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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: 18 U 134/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 251
BGB § 823
BGB § 828
BGB § 832
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche, die der Kläger als Inhaber der Firma B (B) gegenüber den Beklagten wegen Zerstörung und Beschädigung des Datenbestandes seines Betriebsrechners geltend macht.

Die Firma des Klägers ist im Bereich der Planung von Industrieanlagen tätig. Am 22.03.1997 befand sich der Beklagte zu 1. im Beisein des Beklagten zu 2., seines damals zwölfjährigen Sohnes, im Betrieb des Klägers. Der Beklagte zu 2. versuchte, auf dem Betriebsrechner des Klägers das Computerspiel "A" zu installieren. Kurze Zeit danach wurde festgestellt, dass der auf der Festplatte des EDV-Systems befindliche Datenbestand weitgehend zerstört bzw. unbrauchbar geworden war.

Durch rechtskräftiges Urteil vom 10.09.1999 hat das Landgericht Frankfurt am Main in einem Vorprozess festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger 70 % der entstandenen Schäden aus der Beschädigung des Rechners des Klägers (Software und Hardware), verursacht durch den Beklagten zu 2. am 22.03.1997, zu ersetzen. Die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 07.03.2001 zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Urteile in den beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2/10 O 433/98 = OLG Frankfurt am Main, Az.: 17 U 178/99) Bezug genommen.

Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren auf der Grundlage des genannten Feststellungsurteils 70 % seines vermeintlichen Gesamtschadens von 1.218.058,50 DM geltend.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 852.640,95 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung mit der Maßgabe zu zahlen, dass die Zahlung eines Teilbetrages von 144.579,52 DM an die Finanzkasse Hessen, Finanzamt O1, zur Geschäftsnummer ..., zu erfolgen hat.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben bestritten, dass aufgrund der Installierung und Verwendung des Computerspiels "A" durch den Beklagten zu 2. der Datenbestand auf der Festplatte zerstört wurde und haben die Ansicht vertreten, dass dies auch nicht durch das genannte Feststellungsurteil rechtskräftig festgestellt worden sei.

Die Beklagten haben ferner geltend gemacht, dass dem Kläger auch kein erheblicher Schaden entstanden sei, da die zerstörten Daten noch auf anderen Systemen und Datenträgern gespeichert und ohne größeren Aufwand für den Kläger von diesen abrufbar seien. Sie haben darauf hingewiesen, dass der Kläger keinerlei konkrete Kosten für angeblich erforderlich gewordene Rekonstruktionen der Daten dargelegt habe. Rein fiktive Kosten für nicht erfolgte und nicht erforderliche Rekonstruktionen aller zerstörten oder beschädigten Daten seien nicht erstattungsfähig.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 435 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat zur Schadensursache und Schadenshöhe Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 14.05.2002 (Bl. 252 - 254 d.A.) durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. SV1. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.04.2003 (Bl. 274 - 318 d.A.) sowie das Protokoll über die ergänzende mündliche Anhörung des Sachverständigen vom 26.09.2005 (Bl. 429 - 433 d.A.) verwiesen.

Außerdem hat das Landgericht gemäß Beweisbeschluss vom 26.01.2005 (Bl. 382 d.A.) schriftliche Auskünfte der sachverständigen Zeugen SV2 und SV3 zur Frage eingeholt, ob durch das Aufspielen des Computerspiels "A" durch den Beklagten zu 2. die Festplatte auf dem Computer des Klägers zerstört worden ist. Wegen des Ergebnisses wird auf die Stellungnahmen des Zeugen SV2 vom 16.02.2005 (Bl. 396 d.A.) und 11.04.2005 (Bl. 406 d.A.) sowie des Zeugen SV3 vom 26.09.2005 (Bl. 429 - 433 d.A.) verwiesen. Der Zeuge SV2 ist ferner zu dem genannten Beweisthema als sachverständiger Zeuge vernommen worden mit dem Ergebnis gemäß der Sitzungsniederschrift vom 26.09.2005 (Bl. 429 - 433 d.A.).

Die sachverständigen Zeugen SV2 und SV3 waren nach dem Schadensereignis von der G Versicherungs AG als Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1. als private Gutachter beauftragt worden. Wegen des Ergebnisses insoweit wird auf die vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen SV2 vom 02.12.1998 (Bl. 31 - 49 d.A.) und des Sachverständigen SV3 vom 04.12.1998 (Bl. 367 - 381 d.A.) verwiesen.

Durch Urteil vom 21.10.2005 hat das Landgericht die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 346.966,31 € (= 678.607,12 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 07.03.2001 mit der Maßgabe zu zahlen, dass die Zahlung eines Teilbetrages von 73.922,33 € (= 144.579,52 DM) an die Finanzkasse Hessen, Finanzamt O1, zur Geschäftsnummer ..., zu erfolgen habe. Die weitergehende Klage ist abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB zu der bereits festgestellten Haftungsquote von 70 % zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der auf der nicht mehr auffindbaren Festplatte zuvor vorhandene Datenbestand durch Eingriffe des Beklagten zu 2. zerstört worden sei. Zwar hätten die sachverständigen Zeugen und der gerichtlich bestellte Sachverständige keine logische Verknüpfung zwischen der Tathandlung des Beklagten zu 2. und dem Schadensbild herstellen können. Die Ursache für den Schaden habe sich von ihnen auch nicht reproduzieren und klären lassen. Es gebe aber schon allein aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Tathandlung des Beklagten zu 2. und dem eingetretenen Schaden keinen vernünftigen Zweifel daran, dass der Schaden durch den Beklagten zu 2. verursacht worden sei. Deshalb hätten die Beklagten zu 70 % die Kosten von 900 DM für den Neuerwerb der beschädigten Festplatte (= 630 DM) ebenso zu ersetzen wie die Kosten für die vollständige Wiederherstellung des Datenbestandes, die der Sachverständige Dr. SV1 mit insgesamt 968.538,75 DM ermittelt habe (= 677.977,12 DM). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 440 - 446 d.A.).

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Sie rügen insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage der Schadensverursachung durch den Beklagten zu 2. und sind weiterhin der Ansicht, dass allein der zeitliche Zusammenhang nicht ausreiche, um mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen zu können, dass der Schaden nicht durch andere Ursachen herbeigeführt worden ist. Die Beklagten halten die für eine Zerstörung der Festplatte zugesprochenen Kosten von 630 DM für nicht nachvollziehbar und beanstanden, dass das Landgericht bezüglich der Kosten für die Wiederherstellung des Datenbestandes rein fiktive Kosten zugesprochen habe, die keinen tatsächlichen Schaden für den Kläger darstellten und deshalb auch nicht nach den § 249 ff. BGB erstattungsfähig seien. Sie weisen erneut darauf hin, dass der Kläger bis zuletzt keinen einzigen konkreten Fall substantiiert dargelegt habe, in dem er Daten rekonstruieren musste und rekonstruiert hat. Auch seien keine konkreten Kosten in diesem Zusammenhang substantiiert dargelegt worden, so dass weiterhin davon ausgegangen werden müsse, dass der Kläger auf die verlorenen Daten Zugriff über andere Datenträger in seinem Betrieb oder in anderen Unternehmen habe oder den zerstörten Daten aus anderen Gründen keine Bedeutung mehr für die betriebliche Tätigkeit des Klägers zukomme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 25.01.2006 (Bl. 490 - 498 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit den Ausführungen seiner Schriftsätze vom 28.02.2006 (Bl. 504 - 510 d.A.) und 16.02.2007 (Bl. 545 - 553 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

Insbesondere vertritt er weiterhin die Ansicht, dass die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Verhalten des Beklagten zu 2. am 22.03.1997 und dem eingetretenen Schaden an dem Datenbestand bereits durch das Feststellungsurteil vom 10.09.1999 rechtskräftig festgestellt worden sei.

Darüber hinaus sei die Kausalität auch durch die Beweisaufnahme in erster Instanz und die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil überzeugend bestätigt worden.

Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach er verpflichtet sei, die zerstörten Dateien mit Schaltplänen, Stücklisten und Zeichnungen - betreffend die von seinen Auftraggebern erstellten Industrieanlagen und technischen Anlagen wie Atomkraftwerke und Hochsicherheitsbereiche - vorzuhalten, so dass seine Auftraggeber jederzeit im Bedarfsfall darauf Rückgriff nehmen könnten.

Er macht erneut nur geltend, er habe in der Vergangenheit bereits mit erheblichem Kostenaufwand diejenigen Daten und Dateien wieder hergestellt, die tatsächlich von Kunden oder sonstigen Stellen bei ihm angefordert worden seien. Gleichermaßen werde er sich auch in der Zukunft verhalten.

In der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2006 hat der Kläger auf Fragen des Senats zu den angeblich schon erforderlich gewordenen und erfolgten Rekonstruktionen und Aufwendungen Folgendes erklärt (Bl. 539 d.A.):

"Ich kann heute nicht konkret sagen, bei welchen Projekten und zu welchen konkreten Aufwendungen in der Vergangenheit Rekonstruktionen stattgefunden haben. Ich kann heute nur drei Projekte benennen. Das war zum einen das Projekt "H", zum anderen die Projekte "K" in der L1 und das Projekt "M". Welche Kosten dabei entstanden sind, kann ich heute nicht sagen."

Daraufhin ist dem Kläger erneut Gelegenheit zu substantiiertem Vortrag betreffend die bisher erforderlich gewordenen und tatsächlich angefallenen Rekonstruktionsaufwendungen im Hinblick auf eine mögliche Anwendung des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB gegeben worden. Bezüglich des daraufhin erfolgten weiteren Sachvortrags des Klägers wird auf Ziffer III. des nachgelassenen Schriftsatzes vom 16.02.2007 (Bl. 549 - 553 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung hat in der Sache bis auf einen geringen Teil Erfolg.

Der Kläger kann aufgrund des rechtskräftigen Feststellungsurteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10.09.1999 (Az.: 2/10 O 433/98) im Vorprozess, mit dem er gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß §§ 823, 828 Abs. 2 a.F., 832 BGB wegen des streitgegenständlichen Vorfalls geltend gemacht hat, 70 % des an der Software und der Hardware seines Betriebsrechners am 22.03.1997 entstandenen Schadens ersetzt verlangen. Dabei war im vorliegenden Leistungsprozess aufgrund der Rechtskraft des Feststellungsurteils - entgegen der Ansicht der Beklagten und des Landgerichts im angefochtenen Urteil - nicht mehr zu prüfen, ob der Datenverlust und sonstige Schäden überhaupt durch den Beklagten zu 2. verursacht worden sind oder durch ganz andere Umstände herbeigeführt wurden, insbesondere durch solche aus dem Verantwortungsbereich des Klägers, wie sie von der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1. sowie von dem von dieser beauftragten Gutachter SV2 vermutet werden und mit der Berufungsbegründung erneut geltend gemacht worden sind (Manipulationen durch den Kläger selbst, äußere Einflüsse wie eine Unterbrechung der Energieversorgung des Systems oder schädigende Wirkungen von Viren und sonstigen Programmen - vgl. Berufungsbegründung S. 4 - 6 = Bl. 493 - 495 d.A.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Anlass besteht, erstreckt sich die Rechtskraft bei Feststellungsurteilen wie im vorliegenden Fall grundsätzlich auch auf die haftungsbegründende Kausalität, d.h. auf die Entstehung des Schadens auf Grund des schadensstiftenden Ereignisses, das Gegenstand des Feststellungsrechtsstreits war (vgl. Baumbach/Lauterbach, 65. Aufl., § 322 ZPO Rz. 39; BGH, VersR 2005, 1160; NJW 1989, 105; 1982, 2257; 1979, 1046, 1047; 1978, 544 m.w. Hinweisen). Das hat zur Folge, dass Einwendungen zur Kausalität, die sich auf Tatsachen stützen, welche schon zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Feststellungsprozess vorgelegen haben, nicht mehr im folgenden Leistungsprozess berücksichtigt werden dürfen, soweit sie das grundsätzliche Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen (haftungsbegründende Kausalität) und sich nicht nur auf einzelne Schadenspositionen beziehen (haftungsausfüllende Kausalität). Insoweit sind die Beklagten mit ihrem hier streitigen Vorbringen zur haftungsbegründenden Kausalität ausgeschlossen (vgl. BGH a.a.O.). Nichts anderes kann auch der für den Umfang der Rechtskraft vor allem maßgeblichen Urteilsformel des Feststellungsurteils entnommen werden, in der es ausdrücklich heißt, dass von den Beklagten 70 % des Schadens des Klägers zu ersetzen seien, "verursacht durch den Beklagten zu 2. am 22.03.1997". Diese zitierte Formulierung, mit der das Landgericht dem Klageantrag des Klägers wörtlich gefolgt ist und der Feststellungsklage in vollem Umfang stattgegeben hat, kann schon nach ihrem Wortlaut vernünftigerweise nur dahingehend verstanden werden, dass klarstellend die Frage der Schadensverursachung durch den Beklagten zu 2. außer Streit gestellt werden sollte, wie es der Kläger mit der Formulierung in seinem Klageantrag unzweifelhaft auch immer nur verstanden haben wollte.

Dies steht ferner auch im Einklang mit den Entscheidungsgründen des Feststellungsurteils des Landgerichts und des Berufungsurteils des Oberlandesgerichts, sowie mit dem gesamten Parteivortrag im Vorprozess.

Indem das Landgericht in seinem Urteil darauf hinweist, dass der Kläger ein Interesse daran habe, feststellen zu lassen, "ob und in welchem Umfang" die Beklagten haftbar seien, und seine Entscheidung auf eine außergerichtliche Einigung der Parteien mit einer Haftungsquote von 70 : 30 zu Lasten der Beklagten stützt, mit der die generelle Behandlung und Abwicklung des Schadensfalles einschließlich des "Haftungsgrundes" erfolgen sollte, wird ebenfalls deutlich, dass mit dem Feststellungsurteil auch die Frage der haftungsbegründenden Kausalität geregelt und nicht mehr streitig sein sollte. Dem entsprechend geht dann auch das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts von einem "Vergleich der Parteien über den Haftungsgrund" aus sowie dem Umstand, dass die außergerichtliche Einigung der Parteien über eine Haftungsquote von 70 : 30 zu Lasten der Beklagten einerseits die "Schadensverursachung" auf Seiten der Beklagten bzw. den "Haftungsgrund" und nur andererseits den Mitverschuldensanteil des Klägers von 30 % außer Streit stellen sollte (vgl. OLG Urteil, S. 10, 11 = Bl. 187 R, 188 Beiakte).

Da vom Vorliegen einer haftungsbegründenden Kausalität somit schon allein aufgrund der Rechtskraft des Feststellungsurteils ausgegangen werden muss, kann dahingestellt bleiben, ob dem Landgericht bei seiner dazu gleichwohl durchgeführten Beweisaufnahme und Beweiswürdigung noch andere Fehler unterlaufen sind, wie sie mit der Berufung gerügt werden.

Bezüglich der Höhe des erstattungsfähigen Schadens steht dem Kläger allerdings nur ein Betrag von 70 % von 900 DM = 630 DM für den Austausch der Festplatte in seinem Betriebsrechner zu (§ 249 S. 2 BGB a.F.). Der Austausch der Festplatte war unabhängig davon, ob die alte Festplatte hätte weiter verwendet werden können, schon deshalb erforderlich, weil die alte Festplatte aus Beweissicherungsgründen ausgebaut werden musste, um für erforderliche Untersuchungen und zu erstellende Gutachten zur Schadensverursachung und Schadenshöhe bezüglich des Datenbestandes längerfristig in unverändertem Zustand zur Verfügung zu stehen. Der vom Landgericht dafür in Ansatz gebrachte Gesamtbetrag von 900 DM entspricht der Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. SV1 (vgl. Gutachten S. 19 = Bl. 283 d.A.) und ist auch nach Ansicht des Senats angemessen.

Weitergehende Schadensersatzansprüche gemäß § 249 S. 2 BGB a.F. für den Schaden an dem Datenbestand (Software) des Betriebsrechners, wie sie das Landgericht in Höhe von 70 % aus einem fiktiven Gesamtschaden von 968.538,75 DM = 677.977,12 DM für die Wiederherstellung der Daten zugesprochen hat (Urteil S. 8 - 10 = Bl. 469 - 471 d.A.), stehen dem Kläger jedoch nicht zu, weil die Herstellung des gesamten zerstörten oder beschädigten Datenbestandes nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich und für die Beklagten im Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert einer solchen Herstellung für den Kläger unzumutbar ist (§ 251 Abs. 2 S. 1 BGB).

Zwar muss ein Schädiger nach § 249 BGB a.F. grundsätzlich den Zustand wieder herstellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution) oder zumindest den dazu erforderlichen Geldbetrag an den Geschädigten zahlen. Dabei kann der Geschädigte anerkanntermaßen den Nachweis für die Erforderlichkeit des verlangten Geldbetrages auch fiktiv durch ein Sachverständigengutachten erbringen, ohne verpflichtet zu sein, den Schaden tatsächlich beseitigt zu haben oder beseitigen zu wollen (vgl. BGH, NJW 1996, 2924, 2925; 1992, 1618, 1620; 1989, 3009).

Dieser Grundsatz des § 249 BGB a.F., auf den sich der Kläger beruft und auf den das Landgericht seine Entscheidung gestützt hat, erfährt aber durch die Vorschrift des § 251 Abs. 2 BGB eine Begrenzung zu Gunsten des Schädigers unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist, kann sich der Ersatzpflichtige gemäß § 251 Abs. 2 BGB darauf beschränken, dem Gläubiger lediglich seine Werteinbuße zu entschädigen. Da auch der Geldanspruch nach § 249 S. 2 BGB a.F. seinem Wesen nach nur ein modizifierter Herstellungsanspruch ist, ist auch er unter den Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 BGB begrenzt (vgl. BGH, NJW 1988, 1835, 1836; 1975, 2061; 1975, 640; Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 251 BGB Rz. 3).

Die Herstellung des gesamten Datenbestandes auf dem Betriebsrechner des Klägers ist nach dem Sach- und Streitstand in der letzten mündlichen Verhandlung auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 16.02.2007 mit unverhältnismäßigen Aufwendungen im Sinne des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB verbunden.

Als unverhältnismäßig sind schadensbeseitigende Aufwendungen dann anzusehen, wenn das Verhältnis der Kosten zum wirtschaftlichen Wert der beschädigten Sache nach Herstellung unverhältnismäßig ist. Der wirtschaftliche Wert für den Geschädigten lässt sich dabei aus dem Wiederbeschaffungswert, dem Verkehrswert (vgl. BGH, NJW 1988, 1835, 1836) oder den Kosten herleiten, die der Geschädigte als wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch anstelle der zu aufwendigen Herstellung aufgewendet hat, aufzuwenden beabsichtigt oder aufgewendet hätte, wenn er den Schaden selbst zu beheben gehabt hätte (vgl. Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 251 BGB Rz. 10; BGH, NJW 1975, 2061, 2062; OLG Düsseldorf, VersR 1980, 335).

Da für den individuellen Datenbestand des Klägers kein allgemeiner Markt vorhanden ist und somit auch kein allgemeiner Wiederbeschaffungswert oder Verkehrswert besteht, sind bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit im vorliegenden Fall den vom Sachverständigen Dr. SV1 ermittelten Herstellungskosten von 968.538,12 DM die Kosten gegenüber zu stellen, die der Kläger in der Vergangenheit bereits aufwenden musste, um verlorene Daten seinen Auftraggebern nach entsprechender Aufforderung in Bedarfsfällen zur Verfügung stellen zu können, sowie solche Kosten, die er als wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch für die Wiederherstellung der Daten in der Zukunft noch aufzuwenden beabsichtigt bzw. aufwenden muss (vgl. hierzu insbes. BGH, NJW 1975, 2061, 2062; zur wirtschaftlich vernünftigen Betrachtungsweise vgl. auch BGH NJW 1989, 3009). Der Kläger hat hierzu in erster Instanz und im Berufungsverfahren nur ganz allgemein vorgetragen, er habe in der Vergangenheit bereits in größerem Umfang auf Anforderung von Kunden oder anderen Stellen eine Reparatur oder Neuherstellung der Daten mit erheblichem Kostenaufwand vornehmen müssen (vgl. z.B. Klageschrift vom 06.02.2001, S. 3 = Bl. 3 d.A.; Schriftsatz vom 16.05.2001, S. 2 = Bl. 54 d.A.; Berufungserwiderung vom 28.02.2006, S. 6 = Bl. 509 d.A.). Eine substantiierten Vortrag dazu, welche konkreten Kosten für welche konkreten Datenrekonstruktionen und Kunden bzw. Auftraggeber ihm bisher entstanden sind, hat der Kläger trotz entsprechender Aufforderung durch die Beklagten in der Berufungsbegründung (Bl. 490 - 498 d.A.) und seitens des Gerichts in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll vom 11.12.06 = Bl. 538, 539 d.A.) aber bis zuletzt nicht gehalten. Auf entsprechende Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nur die oben unter I. wörtlich wiedergegebene Erklärung (S.8) abgegeben.

Auch nachdem der Senat auf die Erforderlichkeit weiterer Substantiierung hingewiesen und dem Kläger zu diesem Zweck einen Schriftsatznachlass gewährt hatte, ist eine ausreichende Substantiierung nicht erfolgt. Zu dem angeblich "beträchtlichen Aufwand" hat der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.02.2007 unter Ziffer III. (Bl. 550 - 553 d.A.) wiederum nur ganz allgemein vorgetragen, er habe vor allem für die Firmen N und O zerstörte Planungsdaten wiederhergestellt und müsse für deren Projekte Daten auch in der Zukunft vorhalten. Er habe durch namentlich genannte eigene Angestellte bereits in größerem Umfang mittlerweile über 300 der zerstörten oder beschädigten Pläne rekonstruieren lassen. Konkret angefallene Aufwendungskosten für konkrete Projekte der einzelnen Auftraggeber können diesem Sachvortrag weiterhin nicht entnommen werden und können somit auch nicht zur Grundlage für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO hinsichtlich möglicherweise noch in der Zukunft erforderlich werdender Aufwendungen für Rekonstruktionen von Daten gemacht werden, was zu Lasten des darlegungspflichtigen Klägers geht.

Damit stehen den vom Sachverständigen Dr. SV1 ermittelten fiktiven Herstellungskosten von 968.538,12 DM keine in den letzten 10 Jahren seit dem Schadensereignis am 22.03.1967 tatsächlich angefallenen und für die Zukunft noch zu erwartenden Herstellungskosten in substantiierter Weise gegenüber. Mithin ist vom Kläger auch kein tatsächlicher wirtschaftlicher Schaden dargetan worden, der die Wiederherstellung des Datenbestandes bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtungsweise rechtfertigen könnte. Damit sind Aufwendungen von fast einer Million DM zur Herstellung nicht mehr benötigter und möglicherweise auf anderen Datenträgern und Sicherungssystemen noch vorhandener Daten unverhältnismäßig im Sinne des § 251 Abs. 2 S. 1 BGB. Sie müssen dem Kläger deshalb auch nicht von den Beklagten erstattet werden.

Bei der Bemessung der nach § 251 Abs. 2 S. 1 BGB dem Geschädigten grundsätzlich ersatzweise zu zahlenden Geldentschädigung für den Wertverlust der beschädigten Sache ist auf die Differenz zwischen dem Wert seines Vermögens, wie es sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde, und dem durch das schädigende Ereignis verminderten Wert abzustellen (vgl. Palandt-Heinrichs, 66. Aufl. § 251 BGB Rz. 10; BGH NJW 1985, 2413, 2415; 1984, 2570; 1975, 2061, 2062). Für die hierzu erforderliche Schätzung gemäß § 287 ZPO bezüglich des durch den Datenverlust dem Kläger verbliebenen Vermögensverlustes (vgl. BGH, NJW 1975, 2061, 2062) fehlt es mangels substantiierten Vortrags des Klägers zu erforderlich gewordenen oder in der Zukunft noch erforderlich werdenden Rekonstruktionen des Datenbestandes an ausreichenden Schätzungsgrundlagen, aus denen eine bezifferte Vermögenseinbuße hergeleitet werden könnte.

Die Schadensersatzforderung des Klägers konnte daher bezüglich des Verlustes des Datenbestandes insgesamt keinen Erfolg haben.

Der zuerkannte Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht.

Ende der Entscheidung

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