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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.02.2001
Aktenzeichen: 1 U 191/99
Rechtsgebiete: Hess. Aufbaugesetz, ZPO


Vorschriften:

Hess. Aufbaugesetz § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3
ZPO § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen e
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Kein Amtshaftungsanspruch gegen Gemeinde für falsche Auskunft des pensionierten Bürgermeisters.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 191/99 2 O 422/98 Landgericht Gießen

Verkündet am 08.02.2001

In dem Rechtsstreit ...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.09.1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Gießen (Az.: 2 0 422/98) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagten jeweils Sicherheit in gleicher Höhe vor der Zwangsvollstreckung leisten. Die Klägerin kann die Sicherheitsleistung auch durch unbedingte unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen.

Der Wert der Beschwer beträgt 116.859,23 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagten aus eigenem und zediertem Recht Amtshaftungsansprüche geltend.

Mit notariellem Kaufvertrag des Notars K. vom 05.03.1978 mit Nachtrag vom 13.06.1978 (Abl.Bl. 260-269 d.A.) erwarben die Klägerin und ihr Ehemann das jeweils hälftige Miteigentum an dem im Grundbuch von K.G., Band 89, Bl. 3321 eingetragenen Grundbesitz (das aufgrund Veränderungsnachweis Nr. 11/78 und 12/78 der Gemeinde L., Grundbuchbezirk K.G. neuvermessene Grundstück Flur 5 Nr. 45/5, Grünland, Ackerland) von den Verkäufern, den Eheleuten W., zum Kaufpreis von 72.440,-- DM.

Das Grundstück befand sich im Außenbereich der vormals selbständigen Gemeinde K.G.. Diesen Bereich wies der am 12.09.1960 vom Regierungspräsidenten in Wiesbaden genehmigte "Beiplan-Generalbebauungs- und Baugebietsplan gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 Hess. Aufbaugesetz" als Wochenendhausgebiet aus. Weitere Ausweisungen oder Festsetzungen enthielt der Beiplan nicht. In dem 1973 genehmigten Flächennutzungsplan wurde das Gebiet als Wochenendhausgebiet ausgewiesen und im Flächennutzungsplan 1985 als landwirtschaftliche Fläche dargestellt. Gemäß einer Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen im Kreise We. vom 10.02.1964 (StAnz. 1964, S. 301) lag das Grundstück zum Zeitpunkt des Erwerbes durch die Klägerin und ihren Ehemann im Bereich eines als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Gebietes. Zum Erwerbszeitpunkt waren die dort befindlichen Grundstücke etwa zu 1/3 mit Wochenendhäusern bebaut. Auch das Grundstück der Voreigentümer W. war mit einem Wochenendhaus bebaut. Da die Klägerin und ihr Ehemann daran kein Interesse hatten, sondern den Wunsch hegten, auf dem erworbenen Areal ein eigenes Wochenendhaus - ggfs. mit der Möglichkeit eines dauerhaft dort zu nehmenden festen Wohnsitzes - zu errichten, kam es zu einer von den Verkäufern zum Zwecke des Grundstücksverkaufs erwirkten Teilungsgenehmigung der Stadt L. vom 06.02.1978 mit der Folge, daß im Wege der Neuvermessung der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbene Bereich nur ca. qm umfaßte und der kleinere Bereich mit dem bereits bebauten Wochenendhaus bei den Verkäufern verblieben ist.

Bis 30.06.1976 war der Landkreis We. für die Erteilung von Baugenehmigungen im Bereich des Erwerbsgrundstücks der Klägerin zuständig. Bis dahin war K.G. eine selbständige Gemeinde. Deren Bürgermeister war Herr F.. Dieser wurde nach Ablauf seiner Amtszeit Ende März 1977 in den Ruhestand versetzt.

Aufgrund der damaligen Gebietsreform war K.G. nach dem Verlust der Selbständigkeit bis 31.07.1979 in die neu gebildete Stadt L. eingegliedert. Sämtliche baurechtlichen Angelegenheiten sind in dieser Zeit vom Magistrat der Stadt L. bearbeitet worden. Gleiches gilt für die gemeindliche Bauplanung, für die in dieser Zeit keine Entscheidungsbefugnisse bei der als nachgeordnete Bezirksverwaltung fortbestehenden Verwaltungsstelle des Stadtteils K.G. lagen. In dieser Verwaltungsstelle war die vormalige Sekretärin des Herrn F. als Verwaltungsangestellte tätig und für diverse Verwaltungsangelegenheiten außerhalb des Baurechts zuständig.

Nachdem die Stadt L. in der Folgezeit wieder aufgelöst worden war, entstand mit Wirkung vom 01.08.1979 die Beklagte zu 1. aus dem Zusammenschluß der Gemeindeteile K.G., L. und Wi.. Ab 01.01.1980 wurde Herr F. dort wieder Bürgermeister.

Die Klägerin und ihr Ehemann beantragten unter dem 04.04.1984 erfolglos den Erlaß eines Bauvorbescheides zwecks Bebauung des 1978 erworbenen Grundstücks. Der gegen die ablehnende Entscheidung erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht Gießen blieb ohne Erfolg. Die dagegen eingelegte Berufung wurde vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Revision wurde am 02.02.1996 vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Eine sodann erhobene Verfassungsbeschwerde wurde gemäß Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29.04.1996 nicht angenommen (Bl. 23-72 d.A.). Die Klägerin hat behauptet, sie und ihr Ehemann seien aufgrund einer amtspflichtwidrigen Falschauskunft über die Bebaubarkeit des Wochenendgrundstücks geschädigt worden.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, etwa Anfang August 1977 habe ihr Ehemann Frau La. angerufen und um einen Gesprächstermin in den Diensträumen gebeten. Dazu habe er erklärt, er wolle sich mit Herrn Bürgermeister F. über die Bebauungsvorschriften unterhalten, da er beabsichtige, ein Grundstück in dem Wochenendhausgebiet zu erwerben. Daraufhin sei telefonisch ein Termin für den 08.08.1977 vereinbart worden. Sie und ihr Ehemann seien sodann zur vereinbarten Zeit erschienen und hätten sich in das Dienstzimmer der Frau La. begeben. Diese habe gefragt, in welchem Gebiet das zu erwerbende Grundstück liege. Man sei sodann an einen an der Wand hängenden großen Plan getreten. Nachdem Frau La. erklärt worden sei, daß es sich um das Grundstück der damaligen Eigentümerin Dr. H. (Parzellen 44, 45 und 46) handele, habe diese es auf dem Plan ausgemacht und ihrem Ehemann gezeigt. Währenddessen habe Herr F. das Zimmer betreten. Ihr Ehemann habe ihm sodann das Anliegen vorgetragen und gefragt, ob das anhand des Planes identifizierte Grundstück auch mit einem weiteren Wochenendhaus bebaut werden könne und wie gegebenenfalls die Bebauungsvorschriften konkret aussehen würden.

Herr F. habe daraufhin erklärt, daß das Grundstück mit einem Wochenendhaus bebaubar sei und zwar mit einer Größe ab 1000 qm. Er habe daraufhin auf den Plan gezeigt und erklärt, daß die Flurstücke im bebaubaren Bereich lägen. Sie dürften bis 100 qm überbaubare Fläche eingeschossig bebaut werden, wobei die Dachneigung 5 bis 20 Grad sein müsse, ansonsten stehe offene Bauweise zur Verfügung. Auf Befragen hätten Herr F. und Frau La. anhand des Planes erläutert, wo die Baugrenzen eingezeichnet waren. Auf ihres Mannes Bitte hin sei eine Kopie des Planes mit dem bezeichneten Gebiet erstellt und ihm ausgehändigt worden (Bl. 213, 214 d.A.). Ihr Ehemann habe festgestellt, daß es sich um einen Bebauungsplan aus dem Jahre 1964 gehandelt habe.

Sodann habe ihr Ehemann Herrn F. gefragt, ob es noch weitere Dinge gebe, die zu beachten seien. Dieser habe geantwortet, daß für weitere Bebauungsvorschriften wie auch für den Bebauungsplan das Planungsamt in We.-H. zuständig sei (Beweis: Zeugnis des Ehemannes der Klägerin).

Desweiteren hat die Klägerin behauptet, Ihr Ehemann habe im Anschluß an den Termin die von ihr vorgelegte Gesprächsnotiz gefertigt (Bl. 259 d.A.) und darin die wesentlichen erhaltenen Auskünfte festgehalten.

Ferner hat sie behauptet, am 04.03.1980 habe ein weiteres Gespräch zwischen ihrem Ehemann und Herrn F. stattgefunden. Dieser habe dabei erklärt, trotz der beabsichtigten Aufstellung eines neuen Flächennutzungsplanes habe dies keine Konsequenzen für die Bebaubarkeit des inzwischen von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Grundstücks; es könne eine Bauvoranfrage gestellt werden.

Die Klägerin hat ferner vorgetragen, sie sei nunmehr alleinige Eigentümerin des erworbenen Grundstücks.

Ihr Ehemann habe an sie sämtliche Schadensersatzansprüche abgetreten, die ihm im Zusammenhang mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit der erhaltenen Auskünfte erwachsen seien; diese hätten sich als falsch erwiesen, da das zu erwerbende bzw. dann erworbene Grundstück zu keiner Zeit bebaubar gewesen sei. Bei entsprechend richtiger Auskunft wäre das Grundstück nicht erworben worden. Der entstandene Schaden ergebe sich aus den unnütz aufgewendeten Kosten für den Erwerb des Grundstücks und dessen Unterhaltung und ferner aus den gesamten für die weitere Rechtsverfolgung aufgewendeten Kosten, die sich insgesamt auf 116.859,23 DM beliefen (Bl. 16-20 d.A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten zu 1. und zu 3. hafteten im Wege der Funktionsnachfolge für die fehlerhaft erteilten Auskünfte. Die Haftung der Beklagten zu 2. ergebe sich wegen fehlerhaft erteilter Teilungsgenehmigung.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 116.859,23 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu zahlen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben die mit dem vorgetragenen Inhalt behaupteten Gespräche in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage mit am 13.09.1999 verkündetem Urteil abgewiesen (Bl. 303-312 d.A.).

Gegen diese ihr am 15.09.1999 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 14.10.1999 gegenüber den Beklagten zu 1. und zu 3. Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.12.1999 am 10.12.1999 begründet.

Sie wendet ein, das Landgericht habe verkannt, daß Herr F. jedenfalls als Beamter im Haftungsrechtlichen zu gelten habe. Auch liege ein amtswidriges Fehlverhalten vor, wenn es aufgrund der Handlungsweise von Frau La. möglich gewesen sei, daß Herr F. als Ruheständler in den Diensträumen baurechtliche falsche Auskünfte habe geben können. Im übrigen wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu 1. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie DM 116.859,23 nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. eine prozessuale Sicherheit auch durch Bankbürgschaft zuzulassen.

Die Beklagten zu 1. und zu 3. beantragen,

die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholen im wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und bestreiten ihre Passivlegitimation. Ergänzend treten sie der Auffassung der Klägerin entgegen, Herr F. sei als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. Darüber hinaus halten sie der Klägerin entgegen, sie und ihr Ehemann hätten kein schutzwürdiges Vertrauen in die angeblich erteilte Auskunft über die Bebaubarkeit des Grundstücks haben können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) weder aus eigenem noch aus angeblich zediertem Recht gegen die Beklagten zu 1. und zu 3. zu.

Dabei kann offen bleiben, ob die von ihr behauptete, angeblich am 08.08.1977 von Herrn F. erteilte Auskunft über die Bebaubarkeit des zu erwerbenden Grundstücks tatsächlich im Dienstzimmer der Frau La. erteilt worden ist. Ebenso kann offen bleiben, ob die Beklagten zu 1. und zu 3. gegebenenfalls dafür als Funktionsnachfolger einzustehen haben.

Denn selbst wenn zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, daß ihr und ihrem Ehemann am 08.08.1977 im Dienstzimmer von Frau La. durch Herrn F. die behauptete Auskunft gegeben wurde, so fehlt es bereits an dem für die Amtshaftung erforderlichen Merkmal einer hoheitlichen Tätigkeit. Diese setzt voraus, daß der handelnden Person öffentliche Gewalt anvertraut ist. Dies war aber bei Herrn F. nicht der Fall, denn unstreitig war er am 08.08.1977 nicht mehr Bürgermeister, sondern seit Ende März 1977 in den Ruhestand versetzt gewesen. Wenn er sich gleichwohl die von der Klägerin behauptete baurechtliche Auskunft angemaßt haben sollte, hatte dafür nicht die inzwischen anstelle der früher selbständigen Gemeinde K.G. zuständig gewordene Stadt L., bei der alle baurechtlichen Angelegenheiten bearbeitet wurden, haftungsrechtlich einzustehen.

Daran ändert der vom Ehemann im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat geäußerte Umstand nichts, daß er der irrigen Meinung war, den für Baurechtsfragen zuständigen Beamten in Person des Bürgermeisters vor sich zu haben, von dem er angenommen habe, daß er sich hinsichtlich der Bebaubarkeit des in Rede stehenden Grundstücks auskennen würde. Ein solcher Irrtum kann nicht dazu führen, daß die Staatshaftung ein- setzt, denn diese tritt nur bei amtswidriger hoheitlicher Tätigkeit ein, die seitens des Herrn F. nicht gegeben war.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt auch keine Amtshaftung unter dem Gesichtspunkt seines Organisationsverschuldens in Betracht.

Denn es ist weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich, daß sich Herr F. in Kenntnis oder jedenfalls mit Duldung der Verantwortlichen der Stadt L. in Diensträume der verbliebenen Verwaltungsstelle des nunmehr unselbständigen Stadtteils K.G. zwecks Auskunftserteilung in Baurechtsangelegenheiten begeben hat. Ebenso ist nicht ersichtlich, daß Herr F. in entsprechender Weise bereits vor dem 08.08.1977 in den Diensträumen der Verwaltungsstelle aufgetreten ist und die Verantwortlichen der Stadt L. davon Kenntnis hatten oder ihnen eine entsprechende Kenntnis wegen vorwerfbarem Überwachungs- oder Organisationsverschulden verborgen geblieben war. Unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter Organisation kann der Stadt L. als der seinerzeit maßgeblichen Körperschaft das angebliche Auftreten des Herrn F. in den Diensträumen der Verwaltungsstelle nicht angelastet werden. Dies gilt auch in Bezug auf die behauptete Vermittlung des angeblichen Gesprächstermins durch die dort tätige Verwaltungsangestellte La., die im übrigen - unstreitig - keinerlei Zuständigkeit in Baurechtsangelegenheiten hatte.

Selbst wenn es zuträfe, daß Frau La. den Gesprächstermin am 08.08.1977 vermittelt und Herrn F. an diesem Tage den Zutritt zu ihrem Dienstzimmer gewährt hatte, kann wegen der ersichtlichen Einmaligkeit dieses insoweit möglichen Fehlverhaltens der Verwaltungsangestellten kein Organisationsverschulden der Verantwortlichen der Stadt L. angenommen werden, zumal weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich ist, daß seitens der Stadt L. Zweifel an der Zuverlässigkeit der Frau La. bestanden haben.

Im übrigen steht dem geltend gemachten Amtshaftungsanspruch auch entgegen, daß die Klägerin und ihr Ehemann schon aufgrund der ihnen bekannten Umstände nicht auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihnen angeblich von Herrn F. am 08.08.1977 erteilten Auskunft über die Bebaubarkeit des zu erwerbenden Grundstücks vertrauen durften. Damit fehlt es jedenfalls auch an der notwendigen Kausalität der fehlerhaften Auskunft des Herrn F. für den späteren Kaufentschluß der Klägerin und ihres Ehemannes.

Soweit der Ehemann der Klägerin bei seiner persönlichen Anhörung eingeräumt hat, daß ihm bekannt gewesen sei, daß im Zusammenhang mit der Neubildung der Stadt L. ein erhebliches Durcheinander über behördliche Zuständigkeiten geherrscht habe, muß dem Vorbringen der Klägerin, man sei am 08.08.1977 davon ausgegangen, bei der zuständigen Stelle zu sein, entgegengehalten werden, daß sich allein schon wegen des ihrem Ehemann bekannt gewesenen entsprechenden Durcheinanders, das bekanntermaßen auch Gegenstand häufiger Presseveröffentlichungen war, insoweit Zweifel aufdrängen hätten müssen. Diesen zufolge wäre zumindest eine Nachfrage angezeigt gewesen, ob der Herr F. wirklich Bürgermeister war und ob von der Verbindlichkeit der Auskunft ausgegangen werden durfte. Dies auch deshalb, weil von der Klägerin zudem eingeräumt wird und in dem vorgelegten Vermerk ihres Ehemannes auch festgehalten ist, daß im Zusammenhang mit der Auskunft des Herrn F. der Hinweis ergangen sei, daß für weitere Bebauungsvorschriften sowie für den Bebauungsplan das Planungsamt in H. zuständig sei. Unstreitig war das zuständige Planungsamt dorthin ausgelagert worden.

Aufgrund dieses Hinweises durfte nicht angenommen werden, die Auskunft des Herrn F. sei verbindlich und erschöpfend, denn es mußte zumindest mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sich aus dem Bebauungsplan oder aus anderen im Planungsamt einzusehenden Bebauungsvorschriften Änderungen ergeben konnten. Insoweit hat der Ehemann der Klägerin bei seiner Anhörung auch das frühere Vorbringen der Klägerin relativiert, bei dem im Dienstzimmer der Frau La. an der Wand befindlichen Plan habe es sich um den Bebauungsplan gehandelt. Denn er hat eingeräumt, von einem Bebauungsplan sei seitens F.s nicht die Rede gewesen. Deshalb hätte dem Hinweis auf eine anderweitige Zuständigkeit für den Bebauungsplan entscheidende Bedeutung beigemessen werden müssen. Somit konnte nicht auf die Verbindlichkeit des an der Wand befindlichen Planes vertraut werden, der im übrigen ersichtlich über keinen Text oder entsprechende zeichnerische Darstellungen verfügte, aus denen sich eine Bebaubarkeit des in Rede stehenden Grundstücks entnehmen ließ.

Hinzu kommt, daß der Klägerin auch bekannt gewesen war, daß hinreichende Sicherheit über eine Bebaubarkeit des zu erwerbenden Grundstücks nur aufgrund einer Bauvoranfrage zu erreichen war. Nach ihrem eigenen Vorbringen war sie sich der Notwendigkeit einer Bauvoranfrage zwecks definitiver Klärung der Zulässigkeit des Bauvorhabens durchaus bewußt, denn sie hat vorgetragen, eine Bauvoranfrage sei nach dem Gesprächstermin am 08.08.1977 deshalb unterblieben, weil sie und ihr Ehemann aufgrund interner Disposition nicht sogleich mit der Bebauung beginnen wollten (Bl. 5 d.A.).

Auch deshalb kann nicht angenommen werden, daß auf die Verbindlichkeit der angeblichen Falschauskunft vertraut worden und im Vertrauen darauf der Kaufentschluß gefaßt worden sei. Schließlich hätten sich der Klägerin und ihrem Ehemann spätestens beim Vorlesen des Kaufvertrages durch den Notar massive Zweifel an der Bebaubarkeit des Grundstücks aufdrängen müssen, weil das zu erwerbende Grundstück im Kaufvertrag nicht als Bauland, sondern als Grünland bezeichnet und verkauft ist (Bl. 261 d.A.).

Soweit der Ehemann der Klägerin den Notar darauf angesprochen und die Antwort, das mache nichts, erhalten haben will, ist nicht nachvollziehbar, warum er sich damit ohne weiteres zufrieden gegeben habe. Angesichts der Vertragswesentlichkeit der Bebauungsabsicht erscheint ein solches Verhalten als völlig unverständlich. Wenn aber von einer Änderung des Vertrages abgesehen wurde, mußten auch deshalb Zweifel an der Bebaubarkeit als fortbestehend erachtet werden.

Nach allem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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