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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 28.08.2001
Aktenzeichen: 1 WF 162/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 655 Abs. 3
ZPO § 655 Abs. 5
BGB § 1612 b Abs. 5
Der Senat teilt die Bedenken nicht, die gegen die (teilweise) Anrechnung des Kindergeldes bei dynamisierten Unterhaltstiteln unterhalb 135% des Regelbetrages erhoben werden (zu kompliziert und nicht hinreichend bestimmt).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 WF 162/01

In der Familiensache

hat der 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Weilburg vom 19.7.2001 am 28.08.01 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§§ 97 ZPO, 11 Abs. 1 GKG mit Kostenverzeichnis Nr. 1932).

Gründe:

Der Antragsgegner ist der Vater des Antragstellers; er ist oder war mit der Mutter nicht verheiratet.

Er hat am 26.4.1999 vor dem damals zuständigen Kreisjugendamt Abänderung einer früheren vollstreckbaren Urkunde den Unterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages unter Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldes in Höhe von damals 125,-- DM anerkannt. Der Zahlbetrag betrug damals 299,-- DM monatlich.

Auf den am 29.12.2000 bei Gericht eingegangenen, dem Antragsgegner am 9.2.2001 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht -Rechtspfleger- antragsgemäß den Schuldtitel dahin abgeändert, daß auf den Betrag der Regelbetragsverordnung der jeweiligen Altersstufe das hälftige Kindergeld insoweit anzurechnen ist, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrages übersteigt. Danach ist das Kindergeld nicht anzurechnen. Der (in dem angefochtenen Beschluß nicht wiedergegebene) Zahlbetrag betrug danach zunächst (2.Altersstufe) bis 30.6.2001 431,-- DM, seither (neue Tabelle) 444,-- DM.

Gegen diesen ihm nach seinen Angaben am 26.7.2001 zugegangenen Beschluß vom 19.7.2001 (ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht in der Akte) hat der Antragsgegner mit einer am 30.7.2001 per Fax beim Amtsgericht eingegangenen Eingabe 'Widerspruch' eingelegt. Er hält die Entscheidung, die zu einer Erhöhung des zu zahlenden Unterhalts um 1/3 führe und ihn in gleicher Weise belaste, wie andere Väter, die das doppelte verdienen, für willkürlich. Im übrigen sei er bei einem Eigeneinkommen von 1.300,-- DM monatlich nicht leistungsfähig.

Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde zu behandeln und als solche statthaft (§ 655 Abs. 5 ZPO). Der Sache nach können mit der Beschwerde aber nur die in § 655 Abs. 3 ZPO aufgeführten Einwendungen geltend gemacht werden (§ 655 Abs. 5 S. 2 ZPO). Das heißt, daß mit der Beschwerde erfolgreich nur gerügt werden kann, wenn dem Amtsgericht bei der Bestimmung des Zeitpunkts zur Abänderung oder der Berechnung des neuen Betrages unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen ein Fehler unterlaufen ist. Dies ist nicht der Fall. Gemäß Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2001 (BGBl. 2000 I 1479, abgedruckt auch in FamRZ 2000, 1557), in Kraft seit 1.1.2001, können Schuldtitel auf laufenden Kindesunterhalt aller Art, damit auch die von dem Antragsgegner errichtete vollstreckkbare Urkunde vom 26.4.1999, auf Antrag der geänderten Kindergeldanrechnung gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB n.F. angepaßt werden. Diese Anpassung ist regelgerecht erfolgt; der Antragsgegner erhebt insoweit auch keine Einwände.

Die Bedenken, die teilweise gegen die (teilweise) Anrechnung des Kindergeldes bei dynamisierten Unterhaltstiteln unterhalb 135 % des Regelbetrages erhoben werden, da zu kompliziert und nicht hinreichend bestimmt (vgl. Scholz FamRZ 2000,1541,1546; Vossenkämper, FamRZ 2000, 1547, 1551), teilt der Senat nicht. Die vom Amtsgericht verwendete Formel entspricht den Empfehlungen des Bayerischen Justizministeriums (zitiert nach Scholz, S.1546 Fn.51; zustimmend auch Schöppe-Fredenberg FuR 2000, 449,450). Sie ist hinreichend bestimmt, da sie alle zur Konkretisierung erforderlichen Angaben enthält, und ist auch nicht komplizierter als eine Zinsberechnung bei mehreren Teilzahlungen, was jedes Vollstreckungsorgan leisten muss.

Da der Antrag am 29.12.2000 gestellt worden ist, ist auch der Beginn der Anpassung zum 1.1.2001 richtig angesetzt.

Die Rüge der Willkür ist demnach nicht gerechtfertigt; vielmehr hält sich die Entscheidung an das Gesetz, an das das Gericht gebunden ist.

Die Rüge des Antragsgegners, daß durch die gesetzliche Neuregelung das staatliche Kindergeld nur noch den 'reichen' Vätern zugute kommt, die durch die Anrechnung entlastet werden, entspricht einem verbreiteten Unmut über diese Folge der gesetzlichen Regelung. Diese verstößt jedoch nach Überzeugung des Senats noch nicht gegen die von der Verfassung durch Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen, weshalb das Gesetz in der derzeitigen Form von Behörden und Gerichten anzuwenden ist und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht angezeigt ist.

Der weitere Einwand des Antragsgegners, er sei zur Zahlung des erhöhten Kindesunterhalts bei seinem Einkommen nicht in der Lage, kann in diesem Verfahren nicht erhoben werden. Insoweit ist ihm unbenommen, gemäß § 656 ZPO eine Abänderungsklage mit dem Ziel der Herabsetzung des Zahlungsbetrags zu erheben. Diese Klage kann nur binnen eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung erhoben werden (656 Abs. 2 ZPO, vgl. Zöller/Philippi ZPO, 22. Aufl., § 656 Rdnr. 5).

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