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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 18 W 160/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 2

Entscheidung wurde am 06.04.2009 korrigiert: der Volltext der Entscheidung wurde wegen fehlerhafter Konvertierung nicht unterstützter Zeichen komplett ersetzt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Parteien haben zunächst vor dem Landgericht sowie dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main gestritten. Daran anknüpfend ist beklagtenseits vor dem Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde erhoben worden. Der Kläger wurde durch seine bisherigen Prozessbevollmächtigten über die Aussichten der Nichtzulassungsbeschwerde informiert. Es wurde ihm der Rat erteilt, mit der Beauftragung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zu warten. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2007 hat der Kläger mit Festsetzungsantrag vom 15.11.2007 bezüglich dieser Anwaltstätigkeit unter anderem die Erstattung einer Gebühr nach Ziff. 2100 VV RVG (0,75; € 568,50 netto) gefordert. Dieser Antrag ist durch die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 14.3.2008 (Bl. 502 f d.A.) zurückgewiesen worden. Gegen den am 19.3.2008 zugestellten Zurückweisungsbeschluss hat der Kläger am 20.3.1008 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin hat die Akte unter Nichtabhilfe vorgelegt (Beschluss vom 24.4.2008, Bl. 518 d.A.).

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft und rechtzeitig eingelegt worden, §§ 104 III S.1, II, 567 I Ziff.1, 569 I, II ZPO.

Auch in der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Dem Festsetzungsantrag des Klägers hätte entsprochen werden müssen, da die mit ihm geltend gemachten Kosten erstattungsfähig sind.

Durch die Tätigkeit des Klägervertreters im Zusammenhang mit der Nichtzulassungsbeschwerde entstanden gesonderte Anwaltskosten (siehe zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 4.5.2006, Az. III ZB 120/05; juris). Nach unbestrittenem Vortrag unterrichtete der Klägervertreter den Kläger über die Aussichten des vom Beklagten eingelegten Rechtsmittels (Schriftsatz vom 15.11.2007, S. 2, Bl. 487 d.A.) und gab sodann den Rat, die Beauftragung eines vor dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts (siehe § 78 I S.4 ZPO) noch nicht vorzunehmen. Diese Tätigkeit stellte eine gesonderte Angelegenheit im Sinne von § 15 II RVG dar und war von dem Umfang des bislang erteilten Prozessauftrags nicht umfasst. Ihre Einordnung in den Bereich der Gebührenziffern 3506 ff VV RVG scheidet aus, da der Klägervertreter nicht mit der umfassenden Vertretung des Klägers im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt war und zudem vor dem Bundesgerichtshof nicht postulationsfähig ist. Vielmehr entstand eine Gebühr entweder nach Ziff. 2100 VV RVG oder nach Ziff. 3403 VV RVG (so BGH, a.a.O., Rd. 7). Welche Gebührenziffer zur Anwendung gelangt, kann in der vorliegenden Fallgestaltung dahinstehen. Denn bei Heranziehung der Ziff. 2100 VV RVG wäre in Ermangelung anderer Anhaltspunkte von dem Entstehen einer sogenannten Mittelgebühr auszugehen, die sich auf einen Gebührensatz von 0,75 beläuft. Da Ziff. 3403 eine 0,8fache Anwaltsgebühr vorsieht und die Beschwerdeentscheidung entsprechend § 528 ZPO über den Festsetzungsantrag nicht hinausgehen kann, hat es in jedem Fall bei einer 0,75fachen Gebühr zu verbleiben.

Die entstandenen Kosten sind nach § 91 II S.1 ZPO erstattungsfähig. Einer Partei sind durch den kostenpflichtigen Gegner die Aufwendungen zu ersetzen, die sich im Rahmen zweckentsprechender Rechtsverfolgung als erforderlich dargestellt haben. Die Partei darf dabei ihre prozessualen Interessen bestmöglich wahren. Sie hat lediglich unter mehreren gleichrangigen Alternativen die kostengünstigste zu wählen (st. Rspr.; z.B. BGH, Beschluss vom 23.3.2004, Az.: VIII ZB 145/03; juris, Rd. 27).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Partei, deren Gegner ein Rechtsmittel einlegt, umgehend einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dies ist ihr unter Kostengesichtspunkten selbst dann gestattet, wenn erkennbar ist, dass das Rechtsmittel zunächst nur zu Fristwahrungszwecken eingelegt wird (BGH, Beschluss vom 17.12.2002, Az.: X ZB 9/02; juris, Rd. 11 f). Beauftragt der Gegner einer Nichtzulassungsbeschwerde seinen bisherigen Prozessvertreter oder einen anderen Rechtsanwalt mit einer Beratung betreffend das weitere Vorgehen, stellt dies grundsätzlich eine Maßnahme dar, die geeignet ist, seinen rechtlichen Intereressen zu entsprechen. Dies gilt umso mehr für eine im Ausland ansässige Partei wie den Kläger.

Der Erstattungsfähigkeit dadurch entstehender Kosten steht es nicht entgegen, dass der beratende Rechtsanwalt ggf. nicht über eine Zulassung am Bundesgerichtshof verfügt. Denn die Vorschrift des § 91 II S.1 ZPO nennt das Bestehen der Postulationsfähigkeit nicht als Voraussetzung einer Kostenerstattung (BGH, Beschluss vom 4.5.2006, Az.: III ZB 120/05; juris, Rd. 13 f). Da als "erforderlich" im Sinne von § 91 II S.1 ZPO im Regelfall nur die Kosten eines Rechtsanwalts anzusehen sind (BGH, a.a.O.), kann das Fehlen anwaltlicher Postulationsfähigkeit ein zu beachtender Aspekt sein, wenn aus diesem Grund die Einschaltung eines zweiten Rechtsanwalts durch die Partei erfolgt. Eine derartige Konstellation liegt aber nicht vor, da der Kläger sich auf die Beauftragung eines Rechtsanwalts beschränkte.

Soweit letztlich die Rechtspflegerin in dem Beschluss vom 14.3.2008 unter Bezugnahme auf Zöller-Herget (ZPO, 26. Aufl., § 104, Rd. 21, "Außergerichtliche Anwaltskosten") darauf hingewiesen hat, außergerichtliche Anwaltskosten seien nur festsetzungsfähig, wenn ihre "Prozessbezogenheit" vorliege, steht dies dem Erfolg der sofortigen Beschwerde ebenfalls nicht entgegen. Denn die Beauftragung eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen ein durch den Gegner eingelegtes Rechtsmittel steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Prozessverfahren.

Ausgehend von der durch den Bundesgerichtshof vorgenommen Festsetzung des Beschwerdewerts (Beschluss vom 25.10.2007, € 27.405,85) und einem 0,75fachen Gebührensatz (s.o.) kann der Kläger Erstattung von € 568,50 nebst Kommunikationspauschale von € 20,- (Ziff. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Ziff. 7008 VV RVG) verlangen. Nach § 104 I S.2 ZPO ist der festzusetzende Betrag seit Antragseingang zu verzinsen.

Als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei ist der Beklagte nach § 91 I ZPO mit den Kosten zu belasten.

Die Höhe des Beschwerdewerts ergibt sich aus dem im Kostenfestsetzungsantrag vom 15.11.2007 genannten Betrag.

Von der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist abzusehen, da die Voraussetzungen des § 574 II, III ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Beschwerdegericht.



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