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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 13.10.2009
Aktenzeichen: 11 U 28/09 (Kart)
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 315
Auch für Sondervertragskunden gilt, dass kein einseitig bestimmter, sondern ein vereinbarter Preis vorliegt, wenn der Gaskunde die auf erhöhten Tarifen basierenden Jahresrechnungen unbeanstandet hinnimmt und weiterhin Gas bezieht, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit nach § 315 BGB zu verlangen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 22.1.2009 - Az.: 13 O 159/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollsteckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Berechtigung von Preisbestimmungen für die Belieferung mit Gas.

Der Kläger bezieht von der Beklagten für seine Wohnung in O1 Gas für den Betrieb seiner Heizung und der Warmwasserversorgung. Die Beklagte bestätigte dem Kläger unter dem 8.7.1993 die Anmeldung der Verbrauchsstelle für die Abgabe von Strom und Gas und teilte ihm mit, dass sie ihn dem Tarif 349 zugeordnet habe, sofern die Tarife nicht vereinbart worden seien (Bl. 13 d. A.). Bei dem genannten Tarif handelte es sich um einen allgemeinen Tarif für den Haushaltsverbrauch. Im Jahr 1995 stellte die Beklagte ihr Tarifsystem für alle Kunden um, die zuvor zu allgemeinen Tarifpreisen oder nach Sonderabkommen versorgt worden waren. Danach gab es unter dem Oberbegriff "Allgemeine Tarife" einen Grundverbrauchstarif bei einem Jahresverbrauch bis 2.428 kWh und einen Grundpreistarif für Haushalte mit einem Jahresverbrauch bis 4.965 kWh. Ferner wurden unter dem Begriff "Heizgas-Sonderabkommen" die Tarife R1 und R2 für Verbrauchsmengen ab 4.966 kWh gebildet. Diese Tarife für "Heizgas -Sonderabkommen" wurden mit Wirkung vom 1.11.2001 durch die Tarife "..." bis zu einem Jahresverbrauch von 14.918 kWh und "..." für darüber liegende Jahresverbrauchsmengen abgelöst. Für diese Tarife veröffentlichte die Beklagte Bedingungen, die unter Nr. 2 bestimmen:

"Preisänderungen und Änderungen der Bedingungen für "..." werden nach öffentlicher Bekanntmachung in der örtlichen Presse wirksam. ... ist nicht zu Einzelbenachrichtigungen verpflichtet".

Unter Nr. 3 ist geregelt:

"Allgemeine Bedingungen:

Soweit in diesen Bedingungen nichts Abweichendes geregelt ist, gelten die "Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung für Tarifkunden ..."

(Anlage K 28).

Die Beklagte berechnete den Gasbezug des Klägers je nach der Höhe seines Energieverbrauchs nach den vorgenannten Tarifen R1 oder R2 beziehungsweise ... und.... Dies beanstandete der Kläger zunächst ebenso wenig wie die mehrfache Anpassung der Preise durch die Beklagte. Erstmals mit Schreiben vom 20.12.2004 widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten einer Erhöhung der Tarifpreise für Gasbezug ab 1.8.2004 in der Abrechnung vom 14.12.2004 (Bl. 24/25 d. A.). Die vom Kläger geforderte Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen wies die Beklagte zurück (Bl. 26/27 d. A.).

Mit der Klage hat sich der Kläger gegen die Jahresendabrechnungen der Beklagten vom 14.12.2004, 14.12.2005, 15.12.2006 und 15.12.2007 (Bl. 17, 20, 14 d. A., Anlage K 10) gewandt. Er hat die Ansicht vertreten, dass die zum 30.11.2003, 1.1.2004, 1.8.2004, 5.12.2004, 1.1.2005, 1.10.2005, 27.11.2005, 1.6.2006, 1.8.2006, 1.4.2007 und 1.10.2007 vorgenommenen Preisbestimmungen der Beklagten unbillig und unwirksam seien. Außerdem seien die mit der Jahresabrechnung vom 15.12.2007 geforderten Abschläge von 91,-- € unbillig und nicht fällig. Bei dem auf ihn angewandten Gastarif habe es sich um einen Sondertarif im Sinne des § 41 EnWG gehandelt. Aufgrund des Sondervertragsverhältnisses außerhalb der Grundversorgung (§ 36 EnWG) und des Fehlens einer wirksamen Preisanpassungsklausel könne die Beklagte die Preise ihm gegenüber nicht erhöhen. Die Beklagte könne sich auch bei Annahme eines Grundversorgungsverhältnisses für die Tarifänderungen nicht unmittelbar auf § 4 AVBGasV berufen. Die Klausel in den Allgemeinen Bedingungen der Beklagten sei hinsichtlich der Verweisung auf die AVBGasV intransparent und daher unwirksam. Bei Annahme eines einseitigen Preisanpassungsrechts der Beklagten sei diese jedoch ihrer nach § 315 BGB obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Die von der Beklagten berechneten Tarife entsprächen nicht der Billigkeit. Auch aus der Zahlung der vorangegangenen Rechnungsbeträge könne nicht auf einen Ausschluss der Unbilligkeitseinrede geschlossen werden. Insofern fehle es an den Voraussetzungen für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Die Gaseinfuhrpreise im Jahre 2004 seien im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Es müsse von einem fiktiven Gaspreis von 2 Cent pro KWh ausgegangen werden. Der Arbeitspreis habe im Zeitraum 1.1.2004 bis 30.9.2006 nicht um 1,75 Cent, sondern nur um 0,6 Cent erhöht werden dürfen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen,

1. dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 30.11.2003, 1.1.2004, 1.8.2004, 5.12.2004, 1.1.2005, 1.10.2005, 27.11.2005, 1.6.2006, 1.8.2006, 1.4.2007 und 1.10.2007 vorgenommenen Preisbestimmungen unbillig und unwirksam sind;

2. dass die Endabrechnungen der Beklagten vom 14.12.2004, 14.12.2005, 15.12.2006 und 14.12.2007 auf den Erdgasverbrauch unbillig und nicht fällig sind;

3. dass die von der Beklagten anlässlich der Jahresabrechnung vom 15.12.2007 errechneten und geforderten Abschlagsbeträge in Höhe von 91,-- € unbillig und nicht fällig sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem Tarif, in den der Kläger zu Beginn des Bezugsverhältnis eingestuft worden sei, um einen allgemeinen Tarif für Haushaltskunden und nicht um einen Sonderkundentarif gehandelt habe. Auch die Tarifumstellung 1995 habe nicht zu einer Änderung der Bezugsgrundlagen geführt. Die missverständliche Bezeichnung der Tarife als sogenannte Heizgas-Sonderabkommen führe nicht dazu, dass es sich hierbei um Sondervertragstarife handele. Vielmehr habe es sich um allgemeine Tarife gehandelt, die ohne besondere Vereinbarung der Parteien bei einer bestimmten Verbrauchshöhe angewendet worden seien. Auch bei den Tarifen "..." handele es sich nicht um Verträge mit Sonderkonditionen. Soweit für diese Tarife eine Konzessionsabgabe von lediglich 0,03 Cent/KWh abgerechnet worden sei, hänge dies mit der Konkurrenz von Heizgas zu Heizöl zusammen, für das keine Konzessionsabgabe zu zahlen sei. Aufgrund der Bedingungen bei so genannten Heizgas-Sonderverträgen sei sie berechtigt gewesen, die Preise entsprechend anzupassen. Eine vergleichbare Regelung ergebe sich auch aus den Bedingungen zu den Preislisten seit 1992. Zudem verwiesen die Bedingungen jeweils auf die AVBGasV, so dass man auch hieraus bei Annahme eines Sondervertragsverhältnisses ein Preisanpassungsrecht ableiten könne.

Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, die Anhebung der Arbeitspreise sei schon deshalb nicht unbillig, weil ihre eigenen Bezugskosten in diesem Zeitraum stärker gestiegen seien als ihre durch die Preisanpassungen bedingten Verkaufserlöse. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf einen Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A vom 27.6.2006 sowie auf einen Wirtschaftsprüfungstestat vom 7.6.2006.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen der Klage nur teilweise insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 1.10.2007 vorgenommene Preiserhöhung unwirksam und die Endabrechnung vom 14.12.2007 lediglich in Höhe von 915,50 € begründet und fällig ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der tatsächlichen Feststellungen sowie der Begründung im Einzelnen wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (Bl. 470 - 508 d. A., veröffentlicht in ZNER 2009, 160 ff. ).

Gegen das am 30.1.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.2.2009 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 30.4.2009 verlängerten Frist begründet. Mit der Berufung wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht insbesondere geltend, dass ihn das Landgericht zu Unrecht als Tarifkunden eingestuft habe. Ferner meint er, dass entgegen den Feststellungen des Landgerichts der Preissockel überprüfbar bleibe, da die Beklagte eine Monopolstellung innehabe.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und festzustellen,

1. dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 30.11.2003, 1.1.2004, 1.8.2004, 5.12.2004, 1.1.2005, 1.10.2005, 27.11.2005, 1.6.2006, 1.8.2006 und 1.4.2007 vorgenommene Preisanpassung der Gastarife sowie der Gaspreis insgesamt im streitgegenständlichen Zeitraum unwirksam und nicht fällig ist;

2. dass die Endabrechnungen der Beklagten vom 14.12.2004, 14.12.2005, 15.12.2006 und 14.12.2007 bezogen auf den Erdgasverbrauch unwirksam und nicht fällig sind;

3. dass die von der Beklagten anlässlich der Jahresabrechnung vom 15.12.2007 errechneten und geforderten Abschlagsbeträge in Höhe von 91,00 € für die Monate Januar 2007 bis November 2007 unwirksam und nicht fällig sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte widerspricht der Erweiterung des Klageantrages zu 1. bezüglich des Zusatzes "sowie der Gaspreis insgesamt" und verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

A)

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Auch die Berufungssumme von 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist überschritten. Die Beklagte meint zwar, dass der Streitwert nur in der Differenz zwischen den Preisen nach dem Stand 1.4.2003 und den tatsächlich abgerechneten Preisen gemäß den Rechnungen vom 14.12.2004, 14.12.2005, 15.12.2006 und 14.12.2007 bestehe, und somit nur 401,21 € betrage (Bl. 166 f. d. A.). Abgesehen davon, dass noch die Abschläge gemäß dem Klageantrag zu 3. (für 2008) hinzukommen, übergeht diese Berechnung, dass der Kläger sich nicht nur gegen die Preiserhöhungen wendet, sondern auch den jeweiligen Preissockel und damit den gesamten Rechnungsbetrag sowie die Fälligkeit der Jahresrechnungen angreift. Daher beläuft sich der Streitwert auf die Summe der vier Rechnungen von 3.415,46 € zuzüglich der 11 monatlichen Abschläge von 91,-- € gemäß dem Klageantrag zu 3., insgesamt 4.416,46 €. Davon hat der Kläger nur bezüglich der Jahresrechnung vom 14.12.2007 (Anlage K 10) in Höhe von 926,20 € - 915,50 € = 10,70 € obsiegt, so dass seine Beschwer und die Beschwerdesumme bei 4.405,76 € liegen.

Die Berufung ist auch insoweit zulässig, als der Kläger sich gegen die Endabrechnung vom 14.12.2007 wendet. Zwar hat das Landgericht der Klage bezüglich dieser Abrechnung dahin stattgegeben, dass die Abrechnung nur in Höhe von 915,50 € (anstatt der abgerechneten 926,20 €) begründet und fällig ist. Das Landgericht hat dabei aber allein die Preiserhöhung zum 1.10.2007 abgezogen und den Preissockel nicht überprüft. Der Kläger will dagegen eine Überprüfung des gesamten Preises einschließlich des Preissockels erreichen und ist deshalb auch hinsichtlich dieser Abrechnung unterlegen gewesen.

Die zweitinstanzliche Klageänderung, durch die der Kläger mit dem Antrag zu 1. auch die Feststellung begehrt, dass der Gaspreis insgesamt unwirksam und nicht fällig ist, ist zulässig, da die Antragserweiterung jedenfalls sachdienlich im Sinne von § 533 ZPO ist. Durch die Antragserweiterung kann ein neuer Prozess vermieden werden und über den Antrag kann aufgrund des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes entschieden werden. Dies gilt gleichermaßen - unabhängig davon, ob die Beklagte durch rügelose Einlassung insoweit eingewilligt hat - bezüglich der weiteren Änderung des Antrags zu 1., durch die der Kläger nicht mehr die Feststellung der Unwirksamkeit, sondern der mangelnden Fälligkeit der Preisanpassungen begehrt.

B)

In der Sache ist die Berufung jedoch unbegründet.

1. Die Feststellungsklage ist zwar zulässig.

Der Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 256 ZPO), nämlich dass die Preisbestimmungen der Beklagten als Bestimmungen des Inhalts des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien wirkungslos sind (ebenso BGH ZNER 2009, 34 Rdn. 11) oder die darauf gegründeten Zahlungsforderungen nicht fällig sind.

2. Die Feststellungsklage zu 1. ist unbegründet.

a) Allerdings ist der Berufung darin beizupflichten, dass es sich bei dem Versorgungsverhältnis des Klägers nicht um einen Tarifkundenvertrag im Sinne von § 1 Abs. 2 AVBGasV, sondern um einen Normsonderkundenvertrag handelt.

aa) Die Abgrenzung zwischen Tarifkundenverträgen (§ 10 Abs. 1 EnWG 1998, § 1 Abs. 1 AVBGasV, jetzt Grundversorgungsverträge, § 36 EnWG 2005) und Normsonderkundenverträgen mit Haushaltskunden richtet sich danach, ob das Versorgungsunternehmen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - die Versorgung zu öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften anbietet oder ob das Angebot unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit erfolgt (BGH Urteil vom 15.7.2009 - Az.: VIII ZR 225/07, Rdn. 14).

bb) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass sich dies nach der konkreten Vertragsgestaltung bestimmt. Für die Einordnung eines Kunden als Tarif- oder Sondervertragskunde ist letztlich nicht die gewählte Bezeichnung der rechtlichen Belieferungsgrundlage oder -bedingungen entscheidend. Der Kläger wird deshalb nicht schon dadurch zum Sondervertragskunden, dass der von der Beklagten abgerechnete Tarif ... als "Sonderabkommen" bezeichnet ist (Bl. 313 d. A.). Auch führt nicht jeder gegenüber dem allgemeinen Tarif günstigere Preis zur Einordnung des betreffenden Vertrages als Sondervertrag. Vielmehr sind auch im Rahmen des allgemeinen Tarifs Staffelpreise vorstellbar. Ein Sondervertrag liegt vor, wenn die Belieferung nicht zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen gemäß der AVBGasV, sondern zu anderen Konditionen erfolgt. Die Versorgungsunternehmen hatten auch schon unter der Geltung des § 6 Abs. 1 EnWG a. F. die Möglichkeit, neben dem allgemeinen Tarif günstigere Angebote zu machen. Dies war in der Gaswirtschaft flächendeckend für Kunden der Fall, die mit dem Gasbezug ihren Gesamtbedarf an Raumwärme, ggfs. einschließlich Wasserversorgung und Energie zum Kochen deckten. Ihnen stand zwar ein Anspruch auf Belieferung als Tarifkunde zu. Erfolgte in diesen Fällen die Belieferung aber zu von den allgemeinen Bedingungen abweichenden Konditionen, so wurde der Kunde damit zum Sondervertragskunden (Senat, Urteil vom 5.5.2009 - Az.: 11 U 61/07(Kart) = ZNER 2009, 153, 154). Einen solchen Fall hat der Senat in dem vorzitierten Urteil bejaht, wenn das Versorgungsunternehmen mit dem Kunden eine Preisanpassungsklausel vereinbart.

cc) Im Streitfall hat es nach den Feststellungen des Landgerichts derartige von der AVBGasV abweichende Bedingungen nicht gegeben (LGU 26 unten, 28 Mitte). In der Berufungsbegründung beruft sich der Kläger allerdings darauf, dass für den Tarif "... " die oben genannten Bedingungen veröffentlicht wurden. Dies wird von der Beklagten nicht bestritten (Bl. 402 d. A.). Danach sollen die AVBGasV nur subsidiär gelten, nämlich "soweit in diesen Bedingungen nichts Abweichendes geregelt ist". Somit kann nicht mehr von einem Tarifkundenvertrag gesprochen werden.

b) Gleichwohl sind die Preiserhöhungen der Beklagten wirksam.

aa) Soweit es um die Preisbestimmungen vom 30.11.2003 und 1.1.2004 geht, hat das Landgericht festgestellt, dass zu diesen Zeitpunkten eine Erhöhung des Tarifs nicht vorgenommen wurde; am 1.4.2007 wurde der Preis gesenkt (LGU 31). Dem tritt die Berufung nicht mehr entgegen. Der Preissockel ist nicht mehr auf seine Billigkeit zu überprüfen (siehe unten).

bb) Die Beklagte war zur Preisänderung gemäß § 315 BGB berechtigt. Dies folgt aus Nr. 3 der Bedingungen zum Tarif ... in Verbindung mit § 4 AVBGasV. Nr. 3 der Bedingungen zum Tarif ... verweist auf die AVBGasV. § 4 AVBGasV räumt dem Versorgungsunternehmen unter anderem ein Preisänderungsrecht ein (BGH NJW 2007, 2540, 2541 Rdn. 13 ff.; NJW 2009, 502, 504 Rdn. 26).

Die Allgemeinen Bedingungen zu dem Tarif ... sind Vertragsbestandteil geworden. Die Beklagte hat den Kläger mit der Unterlage Anl. K 28 auf die Bedingungen hingewiesen und sie diesem mitgeteilt, so dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AGBG erfüllt sind. Der Kläger hat sich mit der Geltung einverstanden erklärt. Dafür genügte seine stillschweigende Zustimmung (z. B. BGH, Betriebsberater 1983, 15, 16; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 10. Aufl., § 305 BGB Rdn. 161). Das Einverständnis hat der Kläger dadurch erklärt, dass er auf die Mitteilung der Beklagten hin über einen Zeitraum von drei Jahren (November 2001 bis 20.12.2004) weiterhin Gas bezog, ohne seinen Widerspruch gegen die Einbeziehung der Bedingungen zu erklären. Der Bundesgerichtshof bejaht mit Recht ein derartiges Einverständnis des Tarifkunden im Hinblick auf Preiserhöhungen. Dies gilt ebenso, wenn es sich bei dem Abnehmer wie im Streitfall um einen Sondervertragskunden handelt (siehe unten). Für das stillschweigende Einverständnis mit den mitgeteilten Versorgungsbedingungen kann nichts anderes gelten.

Dieses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eingeräumte Preisänderungsrecht zugunsten des Gasversorgers hält der Inhaltskontrolle stand und ist wirksam. Eine Preisanpassungsklausel in einem Sondervertrag, die das im Tarifkundenverhältnis bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV unverändert in einen Normsondervertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Sonderkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB dar. Diesen Bestimmungen der AVBGasV kommt Leitbildfunktion für Sonderkundenverträge zu (BGH, Urteil vom 15.7.2009 - Az.: VIII ZR 225/07, Rdn. 19 ff.). Zwar würde eine § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV lediglich nachgebildete vertragliche Preisanpassungsklausel den Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in anderen Fällen an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts stellt, nicht genügen, da § 4 AVBGasV nicht erkennen lässt, dass das Versorgungsunternehmen bei der Preisanpassung das Äquivalenzverhältnis wahren muss und sie nicht nutzen darf, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben, um nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Sie lässt den Kunden weiter im Unklaren darüber, dass aufgrund der Bindung des Allgemeinen Tarifs an billiges Ermessen mit dem Recht des Versorgungsunternehmens zur Abwälzung von Kostensteigerungen auf seine Kunden die Pflicht einhergeht, Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und diese nach denselben Maßstäben weiterzugeben. Ferner ermöglich § 4 AVBGasV - was aus dem Verordnungstext ebenfalls nicht hervorgeht - die Weitergabe gestiegener Bezugskosten an Tarifkunden nur insoweit, als die Kostensteigerung nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (zu allem BGH a. a. O., Rdn. 23, 26). Einer unveränderten Übernahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV in einen Sonderkundenvertrag steht dies unter dem Gesichtpunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Sonderkunden (§ 307 Abs. 1 BGB) indes nicht entgegen. Nach dem Willen des Gesetzgebers (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG) soll es den Versorgungsunternehmen freistehen, ihre Allgemeinen Versorgungsbedingungen mit Sonderabnehmern entsprechend den Allgemeinen Versorgungsbedingungen für Tarifkunden auszugestalten, und soll der Schutz der Sonderabnehmer nicht weitergehen als derjenige der Tarifabnehmer. Der Gesetzgeber hat deshalb mit § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV selbst den Maßstab gesetzt, nach dem zu beurteilen ist, ob Sonderkunden durch eine Preisanpassungsklausel im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt werden. Mit einer unveränderten Übernahme von § 4 AVBGasV in das Sonderkundenverhältnis wird das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel erreicht, Sonderkunden nicht besser, aber auch nicht schlechter zu stellen als Tarifkunden. Es ist nicht ersichtlich, dass dafür im Bereich von Sonderverträgen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit und die Konkretisierung einer Preisanpassungsregelung gestellt werden müssten, als sie im Bereich der Tarifkundenversorgung durch § 4 AVBGasV unmittelbar erfüllt werden. Dem Sonderkunden steht ebenso wie dem Tarifkunden eine Überprüfung von einseitigen Preisänderungen nach § 315 BGB offen. Stimmt die vertragliche Preisanpassungsklausel mit § 4 AVBGasV inhaltlich überein, das heißt, weicht sie davon nicht zum Nachteil des Abnehmers ab, liegt danach eine unangemessene Benachteiligung des Sonderabnehmers nicht vor (BGH a. a. O. Rdn. 24). Das gilt insbesondere dann, wenn die Allgemeinen Versorgungsbedingungen im Sonderkundenverhältnis - wie im Streitfall - schlicht auf die AVBGasV verweisen.

Eine Befugnis zur Preisänderung ergibt sich für die Beklagte auch nicht aus anderen, der Inhaltskontrolle möglicherweise nicht standhaltenden Klauseln ihrer allgemeinen Bedingungen, insbesondere nicht aus Nr. 2. Der Kunde der Beklagten entnimmt deshalb der Verweisung auf die AVBGasV, dass der Beklagten das Preisänderungsrecht allein mit dem in Bezug genommenen § 4 AVBGasV und nicht etwa mit § 2 der Allgemeinen Bedingungen eingeräumt wird. Die Klausel besagt zwar, dass Preisänderungen und Änderungen der Bedingungen für "..." nach öffentlicher Bekanntmachung in der örtlichen Presse wirksam werden. Sie erscheint damit § 4 Abs. 2 AVBGasV nachgebildet. Gleichwohl folgt daraus keine materielle Befugnis zur Preisänderung. Vielmehr wird unter Berücksichtigung der in Nr. 3 enthaltenen Verweisung auf die AVBGasV mit dem sich aus § 4 ergebenden Preisbestimmungsrecht aus der Sicht eines durchschnittlichen Vertragspartners der Beklagten nur die Form geregelt, in der die Preisanpassung erfolgt, wobei die Bestimmung des § 4 Abs. 2 AVBGasV hinsichtlich der Art der Veröffentlichung (öffentliche Bekanntmachung in der örtlichen Presse) konkretisiert wird (vgl. BGH a. a. O. Rdn. 30). Insofern liegt der Streitfall anders als der vom Bundesgerichtshof (a. a. O.) entschiedene Sachverhalt, da dort in § 3 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltliche Vorgaben zur Preisanpassungsbefugnis ausdrücklich vorgesehen war.

c) Die Preisbestimmungen der Beklagten sind nur insoweit gemäß § 315 BGB nachzuprüfen, als es sich um Preiserhöhungen auf den bis zum 29.11.2003 entstandenen Preissockel handelt.

aa) Für Tarifkunden hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass kein einseitig bestimmter, sondern ein vereinbarter Preis vorliegt, wenn der Gaskunde die auf erhöhten Tarifen basierenden Jahresrechnungen unbeanstandet hinnimmt und weiterhin Gas bezieht, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit nach § 315 BGB zu verlangen (BGH NJW 2007, 2540, 2543 f.; 2009, 502, 503). Dies gilt entgegen der Auffassung des Klägers auch dann, wenn der Gasversorger eine Monopolstellung innehat (BGH a. a. O.). Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat an dieser Ansicht trotz einer möglicherweise gegenteiligen Beurteilung durch den Kartellsenat des Bundesgerichtshofes (NJW 2008, 2175, 2177 Rdn. 23 f. - Stromnetznutzungsentgelt III) im Hinblick darauf festgehalten, dass eine umfassende gerichtliche Kontrolle von allgemeinen Tarifen eines Gasversorgungsunternehmens der Intention des Gesetzgebers entgegenlaufe, der eine staatliche Prüfung und Genehmigung dieser Tarife wiederholt abgelehnt hat (BGH NJW 2009, 502, 503 Rdn. 17 ff.).

bb) Ist eine derartige Preisvereinbarung anzunehmen, ist der Preissockel, der durch den vertraglich vereinbarten Preis gebildet wird, der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB entzogen. Hat der Abnehmer nämlich den zuvor maßgeblichen Preis im Wege einer derartigen vertraglichen Vereinbarung akzeptiert, so kann er gegenüber dem neuen Tarif nicht einwenden, schon der alte Preis sei unbillig überhöht gewesen (BGH NJW 2009, 502, 504 Rdn. 24).

Dies hat auch im Verhältnis zu einem Sondervertragskunden Geltung. Das Oberlandesgericht Hamm vertritt allerdings den Standpunkt, in Sondervertragsverhältnissen bestehe ein einseitiges Tariferhöhungsrecht, welches allein der Billigkeitskontrolle unterliege, grundsätzlich nicht. Sei ein solches Erhöhungsrecht nicht vereinbart, bedürfe es vielmehr einer Einigung der Vertragsparteien über die erhöhten Preise. Hierfür gilt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm der Grundsatz, dass Schweigen sowie die widerspruchslose Hinnahme und sogar die Begleichung von Rechnungen keinen darüber hinausgehenden Erklärungswillen enthalten. Das Versorgungsunternehmen könne deshalb die Zahlung nicht ohne weiteres als Billigung oder Akzeptanz einer vertragswidrig ohne wirksame Vereinbarung durchgeführten Preiserhöhung verstehen. Zumindest wäre erforderlich, dass der Kunde nicht nur aus öffentlichen Bekanntmachungen die Erhöhung der allgemeinen Tarife entnehmen könne, sondern dass er ganz konkret und hinreichend klar darauf hingewiesen worden sei, ob und wie sich die Erhöhung der allgemeinen Tarife bei der Berechnung der mit ihm vereinbarten Preise ausgewirkt habe (Urteil vom 29.5.2009 - Aktenzeichen 19 U 52/08, zitiert nach Juris Rdn. 37, 38). Die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm überzeugt jedoch nicht. Es ist nicht einzusehen, weshalb eine im Tarifkundenverhältnis veröffentlichte Preiserhöhung Gegenstand einer konkludenten Vereinbarung mit dem Letztverbraucher sein kann, die ohne (wirksame) vertragliche Befugnis erklärte Preiserhöhung im Sonderkundenvertrag dagegen nicht. Zwar kann es fraglich sein, ob das Versorgungsunternehmen mit einer mitgeteilten Preiserhöhung überhaupt eine auf einen Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung abgeben will. Aus der maßgeblichen Sicht des Kunden macht der Versorger vielmehr von einem (wirklichen oder nur vermeintlichen) einseitigen Recht zur Preisbestimmung Gebrauch, zu der es keiner vertraglichen Einigung mit dem Kunden bedarf. Im Falle eines Sonderkundenvertrages kann sich das einseitige Preisbestimmungsrecht - wie vorliegend - aus einer Bezugnahme in allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die §§ 4 AVBGasV, 5 GasGVV oder aus einer besonders vereinbarten anderen Preisanpassungsbefugnis ergeben. Der Fall des Sonderkundenvertrages liegt insoweit jedoch nicht anders als derjenige eines Tarifkundenvertrages. Dort gibt das Versorgungsunternehmen die Preisänderung öffentlich bekannt, ohne dabei ein Angebot zum Abschluss einer Vereinbarung abgeben zu wollen. Gleichwohl sind die beanstandungslose Hinnahme der auf erhöhten Tarifen basierenden Jahresrechnung sowie der Weiterbezug von Gas ohne Überprüfung der Billigkeit in angemessener Zeit als Zustimmung des Tarifkunden und als vertragliche Einigung über den geänderten Preis zu werten. Auch das Bedenken des Oberlandesgerichts Hamm, der Sondervertragskunde müsse die Erhöhung der Tarife nicht nur durch öffentliche Bekanntmachung entnehmen können, sondern müsse ganz konkret und hinreichend klar darauf hingewiesen werden, ob und wie sich die Erhöhung der Tarife bei der Berechnung der mit ihm vereinbarten Weise ausgewirkt hat, steht der Annahme einer Preisvereinbarung nicht entgegen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine solche Vereinbarung jedenfalls dann geschlossen, wenn dem Kunden - wie im Falle des Klägers - zuvor eine Jahresrechnung zugegangen ist. Aus dieser Jahresrechnung kann der Kunde regelmäßig hinreichend deutlich die Erhöhung des Arbeitspreises ersehen.

Insoweit ist der Ansicht des Bundesgerichtshofs ist zu folgen.

(1) Zu Unrecht hält der Kläger dem entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung kein Anerkenntnis darstelle (BGH Urteil vom 11.11.2008 - Az.: VIII ZR 265/07 = NJW 2009, 580). Voraussetzung der stillschweigend getroffenen Preisvereinbarung ist nämlich nicht die Bezahlung der Jahresrechnung, sondern dass der Kunde innerhalb einer gewissen Zeit die Jahresrechnung nicht beanstandet, zudem in Kenntnis des erhöhten Preises weiterhin Gas bezieht und auch nicht in angemessener Zeit die Überprüfung der Billigkeit der Preiserhöhung verlangt. Hierbei wird aus über einen längeren Zeitraum hinweg vorgenommenen (Gasbezug) sowie unterlassenen (Beanstandung der Jahresrechnung oder Überprüfung der Billigkeit) Handlungen des Kunden auf sein Einverständnis mit der Preiserhöhung geschlossen. Demgegenüber handelt es sich bei der bloßen Bezahlung einer Rechnung um eine einmalige Handlung ohne Dauereffekt. Unabhängig davon behandelt die angesprochene Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht die stillschweigende Abgabe einer Vertragsabschlusserklärung, sondern ein stillschweigendes bestätigendes (deklaratorisches) oder tatsächliches Schuldanerkenntnis. In der Begründung des Urteils ist zutreffend ausgeführt worden, dass die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis in der Regel eine Interessenlage voraussetzt, die Anlass zur Abgabe eines Anerkenntnisses sein kann, namentlich, um ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über dessen Bestand oder seine Rechtsfolgen zu entziehen (Rdn. 11). Der zahlende Rechnungsadressat muss für den Rechnungssteller ersichtlich trotz Streits oder Ungewissheit über seine Zahlungspflicht gezahlt haben. Solche Umstände waren im dortigen Fall nicht festgestellt worden. Bereits insoweit unterscheiden sich die vorliegend in Rede stehenden Fälle von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.11.2008 zu Grunde lag. Das Versorgungsunternehmen als Vertragsgegenseite kann ohne weiteres davon ausgehen, dass dem Gaskunden die Preiserhöhung aufgrund der Jahresrechnung bekannt ist, zumal sie sich entweder regelmäßig unmittelbar aus der Rechnung ergibt oder jedenfalls durch einen Vergleich mit der Abrechnung der vorausgegangenen Rechnungsperiode leicht festzustellen ist. Setzt der Kunde trotz der ihm bekannten Preiserhöhung das Vertragsverhältnis über eine gewisse Zeit ohne Einwendungen gegen die Preiserhöhung fort, so kann daraus nur der naheliegende Schluss gezogen werden, dass er die Preiserhöhung akzeptiert. Für die Richtigkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur stillschweigenden Preisvereinbarung sprechen zudem praktische Gesichtspunkte. Bei der Gasversorgung handelt es sich um ein Massengeschäft. Die Rückabwicklung geleisteter Zahlungen in vielen Einzelfällen nach Ablauf einer längeren Zeit (häufig eines Jahres oder mehr) zieht bereits als solche einen erheblichen Aufwand nach sich, der zusätzliche Kosten verursacht und sich letztlich in Preiserhöhungen in den folgenden Rechnungsperioden niederschlagen wird (zu der vom Gesetzgeber nicht gewollten Prozessflut gegenüber Energieversorgern bei den Zivilgerichten siehe BGH NJW 2009, 502, 504 Randnummer 23). Da es somit nicht auf die Bezahlung der Rechnung ankommt, ist auch der Vortrag des Klägers unerheblich, die Beklagte habe bis zum Jahr 2005 die Rechnungsbeträge durch Lastschrift eingezogen (Bl. 375 d. A.).

(2) Unzutreffend ist weiterhin die Ansicht des Klägers, der Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom 19.11.2008 (NJW 2009, 502, 506 Rdn. 33) entschieden, dass der Preissockel gleichwohl überprüfbar bleibe. Der Bundesgerichtshof hat an der angeführten Stelle lediglich eine Überprüfung der Kostenbestandteile des Preissockels daraufhin zugelassen, ob bei diesen Bestandteilen eine Verringerung eingetreten ist. Eine weitergehende allgemeine Überprüfung des Preissockels hat er demgegenüber nicht zugelassen.

cc) Somit ist auch im Streitfall der bis zum 29.11.2003 entstandene Preissockel der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB entzogen. Dieser Kontrolle unterfallen lediglich die nach diesem Zeitpunkt vorgenommenen Preiserhöhungen.

d) Mit Recht hat das Landgericht auch die Billigkeit der einzelnen Gaspreiserhöhungen bejaht. Diese ist grundsätzlich gegeben, wenn das Versorgungsunternehmen mit der Preiserhöhung lediglich gestiegene Betriebskosten an den Kunden weitergibt. Erst recht steht die Billigkeit einer Preiserhöhung nicht in Frage, wenn das Versorgungsunternehmen Bezugskostensteigerungen darlegt, die höher sind als die Preissteigerungen gegenüber dem Kunden (BGH a. a. O. S. 505 Rdn. 30 f.).

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers obliegt es der Beklagten auch nicht, ihre Kalkulation offenzulegen. Der Kläger beruft sich insoweit darauf, dass er ohne Kenntnis der Kalkulation nicht substantiiert vortragen und bestreiten könne (Bl. 371, 372 d. A.). Jedenfalls im Streitfall bedarf es der Offenlegung der Kalkulation nicht. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass die Beklagte bezüglich der Billigkeit der im Streit stehenden Preiserhöhungen darlegungs- und beweisbelastet ist. Reicht es aber grundsätzlich materiellrechtlich zur Begründung der Billigkeit aus, dass die Beklagte mit der Preiserhöhung lediglich ihre gestiegenen Betriebskosten refinanziert, so bedarf es weiterer Angaben für einen schlüssigen Vortrag nicht. Der Sachvortrag ist dann schlüssig bzw. erheblich, wenn die darlegungsbelastete Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtsposition begründet erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist erst erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind. Im Hinblick auf die Erwiderung des Gegners bedarf der Sachvortrag nur dann der Ergänzung, wenn er infolge dieser Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt (BGH NJW 2009, 502, 508 Rdn. 32). Diesen Anforderungen genügt jedoch die Angabe, dass die Betriebskosten der Beklagten, die sie zahlenmäßig pro Kilowattstunde spezifiziert hat, in größerem Maße angestiegen seien als die von ihr verlangten Gaspreise. Ob der Vortrag der Beklagten zutrifft, ist keine Frage der hinreichenden Darlegung, sondern ist im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären.

bb) Ohne Erfolg rügt die Berufung, dass der vom Landgericht zur Behauptung der Beklagten erhobene Zeugenbeweis unzureichend sei und stattdessen ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen. Der Zeugenbeweis ist ein dem Sachverständigenbeweis grundsätzlich gleichwertiges Beweismittel. Dem Beweisführer steht es frei, welches Beweismittel er anbietet (BGH NJW 2009, 502, 506 Rdn. 38). Hat der Kläger Zweifel daran, ob sich die angeblichen Bezugspreiserhöhungen an Hand der Preiskalkulation der Beklagten nachvollziehen und belegen lassen, so hat er die Möglichkeit, die Zeugen dazu zu befragen. Der Kläger hat ferner nicht etwa selbst gegenbeweislich die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt (siehe insbesondere Bl. 438 ff. d. A.). Er rügt mit der Berufung auch nicht, dass ein Beweisantritt übergangen worden sei. Sollte sein Berufungsvortrag auf Seite 18 der Berufungsbegründung als Beweisantritt zu verstehen sein, so ist dieser gemäß § 531 ZPO nicht zuzulassen.

cc) Dass die von der Beklagten vorgetragenen Gaspreiserhöhungen in den Tarifen ... (1,57 Cent/kWh) und die Erhöhung der Bezugskosten (1,6177 Cent/kWh) in der Zeit vom 1.8.2004 bis zum 1.7.2006 eingetreten sind, hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Aufgrund der Aussagen der Zeugen steht fest, dass die in den Anlagen B 31, B 32 und B 34 aufgeführten Änderungen der Verkaufspreise in Cent pro Kilowattstunde sowie der Bezugspreise in derselben Einheit zutreffen. Die Zeugen Z1 und Z2 von der von der Beklagten beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft haben bestätigt, dass sie die Verkaufspreisänderungen anhand der veröffentlichten Gastarifpreise der Beklagten geprüft und für richtig befunden haben. Bezüglich der Bezugspreise haben sie umfassend die Änderungsmitteilungen der Gaslieferanten der Beklagten überprüft und diese stichprobenhaft mit den Lieferrechnungen verglichen. Dass dieser Abgleich zwischen Preisänderungsmitteilungen und Lieferrechnungen nur im Wege von Stichproben erfolgte, beeinträchtigt den Beweiswert der Aussagen nicht. Wie der Zeuge Z2 bekundet hat, konnten die Wirtschaftsprüfer bestimmen, welche Unterlagen sie von der Beklagten vorgelegt bekommen wollten. Die Beklagte wusste also nicht von vornherein, welche Stichproben genommen würden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die nicht überprüften Rechnungen mit den Preisänderungsmitteilungen nicht übereingestimmt hätten. Weiterhin hat der bei der Beklagten beschäftigte Zeuge Z3 bestätigt, dass die Angaben in den Anlagen B 31 und B 32 zutreffen. Er konnte dies feststellen, da er bei der Beklagten für die Beschaffung verantwortlich ist und in dieser Funktion auch die Preisänderungsmitteilungen der Lieferanten auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen hat. Die Berufung führt gegenüber den Zeugenaussagen auch lediglich an, dass die Zeugen "im Lager der Beklagten" stünden. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass es sich bei den genannten Zeugen um Mitarbeiter der Beklagten oder um von der Beklagten beauftragte Wirtschaftsprüfer handelt. Gleichwohl ist kein hinreichendes Interesse der Zeugen ersichtlich, zu Gunsten der Beklagten eine falsche Aussage zu machen. Abgesehen davon handelt sich bei dem Gegenstand ihrer Vernehmung um Zahlen, die in der Buchhaltung der Beklagten durch Unterlagen dokumentiert waren oder noch sind, so dass die Richtigkeit der Zeugenaussagen ohne weiteres hätte nachgeprüft werden können. Es ist auszuschließen, dass die Zeugen unter diesen Umständen des Risiko einer falschen Aussage eingegangenen sind.

dd) Allerdings kann die Weitergabe solcher Kostensteigerungen unbillig sein, die der Versorger unter Berücksichtigung seines unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Preiserhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte (BGH a. a. O. Seite 506 Rdn. 43). Dazu enthält der Parteivortrag jedoch keinerlei greifbare Anhaltspunkte. Ebenso kann eine mit Bezugskostensteigerungen begründete Preiserhöhung unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen derselben Unternehmenssparte ausgeglichen wird (BGH a. a. O. Seite 506 Rdn. 39). Auch insoweit hat sich weder aus dem Parteivortrag noch aus der Zeugenvernehmung etwas zu Gunsten des Klägers ergeben.

3. Aus diesen Gründen ist auch der Klageantrag zu 2. unbegründet, da sich der Kläger auch insoweit lediglich darauf berufen könnte, dass die den Abrechnungen zu Grunde liegenden Preisbestimmungen unbillig sind. Dies ist jedoch, wie gesehen, nicht der Fall.

4. Soweit das Landgericht den Klageantrag zu 3. abgewiesen hat, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden. Der im Klageantrag genannte Betrag von 91,-- € ergibt sich aus der Jahresabrechnung vom 14.12.2007 nicht, dort ist vielmehr ein Abschlag von 104,-- € festgesetzt worden (Anlage K 10 = Bl. 157 d. A.). Die Kläger begründet auch nicht, weshalb die Entscheidung des Landgerichts in diesem Punkt falsch sei.

C)

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

D)

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

E)

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, weil der Senat von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm abweicht.

Ende der Entscheidung

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