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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 13 U 89/03
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 139
GmbHG § 34
Eine schuldrechtliche Vertragsgestaltung, durch die einem Gesellschafter einer GmbH das Recht eingeräumt wird, den Gesellschaftsanteil eines Mitgesellschafters, der zugleich Geschäftsführer ist, bei Beendigung von dessen Organstellung durch Annahme eines unwiderruflichen Verkaufsangebotes des Mitgesellschafters zurückzuerwerben, verstößt auch dann gegen die guten Sitten und ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn dem Mitgesellschafter der Gesellschaftsanteil zuvor deswegen gegeben worden war, um ihn - im Rahmen eines "Geschäftsmodells" - die Stellung eines geschäftsführenden Gesellschafters zu verschaffen und ihn dadurch zur optimalen Wahrnehmung seiner Geschäftsführerstellung zu motivieren.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 89/03

Verkündet am 23.06.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2004 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt mit Sitz in Offenbach vom 4. März 2003 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des Betrages leistet, dessen Vollstreckung sie betreibt.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Wegen der Feststellungen verweist der Senat zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 301 ­ 303 d. A.), den er wie folgt zusammenfasst und ergänzt: Die Beklagte ist die Holdinggesellschaft, die hinter allen deutschen "A" als Mehrheitsgesellschafterin steht. Nach dem von der Beklagten gehandhabten Konzept besteht jeder einzelne der von ihr beherrschten A seinerseits in der Rechtsform einer GmbH, an der die Beklagte stets einen Mehrheitsanteil von etwa 90 % hält. Den Rest hält ein örtlicher, für das operative Geschäft zuständiger Geschäftsführer. Dessen Gesellschafterstellung bindet die Beklagte stets an die Anstellung als Geschäftsführer. Im betriebswirtschaftlichen Konzept der Beklagten spielt die Beteiligung des jeweiligen Vor-Ort-Geschäftsführers eine wesentliche Rolle als Motivierungs-Instrument: Jeder Vor-Ort-Geschäftsführer soll nach außen hin als "geschäftsführender Gesellschafter", also wie ein Unternehmer, erscheinen und sich dadurch mit "seinem" Markt besonders identifizieren. Vom wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der örtlichen GmbH ist der örtliche Geschäftsführer dabei aber nur begrenzt berührt: Er ist vereinbarungsgemäß nur am Gewinn, nicht hingegen am Verlust der örtlichen GmbH beteiligt. Den auf ihn entfallenden Gewinnanteil erhält er infolge einer jährlichen Vollausschüttung vollständig ausgezahlt. Die örtlichen Gesellschaften sind unterkapitalisiert und nur durch Patronatserklärungen usw. der Beklagten für die laufenden umfangreichen Wareneinkäufe kreditwürdig. Die für Expansionen usw. erforderliche Wirtschaftskraft entsteht nicht durch Rücklagenbildung oder Kapitalerhöhungen bei der örtlichen Gesellschaft, sondern geschieht bei der beklagten Holding. Dieses Geschäftsmodell hat die Beklagte in Deutschland bei den ca. 270 A eingeführt; es besteht ferner bei den wirtschaftlich in derselben Hand befindlichen Märkten der Kette B. Obwohl nach alledem die Gesellschafterstellung des örtlichen Geschäftsführers wirtschaftlich einer Gewinnbeteiligung ähnelt, erfüllen alternative Gestaltungsmöglichkeiten , etwa eine Tantiemenregelung, nach Meinung der Beklagten den Zweck der ausreichenden Motivierung des Geschäftsführers nicht.

Für den Kläger wurde dieses Geschäftsmodell wie folgt umgesetzt: Er wurde durch Dienstvertrag vom 17. 9. 1997 (Bd. I, Bl. 31 ­ 36 d. A.) zum Geschäftsführer der den örtlichen Markt der Beklagten in O1 tragenden A C-GmbH O1 (künftig: A O1) bestellt. Er war zwar - zusammen mit einem weiteren, von der Zentrale der Beklagten entsandten Geschäftsführer - nur gesamtvertretungsberechtigt (vgl. § 1 Nr. 3 Satz 2 des Dienstvertrages), durfte aber die nach interner Zuweisung in seiner Kompetenz liegenden operativen Entscheidungen, darunter die gesamte Warenbeschaffung sowie die Personaleinstellung und -entlassung, allein treffen. Durch notariell beurkundete Geschäftsanteilsabtretung vom 30. 12. 1997 erwarb der Kläger von der Beklagten einen zehnprozentigen Gesellschaftsanteil an der schon zuvor gegründeten und in das Handelsregister eingetragenen A O1 zu einem Kaufpreis in Höhe des Nominalwertes von DM 20.000.- (vgl. Bl. 37 ff. d. A.); dieser Vertrag enthält unter § 9 eine "salvatorische Klausel", bezüglich deren Wortlaut auf Bl. 40 d. A. verwiesen wird. Am selben Tag wurde vor demselben Notar ein Angebot des Klägers zur Rückübertragung dieses Gesellschaftsanteils an die Beklagte beurkundet. Dieses war durch den Verlust seiner Organstellung als Geschäftsführer beim A O1 aufschiebend bedingt (vgl. Bl. 44 ff. d. A.). Auch dieses Angebot enthielt eine "salvatorische Klausel". Der Gesellschaftsvertrag der A O1 vom 19. 9. 1995 (vgl. Bl. 53 ff. d. A. in Verbindung mit der Satzung Bl. 59 ff. d. A.) enthielt keine Bestimmung über ein "Hinauskündigungsrecht". Durch Verträge vom 14. 12. 1998 (vgl. Bl. 73 ff. d. A.) wurde der Geschäftsanteil des Klägers auf DM 19.900.- reduziert. Auf einer Gesellschafterversammlung vom 28. 5. 2001 beschloss die A O1 mit den Stimmen der Beklagten die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die ordentliche Kündigung seines Dienstvertrages (vgl. Protokoll Bl. 77 ff. d. A.). Dagegen ging der Kläger mit rechtlichen Mitteln nicht vor. Mit notariell protokollierter Erklärung vom 1. 6. 2001 nahm die Beklagte das Kauf- und Abtretungsangebot des Klägers vom 30. 12. 1997 an (vgl. Bl. 82 f. d. A.). Der Kläger erhielt für seinen Gesellschaftsanteil von der Beklagten als Abfindung eine Zahlung von DM 199.000.-.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der durch das Kauf- und Abtretungsangebot vom 30. 12. 1997 und dessen Annahme zustande gekommene Vertrag verstoße gegen § 138 BGB, denn er stelle eine den guten Sitten widersprechende "Hinauskündigung" dar, da die Beklagte ohne Kündigungsgrund nach ihrem Belieben die Gesellschafterstellung des Klägers beendet habe. In dieser Konstruktion aus Angebot und Annahme liege auch ein Verstoß gegen § 34 GmbHG, da die "Hinauskündigungs"möglichkeit nicht im Gesellschaftsvertrag selbst enthalten, sondern auf schuldrechtlichem Wege vereinbart worden sei. Die Regelung verstoße ferner gegen verschiedene Regelungen des AGBG, und es liege eine nach § 622 Abs. 6 BGB unzulässige Kündigungserschwerung vor.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass der durch Angebot des Klägers vom 30. 12. 1997 und Annahme durch die Beklagte vom 1. 6. 2001 zustande gekommene Kauf- und Abtretungsvertrag über den Geschäftsanteil des Klägers in Höhe von DM 19.900 an der A C GmbH O1, ..., ... O1, eingetragen im Handelsregister O2 unter HRB ..., unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung dargelegt, die getroffene vertragliche Regelung sei bei den vielen von ihr über örtliche Gesellschaften betriebenen anderen Märkten in Deutschland und mehreren anderen Ländern Europas verbreitet und wegen besonderer Umstände - um nämlich die örtlichen Geschäftsführer bei ihrer Führungstätigkeit optimal zur Leistung zu motivieren - sachlich gerechtfertigt. Eine Aufnahme einer solchen Regelung in den Gesellschaftsvertrag werde von § 34 GmbHG nicht gefordert. Die Regelung verstoße ferner weder gegen das AGBG noch gegen § 622 Abs. 6 BGB.

Das Landgericht hat - getragen vor allem vom Verweis auf die Entscheidung des II. Senates des BGH vom 9. 7. 1990, BGHZ 112, 103 ff. - der Klage stattgegeben und ausgeführt, das Kauf- und Abtretungsangebot wirke sich als "Hinauskündigungsklausel" aus und sei deshalb wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Es begründe die Gefahr, dass der von der "Hinauskündigung" bedrohte Gesellschafter von seinen originären GesellschafterRechten keinen Gebrauch mache und seine Gesellschafter-Pflichten nicht ordnungsgemäß erfülle, sondern sich den Wünschen und dem Diktat des durch das Ausschließungsrecht begünstigten Gesellschafters beuge, womit einer rechtlich nicht zu billigenden Willkürherrschaft Vorschub geleistet werde. Besondere Umstände, die eine "Hinauskündigungs"-Regelung ausnahmsweise rechtfertigten, lägen nicht vor. Zur Motivierung der Geschäftsführer reiche deren - auch durch andere, zulässige rechtliche Regelungen, etwa eine Tantiemenvereinbarung gestaltbare - wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft aus.

Mit ihrer Berufung greift die Beklagte das Urteil in vollem Umfang an: Es handele sich bei dem angefochtenen Urteil um eine unzulässige "Überraschungsentscheidung", da die Kammer in der mündlichen Verhandlung einen Vergleichsvorschlag unterbreitet habe, der mit der im Urteil festgestellten Nichtigkeit des Kauf- und Abtretungsvertrages unvereinbar sei. Das Urteil sei aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Jedenfalls aber sei das Urteil abzuändern. Die vom Landgericht für unwirksam erklärte Vertragsgestaltung der Parteien verstoße weder gegen gesellschaftsrechtliche Vorschriften noch gegen das AGB-Gesetz, noch sei sie sittenwidrig: - § 34 GmbHG finde weder unmittelbar noch analog Anwendung, denn der Gesellschaftsvertrag treffe keine unzulässigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen; er sehe kein Recht der Beklagten zum Ausschluss des Klägers oder zur Einziehung seines Gesellschaftsanteils vor. - Die Beklagte beruft sich, wie das Landgericht, für ihre Auffassung ebenfalls auf das Urteil des BGH vom 9. 7. 1990. Dort habe der BGH ausgesprochen, dass eine an keine Voraussetzungen im Sinne eines Kündigungsgrundes geknüpfte "Hinauskündigungs"klausel - auch wenn sie nicht gesellschaftsvertraglich, sondern schuldrechtlich getroffen worden sei - bei Vorliegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt und damit wirksam sei. Solche besonderen Umstände lägen hier in den folgenden drei Gesichtspunkten vor: (1.) Die genügende Aufwertung des Vor-Ort-Geschäftsführers sei nur durch seine Bestellung zum Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht durch andere vertragliche Konstruktionen verwirklichbar. (2.) Da die Beklagte trotz ihrer 90-%-Mehrheit auf die operative Geschäftspolitik der A O1 faktisch keinen Einfluss genommen, sondern die Führung vollständig dem Kläger überlassen habe, habe sie sich "ganz in die Hand des Klägers gegeben"; sie habe deshalb ein Interesse daran, die "Machtstellung des Klägers beenden zu können". Auch werde der Gesellschaftsanteil des Klägers für den neuen Vor-Ort-Geschäftsführer benötigt. (3.) Der Kläger habe nach den von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen im wesentlichen die Rechtsstellung eines Treuhänders gehabt; als solcher müsse er bei Ende der Treuhand das Treugut herausgeben. Die Beklagte verweist ferner auf das Urteil des XVII. Senates des OLG Düsseldorf vom 16. 1. 2004 (noch nicht veröffentlicht, Kopie Bl. 539 ff. d. A.) in einem Parallelrechtsstreit zwischen der Beklagten und einem früherem Vor-Ort-Geschäftsführer in O3. Darin wird das Geschäftsmodell der Beklagten als besonderer Umstand anerkannt, der eine einer "Hinauskündigungsklausel" gleichkommende schuldrechtliche Absprache rechtfertige. Zweitinstanzlich neu trägt die Beklagte schließlich vor, gemäß § 139 BGB sei für den Fall, dass die Rückübertragung des Gesellschaftsanteils an die Beklagte nichtig sei, auch eine Nichtigkeit des zuvor erfolgten Erwerbs dieses Anteils durch den Kläger anzunehmen. Da die Gesellschaft ins Werk gesetzt sei, müsse eine Abwicklung über die Grundsätze der faktischen Gesellschaft erfolgen. Eine unzulässige Kündigungserschwerung liege nicht vor. § 622 Abs. 6 BGB sei vorliegend nicht anwendbar, denn der Kläger sei als Organ der GmbH kein Arbeitnehmer. Das AGBG sei nicht anwendbar. Da das aufschiebend bedingte Kaufangebot des Klägers auf "typische gesellschaftsrechtliche Fragen gerichtet sei", sei es von der Bereichsausnahme des § 24 Abs. 1 AGBG erfasst (vgl. im einzelnen Bl. 429 f.). Das Klauselverbot des § 10 Nr. 3 AGBG greife nicht, weil nicht die Leistungspflichten des Kaufvertrages über den Gesellschaftsanteil des Klägers durch die Beklagte einseitig widerrufbar ausgestaltet seien, sondern der neue Vertrag über den Rückkauf neue Leistungspflichten erzeuge (Bl. 536 d. A.) Eine Unwirksamkeit der zwischen den Parteien vereinbarten Regelung ergebe sich ferner nicht daraus, dass die Beklagte als Verwenderin des Modells sich eine iSv. § 10 Nr. 1 AGBG unangemessen lange Frist zur Annahme des Angebots habe einräumen lassen. Die Annahmefrist von 2 Monaten sei angemessen, zu denken sei beispielsweise etwa an den Fall, dass ein Geschäftsführer bei einem Auslandsaufenthalt unbekannten Aufenthaltes sein oder versterben sollte (vgl. im einzelnen Bl. 431, 537 d. A.). Ein Verstoß gegen § 9 AGBG liege nicht vor. Die umstrittene Regelung laufe auf einen Wiederkauf im Sinne von §§ 497 Abs. 2 BGB a. F. hinaus (vgl. dazu den Beklagtenvortrag Bl. 422 d.A.).

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 4. 3. 2003, 16 O 51/02, wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht verwiesen.

2. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichtes wird abändernd unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 4. 3. 2003 die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf entsprechenden Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 12. 5. 2004 hin hat der Klägers hilfsweise für den Fall, dass der Senat das Rechtsschutzinteresse für seinen erstinstanzlich gestellten Antrag verneinen sollte, beantragt, festzustellen, dass er, der Kläger, weder durch die Kündigung des Geschäftsführervertrages noch durch die Abgabe des Kauf- und Abtretungsangebotes vom 30.12.1997 noch durch die Annahme vom 1. 6. 2001 dieses Angebotes seine Gesellschafterstellung an der A-C-GmbH O1 in Höhe von DM 19.900.- verloren habe.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit drei Argumenten:

(1.) Zu Recht habe das Landgericht die der Sache nach zwischen den Parteien vereinbarte "Hinauskündigungsklausel" für unwirksam erachtet. - Nach dem Wortlaut von § 34 GmbHG sei eine Einziehung von Gesellschaftsanteilen nur zulässig, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen sei. Durch eine schuldrechtliche Vereinbarung wie die hier vorliegende werde die registergerichtliche Inhaltskontrolle gem. §§ 3, 7 GmbHG umgangen (Bl. 487). - Die Regelung verstoße gegen die guten Sitten. Regelmäßig müssten alle Entscheidungen von Gesellschaftern "Ausfluss ihrer freien Willensbildung und Entscheidung" sein. Das sei bei dem Vorhandensein von "Hinauskündigungs"klauseln regelmäßig nicht gesichert, denn die bedrohten Gesellschafter ständen dauernd unter Druck. Der Kläger nimmt Bezug auf das zur Unzulässigkeit einer "Hinauskündigungsklausel" im Gesellschaftsvertrag einer KG ergangene Urteil des II. Senates des BGH vom 25. 3. 1985 (veröffentlicht JZ 1985, 1105 f., mit einer - ablehnenden - Anmerkung von Flume aaO S. 1106 ff.). Die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des II. Senates des BGH im 112. Band der amtlichen Sammlung - die auch für die klägerische Argumentation eine zentrale Rolle spielt - betone zu Recht den strengen Ausnahmecharakter der Zulässigkeit einer "Hinauskündigungs"regelung. Zudem sei der hier vorliegende Fall dem dort entschiedenen nicht vergleichbar: Die Beklagte befinde sich nicht in der Minderheit, sondern habe eine ihr alles ermöglichende Mehrheit von über 90 %; der Kläger habe keine Alleingeschäftsführer-Stellung gehabt. Davon, dass sich die Beklagte "in der Hand des Klägers befunden" habe, könne keine Rede sein. Zur ausreichenden Leistungs-Motivierung als Geschäftsführer hätten andere rechtliche Konstruktionen gewählt werden können (vgl. im einzelnen Bl. 493 f. d. A.). Demzufolge bestehe auch kein sachlicher Grund für die von der Bekl. beabsichtigte "Rotation" des Geschäftsführer-Gesellschaftsanteils (= die Weitergabe an seinen Nachfolger), denn auch mit dem Nachfolger könne die Beklagte beispielsweise eine Tantiemenvereinbarung treffen. - Der Kläger habe infolge seiner Gesellschafterstellung das unternehmerische Risiko anteilig mit getragen und noch zu tragen.

(2.) Der angebotene Veräußerungsvertrag stelle eine unzulässige Kündigungserschwerung für den Kläger iSv. § 622 Abs. 6 BGB dar, da der Kläger mit der Kündigung seines Dienstvertrages seine Gesellschafterstellung verliere. Zwar sei der Kläger kein Arbeitnehmer, § 622 Abs. 6 BGB deswegen auf ihn nicht direkt anwendbar. Indes seien nach allgemeiner Meinung gewisse ArbeitnehmerSchutzrechte auch auf den Dienstvertrag einen Geschäftsführers anzuwenden.

(3.) Der Vertrag verstoße gegen mehrere Klauselverbote des AGBG. Dieses sei anwendbar, da es sich nicht um einen Gesellschafts-, sondern um einen schuldrechtlichen Austauschvertrag handele (vgl. dazu im einzelnen Bl. 503 ff. d. A.). Verletzt seien:

- § 10 Nr. 3 AGBG, wonach dem Verwender nicht das Recht gegeben werden dürfe, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen.

- § 10 Nr. 1 AGBG; durch die lange Bindung des Klägers an sein Angebot (max. 30 Jahre) habe die Bekl. auch die Bestimmung der Annahmefrist in der Hand, die dann letztlich ebenfalls 30 Jahre betrage.

- § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Die Regelung weiche von den gesetzlichen Regelungen des Gesellschaftsrechts über den Ausschluss eines Gesellschafters gravierend ab.

- § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, da die Zweckerreichung des Gesellschaftsvertrages vereitelt werde.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26. 6. 2003, Bl. 402, sowie vom 24. 2. 2004, Bl. 522 ff, ferner auf die des Klägers vom 1. 10. 2003, Bl. 456,sowie 5. 5. 2004, Bl. 589, verwiesen.

I. Die Berufung ist zulässig; insbesondere sind Form und Frist für Berufungseinlegung und -begründung gewahrt.

II. Die Berufung ist auch begründet.

A. Allerdings sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung nicht gegeben. Das angefochtene Urteil ist keine Überraschungsentscheidung. Wie sich aus dem erstinstanzlichen Schriftsatzwechsel ergibt, stand den Parteien die tatsächliche und rechtliche Problematik des Falles vor Augen. Keineswegs hat das Landgericht seine Entscheidung auf einen von der Beklagten nicht gesehenen Gesichtspunkt gestützt. Dass das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreitet hat, der nicht die im nachfolgenden Urteil festgestellte Unwirksamkeit der streitgegenständlichen vertraglichen Regelung zur Basis hatte, entspricht dem Wesen eines Vergleiches als einer gegenseitigen Nachgabe.

B. Das angefochtene Urteil war jedoch abzuändern und die Klage abzuweisen.

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts, das der Klage stattgegeben hat, fehlt dem Hauptantrag des Klägers das Rechtsschutzinteresse. Ein Feststellungsinteresse besteht nur dann, wenn ein Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, die zwischen den Parteien bestehende Unsicherheit über ein zwischen ihnen bestehendes Rechtsverhältnis alsbald zu beseitigen (vgl. Zöller/Greger, 24. Aufl. 2004, Rn 7 zu § 256 ZPO; BGH, Urteil des V. Zivilsenates vom 7. 2. 1986 NJW 1986, 2507 f., 2507). Zwar stellt der durch die Annahme des Angebotes vom 30.12.1997 möglicherweise wirksam zustande gekommene Rückübertragungsvertrag ein Rechtsverhältnis dar, denn zu den Rechtsverhältnissen zählt jedes Schuldverhältnis und zählen insbesondere Verträge (vgl. Zöller/Greger aaO Rn 4 zu § 256 ZPO). Jedoch ist der Kläger hier im Kern allein an einer Klärung der Frage interessiert, ob er noch Mitglied der A O1 GmbH ist. Denn von dem Fortbestand seiner Gesellschafterstellung dort hängt es u. a. ab, ob er noch zur Mitwirkung an der Gesellschaft befugt und verpflichtet ist, und vor allem, ob er zur Teilnahme an der Gewinnausschüttung berechtigt ist und ihm ggf. nach einer Auseinandersetzung der Gesellschaft eine höhere als die erhaltene Abfindung zusteht. Die vom Kläger mit dem Hauptantrag erstrebte Feststellung der Unwirksamkeit der aufgrund des Kauf- und Abtretungsangebotes vom 30. 12. 1997 zustande gekommenen Rückübertragung seines Gesellschaftsanteils ist nicht geeignet, die Unsicherheit zu beseitigen, die zwischen den Parteien über diese für sie im Ergebnis wesentliche Frage besteht. Denn eine Unwirksamkeit des Rückübertragungsvertrages muss nicht bedeuten, dass der Kläger weiterhin Gesellschafter ist. Vielmehr kann - und wie unten zu zeigen sein wird, ist dies hier der Fall - es an der Gesellschafterstellung des Klägers auch dann, wenn der Rückübertragungsvertrag sich als unwirksam darstellt, aus anderen rechtlichen Gründen fehlen. Der vorliegende Rückübertragungsvertrag stellt sich von seinen Auswirkungen her gleichsam wie eine Kündigung der Beklagten dar; von einer Kündigungserklärung indes ist allgemein anerkannt (vgl. Zöller/Greger aaO. Rn 3 zu § 256 ZPO; BGH, Urteil des XII. Zivilsenates vom 19. 9. 1999, NJW 2000, 354 ff., 355 f.), dass ihre Wirksamkeit bloße Vorfrage, bzw. lediglich einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses darstellt, an dessen isolierter Feststellung regelmäßig kein schützenswertes Interesse einer Partei besteht. Eine demzufolge möglicherweise veranlasste Umdeutung des klägerischen Antrages (vgl. dazu BGH aaO S. 354) ist im Hinblick auf den vom Kläger auf den gerichtlichen Hinweis gestellten Hilfsantrag nicht erforderlich.

2. Der Hilfsantrag des Klägers war abzuweisen. Der Kläger ist nicht Gesellschafter der A O1 GmbH geworden, denn sein Anteilserwerb vom 30. 12. 1997 bildet mit dem Rückübertragungsangebot vom selben Tag ein einheitliches Rechtsgeschäft. Das Rückübertragungsangebot ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, und seine Nichtigkeit ergreift den Anteilserwerb.

a. Zu Recht hat das Landgericht dahin erkannt, dass das Rückübertragungsangebot des Klägers vom 31. 12. 1997 gegen die guten Sitten verstößt und deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Es entspricht einer gefestigten Rechtsprechung, dass eine "Hinauskündigungsklausel", sei diese im Gesellschaftsvertrag vereinbart oder sei sie, wie hier, durch einen schuldrechtlichen Vertrag herbeigeführt, dem personenrechtlich geprägten Verhältnis unter Gesellschaftern - und dies gilt sowohl für eine Personen-, als auch für eine hier vorliegende Kapitalgesellschaft - zuwiderläuft. Mit der für eine Gesellschaft unabdingbaren Freiheit ihrer Mitglieder bei ihrer Entscheidungsfindung wird der durch die Möglichkeit einer "Hinauskündigung", also einer allein vom Willen eines Gesellschafters oder eines Teils der Gesellschafter ohne deren Bindung an Kündigungsgründe abhängigen Beendigung ausgehende Druck, als nicht vereinbar angesehen (vgl. BGH, zuletzt Urteil des II. Zivilsenates vom 8. 3. 2004, ZIP 2004, 903 ff; davor u. a. Urteil des II. Zivilsenates vom 9. 7. 1990, BGHZ 112, 103 ff., jeweils mwN.; diese Rechtsprechung wird in der Literatur fast einhellig zustimmend aufgenommen, vgl. Ulmer in Münchner Kommentar, 4. Aufl. 2003, Rn 17 zu § 737; Lutter-Hommelhoff, 15. Aufl. 2000, Rn 18 zu § 34 GmbHG; Scholz/H.P.Westermann, 8. Aufl. 1993, Rn 16. zu § 34 GmbHG, jeweils mwN.; die sehr grundsätzliche Kritik von Flume an dieser Rechtsprechung - vgl. dessen Anmerkung zum Urteil des II. Zivilsenates des BGH vom 25. 3. 1985, JZ 1985, 1106 ff. - ist vereinzelt geblieben). Der Senat folgt dieser gefestigten Rechtsprechung. Da es um den Schutz der Institution des Gesellschafterverhältnisses geht, kommt es vorliegend nicht darauf an, dass - anders als beispielsweise im Urteil des II. Senates des BGH vom 25. 3. 1985, JZ 1985, 1105 f. - der Schutz des vom Kläger in der A O1 angelegten Kapitals hier im Hinblick auf die in der Gewinnausschüttung und Kapitalaufbringung großzügige Behandlung des Klägers keine Rolle spielt.

b. Die "Hinauskündigungs"klausel ist hier auch nicht ausnahmsweise deswegen wirksam, weil ein sachlicher Grund für sie vorläge.

- Der Versuch der Beklagten, hier einen Ausnahmefall nach dem Vorbild im Urteil des BGH vom 19. 7. 1990 (BGHZ 112, 103 ff.) darzutun, überzeugt in keiner Weise. Auch wenn die Beklagte faktisch die operative Führung des As O1 dem Kläger zur selbständigen Ausübung überlassen hatte, befand sie sich deswegen keineswegs "in der Hand des Klägers". Denn - anders als im vom BGH 1990 entschiedenen Fall, in dem das "Hinauskündigungsrecht" einem Minderheitsgesellschafter zustand, der das gesamte Kapital aufgebracht, aber auf die Führung der Gesellschaft keinerlei wirksamen Einfluss hatte - befand sich vorliegend die Beklagte im Besitz der für alle denkbaren Entscheidungen erforderlichen Mehrheit. Sie hatte es deswegen rechtlich in der Hand, die von ihr eingeräumte selbständige Stellung des Klägers als Geschäftsführer jederzeit sofort zu beenden. Durch den zweiten, von ihr in die Geschäftsleitung der A O1 entsandten Geschäftsführer war die Beklagte ferner stets über die geschäftlichen Handlungen des Klägers im Bilde und so auch tatsächlich zu jeder erforderlichen schnellen Reaktion in der Lage.

- Anders als das OLG Düsseldorf in seinem in einem Parallelfall ergangenen Urteil vom 16. 1. 2004 (AZ I 17 U 50/03, bisher unveröffentlicht), und mit dem Landgericht im angefochtenen Urteil, sieht der Senat auch das von der Beklagten zur Motivierung ihrer örtlichen Geschäftsführer entwickelte "Geschäftsmodell" nicht als ausreichenden sachlichen Grund für eine ausnahmsweise Zulässigkeit einer "Hinauskündigungsklausel" an. Der Senat vermag nicht zu erkennen, welche rechtlich schützenswerten Vorteile gegenüber einer Tantiemenregelung dieses "Geschäftsmodell" für die Beklagte bietet. Was einzig in Frage käme, wäre die von der Beklagten behauptete Motivationswirkung für den örtlichen Geschäftsführer. Diese soll sich nach dem Vortrag der Beklagten daraus ergeben, dass der örtliche Geschäftsführer sich - auf seiner Visitenkarte und sonst im geschäftlichen Auftreten - als "geschäftsführender Gesellschafter" bezeichnen kann. Da der örtliche Geschäftsführer aber zu jedem Zeitpunkt genau weiß, dass er mit seinen weniger als 10 % Gesellschaftsanteil nur eine in allen Fragen überstimmbare Minderheit darstellt, dass diese Stellung zudem an seine Geschäftsführerstellung gebunden ist, dass er mit "seiner" Gesellschaft nicht über das erforderliche Kapital für eine selbständige geschäftliche Existenz verfügt, und dass er zudem nicht allein, sondern nur zusammen mit seinem Mit-Geschäftsführer für die Gesellschaft handeln kann, kann er selbst sich über seine eingeschränkte wahre Stellung nicht hinwegtäuschen: Er kann sich selbst nicht wirklich als Unternehmer, sondern muss sich immer, in der Terminologie des Soziologen S, als "angestellten Direktor" betrachten. In seinem Selbstbild kann er daher nicht wirklich aufgewertet sein. Auch in sach- und fachkundigen Kreisen, auf deren kollegiale Anerkennung der örtliche Geschäftsführer Wert legen und die ihn psychisch stützen mag, ist angesichts der vielhundertfachen Verbreitung dieses "Modells" in der Märkten der Beklagten mit Sicherheit bekannt, wie eingeschränkt seine Gesellschafterstellung in Wahrheit ist, sodass er ein ihn stärkendes Prestige damit nicht gewinnen kann. Was bleibt, ist allein ein möglicherweise gesteigertes Ansehen des örtlichen Geschäftsführers in den Augen wenig informierter Dritter, das allenfalls seiner Eitelkeit, sollte er zur Eitelkeit neigen, zu schmeicheln geeignet ist, dessen allenfalls geringe motivationsbildende Wirkung der Senat aber nicht als ausreichend betrachtet, um sie rechtlich zu schützen. Der Senat hat - angeregt durch die oben zitierte Anmerkung von Flume schließlich erwogen, ob angesichts der weiten Verbreitung dieses "Geschäftsmodells" der Beklagten und der Tatsache, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten lediglich vorliegend der O1er und im Düsseldorfer Parallelverfahren der O3er örtliche Geschäftsführer sich gegen dessen Wirksamkeit gewandt haben, das harte Urteil der Sittenwidrigkeit empirisch überhaupt zu halten ist; er hat diese Frage - mit den Gründen des II. Zivilsenates des BGH - bejaht.

c. Die somit gegebene Sittenwidrigkeit des Rückübertragungsangebotes vom 31. 12. 1997 hat die Nichtigkeit auch des am gleichen Tag erfolgten Anteilserwerbs durch den Kläger zur Folge (§ 139 BGB). Beide Rechtsgeschäfte bilden eine Einheit. Denn es ist ausgeschlossen, dass dem Kläger sein Gesellschaftsanteil übertragen worden wäre, wenn den Parteien die Nichtigkeit des Rückübertragungsangebotes bekannt gewesen wäre.

- Der Einheitlichkeit steht nicht entgegen, dass die miteinander verbundenen Teile des Rechtsgeschäftes, hier Anteilserwerb und Rückübertragungsangebot, in getrennten Urkunden vorgenommen wurden (vgl. Palandt/Heinrichs, 63. Aufl. 2004, Rn 5 zu § 139 BGB; BGH, Urteil des V. Senates vom 9. 2. 1990, NJW 1990, 1473 ff., 1474, mwN.).

- Entscheidend für die Zusammengehörigkeit ist, dass nach dem für den Kläger erkennbaren Willen der Beklagten die Anteilsübertragung mit dem Angebot zur Rückübertragung "stehen und fallen" sollte (zu diesem Kriterium grundlegend BGH, Urteil des V. Senates vom 30. 4. 1976, NJW 1976, 1931 f., 1932). Dieser Wille folgt zunächst, als einem Indiz, aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Errichtung beider Urkunden am selben Tag unmittelbar nacheinander. Er folgt ferner daraus, dass die Beklagte bei allen ihren örtlichen Gesellschaften den örtlichen Geschäftsführer nach demselben Modell beteiligt und sich, wie sie auf Befragen des Gerichtes noch in der mündlichen Verhandlung vom 12. 5. 2004 unwidersprochen vorgetragen hat, in keinem Fall auf Regelungen einlässt, die eine Beendigung der Gesellschafterstellung des örtlichen Geschäftsführers an Kündigungsgründe bindet. Er folgt schließlich aus der für den Minderheitsgesellschafter großzügigen Regelung für die Kapitalaufbringung und Gewinnausschüttung, die beide Ausdruck des dem Kläger erkennbaren Bemühens der Beklagten sind, kein nennenswertes Kapital des örtlichen Geschäftsführers in der Gesellschaft anzusammeln. Schließlich spricht die "salvatorische Klausel" in dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 30. 12. 1997 (vgl. Bl. 50 d. A.) von einer "Gesamtregelung", in die sie eingebettet sei, womit nach Lage der Dinge nur das Rückübertragungsangebot vom selben Tag gemeint sein kann.

- Keine der salvatorischen Klauseln, weder die in dem Anteilsübertragungsvertrag noch die im Angebot auf die Rückübertragung enthaltene, verhilft dem Anteilserwerb zur Wirksamkeit. Zwar ist im Rahmen der Vertragsfreiheit eine Abbedingung von § 139 BGB möglich, was in grundsätzlich wirksamer Weise durch sogenannte "Ersetzungsklauseln" (vgl. dazu beispielsweise Münchner Kommentar/MayerMaly/Busche, 4. Aufl. 2001, Rn 5 zu § 139 BGB) erfolgen kann, wie sie hier Verwendung gefunden haben. Jedoch ist eine wirksame Ersetzung vorliegend nicht möglich, denn durch die Teilnichtigkeit des Rückübertragungsangebotes wird der Gesamtcharakter des Vertrag gerade in seinem wesentlichen Kern verändert (vgl. für eine ähnliche Konstellation das Urteil des IX. Senates des BGH vom 30. 1. 1997, NJW 1997, 684 ff., 685 re. Sp. oben). Eine Regelung, "die - so weit nur möglich - dem am nächsten kommt, was nach Sinn und Zweck dieses Vertrages gewollt ist", kann in dem hier vorliegenden Fall rechtlich wirksam nicht getroffen werden. Denn angestrebt war, dass die Beklagte sich jederzeit ohne Kündigungsgründe von ihrem örtlichen Geschäftsführer als Gesellschafter lösen können wollte. Keine diese weitgehende Freiheit bei der Trennung einschränkende Regelung wäre für die Beklagte interessengerecht gewesen. Die Beklagte hätte es, gerade im Hinblick auf die allgemeine Einführung dieses Geschäftsmodells in ihren vielen Betrieben, nach Überzeugung des Senates niemals hingenommen, an die einzelnen örtlichen Geschäftsführer als Gesellschafter über eine Kündigung bezüglich deren Organstellung hinaus gebunden geblieben zu sein. Eine einschränkende Auslegung der "Hinauskündigungsklausel" in dem Sinne, dass nur eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässig ist, scheidet damit aus.

- Die Nichtigkeit des Anteilserwerbs durch den Kläger scheitert auch, entgegen der vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 28. Mai 2004 (Bl. 594 ff. d. A.) geäußerten Auffassung, nicht daran, dass der Schutz des vor einer "Hinauskündigung" zu schützenden Gesellschafters eine Aufrechterhaltung der Wirksamkeit des Anteilserwerbs deswegen fordert, weil sonst der von der Beklagten gewollte sittenwidrige Zweck der "Hinauskündigung" auf einem anderen Weg erreicht würde. Die Auffassung des Klägers trifft nicht zu, dass bei einer Nichtigkeit des Anteilserwerbs das rechtswidrige Geschäftsmodell der Beklagten im Ergebnis aufrechterhalten würde. Auch für die Beklagte bleiben nämlich, sollte es im weiteren Verfahrensgang bei der Feststellung der Unwirksamkeit ihre Geschäftsmodells bleiben, sehr schwerwiegende Folgen: Sie verfügt mit ihren sämtlichen, hunderten, örtlichen Geschäftsführern nicht mehr über rechtlich wirksame Gesellschaftsverträge. Sie muss den örtlichen Geschäftsführern mitteilen, dass deren Beitritt durch die Anteilsübertragung unwirksam war und ihre Gesellschafterstellung nicht besteht. Die motivierende Wirkung dürfte dadurch, soweit sie überhaupt je bestanden hat, hinfällig werden, was zur Folge haben wird, dass die Beklagte sich, was wiederum erwünscht ist, künftig um eine rechtlich zulässige Gestaltung etwa in Form einer Tantiemenvereinbarung bemühen wird.

d. Da die A O1 als Gesellschaft schon vor dem Beitritt des Klägers gegründet und in das Handelsregister eingetragen war, ist nicht der Gesellschaftsvertrag dieser GmbH, die eine zulässige Einpersonen-GmbH darstellt, sondern lediglich der Betritt des Klägers unwirksam (vgl. zu dieser Situation Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl. 2002, Rn 70 ff. zu § 2 GmbHG; Baumbach/Hueck/Fastrich, 17. Aufl. 2000, Rn 38 f. zu § 2 GmbHG jeweils mwN.). Der Anwendung der Lehre von der "faktischen Gesellschaft" bedarf es nicht; der Kläger ist nicht Gesellschafter geworden, sein Gesellschaftsanteil ist nicht entstanden (vgl. Baumbach aaO. Rn 39). Wie dem Kläger seine Mitwirkung an der Tätigkeit der Gesellschaft für die Zeit seiner scheinbaren Mitgliedschaft auszugleichen ist, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits (weshalb es nicht darauf ankommt, ob und inwieweit der Kläger durch die Gewinnausschüttungen und die Ausgleichssumme abgefunden ist).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; der Kläger ist in diesem Rechtsstreit unterlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr., 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da sowohl die Fortbildung des Rechts wie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordern. Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. 7. 1990 in BGHZ 112, 103 ff. selbst ausgesprochen hat, sind die Voraussetzungen, unter denen besondere Umstände eine "Hinauskündigungs"regelung zulässig erscheinen lassen, bislang noch wenig geklärt; in den seither ergangenen Entscheidungen des BGH ist eine ausreichende Klärung noch nicht erfolgt. Ferner verneint der Senat die sachliche Rechtfertigung der "Hinauskündigungs"klausel im Hinblick auf das Geschäftsmodell der Beklagten der Senat und setzt sich damit in einen Gegensatz zu dem OLG Düsseldorf im Parallelfall.

Ende der Entscheidung

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