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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: 12 W 139/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 42
Die Besorgnis der Befangenheit eines Spruchkörpers kann begründet sein, wenn in einem Anwaltsregressprozess die Erfolgsaussicht einer gegen das eigene Urteil gerichteten Berufung zu prüfen ist.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

12 W 139/01

Entscheidung vom 29.8.2001

in dem Rechtsstreit ...

Der 12. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat am 29.08.2001 durch die Richter ... beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts. Darmstadt vom 07.05.2001 abgeändert.

Der Antrag des Klägers auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Landgericht D. und der Richter am Landgericht F. und J. wegen Besorgnis der Befangenheit für begründet erklärt.

Gründe:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten.

Er wurde in einem Vorprozeß von dem Beklagten vertreten, seine Klage von der x. Zivilkammer in der Besetzung der abgelehnten Richter abgewiesen.

Der Beklagte legte gegen dieses Urteil im Auftrag des Klägers Berufung ein, die als unzulässig verworfen wurde, weil er infolge eines Büroversehens versäumte, die Berufung fristgemäß zu begründen.

Die jetzt anhängige Klage wird darauf gestützt, die Berufung wäre erfolgreich gewesen, deshalb sei ihm durch die Fristversäumnis des Beklagten Schaden entstanden.

Mit seinem Ablehnungsgesuch macht der Kläger geltend, die Richter, die seine damalige Klage abgewiesen haben, seien nicht unbefangen bei der Beurteilung der Richtigkeit ihrer eigenen Entscheidung.

Die Beschwerde ist zulässig.

Da die angefochtene Entscheidung dem Kläger nicht zugestellt worden ist, ist sein am 30.05.2001 bei Gericht eingegangenes Rechtsmittel als fristgemäß im Sinne des § 577 Abs. 2 ZPO anzusehen.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Aus Sicht des Klägers besteht ein objektiv vernünftiger Grund zu befürchten, die Richter würden nicht unparteiisch sachlich entscheiden. Der Anspruch des Klägers in diesem Verfahren hängt davon ab, ob seine Berufung gegen das Urteil der abgelehnten Richter Erfolg gehabt hätte, was diese aus ihrer Sicht zu beurteilen haben.

Es kann zwar grundsätzlich von einem Richter erwartet werden, daß er nicht starr an seiner Ansicht festhält und auch in der Lage ist, eigene Fehler zu erkennen. Deshalb kann, wie das Landgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß ein Richter, der an seine früher geäußerte Meinung nicht gebunden ist, die Besonderheiten des Einzelfalls in einem späteren Verfahren berücksichtigt und unvoreingenommen seine Entscheidung trifft.

Hier besteht jedoch die Besonderheit, daß die Richter aus der Sicht des Berufungsgerichts prüfen müssen, ob ihre damalige Entscheidung richtig war.. Es handelt sich um einen Fall, der dem Ausschluß des Richters kraft Gesetzes entspricht in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug beim Erlaß der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat (§ 41 Ziff. 6 ZPO).

Auch dann ist es durchaus denkbar, daß der Richter nunmehr zu einer besseren Erkenntnis gelangt, dennoch soll verhindert werden, daß derjenige bei der Überprüfung einer richterlichen Entscheidung mitwirkt, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat.

Die Interessenlage ist hier die gleiche, so daß nach Sinn und Zweck des Gesetzes die Ablehnung gemäß § 42 ZPO gerechtfertigt ist.



Ende der Entscheidung

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