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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 10 U 147/07
Rechtsgebiete: AGBG, BGB


Vorschriften:

AGBG § 9
BGB § 770
BGB § 771
BGB § 776
BGB § 768
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin der A, hat die Beklagte aus drei im Jahr 1997 ausgestellten Gewährleistungsbürgschaften auf Zahlung von insgesamt 74.341,83 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Bürgschaften erfolgten zur Absicherung der Gewährleistungsverpflichtung der Nachunternehmerin der Klägerin, der B GmbH, aus einem Vertrag über Trockenbauarbeiten im Rahmen des Bauvorhabens A bei O1. In dem von der Klägerin und der B GmbH unterzeichneten Verhandlungsprotokoll vom 24.4.1996 (Anl. K 4) heißt es unter Nr. 13, "Sicherheitsleistung": "13.2: Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5 % der Schlußabrechnungssumme zuzgl. MwSt, ablösbar mit einer unbefristeten Bankbürgschaft nach dem Muster des AG." Die dem Vertrag ebenfalls zugrunde liegenden "Bedingungen der A für Nachunternehmer" (Anl. K 22, Bl. 276 d.A.) enthalten in Nr. 16.2 ebenfalls die Möglichkeit eines zu vereinbarenden Gewährleistungseinbehalts sowie in Nr. 17.2 die Klausel: "Der Gewährleistungseinbehalt gemäß Ziff. 16.2 kann mit Zustimmung des AG durch eine Gewährleistungsbürgschaft gleicher Höhe, die den Anforderungen von Ziff. 17.1 Satz 2 entsprechen muss, abgelöst werden." Ziff. 17.1 Satz 2 bestimmt für die Vertragserfüllungsbürgschaft, dass es sich "um eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen, entsprechend dem Muster des AG," handeln muss. Bei Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls wurden die später von der Beklagten verwendeten Bürgschaftsmuster übergeben, wie erstinstanzlich zwischen den Parteien unstreitig war. In den von der Beklagten unterzeichneten Bürgschaftsformularen heißt es: "Auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage gemäß §§ 770, 771 BGB, auf die Einrede gemäß § 768 BGB sowie auf das Recht gemäß § 776 BGB wird verzichtet."

Unstreitig schuldet die B GmbH der Klägerin Schadensersatz wegen nicht erbrachter Mängelbeseitigung in Höhe von über 3.600.000 €. Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Die Parteien streiten allein darum, ob die Sicherungsabrede nach § 9 AGBG a.F. unwirksam ist, weil sie die Hauptschuldnerin zur Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB verpflichte, wie die Beklagte meint.

Das Landgericht ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen, weil die Hauptschuldnerin durch den Ausschluss der Einreden nach § 768 BGB unangemessen benachteiligt werde. Damit setze sich die Klägerin dem Arglisteinwand aus, weil sie die Zahlungen im Rückforderungsprozess sofort erstatten müsse.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie den Klageantrag, vermindert um 1.200,- €, weiterverfolgt; aus der über diesen Betrag lautenden Bürgschaft leitet die Klägerin keine Rechte mehr her.

Die Klägerin rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen. Zudem gebe die Sicherungsabrede keine Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB vor. Selbst wenn das der Fall wäre, läge darin keine unangemessene Benachteiligung des Unternehmers. Schließlich könne die Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Einreden aus § 768 BGB aufrechterhalten werden.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 10.5.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 73.779,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Bürgschaftsverträgen vom 13.10.1997 über einen Betrag von 120.200,- DM und vom 23.10.1997 über einen Betrag von 24.100,- DM, insgesamt daher i.H.v. 73.779,42 €.

1. Einwendung aus den Bürgschaftsverträgen

Eigene Einwendungen aus den Bürgschaftsverträgen stehen der Beklagten nicht zu. Zwar handelt es sich bei den beiden Verträgen vom 13.10.1997 und vom 23.10.1997 (Anl. K 1) um formularmäßig vorgegebene Bürgschaften, die der AGB-Kontrolle unterliegen. Die Vereinbarung eines Verzichts des Bürgen auf die Rechte des § 768 BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen führt wegen der damit verbundenen Aushebelung des Akzessorietätsprinzips zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bürgen und ist daher nach § 9 AGBG a.F. (§ 307 n.F. BGB) unwirksam (BGH, Urteil vom 8.3.2001, IX ZR 236/00). Damit wird aber nicht der Bürgschaftsvertrag als ganzer hinfällig, sondern er bleibt nach § 6 Abs. 1 AGBG a.F. ohne diesen Verzicht bestehen, wovon offenbar auch die Beklagte ausgeht (offenbar auch der BGH, a.a.O., da er nicht bereits aus dieser Klausel die Konsequenz der Gesamtunwirksamkeit zieht; vgl. für Bürgenhaftung für unlimitierten Kontokorrentkredit auch BGH, 13.11.1997, IX ZR 289/06).

2. Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis

Die Beklagte könnte sich zwar möglicherweise darauf berufen, dass die formularmäßig vereinbarte Ablösungsmöglichkeit des Gewährleistungseinbehalts durch Stellung einer Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG a.F. unwirksam ist. Auch eine etwaige Unwirksamkeit dieser Verpflichtung führt jedoch nicht zum ersatzlosen Wegfall der Sicherungsabrede, sondern dazu, dass die Bürgschaft unter Erhalt der Einreden des § 768 BGB zu stellen ist.

a) Vorliegen von AGB

Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht sei zu Unrecht von AGB ausgegangen, dringt sie damit nicht durch. Sowohl bei dem Verhandlungsprotokoll als auch bei den Nachunternehmerbedingungen handelt es sich dem ersten Anschein nach um Allgemeine Geschäftsbedingungen; diesen Anschein hat die Klägerin nicht entkräftet. Auch mit ihrem Einwand, das Landgericht hätte die Behauptung der Beklagten, bei der Sicherungsabrede handele sich um AGB, als verspätet zurückweisen müssen, ist sie nicht zu hören. Denn die Beklagte hatte bereits in der Klageerwiderung auf einen Verstoß gegen das AGBG hingewiesen. Im Übrigen ist es in der Berufungsinstanz unerheblich, wenn Verteidigungsvorbringen in erster Instanz zu Unrecht zugelassen wurde.

b) Inhalt der Sicherungsabrede

Auch die Auffassung der Klägerin, nach der Sicherungsabrede sei keine Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB geschuldet und das abweichende Bürgschaftsmuster könne die Sicherungsabrede daher nicht ändern, trifft nicht zu. Denn der Inhalt der Sicherungsabrede wird durch das beigefügte Bürgschaftsmuster erst bestimmt. Die im Verhandlungsprotokoll (Anl. K4) befindliche Sicherungsabrede enthält mit der Möglichkeit der Ablösung des Sicherungseinbehalts durch unbefristete Bankbürgschaft keine weiteren Anforderungen an deren Ausgestaltung, sondern verweist auf ein Muster der Klägerin, das ausweislich Nr. 15 des Verhandlungsprotokolls diesem auch beigefügt war. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, dass das Landgericht ohne Anhaltspunkt im Sachvortrag der Parteien zu Unrecht davon ausgegangen sei, den Bürgschaften habe das "im Moment des Vertragsschlusses gültige Bürgschaftsformular der Klägerin" zugrunde gelegen, dringt sie damit nicht durch. Denn bereits in der Replik hat die Klägerin selbst ausgeführt, das später verwendete Bürgschaftsmuster bei Unterzeichnung des Verhandlungsprotokolls der Beklagten übergeben zu haben (S. 7 des Schriftsatzes vom 31.3.2006, Bl. 53 d.A.). Entsprechendes hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 26.2.2007 angegeben (S. 3, Bl. 294 d. A.).

Das Muster bestimmt daher den Inhalt der Sicherungsabrede (vgl. BGH, 9.12.2004, VII ZR 265/03, Rz. 24; anders der Sachverhalt in BGH, 2.3.2000, VII ZR 457/98: bei nicht beigefügtem Muster Sicherungsabrede wegen Intransparenz unwirksam). Gegenstand der Inhaltskontrolle ist daher auch das Bürgschaftsmuster als Teil der Sicherungsabrede. Zwar regeln Nr. 17.2 i.V.m. Nr. 17.1 der Nachunternehmerbedingungen abweichend hiervon die Anforderungen an die zu stellende Bürgschaft konkreter, indem der Sicherheitseinbehalt mit Zustimmung des Auftraggebers durch eine "unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen" abgelöst werden kann und hierbei kein Verzicht auf § 768 BGB vorgesehen ist. Nach Ziff. 1.1 b) der Nachunternehmerbedingungen geht jenen jedoch das Verhandlungsprotokoll vor. Daher kommt es für die Wirksamkeit der Sicherungsabrede auf das Verhandlungsprotokoll i.V.m. dem Bürgschaftsmuster an. Danach ist eine Bürgschaft zu stellen, in der der Bürge auf die Einreden des § 768 BGB verzichtet.

c) Vereinbarkeit der Sicherungsabrede mit § 9 AGBG a.F.

Es braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob eine Sicherungsabrede nach § 9 AGBG a.F. unwirksam ist, wenn sie eine Ablösung des Sicherheitseinbehalts nur durch eine Bürgschaft vorsieht, in der auf die Einreden des § 768 BGB verzichtet wird. Dafür spricht einiges.

Die in einem Bauvertrag getroffene formularmäßige Vereinbarung eines Gewährleistungseinbehalts von 5 % der Vergütung für die Dauer einer 5-jährigen Gewährleistungsfrist ist unangemessen, wenn dem Unternehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden wird (st. Rspr. d. BGH seit dem Urteil vom 5.6.1997, VII ZR 324/95; nach dem Beschluss des BGH vom 17.1.2002, VII ZR 495/00, sogar unabhängig von Höhe und Dauer des Bareinbehaltes). Keinen angemessenen Ausgleich bildet die Ablösbarkeit durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, da diese zu einer nicht berechtigten Risikoverlagerung auf den Unternehmer führt (BGH, a.a.O.). Ob auch die Ablösbarkeit durch eine Bürgschaft, in der auf die Einreden des § 768 BGB zu verzichten ist, keinen angemessenen Ausgleich in diesem Sinne bildet und daher eine entsprechende Sicherungsabrede unwirksam ist, lässt sich der hierfür vielfach zitierten Entscheidung des BGH vom 8.3.2001 (IX ZR 236/00) nicht klar entnehmen. Es spricht einiges dafür, dass sich die Ausführungen des BGH nicht auf die Sicherungsabrede, sondern lediglich auf den Bürgschaftsvertrag beziehen.

Die Klägerin meint, dass eine Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB für den Unternehmer nicht dasselbe Gefahrenpotential berge wie die Bürgschaft auf erstes Anfordern. Denn durch einen Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB sei - im Gegensatz zur Ansicht diverser Gerichtsentscheidungen - die Akzessorietät der Bürgschaft nicht ausgehebelt. Der Anspruch gegen den Hauptschuldner müsse, anders als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern, bestehen und bewiesen werden. Der Verzicht auf Zurückbehaltungsrechte und Leistungsverweigerungsrechte wirke sich nicht aus, da der Unternehmer diese hauptsächlich der Verpflichtung zur Nachbesserung entgegensetzen könne; in diesen Fällen sei bereits das Entstehen der Zahlungsforderung, für die allein sich der Bürge verbürgt habe, gehindert, so dass der Verzicht auf § 768 BGB keine Nachteile enthalte. Von den Einreden, auf die der Bürge verzichte, bleibe daher letztlich nur die Verjährungseinrede. Der Verzicht auf die dem Hauptschuldner zustehende Verjährungseinrede benachteilige diesen jedoch nicht unangemessen, da eingetretene Verjährung auch bei Stellung anderer Sicherheiten die Befriedigung nicht hindern würde.

Ob dieser Argumentation zu folgen ist, ist zweifelhaft. Denn zum einen bleibt neben der Einrede der Verjährung auch die Stundungseinrede und vor allem auch die Bereicherungseinrede, auf die der Bürge verzichten würde. Damit könnte der Bürge seiner Inanspruchnahme einen im Verhältnis Gläubiger und Hauptschuldner für die Gewährung der Sicherheit fehlenden Rechtsgrund nicht entgegensetzen; das kann auch von AGB-Verstößen unabhängige Gründe für die Nichtigkeit der Sicherungsabrede betreffen. Zum andern liegt hinsichtlich der Verjährungseinrede ein Unterschied zur Stellung anderer Sicherheiten i.S.d. § 232 BGB darin, dass bei all diesen Sicherheiten der Schuldner nur dinglich haftet. Demgegenüber gerät er durch den Rückgriffsanspruch des Bürgen in die persönliche Haftung. Der Hauptschuldner kann dem auf den Bürgen nach § 774 Abs. 1 BGB übergegangenen Anspruch des Gläubigers zwar die Einrede der Verjährung nach §§ 412, 404 BGB entgegensetzen. Gegenüber dem im Innenverhältnis bestehenden Anspruch des Bürgen kann er sich jedoch nicht auf die Verjährung der Hauptschuld berufen. Vielmehr hat er dem Bürgen nach § 670 BGB diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die dieser für erforderlich halten durfte. Dazu gehört auch die Erfüllung einer verjährten Forderung, wenn dem Bürgen durch Vorgabe seitens des Hauptschuldners ein Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB abverlangt wurde. Damit haftet der Hauptschuldner letztlich trotz Verjährung der Forderung, obwohl er selbst gegenüber dem Gläubiger auf die Einrede nicht verzichtet hat. Dies entspricht nicht der Wertung des § 225 a.F. BGB.

Ebenfalls spricht einiges gegen die Auffassung der Klägerin, dass die Sicherungsabrede im konkreten Fall bereits deshalb nicht unangemessen sei, weil der Hauptschuldner nach § 17 Nr. 3 VOB/B das Recht habe, statt der Bürgschaft andere Sicherheiten zu stellen oder nach § 17 Nr. 6 VOB/B die Einzahlung des Einbehalts auf ein Sperrkonto verlangen. Bei Auslegung der Sicherungsabrede im Verhandlungsprotokoll nach dem Empfängerhorizont ("ablösbar mit einer unbefristeten Bankbürgschaft nach dem Muster des AG") dürften damit andere Sicherheitsleistungen abbedungen sein (wohl anders BGH, Beschluss vom 10.11.2005, II ZR 11/04). Auch die Einzahlung auf ein Sperrkonto dürfte ausgeschlossen sein, wie sich aus Ziff. 17.3 der Nachunternehmerbedingungen ergibt: Nach dieser Klausel ist der Auftraggeber bei Sicherheitsleistung durch Einbehalt nicht verpflichtet, diesen bei einem Kreditinstitut zu hinterlegen.

Auch hierauf kommt es jedoch letztlich nicht an, weil die Sicherungsabrede mit der Möglichkeit, eine Bürgschaft ohne den Verzicht auf § 768 BGB zu stellen, aufrecht zu erhalten ist.

d) Folge etwaiger Unwirksamkeit nach § 9 AGBG a.F.

Grundsätzlich führt ein Verstoß gegen die Verbote der §§ 9 ff. AGBG a.F. dazu, dass die Klausel im ganzen unwirksam ist. Enthält die Klausel jedoch selbständige Teilregelungen, so dass neben der unwirksamen auch davon unabhängige inhaltlich unbedenkliche Bestimmungen existieren, bleiben diese auch dann wirksam, wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., vor § 8 AGBG, Rnr. 11). Geht man von Teilbarkeit der das Austauschrecht einräumenden Klausel in diesem Sinne aus, entfällt lediglich die Verpflichtung zum Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB. Der Sicherheitseinbehalt kann in diesem Fall durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft nach dem Muster der Klägerin ohne den genannten Verzicht abgelöst werden.

Die Sicherungsabrede wäre jedoch auch dann aufrecht zu erhalten, wenn man mit dem BGH der Auffassung ist, das Recht auf den Sicherheitseinbehalt und das Austauschrecht bildeten eine in sich geschlossene Konzeption, deren Elemente man nicht isoliert betrachten kann (BGH, 8.3.2001, IX ZR 236/00; BGH, 22.11.2001, VII ZR 208/00). Denn bei Unwirksamkeit der Klausel über den Sicherheitseinbehalt insgesamt ist die entstehende Lücke durch dispositives Gesetzesrecht, in Ermangelung dessen durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen. Wenn der BGH eine ergänzende Vertragsauslegung in Fällen von Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern abgelehnt hat (anders als mitunter bei Vertragserfüllungsbürgschaften, s. BGH, Urteil vom 4.7.2002, VII ZR 502/99), dann geschieht dies mit dem Argument, es sei nicht erkennbar, welche Regelung die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten. Insbesondere wäre auch eine Verringerung des Einbehalts, eine Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl einer anderen der in § 17 VOB/B genannten Sicherungsformen in Betracht gekommen (BGH, jeweils a.a.O.). Im hier gegebenen Fall gibt es aber einen Anhaltspunkt für den hypothetischen Parteiwillen. Denn die gegenüber dem Verhandlungsprotokoll nachrangigen Nachunternehmerbedingungen enthalten in Nr. 17.2 i.V.m. Nr. 17.2 die Möglichkeit der Ablösung des Sicherheitseinbehalts durch "unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines tauglichen Kreditinstitutes oder sonst tauglichen Bürgen". Damit kann angenommen werden, dass die Parteien im Fall der Kenntnis der Unwirksamkeit der im Verhandlungsprotokoll enthaltenen Regelung für die Ablösung des Sicherheitseinbehalts eine zulässige Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft, nicht jedoch eine andere ganz Sicherungsform vereinbart hätten. Das gilt unabhängig davon, dass die Austauschmöglichkeit nach den Nachunternehmerbedingungen von der Zustimmung des Auftraggebers abhängen sollte.

Die Sachlage ist mit der Situation bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern auch nicht vergleichbar. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern verhilft dem Gläubiger nahezu unmittelbar zur Liquidität. Damit wäre bei Unwirksamkeit einer entsprechenden Sicherungsabrede dem Auftraggeber mit einem ganz anderen Sicherungsmittel möglicherweise eher gedient als mit einer Bürgschaft, die nicht auf erstes Anfordern fällig ist. Dieses besondere Interesse an Liquidität ist bei Vereinbarung einer Bürgschaft, die nicht auf erstes Anfordern fällig ist, nicht gegeben. Enthält daher die Sicherungsabrede das Recht des Unternehmers zur Ablösung des Einbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf mehrere Einreden und erweist sich der Verzicht auf einen Ausschnitt von diesen als unwirksam, ist davon auszugehen, dass die Parteien bei vorheriger Kenntnis davon die Stellung einer Bürgschaft unter Erhalt der entsprechenden Einreden vereinbart hätten.

Da die Hauptforderung zwischen den Parteien unstreitig ist und andere Einwendungen der Beklagten nicht ersichtlich sind, ist der Klageforderung demnach stattzugeben.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Eine Rückbeziehung der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids nach § 696 Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht, da die Streitsache wegen der erst mehr als 10 Monate später erfolgten Einzahlung der weiteren Gerichtsgebühren nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO sind nicht erfüllt, da die Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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