Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.09.2001
Aktenzeichen: 1 UF 264/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 5
Die in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 S. 5 BGB zitierten beamtenrechtlichen Vorschriften über die ruhegehaltsfähige Dienstzeit sind im Fall entpflichteter Professoren auf die für diese geltende Dienstzeit zu beziehen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 UF 264/00

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde des Antragstellers gegen das am 08.08.2000 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main am 17.09.01 beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziff. 2 der Urteilsformel) abgeändert.

Zu Lasten der Anwartschaften für die Antragsgegnerin bei dem Land Hessen, endvertreten durch das Regierungspräsidium Darmstadt werden auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 765,01 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.06.1991, begründet. Dieser Betrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Wegen der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 4.578 DM festgesetzt.

Gründe:

Mit dem nur wegen des Versorgungsausgleichs angefochtenen Verbundurteil hat das Amtsgericht auf den am 18.06.1999 zugestellten Scheidungsantrag die am 24.01.1964 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass es im Wege des Quasisplittings 911,42 DM zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. auf dem Rentenkonto des Antragstellers bei der BfA begründet hat.

Dabei hat es, nachdem die Parteien durch notarielle Vereinbarung vor dem vom 27.09.1991 den Versorgungsausgleich auf die jeweils bis zum 30.06.1991 erworbenen Versorgungsanwartschaften beschränkt haben, als Ehezeit die Zeit vom 01.01.1964 bis 30.06.1991 zugrundegelegt. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen haben die Parteien während dieser Ehezeit (nur) Anwartschaften auf beamtenrechtliche Versorgung erworben, nämlich der Antragsteller in Höhe von 2.942,41 DM, die Antragsgegnerin in Höhe von 4.765,24 DM, beide bei der weiteren Beteiligten zu 1. (im Folgenden RP). Hinsichtlich der Letzteren hat es die Auskunft des RP vom 22.09.1999 zugrundegelegt, wonach sich der mitgeteilte Betrag als Eheanteil der Bezüge der Antragsgegnerin darstellt, den sie zum mitgeteilten Ende der Ehezeit am 30.06.1991 (mit Sonderzuwendung insgesamt 7.939,75 DM monatlich) erhielte. Dabei hat es als Gesamtzeit die Zeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gemäß § 50 Abs. 2 Nr. 2 HGB mit Ablauf des 31.03.1999 angenommen. Danach ergab sich eine Gesamtzeit von 45,82 Jahren, wovon 27,50 Jahre, wie näher berechnet, auf die Ehezeit entfielen.

Der Antragsteller hat außer den Versorgungsanwartschaften aus Beamtenversorgung noch Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, die jedoch vor der Ehezeit liegen und, wie im Beschwerdeverfahren bestätigt, auf die Höhe seiner beamtenrechtlichen Anwartschaften keinen Einfluss haben.

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich hat die Antragsgegnerin befristete Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Ausgleichsbetrag auf monatlich 529,90 DM herabzusetzen. In die Ausgleichsberechnung seien nämlich nicht ihre Bezüge als emeritierte Professorin, sondern die Ruhestandsbezüge eines pensionierten Beamten der entsprechenden Besoldungsstufe einzustellen. Wegen der Einzelheiten beruft sie sich auf die Anfrage gemäß erfolgter Alternativberechnung vom 04.04.2000. Sie sieht ihre Rechtsauffassung auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des BGH vom 02.02.1983 (NJW 83, 1784 = FamRZ 83, 467), wonach bei bestehendem Wahlrecht zwischen Pensionierung mit gekürzten, möglicherweise anders berechneten Bezügen oder Emeritierung zu den vollen Dienstbezügen, letzteres für den Versorgungsausgleich maßgeblich sei. Denn zu dem Zeitpunkt der Vereinbarung habe ein solches Wahlrecht noch nicht bestanden. Die damals gegebene Gesetzeslage sei aber der Vereinbarung zugrundegelegt worden. Tatsächlich strebe sie die Pensionierung an, was ihr bis zu dem Zeitpunkt der Entpflichtung (§ 200 Abs. 2 S. 1 HBG) noch möglich sei. Der seinerzeitigen Vereinbarung habe auch eine Berechnung auf dieser Grundlage, nämlich Pensionierung mit Vollendung des 65. Lebensjahres mit entsprechenden Ruhestandsbezügen, zugrundegelegen.

Hilfsweise wendet sie sich dagegen, dass auf der Grundlage der Berechnung des Amtsgerichts, nämlich volle Bezüge als Emerita, die Gesamtzeit nur bis zum 65. Lebensjahr angenommen worden sei. Tatsächlich sei eine Emeritierung aber erst nach dem 68. Lebensjahr möglich, was eine entsprechende Verlängerung der Gesamtzeit bedinge. Letztlich müsse auch berücksichtigt werden, dass sie in der Zeit des Zusammenlebens neben der Erwerbstätigkeit noch mit der Betreuung des gemeinsamen Kindes befasst und damit doppelt belastet gewesen sei. Dies sei auch bestimmend gewesen für die Vereinbarung und die Festlegung eines Pensionszeitpunktes.

Der Antragsteller tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen. Er verteidigt die Rechtsauffassung des Amtsgerichts und führt dazu aus. Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Doppelbelastung und einer etwaigen Berücksichtigung im Rahmen der Vereinbarung zum Versorgungsausgleich bestreitet er.

Die befristete Beschwerde (§§ 629a Abs. 2, 621e ZPO) hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Herabsetzung des Ausgleichsbetrages.

Nicht begründet sind allerdings die Einwände gegen die Berechnungsgrundlage ihrer Versorgung, wonach statt der Bezüge als Emerita die einer pensionierten Beamtin zugrunde zu legen seien. Gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 1 S. 5 BGB stehen 'Dienstbezüge entpflichteter Professoren Versorgungsbezügen gleichö. Mit der genannten Entscheidung vom 02.02.1983 hat der BGH klargestellt, dass die genannte gesetzliche Bestimmung nicht dahin einschränkend zu verstehen sei, dass nur die durch den weiteren Bezug der vollen Vergütung verdrängten Versorgungsbezüge in Höhe des jeweils erlangten Vomhundertsatzes für den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen seien. Diese Beurteilung ist in der Folgezeit nicht mehr ernsthaft angezweifelt worden, auch die Beschwerdeführerin erhebt insoweit keine Einwände.

Mit dem Hochschulrahmengesetz des Bundes vom 26.01.1976 (BGBl. I 185) ist die Möglichkeit der Entpflichtung des Professors mit vollen Dienstbezügen (nur gemindert um verschiedene aus der Lehrtätigkeit begründeten Zuschlägen) abgeschafft mit einer Besitzstandklausel für die im Amt befindlichen Professoren (§ 76 Abs. 1 Hochschulrahmengesetz). In Ausführung dieser Besitzstandklausel bestimmt nunmehr § 200 HBG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.01.1989), dass die vor dem Inkrafttreten des Hessischen Hochschulgesetzes vom 06.06.1978 vorhandenen Professoren nach Maßgabe der damaligen Rechtslage von ihren amtlichen Pflichten entbunden werden (Entpflichtung). Jedoch besteht nach Abs. 2 die Möglichkeit, auf Antrag zu den allgemeinen Regeln pensioniert zu werden. Der Antrag kann nur gestellt werden, solange der Professor nicht entpflichtet ist (§ 200 Abs. 2 S. 2 HBG). Diesen Antrag hat die Antragsgegnerin bislang nicht gestellt. Er kann noch gestellt werden bis zu dem Ablauf des Semesters, in dem sie das 68. Lebensjahr vollendet hat und damit entpflichtet würde, also bis zum 31.03.2002 (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 HBG).

Für diese Fallgruppe, nämlich Professoren, die aufgrund der geltenden Besitzstandsregelung das Recht der Emeritierung behalten haben, jedoch auf ihren Antrag auch eine Pensionierung mit der üblichen Alterszeit wählen können, hat der BGH in dem genannten Beschluss entschieden, dass dann, solange das Wahlrecht nicht tatsächlich ausgeübt ist, die tatsächlichen Dienstbezüge zum Zeitpunkt der Emeritierung in die Ausgleichsbilanz einzustellen sind (BGH FamRZ a.a.O. S. 471). Dies gründet sich auf die Erwägung, dass in den Ausgleich einzustellen sind nicht nur die Anwartschaften, sondern auch Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung (§ 1587a Abs. 1 S. 1 BGB). Bei mehreren Möglichkeiten, die u. a. auch durch eine noch mögliche Antragstellung des Betroffenen abhängen, ist deshalb die günstigere zu berücksichtigen. Dementsprechend sind bei der Berechnung der Versorgung auch die sog. 'Kann-Zeitenö zu berücksichtigen, auch wenn zum Zeitpunkt des Endes der Ehezeit oder der Entscheidung der dafür erforderliche Antrag des Beamten noch nicht gestellt ist.

Auch dies wird von der Antragsgegnerin grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen. Sie sieht jedoch einen entscheidungserheblichen Unterschied zu diesen Grundsätzen darin, dass zu dem Zeitpunkt des 'vereinbartenö fiktiven Endes der Ehezeit und der notariellen Vereinbarung eine solche Wahlmöglichkeit noch nicht bestanden habe. Die Zielrichtung dieses Einwandes ist nicht ganz klar. Zu dem von ihr genannten Zeitpunkt war jedenfalls die Gesetzeslage die gleiche wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, als nach dem damals ebenfalls geltenden § 76 Abs. 2 S. 1 u. 2 Hochschulrahmengesetz der Bestandschutz für eine Emeritierung mit der Möglichkeit, den Antrag auf Pensionierung zu stellen, gegeben war. Sofern sie darauf abzielt, dass sie zu diesem Zeitpunkt vor Erreichen der Altersgrenze noch nicht die Möglichkeit gehabt haben sollte, eine dahingehende Entscheidung zu treffen, ist dies unerheblich. Jedenfalls hatte sie bereits zu diesem Zeitpunkt die Aussicht auf die Weiterzahlung ihrer Bezüge als Emerita nach dem früheren Recht, wie sie in der Auskunft des RP - im übrigen unbeanstandet - festgestellt worden ist.

Ebensowenig kommt es auf ihre - etwa noch bestehende - subjektive Absicht an, den Weg der Pensionierung zu wählen. Solange sie dieses Recht nicht ausgeübt hat und damit noch die Wahlmöglichkeit hat, ist von der, wie dargestellt, günstigeren Variante auszugehen.

Für die richtige Berechnungsweise ihrer Versorgung ist kein Raum für Billigkeitserwägungen dergestalt, dass sie während der Ehe zusätzlich noch mit Kinderbetreuung belastet war. Derartige Erwägungen können nur im Rahmen der Billigkeitskontrolle (§ 1587c) Berücksichtigung finden. Hierfür reicht der unterbreitete Sachvortrag der Antragsgegnerin jedoch nicht aus. Im übrigen steht diesem Einwand bereits die Tatsache entgegen, dass die Parteien in Kenntnis dieses Sachverhalts eine Vereinbarung über die Begrenzung des Versorgungsausgleichs durch Beschränkung auf einen Stichtag getroffen haben. Die Antragsgegnerin verhielte sich widersprüchlich, wenn sie nunmehr eine weitere Reduzierung unter Bezugnahme auf damals bereits bekannte Gesichtspunkte erstrebte.

Die Wirksamkeit der Vereinbarung hat das Amtsgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht. Sie führte hier, wie sich aus den vorgelegten Auskünften des RP auf der Basis des gesetzlichen Endes der Ehezeit (§ 1587 Abs. 2 BGB) ergibt, auch nicht zu einer - schädlichen - Erhöhung des Ausgleichsbetrages. Dieser wäre auf der Grundlage der genannten Anwartschaften weit höher.

Gleichwohl hat die Beschwerde aus anderen Gründen teilweise Erfolg. Die unter dem 22.09.1999 mitgeteilte eheanteilige Versorgungsanwartschaft der Antragsgegnerin beruht nämlich auf einer Gesamtzeit, die sich auf die gesetzliche Altersgrenze für die Pensionierung, hier verlängert zum Ablauf des Semesters in dem das 65. Lebensjahr vollendet worden ist (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 HBG), bezieht, also den 31.03.1999. Das ist nicht richtig. Die in § 1587a Abs. 2 Nr. 1 S. 5 BGB zitierten beamtenrechtlichen Vorschriften über die ruhegehaltsfähige Dienstzeit sind im Fall entpflichteter Professoren auf die für diese geltende Dienstzeit zu beziehen. Danach galt (und gilt aufgrund der Besitzstandsregelung für die Antragsgegnerin noch) das 68. Lebensjahr, verlängert um das Ende des Semesters, in dem diese Altersgrenze erreicht worden ist, hier also der 31.03.2002. Dementsprechend ist auch in der Entscheidung des OLG Hamburg vom 24.06.1980 (FamRZ 1980, 1028, 1029) bei der Berechnung der Gesamtzeit das 68. Lebensjahr des Beamten berücksichtigt worden. Hierbei handelt es sich um die Vorinstanz der Entscheidung des BGH, mit der er diese Entscheidung bestätigt hat (ausdrücklich, a.a.O. S. 469 'maßgebend für die Bewertung ist das Verhältnis der ehezeitlich verbrachten ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zu der Gesamtzeit, also der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit bis zum Zeitpunkt der Entpflichtungö). Dies ist hier, wie ausgeführt, der 31.03.2002. Dies führt zu folgender Änderung der Berechnung des RP:

Unberührt bleibt der in die Ehezeit fallende Teil der Gesamtzeit von 27,5 Jahre sowie der Betrag der Ehe am Stichtag 30.06.1991 zustehenden Vergütung von 7.939,75 DM. Die Gesamtzeit verlängert sich jedoch um 3 Jahre von 45,82 Jahre wie errechnet auf 48,82 Jahre. Dies ergibt nach der Formel 27,50 Jahre x 7.939,75 DM, 48,82 Jahre = 4.472,42 DM.

Daraus errechnet sich ein Wertunterschied zu der nicht beanstandeten eheanteiligen Versorgung des Antragstellers von 2.942,41 DM von 1.530,01 DM, der hälftig, also in Höhe von 765,01 DM, wie geschehen im Wege des Quasisplittings auf das Rentenkonto des ausgleichsberechtigten Antragstellers zu begründen war. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93a, 97 ZPO.

Der Beschwerdewert errechnet sich aus dem Jahresbetrag des mit der Beschwerde ausweislich ihrer Begründung erstrebten Herabsetzung des Ausgleichsbetrages (§ §17a, 14 GKG). § 17a GKG, wonach der Wert sich nach den vom Gericht festgesetzten Ausgleichsbetrag richtet, gilt im Beschwerdeverfahren nur eingeschränkt. Für den Ausgleichspflichtigen, der mit seinem Rechtsmittel nicht den völligen Wegfall des Ausgleichs (z.B. wegen § 1587c BGB), sondern nur eine Korrektur der Höhe des Ausgleichsbetrages zu seinen Gunsten verfolgt, ist § 14 GKG entsprechend heranzuziehen. Der Umstand, dass ein bestimmter Sachantrag für das Beschwerdeverfahren nicht vorgeschrieben ist und für die Beurteilung auch nicht bindend wäre, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Hier gelten die für die Streitwertbeschwerde entwickelten Grundsätze entsprechend, für die ebenfalls ein bestimmter Sachantrag nicht erforderlich ist, jedoch aus der Beschwerdebegründung das Erreichen des Beschwerdewerts ersichtlich sein muss.

Für die Zulassung der weiteren Beschwerde bestand keine Veranlassung, da die entscheidungserhebliche Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt ist.

Ende der Entscheidung

Zurück