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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.08.2004
Aktenzeichen: 13 U 80/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 398
Zur Sittenwidrigkeit einer Sicherungsübertragung des (nahezu) letzten Vermögens des Schuldners (hier: alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A-Z) infolge Täuschung gegenwärtiger oder zukünftiger Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners bzw. Knebelung des Schuldners.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 80/02

Verkündet am 25.08.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgericht Darmstadt vom 08.03.2002 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, 37.187,79 € (72.733,00 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2001 an den Kläger zu zahlen. Es wird festgestellt, dass die Globalabtretung vom 08.09.1998 unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 110 % desjenigen Betrages leistet, dessen Vollstreckung er betreibt.

Gründe:

Der Kläger, der Schuldner der Beklagten A. R. und B. R. sind Brüder und die gesetzlichen Erben ihrer am 20.02.1990 verstorbenen Mutter H. R.. Der ungeteilte Nachlass der Erblasserin besteht noch aus einem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück in O1, ..., das der Kläger bewohnt. Auf dem Grundstück lastete eine Grundschuld für die Beklagte in Höhe von 300.000,00 DM, die die verstorbene H. R. bestellt hatte, um einen Kredit abzusichern, den die Beklagte den Eheleuten A. und G. R. gewährt hatte. Da diese ihren Kreditverpflichtungen nicht nachgekommen waren und die Beklagte deshalb die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieb, löste der Kläger den Kredit der Beklagten ab.

Der Kläger nahm seinen Bruder A. R. vor dem Landgericht Darmstadt und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main auf Zustimmung zur Auseinandersetzung des Nachlasses ihrer Mutter nach einem bestimmten Teilungsplan in Anspruch und begehrte von seinem Bruder A. und dessen Ehefrau G. als Gesamtschuldnern die Rückerstattung des zur Ablösung des Kredits aufgewandten Geldbetrages nebst Zinsen.

Mit Urteil vom 06.02.1997 verpflichtete das Landgericht Darmstadt (Aktenzeichen 4 O 153/96) die Eheleute A. und G. R. als Gesamtschuldner an den Kläger 250.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.09.1996 zu zahlen, im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 17.08.1999 (Aktenzeichen 22 U 75/97) die Eheleute A. und G. R. als Gesamtschuldner 400.000,00 DM nebst im einzelnen aufgeführten Zinsen an den Kläger zu zahlen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Auf Grund des Urteils des Landgerichts Darmstadt erwirkte der Kläger am 05.08.1997 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem die Forderung des Klägers gegen A. und G. R. (im Folgenden Schuldner) in Höhe von 260.185,11 DM zuzüglich Zinsen und Kosten gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen wurde. In ihrer Drittschuldnererklärung vom 08.09.1997 erkannte die Beklagte die Forderung gegen sie in Höhe von zur Zeit 570,00 DM an, erklärte jedoch, dass sie nicht bereit sei, Zahlung zu leisten, da sie eigene, die gepfändete Forderung übersteigende Ansprüche habe (vgl. Anlage 4, Anlagenband 2).

Unter dem 03.09.1998 schrieb die damalige Bevollmächtigte der Schuldner, Rechtsanwältin X, an den Prozessbevollmächtigten des Klägers

"Mein Mandant teilte mir mit, dass derzeit vor dem Amtsgericht O1 die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 06.02.1997 gegen ihn betrieben werde.

Nach Auskunft meines Mandanten soll am 10.09.1998 Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung stattfinden.

Ich habe meinen Mandanten dringend gebeten, sich zur Abstimmung bezüglich einer Ratenzahlung mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Meinem Mandanten ist es nicht möglich, den Gesamtbetrag in einer Summe aufzubringen. Herr R. ist jedoch bemüht, eine Teilzahlung aufzubringen." (Anlage 6, Anlagenband 2)

Am 08.09.1998 traten die Schuldner sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben von A bis Z (jeweils einschließlich) an die Beklagte ab (Anlage 7, Anlagenband 2).

Die Schuldner bewirtschaften am Ortsrand von O1 einen größeren Bauernhof. Ihr wesentliches Einkommen besteht aus der Spargelernte, bei der von den Schuldnern ca. 80 Erntehelfer eingesetzt werden. Die Kreditverpflichtungen der Schuldner bei der Beklagten beliefen sich am 31.12.1998 auf umgerechnet 598.000,00 €. Am 31.12.1995 betrugen sie 826.000,00 €, am 31.12.1996 und 31.12.1997 jeweils 627.000,00 €. Am jeweils 31.12. betrugen die Kreditverpflichtungen 1999 612.000,00 €, 2000 572.000,00 €, 2001 500.000,00 €, 2002 504.000,00 €, 2003 507.000,00 € und am 30.03.2004 496.000,00 €. Bei Vereinbarung der Globalabtretung gab die Beklagte den Schuldnern keinen weiteren Kredit noch sagte sie einen weiteren Kredit zu. Der Grundbesitz der Schuldner ist zu Gunsten der Beklagten wertausschöpfend belastet.

Nachdem außergerichtliche Vergleichsverhandlungen scheiterten, gaben die Schuldner am 18.12.1998 die eidesstattliche Versicherung ab.

Ein Antrag des Klägers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurückgewiesen. Auf das in dem Insolvenzantragsverfahren erstattete Gutachten des Rechtsanwalts Y vom 17.09.1999 zu der Frage, ob ein Insolvenzgrund vorliege und eine die Kosten eines Insolvenzverfahrens deckende Masse vorhanden sei, wird Bezug genommen (Anlage 18 u. 19, Anlagenband 2).

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts O1 vom 27.03.2001 wurde der Anspruch der Schuldner aus Lieferung und Leistung gegen die Firma Z ... GmbH & Co. KG, insbesondere aus dem Verkauf von Spargellieferungen der Schuldner an die Drittschuldnerin im Jahre 1999 und 2000 gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen (Anlage 24, 25 Anlageband 2). Die Firma Z, die die entsprechenden Ansprüche aufgrund der Globalabtretung vom 08.09.1998 zu Gunsten der Beklagten durch Zahlung an die Beklagte in Höhe von 72.733,00 DM inklusive Mehrwertsteuer ausgeglichen hat, hat etwaige Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereichung gegen die Beklagte an den Kläger mit Abtretungserklärung vom 17.08.2001, die der Kläger unter dem 14.09.2001 gegengezeichnet hat, abgetreten (vgl. Anlage 26 Anlagenband 2).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Globalabtretung vom 08.09.1998 gemäß § 138 BGB unwirksam sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 78.733,00 DM zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 01.10.2000 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Abtretungserklärung vom 08.09.1998, mit der die Eheleute A. und G. R., O1, sämtliche Ansprüche gegen Dritte an die Beklagte abgetreten haben, unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem Kläger am 03.04.2002 zugestelltem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Mit seiner am 03.05.2002 eingelegten und innerhalb bis 03.07.2002 verlängerter Berufungsbegründungsfrist am 01.07.2002 begründeten Berufung hat der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Anträge zunächst weiterverfolgt. Der Kläger meint, das Landgericht habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere das Urteil des 9. Zivilsenats vom 16.03.1995 (NJW 1995, 1668) nicht beachtet. Spätestens mit Einleitung der Zwangsversteigerung des Hauses der Mutter im Jahre 1994 seien die Schuldner überschuldet und damit konkursreif gewesen. Die Beklagte habe die Schuldner vor der Insolvenz geschützt und deren Teilnahme am allgemeinen Geschäftsleben gefördert, um die Rückführung von deren Verbindlichkeiten bei ihr zu ermöglichen. Dabei sei es ihr egal gewesen, dass andere Gläubiger dadurch gehindert wurden, in irgendeiner Form ihre Ansprüche gegen die Schuldner durchzusetzen. Vielmehr wehre sie die weiteren Gläubiger mit Hilfe der Globalabtretung ab.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 37. 187,79 zuzüglich Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 01.10.2000 bis 31.12.2001 sowie Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz für die Zeit ab dem 01.01.2002 zu zahlen sowie festzustellen, dass die Abtretungserklärung vom 08.09.1998 unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, die Globalzession sei weder im Hinblick auf eine Knebelung der Schuldner noch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung sittenwidrig. Obgleich das Grundvermögen der Schuldner zu ihren, der Beklagten, Gunsten wertausschöpfend belastet sei, verbleibe den Schuldnern auch nach der Globalabtretung noch ausreichende wirtschaftliche Bewegungsfreiheit. Dies ergebe sich aus Ziffer 3.5 der Globalabtretung, wonach die Schuldner ermächtigt seien, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen. Darüber hinaus tätigten die Schuldner Barverkäufe ab Hof sowie einen Marktverkauf. Einnahmen daraus unterfielen nicht der Globalabtretung. Außerdem sei ein derartiger Hof- und Marktverkauf für sie, die Beklagte, nicht kontrollierbar. Die Gefahr eines bevorstehenden Zusammenbruchs ihrer Schuldner habe sich für sie, die Beklagte, nicht ergeben. Dies gelte auch für die Zeit nach dem Vollstreckungsversuch des Klägers. Schließlich seien andere Gläubiger durch die Globalzession nicht getäuscht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 01.07. und 19.12.2002 sowie 29.03.2004 nebst den Anlagenbänden 1 und 2 und die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 30.09.2002, 17.03.2004 und 30.03.2004 verwiesen.

Das Berufungsgericht hat die Parteien mit Verfügung vom 12.02.2004 darauf hingewiesen, dass eine Sittenwidrigkeit der Globalabtretung auch im Hinblick auf eine Knebelung der Schuldner sowie unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung in Betracht komme.

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Die Beklagte schuldet dem Kläger den Betrag von 37.187,79 € (72.733,00 DM) aus abgetretenem Recht der Firma Z (§ 812 BGB). Die Beklagte hat diese Zahlung von der Firma Z ohne rechtlichen Grund erhalten, denn die Globalabtretung vom 08.09.1998 ist wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

Ein Vertrag, durch den ein Schuldner sein letztes zur Gläubigerbefriedigung taugliches Vermögen einem bestimmten Gläubiger überträgt, ist regelmäßig sittenwidrig, wenn dadurch gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners getäuscht werden und beide Vertragspartner bei dieser Täuschung zusammengewirkt haben. Diese Täuschung muss aber nicht der Zweck ihres Handelns gewesen sein. Vielmehr kann es genügen, wenn die Vertragspartner nur mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass andere Gläubiger geschädigt werden. Kennt der begünstigte Gläubiger die Umstände, die den Schluss auf einen bevorstehenden Zusammenbruch des Schuldners aufdrängen, so handelt er schon dann sittenwidrig, wenn er sich über diese Erkenntnis mindestens grob fahrlässig hinwegsetzt. Je größer und konkreter die Gefahr dieses Zusammenbruchs danach ist, desto sorgfältiger muss der Gläubiger die Auswirkungen auf das Vermögen des Schuldners prüfen, von dem er sich umfassende Sicherheiten gewähren lässt. Unterlässt er diese gebotene Prüfung, so trifft ihn der Vorwurf, sich leichtfertig über die Gefährdung der anderen Gläubiger durch Kredittäuschung hinweggesetzt zu haben (vgl. BGH NJW 1995, 1668 m.w.N., BGH ZIP 1998, 793, 796). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Schuldner standen im September 1998 objektiv vor der Zahlungsunfähigkeit. Wie die Gutachten im Insolvenzverfahren der Schuldner vom 17.09.1999 belegen, beliefen sich deren Schulden im September 1999 auf ca. 1,9 Mio. DM. Der wesentliche Teil davon, ca. 1,25 Mio. DM entfielen auf Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten. Hinzu kamen verschiedene Lieferantenkredite sowie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Die Verbindlichkeiten konnten von den Schuldnern zwar bedient werden, dabei wurden allerdings Fälligkeiten bereits überschritten. Durch die Forderung des Klägers ist nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Gutachters Rechtsanwalt Y Zahlungsunfähigkeit eingetreten. Diesen nachvollziehbar und überzeugend begründeten Feststellungen zufolge war auch mit einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse nicht zu rechnen. Dass die Vermögenssituation der Schuldner im Jahre 1998 hiervon maßgebend abwich, ist von der Beklagten nicht behauptet worden. Indem die Beklagte sich das letzte zur Gläubigerbefriedigung taugliche Vermögen der Schuldner abtreten ließ, setzte sie sich zumindest grob fahrlässig über die Gefährdung anderer Gläubiger durch Kredittäuschung hinweg. Aus dem Zeitpunkt der Abtretung zwei Tage vor dem auf Antrag des Klägers anberaumten Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung der Schuldner folgt zur Überzeugung des Senats, dass mit der Abtretung von der Beklagten und den Schuldnern die Befriedigung des Klägers ausgeschlossen werden sollte. Grund hierfür war offensichtlich, dass die Beklagte zumindest besorgte, dass die Schuldner nicht in der Lage sein würden, die Verbindlichkeiten des Klägers neben den ihr, der Beklagten, sowie weiteren Gläubigern gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Andere Gründe sind nicht ersichtlich. Der Kredit der Beklagten war ­ wie sie selbst vorgetragen hat ­ seit 1995 kontinuierlich zurückgeführt worden. Ein weiterer Kredit wurde anlässlich der Abtretung von der Beklagten an die Schuldner weder bewilligt noch ausbezahlt. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausdrücklich klargestellt. Persönliche Gründe der Beklagten gegenüber dem Kläger sind weder dargetan noch ersichtlich.

Ob dieser Ausschluss des Klägers von der Befriedigung bereits den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründet, kann auf sich beruhen. Denn neben dem Kläger schlossen die Beklagten und die Schuldner auch alle anderen Gläubiger ­ soweit sie nicht bereits gesichert waren ­ von jeder weiteren Befriedigung aus. Als Gläubiger, die hier durch die nicht offengelegte Abtretung getäuscht wurden, kamen in jedem Falle die Saisonarbeiter der Schuldner in Betracht. Durch die Abtretung sämtlicher, auch künftiger Forderungen der Schuldner gefährdeten die Beklagte und die Schuldner diese Gläubiger zumindest leichtfertig. Das Berufungsgericht ist darüber hinaus auch davon überzeugt, dass die Beklagte dies billigend in Kauf nahm. Es liegen auch keine Umstände vor, die ein derartiges grob rücksichtsloses Verhalten der Beklagten rechtfertigen könnten.

Zusätzlich zur Sittenwidrigkeit infolge Täuschung gegenwärtiger und künftiger Gläubiger über die Kreditwürdigkeit der Schuldner ist nach Auffassung des Berufungsgerichts die Globalabtretung auch im Hinblick auf eine Knebelung der Schuldner sittenwidrig. Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn eine Vertragspartei die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der anderen Vertragspartei derart lähmt, dass sie ihre Selbständigkeit nahezu völlig verliert und dadurch in eine sittlich zu missbilligende Abhängigkeit gerät (vgl. Sörgel-Hefermehl, 13. Aufl. 1999, Rdnr. 117 zu §138 BGB, Staudinger/Sack, 1996, Rdnr. 259 zu § 138 BGB, Ganter in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. Auflage 2002, Rdnr. 346). Durch die Abtretung sämtlicher, auch zukünftiger Forderungen hat die Beklagte die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Schuldner in einem sittlich zu missbilligenden Maße eingeengt. Dem Schuldner muss, wenn Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit nicht eintreten soll, zumindest soviel wirtschaftliche Bewegungsfreiheit eingeräumt bleiben, dass er in der Lage bleibt, in einem seinen Verhältnissen angemessenen Rahmen durch freiwillige Leistung auch andere Gläubiger zu befriedigen (vgl. BGHZ 19, 12, 18). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dies vorliegend nicht der Fall. Die Schuldner sind zwar gemäß Nr. 3.5 der Globalabtretung ermächtigt, die abgetretenen Forderungen im eigenen Namen einzuziehen, sie müssen aber gemäß Nr. 3.6 für den Fall, dass der Gegenwert der der Bank abgetretenen Forderung ganz oder teilweise in bar oder mit Scheck beim Sicherungsgeber selbst oder bei einem anderen Geldinstitut für den Sicherungsgeber eingehen sollte, den Gegenwert unverzüglich an die Beklagte abführen (vgl. Ziffer 3.6 der Globalabtretung, Anlage 7, Anlagenband 2). Dies gilt auch für Hof- und Marktverkäufe. Gelder zur Befriedigung anderer Gläubiger muss die beklagte Bank gemäß Ziffer 3.7 nur dann bereit stellen, wenn ihre durch die Abtretung gesicherten Ansprüche erfüllt sind. Dies ist, wie die Aufstellung der Beklagten über die Höhe ihrer Forderung gegen die Schuldner belegt, keinesfalls gewährleistet.

Ob darüber hinaus die Globalabtretung vom 08.09.1998 auch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung nichtig ist, kann auf sich beruhen.

Zinsen kann der Kläger gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 ab dem 25.10.2001 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 verlangen. Verzug ist erst mit Klageerhebung (Zustellung der Klage am 25.10.2001) eingetreten. Ein früherer Verzug der Beklagten bezüglich der Klageforderung ist nicht dargetan. § 288 Abs. 2 ZPO findet keine Anwendung, da es sich bei der Forderung des Klägers um keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB handelt (vgl. PalandtHeinrichs, 63. Aufl., Rdnr. 8 zu § 288 i.V.m. Rdnr. 27 zu § 286 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Das Gericht hat die teilweise Klagerücknahme als Teilunterliegen gewertet, der Beklagten aber gleichwohl die gesamten Prozesskosten auferlegt, da die Zuvielforderung des Klägers verhältnismäßig gering war und keine höheren Kosten veranlasst hat.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da das Urteil von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit einer Sicherungsübertragung fast des gesamten freien Vermögens des Schuldners sowohl unter dem Gesichtspunkt der Täuschung anderer Gläubiger als auch der Knebelung des Schuldners nicht abweicht (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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