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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.01.2002
Aktenzeichen: 1 WF 206/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 655 Abs. 3
ZPO § 655 Abs. 5
Auch der Antragsteller des vereinfachten Unterhaltsverfahrens kann die Einwendungen auf die der Antragsgegner eine sofortige Beschwerde nach §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO stützen kann, mit der sofortigen Beschwerde geltend machen (aA OLG Frankfurt am Main 3. FamSenat, OLG Rep. Frankfurt am Main, 2001, 312).
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

1 WF 206/01

In dem Unterhaltsfestsetzungsverfahren

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main Abteilung Höchst vom 25. Juli 2001 am 14. Januar 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen. Beschwerdewert: 1.620,-- DM.

Gründe:

Durch Jugendamtsurkunde vom 19.5.1999 hatte sich der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 89,6 % des jeweiligen Regelbetrags nach § 1 der Regelbetragsverordnung abzüglich hälftigem Kindergeld zu zahlen.

Mit dem am 8. Januar 2001 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag vom 2. Januar 2001 hat die Antragstellerin beantragt diesen Beschluss dahin zu ändern, dass das Kindergeld nicht angerechnet werden soll, soweit der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrags unterschreitet. Dem Antrag ist ein Beschlussentwurf beigefügt, in dem der Zeitpunkt, von dem ab die Abänderung wirksam sein soll, offen gelassen ist. Das Amtsgericht hat entsprechend dem Beschlussentwurf einen Festsetzungsbeschluss erlassen und als Beginn der Änderung den 1. Februar 2001 eingesetzt.

Dem Antrag des Antragstellers vorausgegangen war eine außergerichtliche Aufforderung der Antragstellerin vom 14.11.2000 künftig monatlich 457,-- DM zu zahlen. Dieser Aufforderung ist der Antragsgegner nachgekommen und hat in der Zeit von Januar bis Juli 2001 monatlich laufend 457,-- DM Unterhalt gezahlt.

Der angefochtene Beschluss ist am 4. September 2001 an den Beistand der Antragstellerin mit vorbereitetem Empfangsbekenntnis abgesandt worden, dessen Rückgabe an das Amtsgericht sich aus den vom Amtsgericht dem Beschwerdegericht übersandten Akten nicht feststellen lässt. Mit einem am 17. September 2001 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Antragstellerin ein als sofortige Erinnerung bezeichnetes Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 25.7.2001 eingelegt, mit dem sie rügt, dass die Abänderung erst ab 1.2.2001 angeordnet worden ist und nicht schon ab dem Datum des Eingangs des Antrags. Auch nach Hinweis des Berichterstatters des Senats, dass angesichts der Zahlung des geforderten Betrags im Januar 2001 ein Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel nicht erkennbar sei, beharrt die Antragstellerin auf eine Bescheidung ihrer Beschwerde, da sie ein Rechtsschutzbedürfnis als gegeben erachtet.

Das fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss grundsätzlich statthaft. Nach heute in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegender Auffassung, können die Einwendungen, auf die der Antragsgegner des vereinfachten Verfahrens bzw. des Änderungsverfahrens nach § 655 ZPO eine sofortige Beschwerde gemäß §§ 652 Abs. 2, 655 Abs. 5 ZPO stützen kann, auch vom Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 2000, Seite 1160; OLG Stuttgart FamRZ 2000, Seite 1161; Zöller-Philippi ZPO, 22. Auflage, § 652 Rdnr. 4 und § 655 Rdnr. 22; Baumbach-Albers ZPO, 60. Auflage, § 652 Rdnr. 4, § 655 Rdnr. 12; Familienrechtsreform-Kommentar-Bäumel § 652 ZPO, Rdnr. 4; Thomas-Putzo-Hüßtege ZPO, 23. Auflage, § 652 Rdnr. 2 und § 655 Rdnr. 10; Musielak-Borth ZPO, 2. Auflage, § 652 Rdnr. 2 und § 655 Rdnr. 6).

Während Zöller-Philippi seine in der 21. Auflage noch vertretene Gegenauffassung aufgegeben hat will in der Literatur lediglich noch der Münchner Kommentar (Coester-Waltjen, § 652 Rdnr. 4 und § 655 Rdnr. 17) den Antragsteller in seiner Beschwerdebefugnis auf die Kostenfestsetzung beschränken. In der Rechtsprechung vertritt der 3. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main die Auffassung, dass dem Antragsteller die sofortige Beschwerde nach §§ 652, 655 ZPO nicht zusteht und er auf die Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 RpflG, über die der Richter am Amtsgericht abschließend zu entscheiden hat, zu verweisen sei (Beschluss vom 24.1.2000 - 3 WF 253/99 sowie Beschluss vom 2.10.2001 - 3 WF 201/01, OLG-Report Frankfurt am Main 2001, Seite 312).

Der Senat schließt sich der in Rechtsprechung und Literatur ganz herrschenden Auffassung an, dass auch der Antragsteller mit der Beschwerde die Einwendungen geltend machen kann, auf die der Antragsgegner gemäß §§ 652 Abs. 2, 648 Abs. 1 ZPO bzw. § 655 Abs. 3 und 5 ZPO eine Beschwerde stützen kann. Der Senat teilt nicht die Auffassung des 3. Familiensenats, dass die in § 652 ZPO normierte Beschwerdebefugnis nur dem Schuldnerschutz diene mit der Folge, dass eine Beschwerde des Antragstellers unstatthaft sei. Eine ausdrückliche Beschränkung der Beschwerdebefugnis auf den Antragsgegner lässt sich den Vorschriften der §§ 652 und 655 ZPO nicht entnehmen. Der in diesen Vorschriften verwandte Begriff 'Einwendungen' ist nicht technisch in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um Einwendungen handelt, die der Schuldner einem gegen ihn gerichteten materiell-rechtlichen Anspruch entgegenhält. Vielmehr zeigt der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 25.3.1997 (Bundestags-Drucksache 13/7338), dass die Beschwerdebefugnis nach § 652 ZPO für beide Parteien gelten sollte (a.a.O. Seite 42). Angesichts dieses eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers, die Beschwerdebefugnis für beide Parteien zu eröffnen, wäre eine Auslegung, nach der gleichwohl dem Antragsteller keine Beschwerdebefugnis zustehen sollte, nur möglich, wenn sie durch den eindeutigen Gesetzeswortlaut ausgeschlossen wäre. Dies ist indessen nicht der Fall. Unter Berücksichtigung dieses eindeutigen Willens des Gesetzgebers, mit dem sich der 3. Familiensenat in seinen Entscheidungen nicht auseinandersetzt, lässt sich schließlich auch aus § 646 Abs. 2 Satz 3 ZPO nichts für die Gegenauffassung herleiten. Diese Vorschrift betrifft die Unanfechtbarkeit der Zurückweisung aus formellen Gründen. Der Antragsteller hat hier die Möglichkeit über eine Nachbesserung eine Entscheidung zu erreichen. Ist jedoch einem Festsetzungsantrag aus anderen Gründen - teilweise - nicht stattgegeben, so steht die genannte Vorschrift einer sofortigen Beschwerde des Antragstellers nach Maßgabe der §§ 652, 655 ZPO nicht entgegen.

Aufgrund der grundsätzlichen Statthaftigkeit der Beschwerde des Antragstellers hat das Amtsgericht zu Recht das Rechtsmittel dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt mit der Folge, dass der Senat über das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde zu entscheiden hat.

Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da ihr ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das Vorliegen eines Bedürfnisses nach gerichtlichem Rechtsschutz ist Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden an das Gericht gerichteten Antrags, auch einer Beschwerde. Im vorliegenden Verfahren geht es ausschließlich darum, ob der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss auf den Zeitraum von Antragseingang (8. Januar 2001) bis 31. Januar 2001 zu erweitern ist. Ein irgendwie geartetes Interesse an einer solchen Erweiterung des angefochtenen Beschlusses für den Antragsteller ist auch nicht ansatzweise erkennbar. Begehrt werden mit dem Antrag 89,6 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe ohne Kindergeldanrechnung, das sind 457,-- DM, aus gehend von einem Regelbetrag von 510,-- DM, wie er im Januar 2001 Geltung hatte. Diesen schon vorgerichtlich verlangten Betrag hat der Antragsgegner für Januar 2001 gezahlt, ohne dass ersichtlich wäre, dass er irgendeinen Vorbehalt bei der Zahlung gemacht hätte. Weshalb die Antragstellerin noch einer Titulierung eines Betrages für weitere 24 Tage bedürfte, obwohl der geforderte Betrag in diesem Zeitraum freiwillig gezahlt worden ist, ist auch nicht ansatzweise nachzuvollziehen. Weitere Nachforderungen könnte die Antragstellerin aufgrund der von ihr begehrten zeitlichen Erweiterung des Titels nicht stellen. Umgekehrt gibt die Datierung des Änderungsbeschlusses auf den Zeitraum ab 1.2.2001 dem Antragsgegner auch keinerlei Recht, den schon im Januar 2001 geschuldeten und bezahlten Betrag zurückzufordern. Unter diesen Umständen war die Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zu verwerfen.

Die Wertfestsetzung folgt aus § 17 GKG.

Ende der Entscheidung

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