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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 10 U 36/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 724
Kein Anspruch auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz wegen Fehlens einer wirksamen Kündigung.
Gründe:

I.

Die Kläger sind Geschwister; die Beklagten zu 2) und zu 3) ihre Eltern.

Gemeinsam mit dem nicht an diesem Rechtsstreit beteiligten Bruder der Kläger, C haben die Parteien Ende 1995 die Beklagte zu 1) gegründet.

Geschäftsgegenstand der Beklagten zu 1) ist die Verwaltung der auf sie übertragenen Grundstücke, die ursprünglich im Alleineigentum der Beklagten zu 2) und zu 3) standen. Sinn und Zweck der Gesellschaft ist, den im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragenen Immobilienbesitz den Beklagten zu 2) und zu 3) als Ertragsquelle bis zu ihrem Lebensende zu erhalten und gleichzeitig Steuern zu sparen.

Eine ordentliche Kündigung soll gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrages vom 27.12.1995 erst 10 Jahre nach dem Tod der Eltern möglich sein. Die Erträge sollen gemäß § 4 den Eltern zu 96 % zukommen, während sie an dem Gesellschaftsvermögen nur mit 4 % beteiligt sind. Für den Inhalt des Gesellschaftsvertrages nebst erteilten Vollmachten wird auf Bl. 9 ff und 38 f. d.A. Bezug genommen.

Die Kläger und deren Bruder D haben den Beklagten zu 2) und 3) eine umfassende Vertretungsvollmacht erteilt. Der Beklagte zu 2) ist außerdem alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1), deren Liegenschaften er verwaltet und die zum Teil auch von den Kindern genutzt werden. Unter anderem wegen der Frage der Entgeltlichkeit dieser Nutzungen kam es in den folgenden Jahren zu Konflikten, zunächst zwischen den Kindern. Dabei stand der Beklagte zu 2) zeitweise seinem hier im Rechtsstreit nicht beteiligten, psychisch erkrankten, Sohn D bei, konnte sich aber auch den Argumenten der Klägerseite nicht verschließen, was schließlich dazu führte, dass Ansprüche gegen den Sohn D prozessual geltend gemacht wurden.

Zur Streitbeilegung trafen Vater und Sohn im Februar 2003 ein "Agreement", auf dessen Basis im März 2003 zwischen Eltern und Kindern ein notarieller Vergleich geschlossen wurde. Dieser wurde in der Folgezeit von dem Sohn D nicht freiwillig erfüllt und seitens des Beklagten zu 2) auch nicht zwangsweise vollstreckt, was wiederum zu Unmut unter den übrigen Kindern führte.

Die Kläger beabsichtigten, den Beklagten zu 2) als Geschäftsführer wegen Unfähigkeit abzuberufen und meldeten dieses Begehren als Tagesordnungspunkt für die am 28.11.2003 anberaumte außerordentliche Gesellschafterversammlung an.

Die Kläger erklärten dann aber einen Tag vor der Gesellschafterversammlung mit Schreiben vom 27.11.2003 die außerordentliche Kündigung, vorsorglich die ordentliche Kündigung. Zur Begründung der außerordentlichen Kündigung wurde angeführt, dass ein gedeihliches Zusammenleben unter den Gesellschaftern nicht möglich sei, weil der Beklagte zu 2) seinen Sohn D ständig bevorzuge.

Außerdem habe der Beklagte zu 2) Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss veranlasst, während der Klägerin zu 2) Gewinnanteile vorenthalten worden seien.

Die Kläger forderten mit der Kündigung die verbleibenden Gesellschafter auf, eine Abschichtungsbilanz zu erstellen und die Abfindungen unverzüglich auszuzahlen.

Wegen den erklärten Kündigungen wurde den Klägern die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung verwehrt. Gleichzeitig widersprachen die Beklagten den Kündigungen der Kläger.

Am 05.12.2003 beschlossen die Beklagten 2) und 3) sowie der weitere Gesellschafter C, dass Gesellschafterbeschlüsse für ihre Wirksamkeit persönlich von C zu unterzeichnen sind.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.12.2003 erklärten die Beklagten zu 2) und 3) den Widerruf der mit der Gründung der Beklagten zu 1) an die Kläger erfolgten Schenkungen vom 27.12.1995 wegen groben Undanks gemäß § 530 BGB.

Am 16.03.2004 wurde eine notarielle Urkunde errichtet, in der der Widerruf der Schenkungen für erledigt und die Kündigungen der Kläger für wirksam erklärt werden mit der Folge, dass diesen Ansprüche auf Auszahlung eines Abfindungsguthabens auf der Basis der aufzustellenden Auseinandersetzungsbilanz zustehen sollen, wobei das vorhandene Immobilienvermögen mit mindestens 4,3 Mio. € angesetzt werden sollte. Für den weiteren Inhalt der notariellen Urkunde wird auf Bl. 19 ff d.A. Bezug genommen.

Bei der Errichtung der notariellen Urkunde war keine der Parteien selbst anwesend. Sie wurden durch E vertreten, die im Auftrag und Vollmacht des Beklagten zu 2) aufgetreten sein soll, dieser wiederum handelnd für die Beklagte zu 3), die Kläger und seinen Sohn D. Mit Urkunden noch vom gleichen Tag wurde die Vollmacht von den Klägern und den Beklagten zu 2) und zu 3) bestätigt sowie sämtliche Erklärungen in der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 genehmigt. Dabei hat der Beklagte zu 2) zugleich als Vertreter für seinen Sohn D gehandelt. Dieser hatte aber bereits am 19.01.2004 die im Jahre 1995 seinem Vater erteilte Vollmacht entzogen.

Zu der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 wurde noch ein sogenannter "side-letter" privatschriftlich errichtet, für dessen Inhalt auf Bl. 390 d.A. Bezug genommen wird. Die darin getroffenen Vereinbarungen erklärten die Parteien als verbindliche Maßgabe zur Anwendung der notariellen Urkunde.

Die Herausgabe des "Side-letters" war Gegenstand der Widerklage, die mit der Vorlage der Urkunde für erledigt erklärt wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.01.2005 wurde namens der Beklagten zu 2) und 3) die Anfechtung der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 wegen arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 BGB erklärt.

Mit Schreiben vom 26.01.2005 erklärten die Kläger gegenüber den Beklagten erneut die außerordentliche Kündigung und ihr Ausscheiden aus der Beklagten zu 1).

Daraufhin wiederholten die Beklagten zu 2) und 3) mit Schreiben vom 01.02.2005 den Widerruf sämtlicher Schenkungen wegen groben Undanks.

Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger von den Beklagten die Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz, die Feststellung der Wirksamkeit der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 sowie des Nichtbestehens eines Bereicherungsanspruchs wegen Schenkungswiderruf begehrt.

Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben.

Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 11.06.2006 Berufung eingelegt.

Die Kläger begehren, über die erstinstanzliche Verurteilung hinaus, der Auseinandersetzungsbilanz einen Immobilienverkehrswert von mindestens 4.300.000,00 € zu Grunde zu legen, das Abfindungsguthaben mit Buchgrundschulden in Höhe von 3.225.000.00 € abzusichern einschließlich der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.

Des Weiteren soll über die Klagestattgabe des Landgerichts hinaus festgestellt werden, dass die notarielle Vereinbarung auch gegenüber C Gültigkeit hat und dass die Beklagten durch beide Widerrufe der Schenkungen, die vom 08.12.2003 sowie die vom 01.02.2005 keine Bereicherungsansprüche gegen die Kläger haben.

Die Kläger sind der Ansicht, dass die notarielle Vereinbarung vom 16.03.2004 insgesamt wirksam sei. Da die Kläger bereits durch die Kündigung vom 27.11.2003 aus der Beklagten zu 1) ausgeschieden seien, habe der Beklagte zu 2) die Gesellschaft als Geschäftsführer gegenüber den Klägern als Außenstehende gemäß § 714 BGB wirksam vertreten. Eine persönliche Verpflichtung des Sohnes D sei nicht erfolgt , so dass das Handeln des Beklagten zu 2) auch durch die Vollmacht gedeckt gewesen sei. Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass der Sohn D am 19.01.2004 den Widerruf der Vollmacht vom 27.12.1995 erklärt habe, sei diese Feststellung falsch, weil dieser bestrittene Vortrag nicht als bewiesen angesehen werden könne. Außerdem hätten die Kläger jetzt erfahren, dass der Sohn D rückwirkend zum 28.11.2003 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei.

Selbst wenn in der Vereinbarung vom 16.03.2004 eine Änderung des Gesellschaftsvertrages liegen würde, wäre diese mit den Stimmen der Beklagten zu 2) und zu 3) wirksam herbeigeführt. Soweit die Beklagten zu 2) und zu 3) gemeinsam mit dem Sohn D am 29.11.2003 eine Neuverteilung der Stimmrechte beschlossen hätten, sei dieser Beschluss unwirksam. Dies hätten die Beklagten zu 2) und 3) ebenso wenig gewollt, wie den Inhalt des Beschlusses vom 05.12.2003, mit dem der Sohn D praktisch ein Vetorecht eingeräumt erhalten hätte.

Soweit das Landgericht die Feststellung der Wirksamkeit der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 gegenüber dem Sohn D als unzulässig zurückgewiesen hat, habe es verkannt, dass auch sog. Drittrechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein könnten.

Die Kläger beantragen,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.01.2006, Az. 2-18 O 350/04, weiter

1.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) wie Gesamtschuldner zu verurteilen, die nach dem landgerichtlichen Urteil (Tenor 1) aufzustellende Auseinandersetzungsbilanz über das Vermögen der Beklagten zu 1) mit einem Verkehrswert des Immobilienvermögens von mindestens € 4.300.000,00 aufzustellen;

2.

Gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3) festzustellen, dass die notarielle Vereinbarung vom 16.03.2004 gemäß der Nr. ... der Urkundenrolle für 2004 E des O1 Notars F wirksam ist, soweit die Vereinbarung zwischen den Klägern, dem Beklagten zu 2), der Beklagten zu 3) und D getroffen ist;

3.

Gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3) festzustellen, dass mit der notariellen Vereinbarung vom 16.03.2004 gemäß der Nr. ... der Urkundenrolle für 2004 E des O1 Notars F wirksam zwischen den Klägern, dem Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3) wirksam vereinbart worden ist,

3.1

in der gemäß Tenor 1 des landgerichtlichen Urteils aufzustellenden Auseinandersetzungsbilanz den Verkehrswert des Immobilienvermögens wenigstens mit einem Wert von € 4.300.000,00 anzusetzen;

3.2

Anspruch der Kläger auf Auszahlung des Abfindungsguthabens mit Buchgrundschulden im Gesamtwert von € 3.225.000,00 zzgl. 4 % Zinsen p.a. Jahreszinsen am Immobilienvermögen der Beklagten zu Ziff. 1 abzusichern;

3.3

dass die Beteiligten sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus den Grundschulden dinglich unterwerfen.

4.

gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3) festzustellen, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) durch den Widerruf ihrer Schenkungen vom 27.12.1995 gemäß Schreiben der Rechtsanwälte A vom 08.12.2003 keine Rückforderungsansprüche gegen die Kläger auf Herausgabe einer Bereicherung haben;

5.

gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3) festzustellen, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) durch den Widerruf ihrer Schenkungen vom 27.12.1995 gemäß Schreiben der Rechtsanwälte B vom 01.02.2005 keine Rückforderungsansprüche gegen die Kläger auf Herausgabe einer Bereicherung haben.

und

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen und in Abänderung des Urteils des Landgerichts bis auf die Verurteilung zu Ziff. 2 die Klage abzuweisen.

Wegen der Verurteilung zu Ziff. 2 der Klage erklären die Beklagten zu 1) und 2) die Berufungsrücknahme.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Schenkungswiderrufe wirksam seien und deshalb den Klägern keine den Klageanträgen entsprechenden Beteiligungsrechte zugestanden hätten. Entgegen der Ansicht des Landgerichts, sei die notarielle Vereinbarung vom 16.03.2005 insgesamt unwirksam und damit auch keine Erledigung der Schenkungswiderrufe eingetreten. Diese seien wegen groben Undanks begründet. Außerdem seien die Schenkungen auch wegen Zweckverfehlung herauszugeben. Zweck der Schenkung der Anteile am Immobilienvermögen sei es gewesen, noch bis zu 10 Jahre nach dem Tod der Eltern das Immobilienvermögen gesamthänderisch zu binden.

Aus diesem Grunde sei auch ein Kündigungsrecht zu Lebzeiten der Eltern ausgeschlossen worden. Die Kündigungen vom 27.11.2003 seien deshalb unwirksam, ein außerordentlicher Kündigungsgrund sei auch nicht gegeben gewesen.

II.

Die zulässigen Berufungen haben in der Sache nur teilweise Erfolg.

Bei den als Berufungsanträge 4) und 5) gestellten erfolgreichen Begehren handelt es sich um eine gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigende fehlerhafte Tenorfassung, weil erkennbar ein Datum falsch geschrieben wurde und ein Satz verkürzt wurde. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe sollten vom Tenor alle Schenkungswiderrufe umfasst sein.

Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Die Berufung der Beklagten ist überwiegend begründet.

Den Klägern steht gegen die Beklagten zu 1) und 2) kein Anspruch auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zu. Denn die Kläger sind nach wie vor Gesellschafter der Beklagten zu 1).

Die Kündigungserklärungen sind mangels Kündigungsgrund unwirksam.

Die Kündigungserklärung ist zwar formal ordnungsgemäß erfolgt. Sie ist von allen Klägern jeweils gegenüber allen übrigen Gesellschaftern erklärt worden.

Eine ordentliche Kündigung ist gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrages aber erstmals 10 Jahre nach dem Ableben der Beklagten zu 2) und zu 3) möglich.

Zwar kann gemäß § 724 BGB eine für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene Gesellschaft jederzeit gekündigt werden. Diese zur Vermeidung einer übermäßigen Bindung der Gesellschafter bestehende gesetzliche Regelung gilt aber nicht, wenn sich aus den Umständen , insbesondere aus dem Gesellschaftszweck, ein abweichender Parteiwille ergibt (vgl. MüKo-Ulmer § 724 BGB Rn. 6 ff). Vorliegend besteht der Zweck der Gesellschaft gerade darin, das Immobilienvermögen ungeteilt bis über das Ableben der Eltern hinaus zu erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft ohne die an die Lebenszeit angeknüpfte Mindestdauer überhaupt nicht gegründet worden wäre. Da die Kläger selbst nichts in die Gesellschaft eingebracht haben, ist der Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts zu Lebzeiten der bereits bei Gründung der Gesellschaft hochbetagten Eltern keine unzumutbare Bindung.

Selbst wenn der Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts, geknüpft an die Lebenszeit der Beklagten zu 2) und zu 3), als unwirksam erachtet würde, wäre der Inhalt des Gesellschaftsvertrages nach Sinn und Zweck der beabsichtigten Regelung anzupassen. Es wäre danach die längstmögliche, noch als zulässig zu erachtende, Mindestdauer als vereinbart anzusehen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kläger weder Vermögen in die Gesellschaft eingebracht haben noch mit Verwaltungsaufgaben belastet sind und die Beklagten zu 2) und zu 3) ihren Lebensunterhalt weiterhin aus den Immobilienerträgen mitfinanzieren wollten, ist ein kündigungsfreier Zeitraum von 20 Jahren als angemessen zu bewerten.

Selbst bei einer entsprechenden Anpassung des Gesellschaftsvertrages aus dem Jahr 1995 wäre daher bislang noch keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit gegeben.

Ein Recht zur außerordentliche Kündigung bestand nicht. Die seitens der Kläger angegebenen Kündigungsgründe rechtfertigen ihr vorzeitiges Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht, zumal dies gleichzeitig zu einer Vermögensaufspaltung führen würde, die gerade durch die Gründung der Gesellschaft verhindert werden sollte.

Die Kündigung aus wichtigem Grund setzt bei einer Personengesellschaft voraus, dass den kündigenden Gesellschaftern nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann, wobei alle Einzelumstände des Falles, insbesondere auch Zweck, Struktur der Gesellschaft sowie die Intensität der persönlichen Zusammenarbeit in einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen sind. Bei der Abwägung der Gesamtumstände ist auch das vorangegangene Verhalten der Beteiligten in die Bewertung einzubeziehen, wobei durch das Verhalten gerade gesellschaftsrechtliche Pflichten verletzt worden sein müssen (vgl. BGH NZG 2002, 417).

Als außerordentliches Kündigungsrecht haben die Kläger im wesentlichen auf die Bevorzugung ihres Bruders D und die Inkonsequenz des Verhaltens des Beklagten zu 2) diesem gegenüber abgestellt. Außerdem haben sie dem Beklagten zu 2) Entnahmen aus der Gesellschaft vorgehalten. Da das gesamte Vermögen der Gesellschaft aber von den Beklagten zu 2) und zu 3) eingebracht wurde und außerdem nach dem Gesellschaftsvertrag diese auch mit 96 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt sind, sind Verfügungen der Beklagten zu 2) und zu 3) - solange das Gesellschaftsvermögen nicht in seinem Bestand betroffen ist - von den Klägern zu tolerieren und können jedenfalls eine fristlose Kündigung der Gesellschaft nicht rechtfertigen. Durch die gesellschaftsrechtliche Bindung haben die Kläger auch nicht gleichzeitig einen Anspruch auf Gleichbehandlung als Kinder der Beklagten zu 2) und 3) erlangt. Diesen ist es unbenommen, als Eltern eines der Kinder zu bevorzugen, ohne dass darin ein Verstoß gegen ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten begründet wäre.

Auch die mit anwaltlichem Schreiben vom 26.01.2005 erklärten außerordentlichen Kündigungen der Kläger sind mangels hinreichendem Kündigungsgrund ohne Rechtsfolgen geblieben. Unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Wirksamkeit der in der notariellen Urkunde getroffenen Vereinbarungen sind nicht geeignet, die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses als unzumutbar erscheinen zu lassen, auch wenn die vorgebrachten Argumente unterschiedlich bewertet werden.

Die am 27.11.2003 erfolgten Kündigungen sind des Weiteren nicht durch das nachfolgende Verhalten der Beklagten zu 2) und zu 3) sowie ihres Sohnes D im Sinne einer ad-hoc Austrittsvereinbarung genehmigt worden. Zum einen wurde den Kündigungen widersprochen, so dass keine Austrittsvereinbarung geschlossen wurde. Zum anderen steht einer wirksamen einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft der Kläger in der Beklagten zu 1) entgegen, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) auch in der Folgezeit nicht das Ausscheiden der Kläger für wirksam gehalten haben. Der Umstand, dass die Beklagten zu 2) und 3) gemeinsam mit dem Sohn D Gesellschaftsbeschlüsse ohne Beteiligung der Kläger trafen, genügt - entgegen der Argumentation des Landgerichts - nicht für die Annahme, dass sie die Kündigungen der Kläger für wirksam gehalten haben. Denn mit anwaltlichen Schreiben vom 8.12.2003 wird weiterhin ausdrücklich den Kündigungen widersprochen und diese als unwirksam und rechtsmissbräuchlich bewertet. Die ohne Beteiligung der Kläger erfolgten Beschlussfassungen hatten daher nicht den Erklärungswert, dass die Kläger aus der Gesellschaft als ausgeschieden gelten, sondern erfolgten laut anwaltlichen Schreiben vom 8.12.2003 in der - unzutreffenden - Annahme, die Kündigungen seien bis zur gerichtlichen Feststellung vorerst als wirksam zu behandeln. Dementsprechend ist mangels entsprechender Willensbetätigung auch nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft, die auch auf das Ausscheiden aus der Gesellschaft angewendet werden können (vgl. BGH NZG 2003, 276) davon auszugehen, dass die Kläger mit den Kündigungen vom 27.11.2003 aus der Beklagten zu 1) einvernehmlich ausgeschieden sind.

Die erklärten Kündigungen haben schließlich nicht durch die sie bestätigende notarielle Vereinbarung vom 16.03.2004 Wirksamkeit erlangt. Denn diese Vereinbarung ist insgesamt unwirksam und damit sind auch die Klageanträge 6 und 7 unbegründet.

Wesentlicher Inhalt der Vereinbarung sind Regelungen, auf welche Art und Weise die Beklagte zu 1) auseinandergesetzt werden soll.

Grundsätzlich sind derartige Vereinbarungen einstimmig zu treffen. Regelungen in dem Gesellschaftsvertrag, welche Mehrheitsentscheidungen zulassen, sind insoweit unanwendbar. Ebenso wenig kommt eine Vertretung aufgrund einer zum Zweck der Geschäftsführung erteilten Vollmacht in Betracht.

Die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag über die Zulässigkeit von Mehrheitsentscheidungen gilt nicht für Grundlagengeschäfte, wozu auch die Auseinandersetzung gehört, weil hier wesentliche Rechte und Pflichten der Gesellschaft und der Bestand der Gesellschaft berührt werden. Dass bei der Auseinandersetzung nicht die Geschäftsführertätigkeit in Rede steht, versteht sich von selbst, denn bei dieser geht es nicht um Vereinbarungen der Gesellschafter untereinander, sondern um die Vertretung der Gesellschaft nach außen.

Diese Grundsätze wurden bei dem Abschluss der notariellen Vereinbarung nicht beachtet. Bei der Beurkundung dieser Vereinbarung hat sich die Auftretende E auf die dem Beklagten zu 2) zum Zwecke der Geschäftsführung von allen Gesellschaftern erteilte Vollmacht gestützt, ohne dass dies von dem beurkundenden Notar zum Anlass genommen wurde, diesen Punkt zu erörtern.

Es kann dahinstehen, ob der Mangel an der Vertretungsbefugnis durch nachträgliche Bestätigung der Kläger und der Beklagten zu 3) insoweit geheilt wurde, jedenfalls fehlt es an einer rechtswirksamen Erklärung des C.

Dieser hat weder selbst noch aufgrund einer wirksamen Vertretung der Auseinandersetzungsvereinbarung zugestimmt. Wegen der zu fordernden Einstimmigkeit bei dem Grundlagengeschäft ist die notariell beurkundete Vereinbarung nicht wirksam zustande gekommen.

Angesichts dieses Ergebnisses kann es auch dahinstehen, ob sich die für alle Gesellschafter bei der Auseinandersetzung auftretende Juristin E eines Parteiverrates gemäß § 356 StGB schuldig gemacht hat, wie es auch offen bleiben kann, welchen Einfluss eine solche Straftat auf die Wirksamkeit der Vereinbarung hätte.

Dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, dass sie E weder gekannt noch beauftragt hätten, sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten, so dass davon auszugehen ist, dass E jedenfalls nicht im Auftrag der Beklagten, sondern zunächst nur auf Betreiben des Klägers zu 3) gehandelt hat. Hierfür spricht auch die Aussage des Rechtsanwaltes G, wonach die Parteien am Abend des 16.03.2004 - also an dem Tag der Urkundserrichtung - sich in seinem Büro kurzfristig verabredet trafen und den um 18.28 Uhr per Fax eingehenden Urkundsentwurf dem Inhalt nach heftigst diskutierten. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der Beklagte zu 2) bereits den Inhalt gekannt und sogar einen Auftrag zur Errichtung der notariellen Urkunde erteilt hätte.

Im Hinblick auf die weitreichenden und einseitig verpflichtenden Vereinbarungen in der notariellen Urkunde vom 16.03.2004 birgt eine Vertretung aller Beteiligten durch eine Person die Gefahr der Interessenkollision, wobei bei anwaltlichem Handeln die Nichtigkeit gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 43 a BRAO anzunehmen wäre.

Der Klageantrag zu 8), der vom Landgericht zwar zugesprochen wurde, dessen Tenorberichtigung aber mit den Berufungsanträgen zu 4) und zu 5) geltend gemacht wird, ist begründet. Nur insoweit hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

Soweit in der Einräumung der Gesellschafterstellung und Überlassung der Gesellschaftsanteile überhaupt eine Schenkung gesehen werden kann, ist diese jedenfalls nicht wegen groben Undanks im Sinne von § 530 Abs.1 BGB wirksam widerrufen worden.

In der Kündigung der Gesellschaft und dem Bestreben im Wege der Abfindung schneller als von den Eltern beabsichtigt, an das elterliche Vermögen zu kommen, liegt keine schwere Verfehlung. Das Handeln der Kläger ist nicht durch Habgier bestimmt, sondern hat seine Ursache in den familieninternen Verstrickungen. Das unentschlossene Verhalten des Beklagten zu 2) gegenüber seinem psychisch kranken Sohn D hat anscheinend die Kläger zu ihrem Handeln veranlasst. Deshalb kann auch den Klägern nicht eine undankbare Gesinnung angelastet werden. Im Vordergrund der Aktionen der Kläger steht nicht, die Eltern mittellos ihrem Schicksal zu überlassen, sondern das Erbe der Kläger zu erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97, 516, 100 ZPO.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es nicht erfordern (§ 543 Abs.2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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