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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 11 W 29/08 (Kart)
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
Klagt ein Gaslieferant gegen einen Netzbetreiber auf Rückzahlung von Konzessionsabgaben, braucht der Beklagte ein sofortiges Anerkenntnis, das gem. § 93 ZPO zur Kostenlast des Klägers führt, erst abgeben, nachdem durch geeignete Unterlagen oder durch ein Testat gemäß § 2 Absatz 6 Satz 3 KAV nachgewiesen ist, dass der Kläger niedrigere Konzessionsabgaben schuldet als im Durchleitungsentgelt zugrunde gelegt.
Gründe:

I.

Die Klägerin beliefert Letztverbraucher über das Gasverteilnetz der Beklagten mit Erdgas. Sie hat die Beklagte auf Rückzahlung von zusätzlich zum Durchleitungsentgelt gezahlten Konzessionsabgaben in Anspruch genommen.

Mit Schreiben vom 20.2.2007 hat die Klägerin der Beklagten mitgeteilt, sie beliefere ausschließlich Sondervertragskunden, weshalb sie gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 KAV nur eine Konzessionsabgabe von 0,03 Cent/kWh zu zahlen habe. Sie hat die Beklagte aufgefordert, den überzahlten Betrag bis zum 5.3.2008 zurückzuzahlen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 9.3.2007 darauf hingewiesen, gemäß § 2 Abs. 6 KAV sei die höhere Tarifkunden-Konzessionsabgabe berechtigt.

Die Klägerin hat daraufhin mit der am 12.6.2007 zugestellten Klage von der Beklagten die Zahlung von 30.886,87 € nebst Zinsen verlangt.

Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung vom 17.7.2008 einen Teilbetrag in Höhe von 3.222,48 € anerkannt, weil sie insoweit von unrichtigen Einwohnerzahlen in den Konzessionsgemeinden ausgegangen ist. Über diesen Teilbetrag erging Teilanerkenntnisurteil. Im Übrigen ist die Beklagte der Rechtsauffassung der Klägerin mit der Begründung entgegengetreten, sie selbst biete nur ab einer Liefermenge von 101 kW Leistung preisvariable Verträge als Sonderkundenverträge und ab einer Jahresverbrauchsmenge von 6000 kWh Festpreisverträge als Sonderkundenverträge an. Auch die Klägerin könne nur für derartige Verträge beanspruchen, die geringere Konzessionsabgabe zahlen zu müssen.

Mit Schriftsatz vom 14.8.2007 hat die Klägerin sodann behauptet, sie habe 98% des Erdgases an Kunden mit Festpreisverträgen geliefert.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.10.2007 angekündigt, die Klageforderung auch im Übrigen anzuerkennen, wenn die Klägerin gemäß § 2 Abs. 6 S. 3 KAV nachweise, dass sie ihre Kunden auf der Grundlage von Festpreisverträgen beliefere und deren Jahresverbrauchsmenge jeweils 6000 kWh übersteige.

Mit Schriftsatz vom 29.2.2008 hat die Klägerin dann das Testat eines Wirtschaftsprüfers (Anlage K 58) vorgelegt, wonach sie im streitgegenständlichen Zeitraum 98% des Erdgases an Kunden mit Festpreisverträgen geliefert hat. Ferner hat sie die Klageforderung wegen einer stornierten Rechnung um einen Betrag von 2.795,84 € reduziert und unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteils noch Zahlung von 24.868,21 € nebst Zinsen beantragt.

Mit Schriftsatz vom 31.3.2008 hat daraufhin die Beklagte einen Betrag von 24.625,58 € und mit Schriftsatz vom 11.4.2008 auch die restlichen 242,63 € anerkannt.

Durch Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil, das der Beklagten am 9.5.2008 zugestellt worden ist, hat das Landgericht die Beklagte dem Anerkenntnis gemäß zur Zahlung verurteilt und entschieden, dass die Beklagte 11 % und die Klägerin 89 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer am 21.5.2008 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das Landgericht durch Beschuss vom 20.6.2008 nicht abgeholfen hat.

Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 93 ZPO lägen nicht vor.

Sie beantragt,

unter Aufhebung der Kostenentscheidung im Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil des Landgerichts Darmstadt vom 23.4.2008 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die gemäß § 99 Abs. 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht gemäß § 93 ZPO der Klägerin 89 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil die Beklagte hinsichtlich des Betrages von 24.625,58 € keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Anlass zur Klageerhebung bietet ein Beklagter, wenn aufgrund seines Verhaltens anzunehmen ist, dass ein Anspruch ohne Klageerhebung nicht durchgesetzt werden kann. Dies war hier nicht der Fall.

Verlangt ein Gaslieferant von einem Netzbetreiber die Rückzahlung von Konzessionsabgaben mit der Begründung, auf seine Lieferungen entfielen niedrigere Konzessionsabgaben als im Durchleitungsentgelt zugrunde gelegt, kann vom Netzbetreiber als dem künftigen Beklagten nicht verlangt werden, dass er dieser Forderung ohne den Nachweis ihrer Berechtigung nachkommt. Der Netzbetreiber, der zur Weiterleitung der Konzessionsabgaben an die Gemeinde verpflichtet ist, muss prüfen können, in welcher Höhe Konzessionsabgaben geschuldet sind. Nach der Begründung der Bundesregierung (BR-Drucks 358/99, S. 5) für die Einführung des § 2 Abs. 6 KAV durch die 1. VO zur Änderung der KAV vom 22. Juli 1999 (BGBl. I S. 1669) ist das Durchleitungsentgelt, in das die höhere Konzessionsabgabe eingerechnet ist, entsprechend herabzusetzen, wenn der Nachweis beigebracht wird. Den erforderlichen Nachweis kann der Gaslieferant entweder durch die Vorlage geeigneter Unterlagen, etwa der mit den Kunden geschlossenen Verträge, führen oder gemäß § 2 Abs. 6 S. 3 KAV durch das Testat eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers.

Der Auffassung der Klägerin, der in § 2 Abs. 6 S. 3 KAV geforderte Nachweis beziehe sich nur auf Fälle der Grenzpreisunterschreitung, kann nicht gefolgt werden. Die Gesetzesbegründung (BR-Drucks 358/99, S. 5) nennt die Grenzpreisunterschreitung nur als einen Beispielsfall, der das Interesse des Lieferanten begründen kann, den erforderlichen Nachweis durch ein Testat führen zu dürfen.

Soweit die Beklagte meint, ihre Verpflichtung zur Zahlung von Konzessionsabgaben nur für die Belieferung von Sondervertragskunden hätte sich schon daraus ergeben, dass sie nur Sonderverträge abgeschlossen habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 KAV können nämlich auch für die Lieferung von Gas an Letztverbraucher durch Dritte im Wege der Durchleitung Konzessionsabgaben zwischen dem Netzbetreiber und der Gemeinde vereinbart oder gezahlt werden, wie sie der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Lieferungen seines Unternehmens in diesem Konzessionsgebiet zu zahlen hat. Diese Konzessionsabgaben können gemäß § 2 Abs. 6 Satz 1 KAV dem Durchleitungsentgelt hinzugerechnet werden. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift sicherstellen, dass im Ergebnis Wettbewerbslieferungen Dritter grundsätzlich mit derselben Konzessionsabgabe belastet werden können, wie sie auch beim bisherigen Lieferanten anfallen (vgl. BR-Drucksache 358/99, S. 5). Die notwendige Gleichbehandlung des Netzbetreibers und seiner direkten Kunden und der Kunden des Dritten, der Gas an Endverbraucher durchleitet, verlangt, dass auf der Basis der Regelungen für die Kunden des Netzbetreibers auch Konzessionsabgaben für die Kunden des Durchleiters an den Netzbetreiber zu erstatten sind (vgl. LG München, Urteil vom 28.4.2005, 4HK O 22223/04, IR 2006, 89 , zitiert nach Juris Rn. 57; Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2. Aufl, 2008, S. 399).

Soweit die Klägerin schließlich meint, die Beklagte habe auch ohne das Testat schon an Hand ihrer eigenen Unterlagen die Überzahlung von 24.625,58 € feststellen können, weil insoweit Gaslieferungen an Kunden mit einer Jahresverbrauchsmenge von jeweils mehr als 6000 kWh betroffen gewesen seien, übersieht sie, dass die Beklagte nicht erkennen konnte, ob es sich um Festpreisverträge handelte.

Da die Beklagte erst nach der Vorlage des Testats im Laufe des Rechtsstreits verpflichtet war, den Anspruch auf Rückzahlung von Konzessionsabgaben zu erfüllen, konnte sie im Anschluss daran noch ein sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge des § 93 ZPO abgeben (vgl. für die Fälle einer zunächst unschlüssigen Klage BGH, Beschluss vom 03.03.2004, IV ZB 21/03, MDR 2004, 896; OLG Schleswig, Beschluss vom 5.6.2000, 11 W 16/00, JurBüro 2000, 657).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewerts gemäß § 3 ZPO orientiert sich an den der Klägerin auferlegten 89 % des Gesamtbetrags der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2, 3 S. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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