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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.11.2005
Aktenzeichen: 17 U 218/04
Rechtsgebiete: BGB, HBO, ProdHaftG


Vorschriften:

BGB § 823
HBO § 20
ProdHaftG § 1
ProdHaftG § 4
Zu Schadensersatzansprüchen aufgrund von im Hausbau eingesetzten natürlichen Dämmmaterials (hier: Mottenbefall an Schafswolle).
Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aufgrund von im Hausbau eingesetzten natürlichen Dämmmaterials.

Die Klägerin und XY waren zusammen in einer GbR verbunden und errichteten als solche das streitgegenständliche Haus auf dem im Eigentum der GbR stehenden Grundstück in O1, auf den entsprechenden Grundbuchauszug (Blatt 6146 des Grundbuchs von Niederrad, Bl. 126 d. A.) wird verwiesen.

Als Dämmstoff verwendeten sie dabei Schafswolle, welche durch den vormaligen Beklagten zu 3 eingebaut wurde. Die Schafswolle wurde vom früheren Mitgesellschafter Y in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer K.O.S.T 2000 GmbH vom Beklagten zu 2 erworben, hergestellt hatte die Schafswolle der Beklagte zu 1. Die Schafswolle hat keine Zulassung als Bauprodukt des Deutschen Instituts für Bautechnik.

Im Frühjahr 2000 kam es zu einem Mottenbefall der Schafswolle. Aufgrunddessen musste bereits eine Teilsanierung des Hauses durchgeführt werden.

Der Mottenbefall der Schafswolle war Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main, die Akten 2-23 OH 2/01 des Landgerichts Frankfurt am Main wurden hinzugezogen. Auf das in diesem Verfahren eingeholte Gutachten der Dipl.-Min. Dr. A vom 27.03.2002 wird vollumfänglich verwiesen.

Im Jahre 2001 schied der Gesellschafter Y aus der GbR aus. Der Gesellschafter Y trat durch Abtretungsvereinbarung vom 18./20.01.2001 seine Ansprüche aus dem Schädlingsbefall an die Klägerin ab, dies erfolgte auch, soweit solche Ansprüche der GbR zustanden. Auf die Abtretungsurkunde wird insoweit verwiesen (Bl. 127 d. A.).

Die Klägerin ist der Ansicht, die Schafswolle sei schadhaft gewesen, insbesondere nicht ausreichend gegen Mottenbefall geschützt. Deswegen sei der Beklagte zu 1 als Hersteller und der Beklagte zu 2 als Händler ihr gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Dieser umfasse insbesondere auch die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten, welche in einer Komplettsanierung bestünden. Hierfür seien EUR 72.000 aufzuwenden.

Der Beklagte zu 1 behauptet, der Fehler sei erst entstanden, nachdem er die Schafswolle ausgeliefert habe, diese sei nämlich beim Beklagten zu 3 nicht ordnungsgemäß gelagert worden. Der Beklagte zu 2 behauptet weiterhin, die unstreitig nicht eingebaute Dampfsperre sei ebenfalls für den Mangel der Schafswolle verantwortlich.

In erster Instanz hat die Klägerin mit dem vormaligen Beklagten zu 3 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, demzufolge die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin gegen den vormaligen Beklagte zu 3 durch Zahlung eines Betrages von EUR 17.000,00 abgegolten sind (Bl. 134/135 d. A.).

Hinsichtlich des übrigen Vorbringens erster Instanz kann auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.09.2004 verwiesen werden (Bl. 186 ff d. A.).

Das Landgericht hat durch dieses Urteil, der Klägerin zugestellt am 24.09.2004 (Bl. 203 d. A.), die Klage gegen die beiden Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen.

Dabei hat das Landgericht bereits den Schutzbereich des §§ 1, 4 ProdHaftG als nicht betroffen angesehen, da lediglich die Schafswolle selbst als hergestelltes Produkt mangelhaft gewesen sei, hierdurch aber keine Schäden an anderen Teilen des Bauwerks verursacht worden seien.

Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB scheide ebenfalls aus, da die Klägerin zu 1 nie Eigentümerin eines mangelfreien Hauses gewesen sei und daher eine Eigentumsverletzung nicht vorliegen könne. Auch ein sogenannter "weiterfressender Mangel" liege nicht vor, da vorliegend von der Stoffgleichheit des eingetretenen Schadens mit dem Minderwert auszugehen sei.

Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20 HBO fehle es bereits an der Verletzung des Schutzbereiches der bauordnungsrechltichen Norm, diese schütze nicht Vermögensinteressen des Bauherrn.

Entsprechend sei auch der auf die zukünftigen Schäden gerichtete Feststellungsantrag mangels Bestehen etwaiger Schadensersatzansprüche jedenfalls unbegründet.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 22.10.2004 (Bl. 217 d. A.), bei Gericht eingegangen am gleichen Tag. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Ziel der vollumfänglichen Verurteilung der beiden Beklagten nach den erstinstanzlichen Anträgen weiter.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des am 22.09.2004 verkündeten Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main,

1. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin EUR 72.000,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, davon EUR 1.559,38 gesamtschuldnerisch mit der ehemaligen Beklagten zu 3;

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der aus der Verwendung der als Baustoff nicht zugelassenen Schafwolle im Haus ...-Straße ... in O2 noch entsteht.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Klägerin als Partei zur Eigentumssituation des streitgegenständlichen Hauses vernommen, hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2005 (Bl. 369 d. A.) verwiesen werden.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin steht zunächst kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Ein solcher Anspruch könnte sich nur aus abgetretenem Recht ergeben, denn Eigentümerin des Hauses zum Zeitpunkt seiner Errichtung war die GbR und nicht die Klägerin selbst. Die auch im Rahmen der Parteivernehmung der Klägerin geäußerte Ansicht der Klägerin, derzufolge sie mit Herrn Y je zu einer ideellen Hälfte Miteigentümerin des Hauses gewesen sei, wird durch den Grundbuchauszug vom 07.01.2003 (Bl. 126 d. A.) widerlegt.

Die Klägerin selbst war nie Eigentümerin eines mangelfreien Hauses und auch nicht der mangelfreien Schafswolle.

Die der GbR zustehenden Ansprüche sind aufgrund der Abtretungserklärung vom 18./20.01.2001 an die Klägerin abgetreten worden, diese hat die Abtretung auch angenommen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Abtretung wirksam war oder wegen Verstoßes gegen die Vorschrift des § 181 BG schwebend unwirksam, denn auch der GbR als Eigentümerin des Hausgrundstücks standen keine Ansprüche gegen die Beklagten zu. Die Abtretung geht insoweit ins Leere.

Die Klägerin macht gegen die verbliebenen Beklagten Forderungen geltend, die ihrem Wesensgehalt nach vertragliche, dem Gewährleistungsrecht zuzurechnende Ansprüche darstellen, die richtigerweise gegen den vormaligen Beklagten zu 3 zu richten gewesen wären.

Es ist zu keinem Zeitpunkt das Eigentum der GbR durch die Beklagten gemäß § 823 Abs.1 BGB beschädigt worden.

Dabei ist zunächst eine Substanzverletzung des Eigentums nicht vorgetragen. Lediglich die gelieferte und eingebaute Schafswolle ist mangelhaft, sonstige Teile des Hauses sind nicht verletzt worden.

Nach dem im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eingeholten Gutachten der Sachverständigen A ist nur von einer Beeinträchtigung der Schafswolle auszugehen. Die Holzkonstruktion des Hauses ist nicht betroffen. Bereits im erstinstanzlichen Urteil wurde dargestellt, dass lediglich die gelieferte Schafswolle mangelhaft ist, jedoch keine weiteren Teile des Hauses durch die mangelhafte Schafswolle beschädigt sind. Eine Tatbestandsberichtigung wurde nicht beantragt.

Auch im Rahmen der Berufung wurde nicht vorgetragen, dass andere Bauteile als die Schafswolle selbst bereits beschädigt wurden. Anhaltspunkte für eine bereits jetzt vorliegende Schädigung der Holzkonstruktion ergeben sich keine. Eine bloße Gefahr der Schädigung, auch durch die erst in 2. Instanz vorgetragene Gefahr des Pilzbefalls - wobei die Verspätung dieses Vortrages dahingestellt bleiben kann - kann nicht zum Schadensersatz wegen einer Eigentumsverletzung führen.

Die mangelhafte Schafswolle ist in das Haus eingebaut worden, als die GbR Eigentümerin des noch nicht fertiggestellten Hauses war. Die Verschaffung eines mit Mängeln behafteten Bauwerks ist keine Verletzung schon vorhandenen Eigentums (siehe BGHZ 39, 366, 367), dies gilt gleichermaßen für die Verbindung eines mit Mängeln behafteten Teiles eines Bauwerks mit einem bereits bestehenden, im Eigentum des Bestellers stehenden Bauwerks (BGH, NJW 1985, 194; NJW 1981, 2248, 2249).

Auch nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des "weiterfressenden Schadens" kann kein Schadensersatzanspruch in Rede stehen. Unabhängig davon, dass sich der Schaden der Schafswolle noch nicht "weitergefressen" hat, finden diese Grundsätze nur dann Anwendung, wenn ein Mangel an einem abgrenzbaren Teil der gelieferten Sache vorliegt und dieser Fehler nach der Eigentumsübertragung die Beeinträchtigung der im übrigen einwandfreien Sache verursacht (siehe Rolland, Produkthaftungsrecht, § 1 Rdnr. 44). Dies betrifft die Fälle, in welchen ein mit diesem mangelhaften Teil versehenes Endprodukt übereignet (Maschine mit defektem Schwimmerschalter, BGHZ 67, 359) wird oder ein solches Endprodukt hergestellt (Pkw mit defektem Gaszug, BGHZ 86, 256 = NJW 1983, 810) und nachher als solches übereignet wird (siehe auch BGH, NJW-RR 2001, 459). Vorliegend ist die Schafswolle aber bereits vor Einbau übereignet bzw. durch den Einbau ins Eigentum der GbR übergegangen. Die Sachgesamtheit "Haus" ist nicht als Endprodukt mit dem Mangel an einem abgrenzbaren Teil an die GbR übertragen worden.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung grenzt die Fälle des "weiterfressenden Mangels" durch die jeweilige Schutzrichtung der deliktischen und der vertraglichen Bestimmungen voneinander ab. Die deliktischen Schutz- und Verkehrspflichten sind nicht darauf gerichtet, die Erwartungen des Käufers bzw. Bestellers zu schützen und Wert und Nutzungsmöglichkeit einer mangelhaften Sache zu erhalten. Der Schutz dieser Erwartungen ist regelmäßig alleine Aufgabe der Vertragsordnung (Nutzungs- und Äquivalenzinteresse). Die deliktischen Verkehrs- und Schutzpflichten sind vielmehr darauf gerichtet, dass durch die von dem Hersteller in den Verkehr gegebene Sache nicht das Eigentum oder der Besitz gestört wird (Integritätsinteresse) (BGH, NJW 1983, 810, 811, so auch Möschel, Der Schutzbereich des Eigentums nach § 823 Abs. 1 BGB, JuS 1977, 1, 5).

Danach ist eine deliktische Haftung nur anzunehmen, wenn keine "Stoffgleichheit" zwischen dem geltend gemachten Schaden und dem Unwert, der der Sache wegen ihrer Mangelhaftigkeit bereits bei Erwerb anhaftete, vorliegt. Im anderen Fall sind nämlich nur enttäuschte Vertragserwartungen berührt, für deliktische Schadensersatzansprüche ist dann kein Raum (BGH, a.a.O.).

Von dieser Stoffgleichheit ist vorliegend auszugehen. Der Unwert, der der Sache wegen ihrer Mangelhaftigkeit bereits bei Erwerb anhaftete, kann nämlich nicht nur der Minderwert der Sache an sich sein (das heißt, die Wertminderung der Sache aufgrund der Mangelhaftigkeit), sondern es sind auch die Kosten zu berücksichtigen, die im direkten Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit der Sache stehen. Dies sind die Aufwendungen, die getätigt werden müssen, um die mangelhafte Sache zu beseitigen. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob der Geschädigte zur Reparatur bzw. Erneuerung der Sache Kosten wie das Verbringen eines Fahrzeuges zur Reparaturwerkstatt und Ausbau verschiedener Teile des Fahrzeuges zur Erneuerung des Gaszuges aufwenden muss (siehe BGH, a.a.O.) oder für den Ausbau der mangelhaften Sache Aufwendungen zur Freilegung der Wärmedämmung erbringen muss. Fehlende Stoffgleichheit wäre entsprechend der Entscheidung BGH, a.a.O., nur dann anzunehmen, wenn durch die mangelhafte Wärmedämmung das übrige Haus beschädigt oder zerstört worden wäre. Hiervon ist aber nicht auszugehen.

Allerdings ist nicht nur eine - hier nicht vorliegende - Substanzverletzung als Eigentumsverletzung einzuordnen, sondern auch eine Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache wird als Eigentumsverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB angesehen (BGH NJW-RR 1995, 342, 343; NJW 1994, 517, 518; 1990, 1172). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Einwirkung auf die Sache erfolgt, durch die deren bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird. Zwar muss es grundsätzlich der Vertragshaftung vorbehalten bleiben, das Interesse des Verbrauchers oder Benutzers an der Gebrauchstauglichkeit eines Produktes zu schützen. Allerdings sind bei Produkten, die nach ihrem Verwendungszweck der Bearbeitung oder Einwirkung auf im Eigentum des Verwenders oder Dritter stehender Sachen dienen, die Gebrauchserwartungen, die der Rechtsverkehr an eine gefahrlose Anwendung des Produktes knüpft, auch nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundlagen geschützt (BGH, NJW 1994, a.a.O.).

Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Die Schafswolle ist nicht zur Bearbeitung oder Einwirkung auf im Eigentum der Klägerin stehende Sachen gedacht (wie dies z.B. bei einem Gewindeschneidemittel im Hinblick auf die zu schneidenden Leitungen der Fall ist, siehe BGH, NJW-RR 1995 a.a.O.; NJW 1994 a.a.O.).

Darüber hinaus kann eine Gebrauchseinwirkung auch dann als Eigentumsverletzung angesehen werden, wenn die Beeinträchtigung der Brauchbarkeit von der Intensität mit einer Substanzverletzung vergleichbar sind.

Eine solche Beeinträchtigung ist nicht vorgetragen. Das Haus der Klägerin kann nach wie vor bewohnt werden, es kann auch beheizt werden. Dass die Heizkosten durch die mangelhafte Wärmedämmung höher sind als im Normalfall mit funktionierender Wärmedämmung - was die Klägerin in der Berufung vorträgt - bedeutet nicht, dass die Brauchbarkeit wesentlich beeinträchtigt wird. Eine übermäßige Nässe der Wände, welche ein Bewohnen des Hauses unzumutbar machen würden, wurden von der Klägerin nicht vorgetragen. Auch die Situation in den von der Klägerin angeführten Nachkriegsbauten führte nicht zur Unbewohnbarkeit der Häuser.

Es ergibt sich weiterhin auch kein Anspruch der Klägerin aus Vorschriften des ProdHaftG, weder originär, noch aus abgetretenem Recht.

Dabei ist eine Haftung des Beklagten zu 2 nach den Vorschriften des ProdHaftG bereits deswegen nicht anzunehmen, da er kein Hersteller im Sinne von § 4 ProdHaftG ist. Danach ist Hersteller eines Produktes nur, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Dies ist jedoch lediglich der Beklagte zu 1. Der Beklagte zu 2 hat lediglich den Vertrieb der Schafswolle übernommen. Dies ist kein Herstellen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG. Dass der Beklagte zu 2 sich durch Anbringen von Namen oder Marken als Hersteller ausgegeben hätte (§ 4 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG), wurde nicht vorgetragen. Auch aus § 4 Abs. 2 ProdHaftG lässt sich die Herstellereigenschaft nicht entnehmen, der Beklagte zu 2 hat die Schafswolle nicht in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt oder verbracht, die Schafswolle wurde stattdessen vom in Deutschland ansässigen Beklagten zu 2 von dem ebenfalls in Deutschland ansässigen Beklagten zu 1 bezogen.

Da der Hersteller (bei natürlichen Produkten ist dies derjenige, der das Produkt gewonnen hat bzw. in den Verkehr bringt, siehe Palandt-Sprau, BGB, 64. Auflage, § 4 ProdHaftF, Rdnr. 2) bekannt ist, entfällt auch die Haftung des Beklagten zu 2 gemäß § 4 Abs. 3 ProdHaftG.

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 scheitert daran, dass kein anderes Produkt als das hergestellte - die Schafswolle - mangelhaft ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG ist die Haftung wegen Sachbeschädigung nur auf andere Sachen, als das hergestellte fehlerhafte Produkt, beschränkt. Mangelhaft ist allerdings nur die Schafswolle, nicht aber andere Teile des Hauses. Diesbezüglich kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Ob im Rahmen der Vorschriften des ProdHaftG auch der Schaden durch einen "weiterfressenden Mangel" ersetzt wird, kann dahingestellt bleiben (siehe dazu Münchener Kommentar/Wagner, BGB, 4. Auflage, § 1 ProdHaftG, Rdnr. 10 ff; Katzenmeier, Produkthaftung und Gewährleistung des Herstellers teilmangelhafter Sachen, NJW 1997, 486, 492; Rolland, § 1 ProdHaftG Rdnr. 44, jeweils mit weiteren Nachweisen), da kein solcher "weiterfressender Mangel" vorliegt. Der Hersteller der Schafswolle hat nicht etwa eine Sachgesamtheit hergestellt, von der die Schafwolle ein abgrenzbarer, mangelhafter Teil war, sondern hat ein Produkt hergestellt, welches von einem anderen in eine andere Sachgesamtheit eingebaut wurde.

Auch aus der Haftung des Herstellers von Teilen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, 3. Alt. ProdHaftG ergibt sich keine Haftung des Beklagten zu 1 als Hersteller der Schafswolle. Ist die Schafswolle als selbständiges Teil der Sachgesamtheit Haus anzusehen, so fehlt es an der Beschädigung anderer selbständiger Teile des Hauses. Ist die Schafswolle unselbständiger Teil der Sache Haus, so ist das gesamte Haus Gegenstand der Produkthaftung und es fehlt die Beschädigung einer anderen Sache als das mangelhafte Haus.

Es kann ebenfalls dahingestellt bleiben, ob die Rechtsprechung zum Schutzbereich des Eigentums aus § 823 Abs. 1 BGB, welches eine Eigentumsbeeinträchtigung auch dann annimmt, wenn eine Einwirkung auf die Sache erfolgt, durch die deren bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird (siehe oben), auch auf den Begriff der Beschädigung einer Sache nach § 1 ProdhaftG anzuwenden ist (dies hat der BGH in einem obiter dictum angedeutet, NJW-RR 1995, 342, 343; gleichermaßen MünchKomm/Wagner, Rdnr. 7; ablehnend aber Graf von Westphalen, Produkthaftungs-Handbuch, Band 2, § 59 Rdnr. 26; Rolland, Produkthaftungsrecht, § 1 ProdHaftG, Rdnr. 40, jeweils mit weiteren Nachweisen). Es ist nämlich nicht vorgetragen, dass das Haus in seiner bestimmungsmäßigen Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird (siehe oben).

Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzvorschriften der Hessischen Bauordnung (HBO).

Der insoweit einschlägige § 20 HBO a. F. (nun wortgleich § 16 HBO n. F.) ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die Vorschriften der Hessischen Bauordnung, die zunächst vordringlich lediglich den Zweck haben, das Bauen in öffentlich-rechtlich geordnete Bahnen zu lenken und daher dem öffentlichen Interesse der Gefahrenabwehr dienen, allerdings nicht darauf abzielen, den Bauherrn vor Vermögensschäden durch vertragswidrige Leistung zu bewahren (BGH NJW 1965, 534, Schmalzl, Haftung des "verantwortlichen Bauleiters" im Sinne der Landesbauordnungen, NJW 1970, 2265, 2269) grundsätzlich Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sein können (siehe zu einzelnen Bauordnungsvorschriften Staudinger-Hage, BGB (1999), § 823 Rdnr. G 61; Ermann/Schiemann, BGB, 9. Auflage, § 823 Rdnr. 163; Palandt-Bassenge, BGB, § 823 Rdnr. 72; § 903 Rdnr. 17).

§ 16 HBO ist in seiner konkreten Ausgestaltung nämlich kein Schutzgesetz im Sinne von 823 Abs. 2 HBO.

§ 16 HBO (bzw. der wortgleiche § 20 HBO a. F.) dient vornehmlich der Umsetzung der Bauproduktenrichtlinie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Richtlinie 89/106/EWG), die sicherstellen will, dass ein gemeinsamer Markt für Bauprodukte in der Europäischen Gemeinschaft entstehen kann und der freie Warenverkehr in der Europäischen Union entsprechend den Vorgaben des Bauproduktengesetzes gesichert wird (siehe Hornmann, HBO, 1. Auflage, vor § 16 Rdnr. 3).

Weiterhin soll dieses Gesetz bewirken, dass durch die Verwendung sicherer Bauprodukte die Sicherheit im Bauwesen gewährleistet wird (Hornmann, a.a.O., Rdnr. 5). Dieser Schutz vor Gefahren unerprobter Bauprodukte und Bauarten stellt einen vernünftigen Allgemeinwohlbelang dar, der die in § 16 HBO normierten Einschränkungen für Hersteller und Bauherren rechtfertigt (Hornmann, a.a.O., Rdnr. 4, 6).

Die primäre Zielrichtung des Gesetzes, die Umsetzung einer europäischen Richtlinie zur Herstellung des freien Warenverkehrs, führt nicht zu einer Schutzgesetzeigenschaft des § 16 HBO.

Aber auch der sekundäre Zweck des Gesetzes führt nicht zu einer in § 823 Abs. 2 BGB geforderten Schutzrichtung. Ein solches Schutzgesetz liegt nämlich nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn die Norm nach Zweck und Inhalt wenigstens auch auf den Schutz von Individualinteressen vor einer näher bestimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet ist. Es genügt nicht, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann, er muss im Aufgabenbereich der Norm liegen (BGH, MDR 1993, 540).

Dies ist immer dann der Fall, wenn die durch die Norm ausgelöste Schutzfunktion für den einzelnen schon erkennbar in die Zielsetzung der Norm aufgenommen ist (BGHZ 66, 388, 390). Dies ist bei Bestimmungen über den Grenzabstand wie auch bei den Bestimmungen zum Schutz von Nachbargebäuden und öffentlichen Einrichtungen gegen Beschädigungen und Lärmemissionen (zu letzterem BGH, MDR a.a.O.) ohne weiteres der Fall.

In Grenzfällen ist die Prüfung des Schutzgesetzcharakters immer direkt auf die Frage auszurichten, ob die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches in diesen Fällen sinnvoll und im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich sich gegen eine allgemeine Haftung für Vermögensschäden in § 823 BGB entschieden hat. Die zunehmende Tendenz, Ansprüche auf § 823 Abs. 2 BGB zu stützen, könnte zu einer gegenläufigen Entwicklung führen (BGHZ a.a.O.).

Der Schutz des einzelnen bedeutet hierbei nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW 1972, 1085), dass sein Interessenbereich nicht nur durch Maßnahmen der Behörden nach Maßgabe ihrer rechtlichen Beurteilung geschützt sein sollen, sondern dass vielmehr dem einzelnen selbst die Rechtsmacht in die Hand gegeben sein soll, diesen Bereich unmittelbar gegen denjenigen, der diese Norm verletzt zu schützen. Dies setzt voraus, dass das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichen klargestellt und bestimmt seien (BayObLG, a.a.O., 1086).

Daher ist gerade bei den bauordnungsrechtlichen Vorschriften, die grundsätzlich zunächst dem öffentlichen Interesse der Gefahrenabwehr dienen, diese Schutzgesetzeigenschaft besonders in diesem Lichte zu prüfen. Das Baugenehmigungsverfahren ist nämlich nicht dazu bestimmt, dem Bauherrn die Verantwortung für eine einwandfreie Durchführung seines Bauvorhabens abzunehmen. Wenn sich durch dieses Genehmigungsverfahren für den Bauherrn die erfreuliche Nebenwirkung des Schutzes ergibt, so folgt hieraus regelmäßig nicht eine auch hierauf gerichtete Schutzfunktion (siehe auch BGH NJW 1963, 1821, 1823).

Der Schutz von Individualinteressen ist kein gesetzgeberisches Anliegen des § 16 HBO. Weder ist der Personenkreis, der durch diese Vorschrift individuell geschützt werden soll, bestimmt (wie dies beispielsweise bei Grenzabstandsregelungen der Fall ist, die die konkreten Nachbarn des Bauwerks schützen), noch stellt sich die Norm als auf den Schutz des einzelnen gerichtete Bestimmung dar. Der Schutz der Benutzer eines Hauses aufgrund der Verwendung nur erprobter Bauprodukte stellt sich vielmehr lediglich als Reflex der Gefahrenabwehrvorschrift des § 16 HBO dar (im Ergebnis ähnlich für Schutzvorschriften gegen Feuchtigkeit, Art. 16 - vormals 15 - BayBO, OLG München, NJW 1977, 438 unter Hinweis auf BayObLG, a.a.O.), wobei dieser Gefahrenabwehrcharakter aufgrund der europäischen Richtlinie nur sekundären Charakter hat.

Daher kann dahingestellt bleiben, ob es nicht weiterhin auch an der erforderlichen unmittelbaren Schädigung der Klägerin fehlt. Ersatzberechtigt ist nämlich nur der, dessen Schutz das verletzte Gesetz dienen soll. Dies kann bei bauordnungsrechtlichen Vorschriften der Bauherr sein. Bauherr war allerdings die von der Klägerin selbst mit dem Mitgesellschafter Y gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

Die Ausführungen des Landgerichts zum Feststellungsantrag sind infolgedessen nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt § 97 ZPO.

Der Ausspruch zur vor läufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen keine vor.

Ende der Entscheidung

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