen Betrachter ohne Weiteres, dass die vorhandene Bebauung für das Neubauvorhaben teilweise hätte abgerissen werden müssen. Unstreitig verkannten auch die Bediensteten der Beklagten diese Notwendigkeit nicht. Die Beklagte stellte mit Schreiben vom 8.12.1998 (Bl. 7 ff. d. A.) eine bauaufsichtliche Genehmigung des "geplanten Bauvorhabens entsprechend der vorgelegten Planunterlagen" für den Fall in Aussicht, dass einige Punkte beachtet würden; sie ergänzte dieses Schreiben unter dem 17.12.1998 (Bl. 10 f. d. A.). Mit einem Schreiben vom 10.3.1999 (Bl. 28 f. d. A.) erklärte die Beklagte, sie ändere die Bescheide vom 8./17.12.1998 ab, eine Baugenehmigung könne nicht in Aussicht gestellt werden. In der Begründung dieses Schreibens führte sie aus:

"Vorliegend war die Bebaubarkeit ohne Prüfung des Denkmalschutzes unter einschränkenden Voraussetzungen bejaht worden. Ihre Bauvoranfrage sieht in wesentlichen Teilen den Abbruch der vorhandenen Bausubstanz (...) vor."

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 692.132,87 DM nebst 7,5 % Zinsen seit dem 1.2.2001 abzüglich bereits gezahlter 50.000 DM zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils.

Das Landgericht hat die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Dagegen hat die Beklagte Folgendes zu erinnern:

1. Die im Rubrum des landgerichtlichen Urteils als Kläger aufgeführten Eheleute T. seien nicht aktiv legitimiert; geklagt habe die Gesellschaft bürgerlichen Rechts B. S./T., die auch gegenüber der Beklagten als Antragsteller aufgetreten sei.

2. Das Schreiben der Beklagten vom 8.12.1998 sei mangels verbindlicher Regelung kein Vorbescheid, sondern nur eine Wissenserklärung gewesen.

3. Es habe zur denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit des Abbruchs vorhandener Bebauung keine Aussage getroffen, weil die Kläger in der Bauvoranfrage danach nicht gefragt hätten; die Beschränkung des Prüfungsumfangs ergebe sich aus dem fehlenden Kreuzchen auf Seite 2 des Formulars.

4. Der Anspruch der Kläger sei nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil sie es versäumt hätten, die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit des Abbruchs durch förmliche Rechtsbehelfe gegen die Rücknahmeverfügung vom 10.3.1999 bzw. die Ablehnung des Abbruchantrags vom 12.3.1999 prüfen zu lassen. Das sei aussichtsreich gewesen, wie die vom Landesamt für Denkmalpflege im Jahre 1999 gezeigte Verhandlungsbereitschaft belege.

5. Der Anspruch der Kläger sei nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Sie müssten ihren Architekten - den Streithelfer - auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, der die nahe liegende Prüfung denkmalschutzrechtlicher Belange, eine diesbezügliche Frage in der Bauvoranfrage und einen mündlichen Hinweis auf Art und Umfang der vorhandenen Bebauung verabsäumt habe.

6. Die klägerische Gesellschaft bürgerlichen Rechtsschulde der Beklagten ausweislich eines bestandskräftigen Bescheids vom 28.2.2001 (Bl. 211 d. A.) noch 174.060 DM Gewerbesteuer. Mit dieser unstreitigen Forderung hat die Beklagte im Schriftsatz vom 18.8.2003 (Bl. 210 d. A.) vorsorglich aufgerechnet.

Die Beklagte beantragt,

das landgerichtliche Grundurteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger und ihr Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Die Prüfung der Aufrechnung bleibt dem Betragsverfahren vorbehalten.

I. Der Einwand fehlender Aktivlegitimation greift nicht durch. Ausweislich der Klageschrift sind die Eheleute T. als Gesellschafter der B. S./T. Gesellschaft bürgerlichen Rechts mbH Kläger. Die Klage ist also nicht für die nach neuerer Rechtsprechung parteifähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern für die in derselben verbundenen Gesellschafter erhoben. Das ist weiterhin zulässig. Das Rubrum des landgerichtlichen Urteils ist demgemäß nicht zu beanstanden.

II. Die Bauaufsichtsbehörde trifft auch gegenüber dem Bauwilligen die Amtspflicht, keinen rechtswidrigen Bauvorbescheid zu erteilen; die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht kann Amtshaftungsansprüche des im Vertrauen auf den Vorbescheid Fehlinvestitionen tätigenden Bauwilligen auslösen (vgl. etwa BGHZ 105, 52, 54 f. zu einem die bauplanungsrechtlichen Fragen betreffenden Bauvorbescheid, einer sog. "Bebauungsgenehmigung"). So liegt der Fall. Die Beklagte hat den Klägern einen Vorbescheid erteilt (1.), der auch den teilweisen Abriss der unter Denkmalschutz stehenden Altbebauung billigte (2.), was rechtswidrig war (3.).

1. Der Senat teilt nicht die in der Berufungsbegründung vertretene Rechtsansicht, die Schreiben der Beklagten vom 8./17.12.1998 seien nur als (gemeint wohl: unverbindliche) Wissenserklärung zu werten. Die Schreiben sind ersichtlich als verbindlicher Verwaltungsakt ausgestaltet. Die klägerische Bauvoranfrage war unmissverständlich auf einen Vorbescheid i. S. d. § 65 HBO 1993 gerichtet. Das Schreiben vom 8.12.1998, das durch das vom 17.12.1998 lediglich ergänzt worden ist, bezeichnet sich selbst auf Seite 2 wiederholt als Vorbescheid. Angesichts dessen steht einer entsprechenden Qualifizierung des Schreibens nicht entgegen, dass es dort missverständlich heißt, eine Baugenehmigung werde "in Aussicht gestellt" (vgl. VGH Baden-Württemberg BauR 1995, 70 ff. [unter I aE der Entscheidungsgründe]).

Aber auch eine Qualifikation der Schreiben als Zusicherung i. S. d. § 38 HVwVfG würde an der Haftung der Beklagten nichts ändern. Die Unterscheidung zwischen Vorbescheid, in dem über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen bereits vorab entschieden, und Zusicherung, in der eine bestimmte Entscheidung nur angekündigt wird, gewinnt nur dann Bedeutung, wenn sich die Sachlage nach der behördlichen Erklärung in einer für die Erteilung der Genehmigung relevanten Weise ändert; ein Vorbescheid bindet die Behörde in diesem Falle, eine Zusicherung gemäß § 38 Abs. 3 HVwVfG nicht (vgl. OVG Berlin NVwZ 1986, 579 f.; Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, 4. Aufl. (1998), Band II, S. 141). Eine derartige Änderung der Sachlage ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist die auf dem fraglichen Grundstück vorhandene Altbebauung nach Dezember 1998 weder zum Kulturdenkmal geworden noch ins Denkmalbuch eingetragen worden; nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Streithelfers der Kläger ist die Hofanlage, zu dem das Baugrundstück gehört, seit 1986/87 in der Denkmalliste der Beklagten eingetragen.

2. Die Beklagte begründete mit ihren beiden oben genannten Schreiben bei den Klägern einen Vertrauenstatbestand dahin, dass sie ihr Bauvorhaben zügig in der Form durchführen konnten, die sich aus den mit der Bauvoranfrage eingereichten Unterlagen und den in den Schreiben der Beklagten ausgesprochenen Einschränkungen ergab. Insbesondere durften die Kläger davon ausgehen, den vorhandenen Baubestand in dem Umfang abreißen zu dürfen, wie dies zur Durchführung des aus der Bauvoranfrage ersichtlichen Projekts erforderlich war. Sie mussten nicht damit rechnen, dass das dergestalt konkretisierte Projekt an der denkmalschutzrechtlichen Unzulässigkeit des Abbruchs oder auch nur am Widerstand des Landesamtes für Denkmalpflege scheitern würde. Denn die Baugenehmigung schließt die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ein (§ 7 Abs. 3 Satz 2 HDSchG). Da der Magistrat der Beklagten nicht nur Bauaufsichtsbehörde, sondern auch untere Denkmalschutzbehörde war (§ 3 Abs. 2 HDSchG) und auch die Aufgaben des Denkmalschutzes bei der Beklagten vom Bauaufsichtsamt wahrgenommen wurden, durften die Kläger von einer internen Abstimmung sowie davon ausgehen, dass die Beklagte entsprechend § 18 Abs. 3 HDSchG das Landesamt für Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde (§ 4 HDSchG) beteiligt hatte. Die Gestaltung der Bauvoranfrage steht der Annahme eines derartigen Vertrauenstatbestandes nicht entgegen.

a) Der Regelungsgehalt eines Bauvorbescheids und damit die Reichweite des durch ihn begründeten Vertrauens hängen davon ab, welche Fragen der Bauwillige an die Baugenehmigungsbehörde gestellt hat; der Entscheidungsgegenstand wird durch den Antrag bestimmt (Stüer BauR 2000, 1431, 1432), wobei sich versteht, dass die Frage in die Entscheidungskompetenz der Behörde fallen muss (vgl. Finkelnburg/Ortloff, a. a. O., S. 140). Die Fragen müssen nicht wörtlich formuliert werden, sondern können sich auch aus den der Bauvoranfrage beigefügten Bauvorlagen ergeben (VGH Baden-Württemberg BauR 1995, 70 ff. [unter I der Entscheidungsgründe]). Wenn diese eindeutig erkennen lassen, dass die Verwirklichung des Neubauvorhabens den Abriss vorhandener Bausubstanz voraussetzt, dann ist Gegenstand der Bauvoranfrage wie des Vorbescheids regelmäßig auch die Zulässigkeit des Abrisses (vgl. BGH NJW 1985, 1335 ff. [unter I der Entscheidungsgründe]); mit der Genehmigung des nur unter dieser Voraussetzung zu realisierenden Neubauvorhabens wird stillschweigend auch die Genehmigung des Abbruchs angekündigt (vgl. Hess. VGH HessVGRspr 1982, 1, 2).

Für die Auslegung einer auf die Erteilung einer Baugenehmigung gerichteten Zusicherung könnte der Sache nach nichts Anderes gelten.

b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen der ausgeführten Grundsätze gegeben. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass ihren Bediensteten aufgrund der von den Klägern eingereichten Unterlagen die Notwendigkeit jedenfalls eines teilweisen Abrisses der vorhandenen Bausubstanz klar war. Sie meint lediglich, im fehlenden Kreuzchen bei Nr. 9 des Anlagenverzeichnisses zur Bauvoranfrage sei eine Beschränkung derselben und ihres Prüfungsauftrages zum Ausdruck gekommen. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Die mit Ankreuzkästchen versehene Tabelle auf Seite 2 des Bauantrags- und Bauvoranfragen-Formulars hat nicht die Bedeutung eines stichwortartigen Fragenkatalogs, sondern dient lediglich dazu, die eingereichten Anlagen zum Bauantrag bzw. zur Bauvoranfrage übersichtlich zu ordnen.

3. Die Amtspflichtverletzung der Bediensteten der Beklagten folgt aus der Rechtswidrigkeit des den Klägern erteilten Bauvorbescheids. Die Beklagte hatte es unterlassen, für die nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 HDSchG erforderliche Abrissgenehmigung entgegen stehende Belange des Gemeinwohls (§ 16 Abs. 3 HDSchG) zu prüfen und das Landesamt für Denkmalpflege als Denkmalfachbehörde (§ 4 HDSchG) zu beteiligen (§ 18 Abs. 3 HDSchG). Dessen nach Erlass des Vorbescheides geäußerter Widerspruch gegen das Bauvorhaben war berechtigt. Die abzureißende Bausubstanz war in der Denkmalliste eingetragen. Auch nach dem Beklagtenvortrag wäre das klägerische Bauvorhaben unter denkmalschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht in der aus dem Vorbescheid ersichtlichen, sondern nur in deutlich modifizierter Form genehmigungsfähig gewesen. Mit dem Erlass des Vorbescheides wogen die Bediensteten der Beklagten die Klägerin einer trügerischen Sicherheit.

4. Am objektiven Verschulden der für die Beklagten tätigen Bediensteten besteht kein Zweifel. Die Problematik des Denkmalschutzes drängte sich angesichts der Eintragung des Baubestandes in die Denkmalliste geradezu auf.

III. Der Anspruch der Kläger ist nicht nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

1. Die Kläger haben gegen den Aufhebungsbescheid vom 10.3.1999 mit Anwaltsschreiben vom 6.7.1999 Widerspruch eingelegt (Bl. 104 f. d. A.). Dessen Verfristung steht nicht fest, weil offen ist, wann der Aufhebungsbescheid den Klägern zugestellt wurde. Die Beklagte hat über den Widerspruch - genauer: über die Abhilfe (§ 72 VwGO) - unstreitig bislang nicht entschieden; die Kläger haben von ihrem Widerspruch "nichts mehr gehört". Bis zur Klageerhebung im April 2001 war die zumutbare Wartefrist allemal abgelaufen, das heißt zu diesem Zeitpunkt durften die Kläger dulden und liquidieren.

2. Zudem kann der Senat nicht feststellen, dass der Widerspruch Erfolgsaussicht hatte. Darlegungs- und beweispflichtig für diesen ihren Einwand ist die Beklagte (vgl. MünchKomm-BGB-Papier, 3. Aufl., § 839 Rn. 329). Ihr diesbezüglicher Vortrag, das Landesamt für Denkmalpflege sei verhandlungsbereit gewesen, reicht offensichtlich nicht aus.

IV. Auch der Einwand der Beklagten, die Kläger müssten sich bei ihrem Architekten, dem Streithelfer, schadlos halten (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB), ist unberechtigt. Der Subsidiaritätsgrundsatz gilt zwar auch im Verhältnis zur Architektenhaftung (vgl. BGH NJW 1994, 2087 ff. [unter II 4 der Entscheidungsgründe]; NVwZ 1993, 602 f. [unter 1. der Gründe]; 1992, 911 ff. [unter 5 b) der Entscheidungsgründe]).

Der Streithelfer der Kläger hat aber seine diesen gegenüber bestehenden Vertragspflichten im Zusammenhang mit der Bauvoranfrage nicht verletzt. Diese ließ jedenfalls für einen Fachmann - und mit solchen durfte der Streithelfer auf dem Bauaufsichtsamt rechnen - ohne Weiteres die Notwendigkeit mindestens eines Teilabrisses erkennen. Dem in der Anlagentabelle unter Nr. 9 nicht angebrachten Kreuzchen kommt - wie oben II.2.b) ausgeführt - nicht die Bedeutung einer Beschränkung der Anfrage zu. Gerade angesichts dessen, dass das Bauaufsichtsamt der Beklagten, wie der Streithelfer wusste, auch die Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde wahrnahm, musste er die Frage des Denkmalschutzes nicht von sich aus ausdrücklich ansprechen. Ebenso wenig musste er selbst den bei der Beklagten geführten Auszug aus dem Denkmalbuch (§ 10 Abs. 6 HDSchG) einsehen, zumal er dadurch nur Kenntnis von der Eintragung, nicht aber von der zu treffenden Abwägungsentscheidung der Denkmalschutzbehörde erlangt hätte. Die Prüfung denkmalschutzrechtlicher Belange musste er nicht selbst vornehmen; vielmehr war es gerade sachgerecht, diese Frage mit der Bauvoranfrage der zuständigen Behörde zur Prüfung vorzulegen.

V. Aus den voran stehenden Ausführungen folgt sogleich, dass dem Schadensersatzanspruch der Kläger nicht insgesamt ein überwiegendes Mitverschulden entgegen steht. Ob einzelne Schadenspositionen wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht nicht oder nicht vollständig zu ersetzen sind, bleibt der Prüfung im Betragsverfahren vorbehalten. Nämliches gilt für die Aufrechnung; angesichts der Bestandskraft des Gewerbesteuerbescheids und der Unstreitigkeit der aufgerechneten Gewerbesteuerforderung ist es unschädlich, dass für diese an sich nicht der Zivilrechtsweg gegeben ist (vgl. BGHZ 16, 124, 128 f.).

VI. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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