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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.12.2002
Aktenzeichen: 16 U 27/02
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 651 g I
BGB § 852 I
AGBG § 3
AGBG § 9 II Nr. 1
Zur Wirksamkeit einer Ausschlussfrist für deliktische Ansprüche in Reisebedingungen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Dezember 2001 -2-19 O 116/01 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Reisevertrag wegen mangelhafter Reiseleistungen bzw. Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend. Die Parteien streiten um den Ausschluss der Ansprüche wegen Versäumung der Anmeldefrist bzw. um Verjährung nach § 651 g Abs. 2 BGB, und zwar auch in Bezug auf deliktische Ansprüche.

Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Mallorca vom 3. bis zum 17. Juni 2000 für insgesamt DM 4.204 - (Bl. 83; 11/49 d.A.). Die Reiseanmeldung (Bl. 83 d.A.) enthielt außerdem den von der Klägerin gesondert unterschriebenen Hinweis auf die Reisebedingungen der Beklagten. Diese "Reise- und Zahlungsbedingungen" bestimmen unter Abschnitt 10 zu Nr. 10.7., die sich an Regelungen über Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung anschließt (Bl. 47 d.A.):

»Sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche müssen Sie innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vereinbarten Reiseende möglichst schriftlich uns gegenüber geltend machen. Nach dem Ablauf dieser Frist können Sie Ansprüche nur dann noch geltend machen, wenn Sie an der Einhaltung der Frist ohne Ihr Verschulden gehindert waren.«

Am letzten Urlaubstag (17. Juni 2000) stürzte die Klägerin in der Wartehalle des Hotels von der obersten Stufe einer dort befindlichen Marmortreppe hinunter und verletzte sich erheblich.

Am 25. August 2000 beauftragte die Klägerin ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Dieser meldete mit Schreiben vom 28. August 2000 bei der Beklagten Schadensersatzansprüche an (Bl. 18-20 d.A.).

Mit Schreiben vom 4. September 2000 (Bl. 21 d.A.) lehnte die Beklagte Forderungen ab, teilte jedoch auch mit, dass sie das Schreiben der Klägerin an ihre Haftpflichtversicherung weitergeleitet habe. Diese wiederum lehnte mit Schreiben vom 29. September 2002 ebenfalls Ansprüche der Klägerin ab (Bl. 22 d.A.).

Wegen des Unfalls verlangt die Klägerin Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich ihres von einer Versicherung nicht übernommenen materiellen Schadens sowie ein Schmerzensgeld von mindestens DM 10.000,-.

Die Klägerin hat behauptet, ihr habe kein Katalog mit den Reisebedingungen der Beklagten zur Verfügung gestanden. Die Unterschrift in der Anmeldung sei als Routinevorgang verlangt worden. Auch die Reisebestätigung habe die Reise- und Zahlungsbedingungen nicht im Einzelnen aufgeführt. Ihre Ansprüche seien deshalb nicht verfristet. Angesichts der Schwere ihrer Verletzungen sei ihr nicht zumutbar gewesen, ihre Ansprüche vor Ende August 2002 anzumelden. Auch über die kurze Verjährungsfrist sei sie nicht belehrt worden.

Zum Unfall selbst hat sie vorgetragen, dass Ursache die ungenügende Sicherung der wegen des hochglänzenden Marmors rutschigen Hoteltreppe gewesen sei. Der angebrachte Rutschstopp habe die Sturzgefahr sogar noch erhöht.

Die Beklagte hat die Ansprüche der Klägerin wegen Versäumung der Monatsfrist als verwirkt, im Übrigen als verjährt angesehen. Bei der Buchung der Reise im Reisebüro habe ein Katalog mit den Reisebedingungen vorgelegen; nach diesem Katalog sei die Reise gebucht worden. Die Verletzungen der Klägerin hätten eine rechtzeitige Anspruchsanmeldung nicht gehindert. Im Übrigen habe sie keine Verkehrssicherungspflicht verletzt; die Klägerin sei aus eigener Unachtsamkeit gestürzt.

Das Landgericht hat über das Vorhandenseins eines Katalogs bei der Buchung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., der Reisebüromitarbeiterin, und B. A., des Ehemannes der Klägerin (Bl. 100-102 d.A.).

Danach hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil ein Schadensersatzanspruch nach § 651 f BGB wegen Fristversäumnis ausgeschlossen und zudem auch verjährt sei. Das gelte aufgrund der wirksam vereinbarten Reisebedingungen auch für deliktische Ansprüche. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 104-115d.A.).

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Ansprüche, soweit sie deliktischer Art sind, weiterverfolgt.

Sie rügt fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht. Rechtsirrig habe dieses angenommen, dass sie mit deliktischen Ansprüchen ausgeschlossen sei. Der Haftungsausschluss in den Reisebedingungen der Beklagten sei weder wirksam vereinbart, noch halte er einer Inhaltskontrolle stand. Eine analoge Anwendung von § 651 g Abs. 1 BGB auf deliktische Ansprüche komme nicht in Betracht.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen materiellen Schaden dem Grunde nach zu ersetzen, den sie aufgrund des Unfallereignisses vom 17. 06. 2000 erlitten hat, soweit dieser nicht durch eine Versicherung übernommen wurde;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 5.112,92 (DM 10.000,-), nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil hält einer Überprüfung stand. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.

1. Nach der Berufungsbegründung werden ausdrücklich nur noch deliktische Ansprüche zur Entscheidung gestellt. In Bezug auf ihre vertraglichen Ansprüche nimmt die Klägerin die landgerichtliche Entscheidung damit hin. Auf die Rechtslage hinsichtlich vertraglicher Ansprüche kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.

2. Unstreitig hat die Klägerin Ansprüche aufgrund ihres Unfalles auf einer bei der Beklagten gebuchten Reise nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach dem vertraglich vereinbarten Ende der Reise bei der Beklagten angemeldet. Die Reise endete am 17. Juni 2000; die Anmeldung von Ansprüchen erfolgte erst mit anwaltlichem Schreiben vom 28. August 2000, das am nächsten Tag bei der Beklagten einging.

3. § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB, der eine solche Monatsfrist bestimmt, gilt seinem Wortlaut nach nur für Ansprüche nach den §§ 651 c bis 651 f BGB, also für reisevertragliche Ansprüche. Die Klägerin macht hier jedoch deliktische Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB geltend. Eine unmittelbare Geltung dieser Vorschrift für deliktische Ansprüche wird deshalb allgemein abgelehnt (Staudinger/Eckert, BGB, § 651g RN 25; Tonner in MünchKomm-BGB, § 651g RN 2; Führich, Reiserecht, RN 360; Seyderhelm, Reiserecht, BGB § 651 g RN 7; a.A. LG Frankfurt am Main [24. ZK] - 6.11.1989- NJW 1990, 520). Diese Auffassung teilt auch der Senat.

4. Grundlage für die notwendige Einhaltung einer Anmeldefrist von einem Monat auf deliktische Ansprüche kann deshalb nicht § 651 g Abs. 1 BGB, sondern nur die inhaltsgleiche Klausel Nr. 10.7. in den Reise- und Zahlungsbedingungen (AGB) der Beklagten sein.

4.1. Die Klägerin hat die Frage, ob die AGB der Beklagten überhaupt in den Vertrag der Parteien einbezogen wurden, im Berufungsverfahren nicht mehr aufgegriffen, sondern geht selber von einer wirksamen Einbeziehung aus.

4.2. Die streitige Klausel ist auch rechtswirksam.

4.2.1. Ein Verstoß gegen das Verbot von abweichender Vereinbarungen zum Nachteil von Reisenden (§ 651 m BGB [a.F. = Satz 1 n.F.]) liegt schon deshalb nicht vor, weil diese Vorschrift nur für die vertraglichen Ansprüche der §§ 65~\aff BGB gilt.

4.2.2. Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich hierbei nicht deshalb um eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 des hier noch anwendbaren AGBG (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB), weil der Verbraucher nicht damit rechne, dass ihm durch die Reisebedingungen eine Rechtsposition außerhalb des Reisevertrags rechts entzogen werde, zumal die Beklagte ihrer Informationspflicht nach § 3 Abs. 2 Buchst, h InfVO a.F. nicht nachgekommen sei.

Da gerade bei Unfällen auf einer Reise vertragliche und deliktische Ansprüche konkurrieren, ist es nicht ungewöhnlich, dass sich die Reisebedingungen auch mit deliktischen Ansprüchen befassen. Zudem trifft diese Klausel für deliktische Ansprüche lediglich eine Regelung, wie sie für vertragliche Ansprüche bereits ohnehin gesetzlich gilt. Eine solche Ausschlussfrist für Ansprüche aufgrund einer Reise ist also der geltenden Rechtsordnung durchaus nicht fremd.

Diese kannte bzw. kennt vielmehr in Art. 8 Abs. 6 Satz 1 des Finanzvertrages zum NATO-Truppenstatut und jetzt in Art. 6 des Ausführungsgesetzes zum NATO-Truppenstatut Vorschriften mit vergleichbarer Zielrichtung gerade in Bezug auf deliktische Ansprüche (vgl. BGH - 6.2.1961 - Z 34, 230 [231]).

Auf einen etwa fehlenden besonderen Hinweis nach § 3 Abs. 2 Buchst, h InfVO kommt es also nicht an. Die Klägerin behauptet im Übrigen selber nicht, sie habe gerade wegen Fehlens eines solchen Hinweises darauf vertraut, dass es in Bezug auf den Reisevertrag mit der Beklagten keine Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen gebe. Im Gegenteil trägt sie vor, dass sie die Erklärung, die Reisebedingungen der Beklagten anzuerkennen, nur als Routinevorgang unterschrieben habe und sie sich weiterer Rechtswirkungen nicht bewusst gewesen sei.

4.2.3. Darüber hinaus ist die Klausel entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. unwirksam.

a) Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass diese Auffassung vertreten wird. Danach bedeute eine Erstreckung der Ausschlussfrist auch auf deliktische Ansprüche eine Einschränkung der Geltendmachung solcher Ansprüche, die mit dem Grundgedanken der §§ 651 g, 651 m BGB unvereinbar und deshalb unwirksam sei (so: OLG München - 11.12.1986 - NJW-RR 1987, 493 [494]; Tonner in Münch-Komm-BGB [3. Aufl.], § 651g RN 2; ders., Der Reisevertrag [4. Aufl.], § 651g RN 18; Seyderhelm, Reiserecht, BGB § 651g RN 7; Pick, Reiserecht, § 651g RN 13, der diese Aussage allerdings auf die Verjährungsfrage bezieht).

Das ist jedoch nicht nachvollziehbar, weil sich die genannten Vorschriften bereits von ihrem Standort im BGB her überhaupt nicht mit deliktischen Ansprüchen befassen und auch nicht befassen wollen und deshalb eine Aussage zu deliktischen Ansprüchen nicht erlauben.

Soweit Tonner (Der Reisevertrag a.a.O.) meint, es gebe keinen Grund, den durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Reiseveranstalters geschädigten Reisenden schlechter zu stellen als einen Dritten, der mit dem Reiseveranstalter nicht vertraglich verbunden sei, ist gerade das der entscheidende Unterschied, der eine Gleichbehandlung beider Anspruchsarten bei dem ersteren Personenkreis sehr wohl rechtfertigt.

Darüber hinaus meint Tonner (Anm. zu LG Frankfurt am Main in RRa 1999, 88 [92]), die ratio des § 651 g Abs. 1 BGB treffe deshalb auf deliktische Ansprüche nicht zu, weil der Reisende hier das Verschulden beweisen müsse und sich nicht wie bei vertraglichen Ansprüchen auf die Beweislastumkehr des § 282 BGB a.F. verlassen könne. Auch dieses Argument vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Im Rahmen der Ausschlussfrist kommt es einzig und allein darauf an, (mögliche) Ansprüche überhaupt erst einmal anzumelden, nicht dagegen, diese bereits durchzusetzen und im Streitfalle zu beweisen. Allein aus einer lediglich befürchteten Beweisbedürftigkeit in einem nur möglichen künftigen Rechtsstreit, zu dem es in der überwiegenden Zahl von Reiseunfällen gar nicht erst kommt, herleiten zu wollen, dass es sich hier bereits um eine Benachteiligung des Reisenden handele, die nicht noch durch eine Ausschlussfrist verstärkt werden dürfe, hält der Senat nicht für ein überzeugendes Argument.

b) Demgegenüber kommt der Bestimmung einer relativ kurzen Frist zur Anmeldung von Ansprüchen durchaus ein nachzuvollziehender, zu rechtfertigender Sinn zu. Dieser besteht darin, den Reisenden zu einer schnellen Entscheidung über die Geltendmachung seiner Ansprüche zu bringen und dem Reiseveranstalter Kenntnis davon zu verschaffen, sodass dieser nunmehr seine Dispositionen treffen kann. Das liegt im Interesse beider Parteien; denn je mehr Zeit nach Vertragsende vergeht, umso schwieriger ist es, den anspruchsbegründenden Sachverhalt zureichend aufzuklären. Für den Reiseveranstalter ist die alsbaldige Kenntnis von den Ansprüchen auch deshalb von Bedeutung, weil er gegebenenfalls Regressansprüche gegen den Leistungsträger geltend machen will (Tonner in Münch-Komm-BGB, § 651 g RN 1). Dieser Sinn und Zweck der Regelung trifft unter -schiedslos sowohl auf vertragliche wie deliktische Ansprüche zu (Führich, Reiserecht, RN 360).

Für eine Zulässigkeit einer Ausschlussfrist auch für deliktische Ansprüche spricht deshalb entscheidend, dass eine unterschiedliche Abwicklung der Rechtsbeziehungen des Reisenden zum Reiseveranstalter aus einem einheitlichen Lebenssachverhalt im Hinblick auf die vom Gesetz bezweckte schnelle Klärung der Ansprüche unsinnig erscheint (LG Frankfurt am Main [19. ZK]-21.12.2001 - RRa 2002, 68 [70]; Führich a.a.O.; Staudinger/Eckert, BGB, § 651g RN 25; Recken in BGB-RGRK, § 651g RN3).

Da der Reisende bei der Anspruchsanmeldung die Schadenshöhe noch nicht beziffern muss, schließt die verkürzte Anmeldefrist die Geltendmachung späterer Schadensfolgen ja auch nicht aus (Führich a.a.O.; Recken a.a.O.).

c) Die Zulässigkeit einer vereinbarten Ausschlussfrist für deliktische Ansprüche rechtfertigt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Verjährungsfristen.

Da deliktische Ansprüche nach früherem Recht (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.) erst nach 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, ungeachtet einer Kenntnis 30 Jahre nach der Handlung verjährten, würde es, wenn man der ablehnenden Auffassung folgen würde, ausgereicht haben, dass der Reisende- etwa bei Spätschäden - erst nach Jahr und Tag deliktische Ansprüche aus einem Reiseunfall gerichtlich geltend macht und dadurch dem Reiseveranstalter erstmals Kenntnis davon verschafft. Nach so einer Zeitspanne ist es dem Reiseveranstalter kaum noch möglich, den Sachverhalt aufzuklären, von einer fehlenden Regressmöglichkeit ganz abgesehen. Aber auch der Reisende selbst könnte in Beweisnot geraten, da er bei deliktischen Ansprüchen die volle Beweislast trägt.

Auch nach neuem Recht hat sich insoweit nichts Wesentliches geändert. Für deliktische Ansprüche gilt jetzt auch die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F.). Darüber hinaus gilt unabhängig von der Kenntnis bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit ebenfalls eine 30-jährige Verjährungsfrist ab der schädigenden Handlung (§ 199 Abs. 2 BGB n.F.). Deshalb wird auch in Zukunft die Sachverhaltsaufklärung nicht verbessert. Dem muss im Interesse beider Parteien vorgebeugt werden dürfen.

Damit verstößt eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die auch für deliktische Ansprüche eine Anmeldefrist von einem Monat wie bei vertraglichen Ansprüchen vorsieht, nicht gegen wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der (angeblich) abgewichen wird, zumal eigentlich gar nicht ersichtlich ist, von welcher gesetzlichen Regelung in Bezug auf deliktische Ansprüche überhaupt abgewichen worden sein soll (LG Frankfurt am Main [21. ZK] -19.5.1998-RRa 1998, 160 m. zust. Anm. Bechhofer und-29.9.1998- RRa 1999, 88 [90] m. abl. Anm. Tonner; im Ergebnis ebenso: Erman/Seiler, BGB, § 651 g RN 1).

4.2.4. Gegen § 11 Nr. 7 AGBG a.F. kann die verfahrensgegenständliche Klausel schon deshalb nicht verstoßen, wie die Klägerin weiter meint, weil dieses Verbot vertragliche Ansprüche betrifft. Für (reise-)vertragliche Ansprüche hat der Gesetzgeber jedoch gerade die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB geschaffen. Wenn aber der Gesetzgeber in einer Ausschlussfrist für die Anmeldung von vertraglichen Ansprüchen keinen Widerspruch zu einem Haftungsausschluss sieht, dann gilt das erst recht für deliktische Ansprüche.

5. Hat die Klägerin somit eine wirksam vereinbarte Ausschlussfrist versäumt, so hilft ihr auch Nr. 10.7 Satz 2 der Reise- und Zahlungsbedingungen der Beklagten (entspricht § 651 g Abs. 1 Satz 2 a.F. = Satz 3 n.F. BGB) nicht weiter; denn an der Einhaltung der Frist war sie nicht ohne ihr Verschulden gehindert.

5.1. Allerdings soll ein Verschulden entfallen, wenn der Reiseveranstalter den Reisenden nicht gemäß seiner Informationspflicht nach § 3 Abs. 2 Buchst, h InfVO a.F. auf die Ausschlussfrist hingewiesen hat (LG Frankfurt am Main - 21.12.2001 - a.a.O. [69]; vgl. Führich, Reiserecht, RN 372).

Der entsprechende Hinweis ist jedoch in Nr. 10.7 der Reise- und Zahlungsbedingungen der Beklagten enthalten, die wiederum im Reisekatalog der Beklagten abgedruckt waren.

Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 InfVO a.F. muss der Hinweis nicht zwingend in der Reisebestätigung enthalten sein; der Reiseveranstalter kann seiner Informationspflicht vielmehr auch dadurch nachkommen, dass er auf die in einem von ihm herausgegebenen und dem Reisenden zur Verfügung gestellten Prospekt enthaltenen Angaben verweist, die den Anforderungen entsprechen. Das ist geschehen.

Das Landgericht ist aufgrund der vor ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass bei der Buchung der Reise durch die Klägerin ein Katalog der Beklagten vorlag, aus dem die Reise ausgewählt worden war. Dementsprechend hat die Klägerin bei der Buchung mit ihrer Unterschrift auch ausdrücklich bestätigt, die allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten anzuerkennen. Außerdem enthält die Reisebestätigung den nochmaligen Hinweis, dass die Reisebedingungen anerkannt worden und Vertragsbestandteil seien. Dies greift die Klägerin nicht an.

5.2. Soweit die Klägerin auch in dem Umstand ihrer Verletzungen selbst einen Grund sieht, der ein Verschulden an der Fristversäumung ausschließe, teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Bei dem Unfall hat die Klägerin eine Fraktur des linken Daumens, mehrere Frakturen am linken Oberarm, einen Kapselriss am linken Arm, einen Bruch der rechten großen Fußzehe sowie Prellungen und eine Verletzung am Schneidezahn erlitten. Diese Unfallfolgen waren jedoch keineswegs so schwerwiegend, dass die Klägerin nicht einmal imstande gewesen sein soll, etwa ihrem mitreisenden und mit dem Unfallgeschehen vertrauten Ehemann eine Vollmacht zur Anmeldung von Ansprüchen zu erteilen.

Damit bleibt es dabei, dass die Anmeldefrist versäumt ist und die Klägerin deshalb (auch) mit deliktischen Ansprüchen ausgeschlossen ist.

6. Auf die Verjährungsfrage kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit mit Vollstreckungsschutz ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 bis 3, 709 Satz 2 ZPO n.F..

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil es offensichtlich an einer höchstrichterlichen Entscheidung zu der hier behandelten Rechtsfrage fehlt. Auch ist in dieser Sache eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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