Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 1 W 64/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1191
Bestellt ein juristischer Laie eine Sicherungsschuld, und weiß er dabei, dass die Grundschuldbestellung im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung steht, für welche der Darlehensgeber die Bestellung einer Grundschuld verlangt hat, gibt er damit konkludent eine Willenserklärung zum Abschluss eines Sicherungsvertrages zur Verknüpfung der Sicherungsgrundschuld mit dem in Aussicht gestellten Darlehen ab.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 W 64/04

In der Prozesskostenhilfesache

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 29.09.2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 04.05.2004 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 20.08.2004 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Auskehrung des Versteigerungserlöses wegen der Verwertung einer Grundschuld, welche sie der Antragsgegnerin bestellt hat. Sie ist der Auffassung, es sei zwischen ihr und der Antragsgegnerin keine Sicherungsabrede geschlossen worden, so dass die Bestellung der Grundschuld ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Hilfsweise macht sie Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend, da diese die Darlehensvaluta an den Sohn der Antragstellerin ausgezahlt habe, ohne zu gewährleisten, dass die Valuta nur zu Zwecken der Renovierung und der Erweiterung des Beleihungsobjekts, an dem auch die Grundschuld bestellt war, verwendet werde; die Antragsgegnerin habe dadurch gegen ihre Pflichten aus der als Treuhandvertrag zu verstehenden Sicherungsabrede - falls man eine solche als geschlossen annehmen wolle - verstoßen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 14.10., 18.11., 05.12.2003 sowie 21.04., 23.06., 11.08. und 13.09.2004 verwiesen. Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen entgegengetreten.

Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 04.05.2004, der Antragstellerin zugestellt am 21.05.2004, abgelehnt. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 09.06.2004 eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Landgericht durch Beschluss vom 20.08.2004 nicht abgeholfen hat; auf die Ausführungen der beiden Beschlüsse wird Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. Das Landgericht hat ihren Prozesskostenhilfeantrag zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Die Antragstellerin hat weder einen Bereicherungsanspruch noch einen Schadensersatzanspruch hinreichend dargetan.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin konkludent ein Sicherungsvertrag bezüglich der Bindung der von der Antragstellerin bestellten Grundschuld an das Darlehen, welches die Antragsgegnerin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Grundschuldbestellung an den Sohn der Antragstellerin vergeben hat, zustande gekommen ist.

Eine solche Sicherungsabrede kann nach allgemeiner Meinung als solche formfrei abgeschlossen werden. Für den Inhalt des Sicherungsvertrages ist nicht mehr notwendig als die Bestimmung, dass die Grundschuld von einer bestimmten Forderung abhängig sein soll (Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 3. Aufl. 1999, Rn. 231). Eine hierauf gerichtete Willenserklärung hat die Antragstellerin konkludent mit der Bestellung der Grundschuld abgegeben. Sie wusste, dass die Antragsgegnerin ihrem Sohn ein Baudarlehen in Aussicht gestellt hatte und dass für die Valutierung dieses Darlehens die Stellung dinglicher Sicherheiten - sprich die Bestellung einer Grundschuld - erforderlich war. Mit der Grundschuldbestellung war daher die stillschweigende Willenserklärung verbunden, dass die Grundschuld der Sicherung des von der Antragsgegnerin ihrem Sohn zu gewährenden Darlehens dienen sollte. Einen solchen Erklärungswillen hat man gerade dann anzunehmen, wenn man davon ausgeht, dass die Antragstellerin als juristischer Laie nicht um die Konstruktion einer besonderen Sicherungsabrede zur Verknüpfung von Erfüllungsgeschäft - der Grundschuldbestellung - und dem zu sichernden Darlehen wusste. Denn gerade dann wollte sie aus der Sicht der Antragsgegnerin als der Erklärungsempfängerin das erklären, was zur Sicherung des Darlehens durch die von ihr zu bestellende Grundschuld erforderlich war. Ansonsten müsste man annehmen, dass sich ihr Erklärungswillen anlässlich der Grundschuldbestellung auf die abstrakte Bestellung einer Grundschuld bezogen habe, ohne dass eine Verknüpfung mit dem ihrem Sohn zu gewährenden, zu sichernden Darlehen gewollt gewesen sei; anzunehmen, ein juristischer Laie habe eine solche Vorstellung, ist lebensfremd. Es wird also nicht - wie die Antragstellerin meint - in unzulässiger Weise die Kenntnis der Antragstellerin von bestimmten tatsächlichen Gegebenheiten mit einer von ihr abgegebenen, rechtlich relevanten Willenserklärung gleichgesetzt, sondern es wird durch Auslegung des Erklärungsinhalts anlässlich der Grundschuldbestellung ermittelt, was sie gegenüber der Antragsgegnerin rechtlich hatte erklären wollen.

Die von ihr abgegebene Willenserklärung bezüglich eines Sicherungsvertrages war auch hinreichend bestimmt. Sie bezog sich nach ihrem Verständnis auf die Sicherung des in Rede stehenden, von der Antragsgegnerin in Aussicht gestellten Darlehens. Erwägungen der Antragstellerin, der Sicherungszweck sei nicht hinreichend konkretisiert gewesen, da es in der Bankpraxis unterschiedliche Sicherungszwecke gebe (vgl. dazu Clemente, a.a.O., Rn. 282 ff), entbehren daher der tatsächlichen Anknüpfung.

Diese Willenserklärung der Antragstellerin hat auch zu einem Vertragsabschluss mit der Antragsgegnerin geführt. Dabei braucht letztlich nicht entschieden zu werden, ob in der konkludenten Willenserklärung anlässlich der Grundschuldbestellung das Angebot der Antragstellerin auf Abschluss des Sicherungsvertrages mit der Antragsgegnerin zu sehen ist, das die Antragsgegnerin konkludent angenommen hat, indem sie die Ausfertigung der Bestellungsurkunde vor dem Hintergrund ihrer Darlehenszusage entgegengenommen und genehmigt hat (so Reithmann, Anm. zu LG Karlsruhe, DNotZ 1995, 892, 896 f), oder ob man die genannte Willenserklärung der Antragstellerin als Annahme eines entsprechenden Angebots der Antragsgegnerin sieht, das diese in ihrer Darlehenszusage gegenüber dem Sohn der Antragstellerin als Darlehensnehmer gemacht hat und von dem sie annehmen durfte, dass der Darlehensnehmer dieses Angebot im Rahmen des Deckungsverhältnisses zwischen ihm und der Antragstellerin als Sicherungsgeberin weiterreichen werde.

Dass die Antragstellerin - wie sie geltend macht - von ihrem Sohn nur unvollkommen über die Absicht, ein Darlehen aufzunehmen, unterrichtet gewesen sei, ist für die Annahme des wirksamen Abschlusses einer Sicherungsabrede mit der Antragsgegnerin rechtlich ohne Bedeutung. Denn die entscheidende Kenntnis über das zu sichernde Darlehen hatte sie, und ebenso hatte sie die Kenntnis von der Höhe des Darlehens, da sich diese aus der Höhe der von der Antragsgegnerin verlangten Grundschuld ergab. Dass sie bei der Abgabe der Willenserklärung möglicherweise der Auffassung war, dass das durch die Grundschuld zu sichernde Darlehen für die Renovierung und den Ausbau des Beleihungsobjekts bestimmt war, während die Gelder dann offenbar zum großen Teil für andere Immobilienobjekte verwendet wurden, ist für die Wirksamkeit der Sicherungsabrede ohne Bedeutung. Denn auch diese Frage betrifft rechtlich allein das Deckungsverhältnis zwischen Darlehensnehmer - dem Sohn der Antragstellerin - und Sicherungsgeber - der Antragstellerin -, der sich aufgrund bestimmter Vereinbarungen mit dem Darlehensnehmer dazu herbeilässt, für das zu gewährende Darlehen dem Darlehensgeber eine Sicherheit zu bestellen und dabei zu erwägen hat, inwieweit er dem Darlehensnehmer bezüglich einer sachgemäßen Verwendung der Darlehensvaluta vertrauen kann, ohne dass es durch das Verhalten des Darlehensnehmers zu einer Gefährdung der vom Sicherungsgeber gestellten Sicherheit kommt.

Auch ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ist nicht schlüssig dargetan. Zwar ist der Sicherungsvertrag als Treuhandvertrag anzusehen, so dass der Sicherungsnehmer die Interessen des Sicherungsgebers mitverwalten muss, insbesondere jene, die der Sicherungsgeber nicht mehr wahrnehmen kann, weil er die Grundschuld dem Sicherungsnehmer zu treuen Händen übertragen hat (Clemente, a.a.O., Rn. 228). Dieser Bereich ist aber bei dem von der Antragstellerin geltend gemachten Pflichtenverstoß der Antragsgegnerin nicht betroffen, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Antragstellerin rechtlich in den Schutzbereich der vertraglichen Vereinbarung der Antragsgegnerin mit dem Darlehensnehmer über Informationspflichten und Informationsrechte zum Baufortschritt einbezogen sein soll. Dass der Darlehensnehmer nichts unternimmt, was die vom Sicherungsgeber gestellte Sicherheit beeinträchtigen könnte, insbesondere dass er die Darlehensvaluta sachgemäß verwendet, betrifft allenfalls die rechtlichen Gegebenheiten des Deckungsverhältnisses zwischen Sicherungsgeber und Darlehensnehmer, hier also zwischen der Antragstellerin und ihrem Sohn.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

Zurück