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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.09.2004
Aktenzeichen: 12 W 152/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 I
ZPO § 91 II
Da die Klägerin Ersatz der Kosten der Unterbevollmächtigten insoweit beanspruchen kann, als diese nicht höher als die Reisekosten plus 10 % sind und hier die Kosten der Unterbevollmächtigung die ersparten Reisekosten um mehr als 10 % überschreiten, hat die Klägerin in der Summe einen Erstattungsanspruch von 110 % der Reisekosten.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

12 W 152/04

In der Beschwerdesache

...

Der 12. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat am 29. September 2004 durch die Richter ... beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2004 abgeändert. Die Beklagte hat an Kosten 5.871,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.5.2004 an die Klägerin zu erstatten. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

Die Rechtsbeschwerde wird bezogen auf die Beschwerde der Klägerin zugelassen.

Wert der Beschwerde der Klägerin: 230,60 Euro Wert der Beschwerde der Beklagten: 127,82 Euro

Gründe:

I.

Die Klägerin hat ihren Sitz in X. Sie hat durch ihre in Y ansässigen Prozessbevollmächtigten zunächst Zahlungsklage vor dem Landgericht Stuttgart erhoben. Das Landgericht Stuttgart hat sich durch Beschluss für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Darmstadt verwiesen. In den Terminen zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme hat sich die Klägerin durch in Darmstadt ansässige Unterbevollmächtigte vertreten lassen. Mit Beschluss vom 18. Mai 2004 hat das Landgericht Darmstadt der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der Streithelferin, die diese selbst zu tragen hat. Die Klägerin macht für die Beauftragung der Haupt- und Unterbevollmächtigten insgesamt 3.814,23 Euro (ohne Gerichtskosten und ohne Mehrwertsteuer) geltend. Die Rechtspflegerin hat es abgelehnt über 3.583,63 Euro Kosten festzusetzen und eine Vergleichsberechnung mit fiktiven Reisekosten der Hauptbevollmächtigten durchgeführt. Die Rechtspflegerin hat bei der Berechnung der Reisekosten Abwesenheitsgeld für die Wahrnehmung von fünf Verhandlungsterminen in Höhe von 281,21 Euro angesetzt.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Absetzung und macht die Erstattung von Kosten in Höhe von 3.814,23 Euro geltend. Die Beklagte hat sofortige Beschwerde wegen des angesetzten Abwesenheitsgeldes eingelegt. Dieses könne nur in Höhe von 153,39 Euro berücksichtigt werden.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Parteien, über die der Senat in voller Besetzung entscheidet, sind zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten keinen Erfolg. Die Klägerin kann in Höhe weiterer 73,32 Euro Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten erstattet verlangen, so dass sich der Gesamtbetrag der festgesetzten Kosten von 5.798,01 Euro auf 5.871,33 Euro erhöht.

Die Erstattung von Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes, der anstelle des Hauptbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, entstanden sind, richtet sich nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Es kommt allein darauf an, ob dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (BGH, 16.10.2002, MDR 2003, 233-236; BGH, 9.10.2003, Az: VII ZB 45/02; BGH 11.11.2003, VI ZB 4/03; BGH 13.5.2004, I ZB 3/04, alle zitiert nach juris). Notwendige Voraussetzung für die Erstattung der Kosten des Unterbevollmächtigten ist zunächst, dass die dem Hauptbevollmächtigten im Fall eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten waren. Dies hat die Rechtspflegerin hier zu Recht bejaht und wird auch von der Beklagten nicht angegriffen.

Die Reisekosten, welche die Klägerin für ihre Stuttgarter Rechtsanwälte hätte erstattet verlangen können, erstrecken sich auch auf das Abwesenheitsgeld in Höhe von 281,21 Euro. Da hier fiktive Abrechnung erfolgte, kann nicht auf exakte Abfahrts- und Ankunftszeiten abgestellt werden. Die Stuttgarter Prozessbevollmächtigten hätten bei ihrer Zeitplanung Zeitpuffer für Verkehrsbehinderungen, Parkplatzsuche etc. bei der Reise und Terminswahrnehmung einplanen müssen. Die Reisekosten belaufen sich danach in der Summe auf 733,19 Euro netto.

Die Klägerin kann Ersatz der Kosten für den stattdessen mit der Terminswahrnehmung beauftragten Unterbevollmächtigten insoweit beanspruchen, als dessen Kosten, abzüglich der mit der Vertretung durch den Unterbevollmächtigten in der Verhandlung ersparten Kosten beim Hauptbevollmächtigten, diese Reisekosten nicht wesentlich überschreiten. Eine wesentliche Überschreitung ist im Regelfall bei mehr als 10 % anzunehmen (BGH, 16.10.2002, a. a. o. RN. 22). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich folgende Berechnung:

Die Kosten der Unterbevollmächtigten beziffern sich ohne Dokumentenpauschale auf 2.378,78 Euro netto. Den Abzug der Dokumentenpauschale hat die Klägerin mit ihrer Beschwerde nicht angegriffen. Von dieser Summe sind die 5/10 Verhandlungsgebühr in Höhe von 471,67 Euro und die 10/10 Beweisgebühr in Höhe von 943,33 Euro abzuziehen. Die verbleibenden 963,78 Euro überstiegen die ersparten Reisekosten von 733,19 Euro um rund 31 %. Da die Klägerin Ersatz der ( wie oben gekürzten) Kosten der Unterbevollmächtigten insoweit beanspruchen kann, als diese nicht höher als die Reisekosten plus 10 % sind und hier die Kosten der Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten um mehr als 10 % überschreiten, hat die Klägerin nach Auffassung des Senats in der Summe einen Erstattungsanspruch von 806,51 Euro (110% der Reisekosten). Die darüber hinaus gehenden Kosten waren mangels geringfügiger Überschreitung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird bezogen auf die Beschwerde der Klägerin gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 zugelassen, um eine einheitlich Rechtsprechung zur Vergleichsberechnung bei der Einschaltung eines Unterbevollmächtigten zu gewährleisten (vgl. hiervon abweichende Vergleichsberechnung in OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2003, Az. 10 W 34/03, OLGR Düsseldorf 2003, 423 f. zit. nach juris).

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