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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 19 U 68/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 852
BGB § 768 Abs. 1
BGB § 852 Abs. 1
ZPO § 180
ZPO § 203
ZPO § 708 Ziff. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
Die Verjährungsfrist für deliktische Ansprüche beginnt auch dann zu laufen, wenn der Geschädigte die Namen und Anschriften der möglichen Ersatzpflichtigen nicht besessen hat, sich die erforderlichen Kenntnisse aber in zumutbarer Weise hätte beschaffen können
19 U 68/99

2/14 O 246/98 Landgericht Frankfurt am Main

Verkündet am 22.3.2001

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit ...

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16.03.1999 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000, - DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Der Wert der Beschwer beträgt über 60.000, - DM.

Tatbestand

Der am 19.05.1984 geborene Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen kariöser Zerstörung seines Milchzahngebisses. Er führt dies auf die Benutzung einer nicht mit Warnhinweisen ausgestatteten Saugflasche zurück und nimmt die Beklagten als verantwortliche Mitarbeiter der Herstellerfirma M. AG wegen Instruktionsfehlerhaftigkeit der Saugflasche aus unerlaubter Handlung in Anspruch.

Der Durchbruch der ersten Milchzähne des Klägers erfolgte im Lebensalter von 7 Monaten. Etwa 1 1/2 Jahre nach diesem Durchbruch bemerkten die Eltern des Klägers an dessen vier seitlichen Milchzähnen im Oberkiefer farbliche Verfärbungen. Dies nahmen sie zum Anlaß, am 21. 08.1986 den Zahnarzt Dr. S. in A. zu konsultieren. Das entsprechende Krankenblatt dokumentiert als Ergebnis der Untersuchung die Zerstörung von vier Milchschneidezähnen und enthält zusätzlich den Vermerk: "durch Fruchtsäfte ?? eventuell schlechtere Mineralisation". Gegenüber den Eltern des Klägers hatte Dr. S. geäußert, es bestehe der Verdacht, dass die Zahnschäden auf das Nuckeln gesüßter Kindertees "möglicherweise zurückzuführen sein könnten". Aufgrund dieser Information beendeten sie sofort die Verabreichung von Getränken mittels der streitgegenständlichen Saugflasche.

In der Folgezeit konsultierten die Eltern des Klägers diverse Zahnärzte zwecks Behandlung der weiteren Zahnerkrankungen des Klägers. Im Krankenblatt der Poliklinik und Klinik für Zahn ­ Mund ­ und Kieferkrankheiten der Universität Münster wurde mit Datum vom 31.05.1988 unter Befund eingetragen: "zerstörte OK ­ Front, Saugflaschensyndrom". Im Krankenblatt des Zahnarztes Dr. K. findet sich die auf den 26.08.1988 datierte Bemerkung: "übermäßiger Kinderteekonsum???".

Die vom Kläger verwendete Saugflasche wurde von der M. AG hergestellt und vertrieben, für die der Beklagte zu 1 seit Dezember 1980 bis Dezember 1983 als Vorstandsmitglied tätig war. Der Beklagte zu 2 gehörte dem Vorstand in der Zeit von Herbst 1985 bis Ende 1989 an. Der Beklagte zu 3 war seit Mai 1975 bis Anfang 1989 Vorstandsvorsitzender. Im behaupteten Verabreichungszeitraum gehörten auch die Beklagten zu 5 (von 1970 - 1992), 6 (1983 - 1991) und 8 (1976 ­ 1989) dem Vorstand an. Der Beklagte zu 4 war zumindest von 1982 bis 1989 Marketingdirektor und Gesamtprokurist. Der Beklagte zu 7 leitete zumindest ab etwa 1979 bis 1991 eine Hauptabteilung Marketing.

Der Kläger hat behauptet, seit seiner Geburt kariogene Teegetränke der N. - A. GmbH, später auch Fruchtsäfte der H. KG konsumiert zu haben, wobei keines dieser Produkte zu dieser Zeit mit einem entsprechenden Warnhinweis ausgestattet gewesen sei. Die Verabreichung sei zu 90% im Wege des Dauernuckelns per Saugflasche erfolgt, die im Verabreichungszeitraum keinen Warnhinweis enthalten habe. Dabei habe der Kläger die Getränke als Einschlafhilfe sowie in nächtlichen Wachphasen auch als Wiedereinschlafhilfe, jeweils im Wege längerer genüßlicher Selbstbedienung getrunken. Im übrigen sei seine Ernährung normal gewesen.

Der Kläger hat weiterhin behauptet, er habe die üblichen Fluor ­ Präparate erhalten und seine Zähne seien seit Beginn des Zahnwachstums täglich gereinigt worden. Seit 1987 habe er an ständigen Zahnschmerzen gelitten, was auf die Instruktionsfehlerhaftigkeit der Saugflasche zurückzuführen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der vom Kläger behaupteten Schmerzen wird auf die Ausführungen in der Klageschrift verwiesen (Bl. 8, 9).

Der Kläger hat behauptet, er habe wegen dieser Beeinträchtigungen in der Schmerzzeit zusätzlich betreut werden müssen. Insbesondere habe die Nahrung besonders zubereitet, beispielsweise zerkleinert oder püriert werden müssen. Zudem sei auch bei der Nahrungsaufnahme selbst zusätzliche, zeitintensive Betreuung erforderlich gewesen, die sich auf insgesamt 3.581 Stunden belaufen habe und mit einem Stundensatz von 20, - DM zu bewerten sei. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 11 der Klageschrift verwiesen (Bl. 11). Der Kläger hat behauptet, die Beklagten seien firmenintern für die Gestaltung der Saugflasche und deren Ausstattung mit einem Warnhinweis verantwortlich gewesen. Wegen der Einzelheiten der Tätigkeits ­ und Verantwortungsbereiche wird auf die Ausführungen in der Klageschrift Bezug genommen (Bl. 12 ­ 15).

Die Eltern des Klägers hätten erst 1995 Kenntnis von der firmeninternen Stellung und den Privatadressen der Beklagten gehabt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes, vom Gericht festzusetzendes Schmerzensgeld nebst Zinsen ab Klageerhebung in Höhe von 2, 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, zumindest in Höhe von 4% zu zahlen für diejenigen Schmerzen und Leiden, welche er erlitten hat infolge der kariösen Zerstörung seines Milchzahngebisses,

2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn einen Betreuungsaufwands - Schadensersatz in Höhe von 71.620, - DM nebst Zinsen ab Klageerhebung in Höhe von 2, 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank, mindestens aber in Höhe von 4% zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner Schmerzensgeld zu zahlen und Schadensersatz zu leisten auch für künftige oder sonstige und weitere Schmerzen und Schäden aus dem in Ziffer 1 genannten Kariesbefall.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagten haben behauptet, der Kariesbefall des Gebisses des Klägers gehe nicht auf die behaupteten Trinkgewohnheiten zurück, sondern sei auf seine schlechte Mundhygiene und diverse andere Ursachen zurückzuführen. Zudem sei die streitgegenständliche Flasche mit einem Hinweis als Einleger (Bl. 84) vertrieben worden, aus dem sich ergebe, dass der Sauger ausschließlich für Milchersatznahrung und damit nicht für Tee - oder Kindersäfte verwendet werden sollte. Die Beklagten sind daher der Ansicht, dass sie kein Verschulden treffe: Der Kläger müsse sich jedenfalls ein Mitverschulden seiner Eltern anrechnen lassen.

Die Beklagten haben behauptet, in ihren Tätigkeitsbereichen für die Gestaltung der Saugflaschen nicht verantwortlich gewesen zu sein. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung verwiesen (Bl. 57 - 59).

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Jedenfalls sei die Verjährungsfrist hinsichtlich der M. AG abgelaufen.

Die Beklagten haben behauptet, die Eltern des Klägers seien bereits im Jahre 1986 von den behandelnden Zahnärzten darüber informiert worden, dass die Zahnerkrankungen des Klägers auf das behauptete Dauernuckeln zurückzuführen seien. Dem für diese Behauptungen angebotenen Zeugenbeweis hat der Kläger widersprochen unter Hinweis darauf, die behandelnden Ärzte nicht von deren Schweigepflicht entbinden zu wollen, weil er dazu nicht verpflichtet sei.

Die Beklagten haben ferner die Ansicht vertreten, aus der Verjährung der Ansprüche gegenüber der M. AG folge zugleich, dass auch mögliche Ansprüche gegen sie verjährt seien, da aus rechtsdogmatischen Gründen die Verjährungsfristen bei der deliktischen Haftung leitender Mitarbeiter neben der juristischen Person parallel laufen müßten. Zudem habe es dem Kläger oblegen, die Adressen und firmeninternen Stellungen der Beklagten zu ermitteln, was auch ohne weiteres durch telefonische Anfrage bei der M. AG, dem Registergericht oder der Industrie - und Handelskammer möglich gewesen sei. Das Landgericht hat das in dem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Münster (14 OH 16 / 96), in dem der Kläger die behandelnden Zahnärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hatte, zur Frage der zahnmedizinischen Kausalität eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ho. (Bl. 153 - 163) zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die einzig für das klägerische Begehren in Betracht kommenden deliktischen Ansprüche seien nach § 852 BGB verjährt. Die Eltern des Klägers hätten am 21.08.1986 Kenntnis von den Zahnschäden erlangt. Über die Ursache der Zahnschäden seien sie spätestens im Sommer 1988 informiert worden. Dies ergebe sich aus den dokumentierten Befunden. Die pauschale Behauptung des Klägers, man habe lediglich von einem Ursachenverdacht hinsichtlich gesüßter Kindertees gewußt, vermöge dies nicht zu entkräften. Die Kenntnis von dem Ursachenzusammenhang werde auch dadurch belegt, dass die Verabreichung des Tees mittels Saugflasche sofort nach dem ersten Zahnarztbesuch im August 1986 beendet worden sei. Selbst wenn die Eltern allein die Getränke für ursächlich gehalten hätten, sei dies ausreichend, da es sich bei dem Teegenuß und der Saugflaschenverabreichung um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handele. Ein Schadensbeitrag sei ohne den andern nicht denkbar. Für den Beginn der Verjährungsfrist sei weder die Kenntnis der Person der Schädiger noch deren firmeninterne Stellung noch deren Privatadressen erforderlich gewesen. Die Verjährungsfrist bei Ansprüchen gegen eine juristische Person und gegen die für diese juristische Person Handelnden sei einheitlich zu beurteilen. Sofern der Anspruch gegen die juristische Person - wie hier gegen die M. AG - verjährt sei, sei auch der Anspruch gegen die für diese juristische Person Handelnden verjährt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn keine Anhaltspunkte für mangelnde Bonität der juristischen Person ersichtlich seien.

Zudem könne der Kläger sich auf die fehlende Kenntnis der Privatadressen und firmeninternen Stellungen der Beklagten nicht berufen, weil keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger verjährungsunterbrechende Maßnahmen gegen die Beklagten ergriffen hätte, wenn er die erforderlichen Kenntnisse gehabt hätte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (Bl. 234 - 245).

Gegen das dem Kläger am 1.4.1999 zugestellte Urteil hat dieser am 9.4.1999 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.6.1999 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 10.6.1999 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht , dass eine entsprechende Anwendung des § 768 Abs.1 BGB auf § 852 Abs. 1 BGB nicht gerechtfertigt sei.

Der Kläger behauptet, keiner der behandelnden Ärzte oder Zahnärzte habe jemals mehr geäußert als einen bloßen Verdacht, dass die Zahnschäden des Klägers möglicherweise auf "gesüßten Kindertee" zurückzuführen sein könnten. Die Ansicht des Landgerichts, es komme nicht auf die Kenntnis an, dass die Tatsache des Dauernuckelns einen medizinisch nicht hinwegzudenkenden Ursachenbeitrag zur Entstehung der Karies geliefert habe, hält er für falsch.

Er behauptet, in dem hier in Betracht kommenden Zeitraum habe es keine umfangreiche Medienberichterstattung gegeben.

Er behauptet, eine Anfrage bei der M. AG bzw. Mivera AG hätte nicht ausgereicht, Informationen darüber zu erhalten, wer in welcher Zeit dem Vorstand angehörte oder wer in welcher Zeit für welchen Bereich unterhalb der Vorstandsebene zuständig war. Aufgrund ausdrücklicher Anweisung des Vorstandes seien solche Anfragen nicht beantwortet worden.

Er vertritt die Ansicht, dass der Kläger in nicht verjährter Zeit die Namen der haftenden Personen und deren Privatadressen nicht in zumutbarer Weise habe ermitteln können. Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts

1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes, vom Gericht festzusetzendes Schmerzensgeld nebst Zinsen ab Klageerhebung in Höhe von 2, 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, zumindest in Höhe von 4% zu zahlen für diejenigen Schmerzen und Leiden, welche er erlitten hat infolge der kariösen Zerstörung seines Milchzahngebisses,

2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn einen Betreuungsaufwands - Schadensersatz in Höhe von 71.620, - DM nebst Zinsen ab Klageerhebung in Höhe von 2, 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank, mindestens aber in Höhe von 4% zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner Schmerzensgeld zu zahlen und Schadensersatz zu leisten auch für künftige oder sonstige und weitere Schmerzen und Schäden aus dem in Ziffer 1 genannten Kariesbefall.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Eltern des Klägers seien bereits 1986 oder an weiteren Behandlungsterminen darauf aufmerksam gemacht worden, dass das behauptete Dauernuckeln Ursache für die Zahnerkrankung sei (Beweis: Zahnärzte Dr. S. und Dr. K.).

Sie vertreten die Ansicht, dass es für die Kenntnis im Sinne des § 852 BGB ausreichend sei, wenn die Eltern des Klägers Kenntnis von der tatsächlichen Verabreichung der Getränke per Saugflasche im Wege des Dauernuckelns gehabt hätten. Auf die spezifische Kausalität des Saugflaschenkonsums komme es nicht an. Die Weigerung des Klägers, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, stelle eine Beweisvereitelung dar und führe zu einer Beweislastumkehr.

Zur Ergänzung des Sach - und Streitstandes wird auf die Berufungsbegründung (Bl 266 -275), die Berufungserwiderung (Bl. 282 - 289) und den Schriftsatz vom 24.2.2000 (Bl. 308 - 312) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger kann gegenüber den Beklagten keine Schadensersatz - und Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Schadensersatz für Betreuungsaufwand in Höhe von 71.620, - DM kann er bereits deshalb nicht verlangen, da ein ersatzfähiger Schaden nicht vorliegt. Zudem sind sämtliche in Betracht kommenden deliktischen Ansprüche gemäß § 852 Abs. 1 BGB verjährt.

Bei dem Betreuungsaufwand handelt es sich nicht um einen kommerzialisierbaren Schaden, dessen Höhe in Geld gemessen werden kann.

Bei dem zusätzlichen zeitlichen Aufwand der Eltern des Klägers, der nach dem Vortrag des Klägers darin bestand, dass Speisen zerkleinert und püriert werden mußten, dass weiche und breiige Nahrung zubereitet werden mußte, dass der Kläger in kindgerechter Weise von seinen Nöten abgelenkt und zur Nahrungsaufnahme ermuntert werden mußte, handelt es sich um typische Leistungen im Rahmen einer Eltern - Kind - Beziehung. Für die Eltern des Klägers bedeutete dies lediglich einen Verlust an Freizeit. Eine Vermögenseinbuße fand dadurch nicht statt. Für derartige Fälle elterlicher Betreuung kann ein Marktwert nicht ermittelt werden. Sämtliche behaupteten Aufwendungen sind Teil der elterlichen Pflege und Fürsorge. Kleinkinder und kranke Kinder benötigen eine intensive und in der Regel ganz - oder halbtägige Betreuung, deren Inhalt nicht allein nur die Pflege, sondern auch der Ausdruck persönlicher Verbundenheit und der Zuneigung durch Aufmunterung, Zuspruch, Ablenkung und Trost ist. Diese persönlichen Zuwendungen der Eltern, die die natürlichen Bezugspersonen des Kindes sind, können nicht vergleichbar durch Pflegekräfte erbracht werden (Urteil des Senats vom 24.06.1998, 19 U 13 /95). Denn nur die Eltern können dem Kind in solchen kritischen Situationen die persönliche Verbundenheit und Zuwendung geben, die es braucht. Gerade weil die Zahnschmerzen des Kindes unregelmäßig auftreten können, also eine zusätzliche Betreuung jederzeit erforderlich sein kann, kann ein Vergleich mit einer entgeltlichen Pflegekraft nicht in Be- tracht kommen. Besorgte Eltern werden einen insofern erforderlichen Mehraufwand an Zeit beanstandungslos hinnehmen.

Andere, bei denen keine erhöhte Bereitschaft zu zusätzlicher Pflege besteht, werden kaum oder nur wenig zusätzliche Zeit in die Betreuung des Kindes investieren. Eine Umrechnung in Geld und somit eine vermögensrechtliche Bewertung für die zusätzliche Betreuung entzieht sich demnach einer vermögenswerten Berechnung. Der Zeitaufwand ­ auch ein zusätzlicher ­ für die Zubereitung von Speisen gehört zu den typischen persönlichen Zuwendungsleistungen der Eltern an ihre Kinder und ist grundsätzlich nicht der Schwerpunkt der elterlichen "Schmerzbetreuung". Dieser Schwerpunkt ist vielmehr die elterliche Zuwendung selbst, die als solche nicht ersatzfähig ist. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Eltern des Klägers in den Zeiträumen, in denen sie die zusätzliche Betreuung geleistet haben, durch anderweitigen Einsatz ihrer Arbeitskraft zusätzliches Geld verdient hätten. Beeinträchtigt war insofern nur die allgemeine Lebensgestaltungsmöglichkeit der Eltern des Klägers, die infolge des zusätzlichen Zeitaufwandes nicht in der Lage waren, ihre Zeit so einzuteilen, wie sie dies möglicherweise sonst getan hätten. Die Verkürzung von Lebensgestaltungsmöglichkeiten allein ist indessen noch kein Schadensposten, der im Rahmen des materiellen Schadensersatzes auszugleichen wäre. Damit kann der von dem Kläger geltend gemachte Betreuungsaufwand nicht als ersatzfähiger materieller Schaden anerkannt werden. Die persönliche Betreuung und Zuwendung der Eltern vollzieht sich im emotionellen Raum und ist aufgrund ihrer immateriellen Art grundsätzlich nicht kommerzialisierbar (BGHZ 106, 28, 32 f.; OLG Frankfurt am Main, NJW ­ RR 1998, 27, 30).

Sämtliche Ansprüche sind nach § 852 Abs. 1 BGB verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB beginnt in dem Zeitpunkt, zu dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.

Da der Kläger 1988 erst 4 Jahre alt war, ist hierbei auf die Kenntnis der Eltern des Klägers abzustellen, wobei die Kenntnis eines Elternteils genügt (BGH NJW 1989, 2323). Bei Einreichung der Klage im Juni 1998 war diese dreijährige Verjährungsfrist, die spätestens Ende 1988 begann, bereits abgelaufen. Eine Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen ist immer dann vorhanden, wenn dem Geschädigten zuzumuten ist, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage zu erheben. Dabei kommt es nur auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen an, nicht auch auf deren rechtliche Würdigung, auch nicht darauf, ob der Geschädigte aus den ihm bekannten Tatsachen zutreffende Schlüsse auf den in Betracht kommenden, naturwissenschaftlich zu erkennenden Kausalverlauf zieht (Urteil des Senats vom 6.11.1996, 19 U 244/95). Nicht nötig ist die Kenntnis aller Einzelheiten (BGH WM 1991, 2135) und dass der anzustrengende Prozeß mehr oder weniger risikolos erscheint. Ansonsten würde Verjährung nämlich nie eintreten, weil ein Geschädigter vor einer weiteren Sachaufklärung im Prozeß in vielen Fällen eben keine definitive Kenntnis von einem als gewiß vermuteten Kausalzusammenhang haben wird.

Für die Bestimmung des Ersatzpflichtigen reicht deshalb im allgemeinen die Kenntnis des Geschehens im großen und ganzen (BGH VersR 1979, 1026), das heißt die Kenntnis von Tatsachen, die den Schluß auf einen bestimmten Ursachenzusammenhang als naheliegend erscheinen lassen (BGH NJW 1994, 932, 934; BGH VersR 1986, 1080; BGH NJW 1984, 661), mag auch ein mehr oder weniger vorhandener dringender Ursachenverdacht noch nicht ausreichen (BGH VersR 1960, 365).

Im vorliegenden Fall hatten jedoch die Eltern des Klägers zur Überzeugung des Senats spätestens seit Ende 1988 in diesem Sinne Kenntnis hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen.

Die Eltern des Klägers erhielten am 21.08.1986 anläßlich der Untersuchung durch Dr. S. Kenntnis von dem Schaden selbst, dem Kariesbefall des Milchzahngebisses. Nach ihrem eigenen Vortrag kannten die Kläger auch die verabreichten Produkte sowie Art und Umfang der Verabreichung im Wege des Dauernuckelns mittels der Saugflasche.

Spätestens seit Ende 1988 hatten die Eltern des Klägers auch in ausreichender Weise Kenntnis von der Schadensursache, nämlich der Verabreichung des Kindertees durch Dauernuckeln mit der Saugflasche. Zu Recht hat das Landgericht zunächst auf die vorhandenen Krankenunterlagen abgestellt. Im Krankenblatt der Poliklinik und Klinik für Zahn - Mund - und Kieferkrankheiten der Universität Münster wurde mit Datum vom 31.05.1988 unter Befund eingetragen: "zerstörte OK - Front, Saugflaschensyndrom". Im Krankenblatt des Zahnarztes Dr. K. findet sich die auf den 26.08.1988 datierte Bemerkung: "übermäßiger Kinderteekonsum???". Dieser Untersuchung war bereits 1986 eine Untersuchung durch Dr. S. vorausgegangen, in deren Verlauf die Eltern des Klägers dahin informiert wurden, es bestehe der Verdacht, dass die Zahnschäden auf das Nuckeln gesüßten Kindertees möglicherweise zurückzuführen seien.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Eltern des Klägers von den jeweils behandelnden Ärzten über diese Befunde informiert wurden. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei dem Vorhandensein dieser Unterlagen und der Einschaltung verschiedener Ärzte die jeweiligen Befunde mit den Eltern besprochen worden sind, diese nachgefragt haben und ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet worden sind. Damit war für die Eltern des Klägers klar, dass die eingetretenen Schäden nicht nur auf den Kindertee, sondern auch auf das Saugflaschensyndrom zurückzuführen waren. Zu einer anderen Beurteilung hätte der Senat nur dann gelangen können, wenn der Kläger konkret vorgetragen hätte, bei welchen Gesprächen er keine Diagnose - oder Befundmitteilung erhalten hätte. Ein solcher konkreter Vortrag und auch ein Beweisangebot wurden trotz ausdrücklichen Hinweises nicht gemacht. Dass der pauschale Vortrag, man habe lediglich von einem Ursachenverdacht hinsichtlich gesüßten Kindertees gewußt, nicht ausreichen kann, liegt auf der Hand. Entscheidend für die Kenntnis der Eltern des Klägers von der Schadensursache ist auch, dass sofort nach dem ersten Zahnarztbesuch im August 1986 das Verabreichen des Kindertees mittels Saugflasche eingestellt wurde. Das Zusammenwirken all dieser Umstände belegt, dass die Eltern des Klägers spätestens Ende 1988 über ausreichende Kenntnisse verfügten. Eine andere Bewertung der gesamten Umstände widerspräche jeder Lebenswahrscheinlichkeit. Damit war den Eltern des Klägers die Ursache des Schadens an den Zähnen des Klägers bekannt. Dass eine andere Ursache nach den Erklärungen der Ärzte nicht in Betracht kommen konnte, war den Eltern des Klägers klar. Nach ihrem eigenen Vortrag war ihnen die Pflege und Gesundheitsfürsorge ihres Sohnes bekannt. Sie wußten, welche Hygienevorkehrungen getroffen wurden und welche nicht. Sie hatten genaue Kenntnis, welche Maßnahmen zur Pflege der Zähne ihres Kindes getroffen worden waren und welche nicht. Nach den Informationen der Ärzte lag es für die Eltern auf der Hand, dass die Verabreichung des Tees durch Dauernuckeln mit der Saugflasche die Schäden verursacht hatte.

Sofern die Eltern des Klägers nur davon ausgegangen sein sollten, dass nur der Tee die Schäden verursacht habe, nicht jedoch die Verabreichungsform mittels der streitgegenständlichen Saugflasche, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass derjenige, der Kenntnis von der Ursächlichkeit des Dauernuckelns von Kindertees für Kariesschäden hat, sich auch zugleich darüber bewußt ist, dass ohne die Flasche ein Dauernuckeln nicht möglich wäre. Damit ist denknotwendig die Saugflasche eine Voraussetzung für den Schadenseintritt, da schadensursächlich nur die Saugflaschenverabreichung und der Teegenuß als ein einheitlicher Lebensvorgang sein können. Eine Trennung kann insofern nicht erfolgen. Das eine ist ohne das andere im Hinblick auf die Schadensverursachung nicht denkbar. Dies gilt um so mehr, da der Kläger selbst vorgetragen hat, sämtliche Getränke seien zu mindestens 90% im Wege des Dauernuckelns per Saugflasche verabreicht worden. Diese Tatsachen waren den Eltern des Kläger bekannt. Auf die Würdigung oder zutreffende Schlußfolgerung der spezifischen Kausalität der Saugflasche kam es nicht an.

Unter diesen Umständen wären Ansprüche des Klägers gegen den Hersteller der Saugflasche, die Firma M., verjährt. Der Name des Herstellers war bekannt. Die Adresse war entweder bekannt oder auf einfache Art und Weise in Erfahrung zu bringen. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob der Ansicht des Landgerichts zu folgen ist, dass der Beginn der Verjährungsfrist bei produkthaftungsrechtlichen Ansprüchen gegen eine juristische Person und gegen die für sie Handelnden zusammenhängend betrachtet werden muß. Denn selbst wenn man von unabhängigen Verjährungsfristen ausgeht, sind mögliche Ansprüche gegen die Beklagten verjährt. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe weder die Namen noch die Privatadressen der Beklagten noch deren firmeninterne Stellung gekannt. Zwar bestand grundsätzlich zu Lasten des Klägers keine Obliegenheit zur aktiven Informationsbeschaffung durch spezifische Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Ermittlung der Namen und Anschriften der Beklagten (vgl. BGH NJW 1994, 3092, 3094). Ob dieser Rechtsprechung im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Schäden zu folgen ist, erscheint bereits zweifelhaft. Denn die Verjährung beginnt auch dann, wenn der Geschädigte ­ im vorliegenden Fall die Eltern des Klägers ­ die erforderliche Kenntnis zwar nicht positiv besitzt, sie sich aber ohne nennenswerte Mühe und ohne besonderen Kostenaufwand in zumutbarer Weise hätte beschaffen können (BGH VersR 1998, 378,380; OLG Karlsruhe NJW ­ RR 1999, 35, 36). Dies war vorliegend der Fall.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Maßnahmen bei einer AG von handelnden Personen getroffen werden. Sofern dadurch Schäden verursacht werden, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass diese durch die handelnden Personen verursacht werden und insofern deren Haftung in Betracht kommen kann. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass die Eltern des Klägers sich zunächst an die M. AG hätten wenden können und müssen, um die Namen der zuständigen und möglicherweise verantwortlichen Personen in Erfahrung zu bringen. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber am ehesten in der Lage, diese Informationen zu erteilen. Bei einer entsprechenden Anfrage hätten die Eltern des Klägers die Namen der Verantwortlichen ohne nennenswerte Mühen und Kosten in Erfahrung bringen können. Es ist für die hier entscheidende Zeit bis Ende 1991 nicht ersichtlich, dass die M. AG die entsprechenden Namen und die Zuständigkeitsbereiche nicht mitgeteilt hätte. Schließlich sind die Namen der Vorstandsmitglieder (Beklagte zu 1, 2, 3, 5, 6 und 8) und die Namen der leitenden Mitarbeiter (Beklagte zu 4 und 7) allgemein bekannt und unterliegen keiner wie auch immer gearteten Geheimhaltung. Die Namen der Vorstandsmitglieder sind zudem im Handelsregister eingetragen und werden in den jährlichen Geschäftsberichten einer AG aufgeführt. Es ist demnach kein Grund ersichtlich, dass die M. AG bis Ende 1991 die begehrten Auskünfte nicht erteilt hätte, wäre nur eine entsprechende Anfrage erfolgt. Eine gegenteilige Beurteilung wäre nur dann möglich gewesen, wenn die Eltern des Klägers innerhalb der streitbefangenen Zeitspanne eine Anfrage bei der M. AG getätigt hätten und ihnen eine negative Auskunft erteilt worden wäre. Dies war jedoch nicht der Fall.

Sofern der Kläger behauptet, aufgrund einer Anweisung des Vorstandes der M. AG bzw. derartige Anfragen nicht beantwortet worden, ist dieser Vortrag nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Diesbezüglich hätte vorgetragen werden müssen, wann der Vorstand der M. AG einen derartigen Beschluß gefaßt hat. Ohne eine solche konkrete zeitliche Einordnung, kann der Vortrag keine Rechtsfolgen herbeiführen. Nur wenn dieser Beschluß vor dem 31.12.1991 getroffen worden wäre, hätte dies Einfluß auf die hier zu entscheidende Frage haben können.

Auch aus dem weiteren Vortrag des Klägers, Anfragen seines Prozeßbevollmächtigten an die M. AG seien nicht beantwortet, sondern ausdrücklich abgelehnt worden, kann sich eine gegenteilige Beurteilung nicht ergeben. Diese Schreiben datieren nämlich vom 24.05.1993 und vom 03.06.1993 (Bl. 177). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Auskunftsverweigerung auch schon vor dem 31.12. 1991, also 1 1/2 Jahre vorher, erfolgt wäre. Die Auskunftsverweigerung kann durchaus darin begründet sein, dass zu diesem späteren Zeitpunkt derartige Anfragen sich häuften oder dass die Streitigkeiten zu diesem Zeitpunkt derart eskalierten, dass keine Auskünfte mehr erteilt wurden.

Die Eltern des Klägers hätten zudem die Namen der Vorstandsmitglieder der M. AG - es handelt sich dabei um die Beklagten zu 1, 2, 3, 5, 6, 8 - aus dem zuständigen Handelsregister erfahren können. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dies unschwer und mit geringem Kostenaufwand möglich. Dazu genügt eine schriftliche oder mündliche Anfrage beim Handelsregister oder eine eigene Einsichtnahme in das Handelsregister. Dass die Mitarbeiter bereitwillig den Eltern des Klägers die notwendigen Informationen gegeben hätten, davon kann ohne weiteres ausgegangen werden. Ob die Eltern des Klägers von der Existenz eines Handelsregisters wußten und ob sie einen Handelsregisterauszug lesen konnten, ist unbeachtlich. Die Frage der zivilrechtlichen Zumutbarkeit einer Auskunftseinholung richtet sich nicht nach einem individuellen, sonder nach einem auf allgemeine Verkehrsbedürfnisse ausgerichteten objektiven Sorgfaltsmaßstab (BGHZ 39, 238). Ein einfacher Anruf bei dem für die Eltern des Klägers zuständigen Amtsgericht hätte bereits die Existenz und das für die M. AG zuständige Registergericht in Erfahrung gebracht. Tatsächlich haben die Eltern des Klägers seit Kenntnis des Schadens und der Schadensursache Ende 1988 jahrelang nichts unternommen, um gegen die "Schädiger" zumindest vorbereitende Maßnahmen einzuleiten. Erstmals sind sie nach Eintritt der Verjährung tätig geworden. Sofern die Eltern des Klägers einen Handelsregisterauszug beschafft gehabt hätten und diesen aber nicht hätten lesen können, hätten sie insofern eine sachkundige Person heranziehen müssen. Der einfachste und billigste Weg wäre ein Vorsprechen beim Handelsregister selbst oder bei der Rechtsberatungsstelle des zuständigen Amtsgerichts gewesen. Dass eine solche Vorgehensweise zumutbar ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts wäre in diesem Stadium keine überobligationsmäßige Informationsbeschaffung gewesen.

Selbst wenn die Privatanschriften der Beklagten nicht in Erfahrung zu bringen gewesen wären, etwa weil die M. AG diese nicht offengelegt hätte, hätte der Kläger eine Klage zumutbar unter der Adresse der Firma M. (der "Dienstanschrift" der Beklagten) versuchen können und müssen (Urteil des Senats vom 6.11.1996, 19 U 244 / 95). Nach § 180 ZPO darf ein zuzustellendes Schriftstück vom Zustellungsbeamten nämlich überall dort zugestellt werden, wo der Adressat angetroffen wird. Im Falle einer Auskunftsverweigerung der Firma M. wäre sogar dann wegen unbekannten Aufenthalts der Beklagten eine öffentliche Zustellung der Klageschrift gemäß § 203 ZPO in Betracht gekommen. Denn der Aufenthalt einer Person ist auch dann unbekannt, wenn die Person, die den Aufenthalt kennt, ihn nicht benennt (BGHZ 64, 5; Urteil des Senats vom 19.6.1996, 19 U 91 / 55). Diese Vorgehensweise ist zumutbar und nicht mit unzumutbaren Kosten und Zeitaufwand verbunden. Die Entscheidung des BGH VersR 1998, 378 ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da dort eine Zustellung im Ausland hätte bewirkt werden müssen. In der Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der zustellfähigen Klage (eventuell Feststellungsklage) hätte auch keine überobligationsmäßige (Anschriften -) Informationsbeschaffung gelegen. Der Kläger hätte seine Rechte früher oder später mit Hilfe eines Rechtsanwalts durchsetzen müssen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 97 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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