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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: 1 UFH 4/03
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 23 a Nr. 7
GVG § 23 b Nr. 8
Nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 23 a Nr.7 und 23 b Nr. 8 a GVG ist das Amtsgericht - Familiengericht - für alle Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz zuständig, wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb der letzten sechs Monate geführt haben. Diese Zuständigkeit gilt unabhängig davon, ob die Parteien verheiratet sind oder nicht.
1 UFH 4/03

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

In dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Bad Homburg vom 17.2.2003 am 27.2.2003 beschlossen

Tenor:

Die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts Bad Homburg ist zuständig.

Gründe:

Nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 23 a Nr.7 und 23 b Nr. 8 a GVG ist das Amtsgericht - Familiengericht - für alle Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz zuständig, wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb der letzten sechs Monate geführt haben. Diese Zuständigkeit gilt unabhängig davon, ob die Parteien verheiratet sind oder nicht. Für alle anderen Fälle, in denen die Beteiligten früher eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft hatten, ist die allgemeine, streitwertabhängige Zuständigkeit des Amts- oder Landgerichts gegeben.

Der Sinn und Zweck des Gewaltschutzgesetzes liegt in der allgemeinen Gewaltprävention. Das Gesetz ist nicht speziell familienrechtlich ausgerichtet, im Vordergrund steht die Bekämpfung der Gewalt im sozialen Nahbereich, also auch in der Familie. Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Zivilabteilung und Familiengericht in Gewaltschutzverfahren hat der Gesetzgeber ausdrücklich nicht danach getroffen, ob familienrechtliche Beziehungen zwischen den Beteiligten bestehen. Vielmehr sollen die Familiengerichte mit diesen Verfahren unabhängig von den familienrechtlichen Beziehungen der Beteiligten dann mit den Gewaltschutzverfahren befaßt werden, wenn eine Lebensgemeinschaft zwischen ihnen besteht oder zeitnah bestanden hat. Die Mehrzahl der danach denkbaren Fälle werden danach in die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen, da Gewalt im sozialen Nahbereich erfahrungsgemäß gehäuft vor oder im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung und Auflösung der häuslichen Gemeinschaft vorkommt. Vor diesem Hintergrund sind widersprüchliche Entscheidungen zwischen Zivilabteilung und Familiengerichten betreffend die Wohnungszuweisung bei Ehepaaren nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vorstellbar.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß es durch die Einführung des Gewaltschutzgesetzes eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Zuständigkeitsverlagerung vom Familiengericht zur Zivilabteilung gegeben hat. Denn die allgemeine Zivilabteilung war schon vor Einführung des Gewaltschutzgesetzes für die Abwehr von unerlaubten Handlungen auch zwischen Eheleuten zuständig. Vielmehr ist der Zuständigkeitsbereich des Familiengerichts durch das Gewaltschutzgesetz erweitert worden auf Streitigkeiten zwischen Parteien, die keinerlei familienrechtliche Beziehungen verbinden

Die Zuständigkeit der Zivilgerichte für die Gefahrenabwehr nach dem Gewaltschutzgesetz ist danach beschränkt worden auf die Fälle, in denen die Beteiligten seit mehr als sechs Monaten vor Antragstellung nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft leben, unabhängig von ihrer familienrechtlichen Bindung. Diese Voraussetzung liegt hier vor.



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