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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: 19 U 78/03
Rechtsgebiete: ZPO, AktG


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs 2
AktG § 71a Abs. 1
AktG § 15
AktG § 17
1. Durch einen die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisenden Beschluss wird eine in der Berufungsinstanz erfolgte Klageerweiterung wirkungslos.

2. Verträge mit einer AG, die die Gewährung von Darlehen an einen Dritten zum Erwerb von Aktien ihrer Gesellschaft zum Gegenstand haben, sind gemäß § 719 Abs. 1 AktG nichtig, es sei denn, der Dritte ist Arbeitnehmer eines mit der AG verbundenen Unternehmens.

3. Zwischen einer AG, die über 50% der Geschäftsanteile an einer GmbH verfügt (während die übrigen 50% von Privatpersonen gehalten werden) und der GmbH besteht kein Abhängigkeitsverhältnis i. S. v. §§ 15, 17 AktG. (ZPO 522 II; AktG 71a I; AktG 15; AktG 17)


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

19 U 78/03

Entscheidung vom 22.12.2003

In dem Rechtsstreit

...

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht ... am 22. Dezember 2003 beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. März verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die in der Berufungsinstanz erhobene Eventualklage ist wirkungslos.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beläuft sich auf 56.242,10 €.

Gründe:

Die Berufung der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen, weil der Senat davon überzeugt ist, daß die Berufung keine Erfolgsaussicht und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Darlehenszinsen aus einem Darlehensvertrag vom 26. 10. 00 für den Zeitraum 1. 11. 2000 bis 31. 10. 2002 in Anspruch.

Im Jahr 2000 wollte der als Senior Portfolio Manager beschäftigte Beklagte mit drei anderen Personen eine eigenständige Vermögensverwaltungsgesellschaft gründen. Am 7. 9. 2000 kam es zwischen der Klägerin, dem Beklagten sowie den Herren A, B und C zu einem Joint Venture Vertrag (Bl. 85 ff d.A.). Nach diesem sollten unter Einschaltung einer deutschen G2 ... Gesellschaft Dienstleistungen im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung angeboten werden. Den als "Partner" bezeichneten Herren A, B, C und dem Beklagten sollten 50 % der Geschäftsanteile an dieser GmbH zustehen, der Klägerin ebenfalls 50 %. Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf die in der Akte befindliche Urkunde verwiesen. Entgegen dem ursprünglichen Vorhaben, als G2 ... Gesellschaft die bestehende Performance D & E F GmbH zu verwenden, wurde das Stammkapital der G ... GmbH, deren Alleingesellschafterin die Klägerin war, auf 500.000,- DM erhöht und insgesamt 50 % der Anteile auf die Herren A, B, C und den Beklagten übertragen. Anschließend kam es zu einem Gesellschaftsvertrag zwischen der Klägerin, dem Beklagten und den Herren A, B und C (Bl. 122 ff). In dem Gesellschaftsvertrag, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 122 ff d.A.), wurden der Beklagte und die Herren A, B und C wiederum als "Partner" bezeichnet. Es ist bestimmt, daß die Gesellschafter bei allen Beschlüssen darauf achten, daß das Verhältnis zwischen der aus den Partnern bestehenden Gesellschaftergruppe einerseits und der Klägerin andererseits immer paritätisch sein werde. In § 5 des Vertrages wurde den "Partnern" das Recht eingeräumt, den durch die Gesellschafterversammlung zu ernennenden Geschäftsführer vorzuschlagen.

Am 26. 10. 2000 kam es zwischen der Klägerin und dem Beklagten, der inzwischen in einem Arbeitsverhältnis zur G ... GmbH stand, zu einem Darlehensvertrag über den Betrag von 511.291,89 DM zum Zwecke des Erwerbs von Aktien der Klägerin. In dem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, mit dem Darlehensbetrag unverzüglich 3600 Stückaktien der Klägerin zu erwerben. Das Darlehen sollte mit 5,5 % verzinst werden. Nachdem der Beklagte die festgelegte Anzahl von Stückaktien unter Verrechnung mit dem Darlehensauszahlungsanspruch von der Klägerin, die zuvor von der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien zum Zwecke des Wertpapierhandels ermächtigt worden war, gekauft hatte, trafen die Parteien am 15. 11. 2000 eine Zusatzvereinbarung (Bl. 10, 11 d.A.), in der der Beklagte der Klägerin die Aktien zur Sicherung des Darlehens verpfändete und sog. "Lock-up-Fristen" festgelegt wurden.

Am 8. 11. 2001 erklärte sich die Klägerin bereit, die vom Beklagten zum 31. 10. 2001 fällig werdenden Darlehenszinsen für ein Jahr zu stunden (Bl. 12, 13 d.A.).

Im Jahr 1992 veräußerte die Klägerin ihre Anteile an der G ... GmbH. Die Aktien der Klägerin haben in der Zwischenzeit erheblich an Wert verloren.

Die Klägerin hat den zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag als wirksam angesehen und geltend gemacht, § 71 a Abs. 1 S. 1 AktG finde keine Anwendung, weil der Beklagte im Zeitpunkt der Darlehensgewährung Arbeitnehmer der G ... GmbH gewesen sei und es sich bei dieser Gesellschaft um ein mit ihr verbundenes Unternehmen im Sinne von § 15 ff AktG gehandelt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 56.242,10 € nebst Zinsen zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich auf die Nichtigkeit des Darlehensvertrages wegen Verstoßes gegen § 71 a Abs. 1 S. 1 AktG berufen und geltend gemacht, die Nichtigkeit des Darlehensvertrages führe auch zur Unwirksamkeit des über die Aktien der Klägerin geschlossenen Kaufvertrags. Hierzu hat er behauptet, die Klägerin habe ihn durch die rechtliche Konstruktion eines Kaufs von Aktien auf Kredit so stellen wollen, als seien ihm Aktienoptionen eingeräumt worden. Er habe auf diese Weise lediglich an den zukünftigen Wertsteigerungen der Aktien teilhaben sollen.

Im Termin vom 11. 2. 2003 vor dem Landgericht beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, ihm Gelegenheit zu geben, zur Klageerwiderung noch Stellung zu nehmen. Daraufhin gewährte ihm das Gericht einen Schriftsatznachlaß bis zum 25. 2. 2003. Mit am 24. 2. 2003 eingegangenen Schriftsatz stützte die Klägerin den Antrag auf Zahlung von 56.242,10 € hilfsweise auf einen Anspruch auf Rückzahlung des hingegebenen Betrags und kündigte hinsichtlich des Differenzbetrages den Hilfsantrag an, den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 455.049,79 € nebst Zinsen zu zahlen.

Mit Urteil vom 13. 3. 2003, das der Klägerin am 1. 4. 2003 zugestellt worden ist, hat das Landgericht die auf Zahlung von Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 30. 4. 2003 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zuletzt zum 4. 9. 2003 am 31. 7. 2003 begründet.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung den in erster Instanz gestellten Antrag auf Zahlung von Darlehenszinsen in Höhe von 56.242,10 € weiter und stützt ihren Zahlungsantrag hilfsweise auf einen Rückzahlungsanspruch des hingegebenen Betrages. Außerdem begehrt sie hilfsweise die Zahlung von 455.049,79 € nebst Zinsen.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Mit ihr erstrebt die Klägerin in erster Linie die Beseitigung der aus dem landgerichtlichen Urteil folgenden Beschwer.

Die Berufung bietet jedoch keine Aussicht auf Erfolg.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Darlehenszinsen nicht zu, weil der Darlehensvertrag, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, gemäß § 71 a Abs. 1 S. 1 AktG nichtig ist. Das Darlehen war unstreitig zum Zwecke des Erwerbs von Aktien der Klägerin gewährt worden.

Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 71 a Abs. 1 S. 2 AktG liegen nicht vor. Der Beklagte war unstreitig kein Arbeitnehmer der Klägerin, er war auch nicht Arbeitnehmer eines mit der Klägerin verbundenen Unternehmens. Insbesondere war er kein Arbeitnehmer der erst nach Darlehensgewährung gegründeten und nach der Darstellung der Klägerin von ihr beherrschten G1 Investment S.A oder der G1 Kapitalanlagegesellschaft. Arbeitgeber des Beklagten war vielmehr die G ... GmbH. Bei dieser aber handelte es sich nicht um ein mit der Klägerin verbundenes Unternehmen im Sinne der aktienrechtlichen Vorschriften. Nach §§ 15, 17 AktG kann zwar auch eine nur 50 %ige Beteiligung, wie sie die Klägerin an der GmbH innehatte, eine Abhängigkeit begründen. Dies setzt aber die Möglichkeit einer Einflußnahme, die beständig, umfassend und gesellschaftsrechtlich vermittelt ist, voraus (BGHZ 90, 381; BGHZ 135, 107ff). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

Sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch in dem vorangegangenen Joint Venture Vertrag ist ausdrücklich festgehalten, daß das Verhältnis zwischen der als Partner bezeichneten Gesellschaftergruppe und der Klägerin immer paritätisch sein soll, der Klägerin mithin kein beherrschender Einfluß zustehensoll. Nach § 4 des Joint Venture Vertrages sollte die Klägerin über 50 % der Stimmrechte verfügen, während die als Partner bezeichnete Gesellschaftergruppe, der insgesamt ebenfalls 50 % der Stimmrechte zustanden, ihr Stimmrechtsverhalten geschlossen in einem gesonderten Poolvertrag festlegen wollten.

Die Klägerin besaß nach dem Gesellschaftsvertrag zudem keine Möglichkeit, die Geschäftsführung zu besetzen. Nach dem Gesellschaftsvertrag besaßen vielmehr die mit insgesamt 50 % an dem Gesellschaftskapital beteiligten Partner sowohl das Recht, einen Geschäftsführer zu benennen als auch dessen Abberufung vorzuschlagen. An den jeweiligen Vorschlag war die Klägerin grundsätzlich gebunden. Der Klägerin war nach § 10 des Gesellschaftsvertrages zwar das Recht eingeräumt worden, eines der Mitglieder des vorgesehenen Beirats zu bestimmen. Dem Beirat, dessen Größe und Aufgaben von der Gesellschafterversammlung zu bestimmen war, sollte indes nur eine beratende Funktion zukommen. Es ist ausdrücklich geregelt, daß ihm ein unmittelbarer Einfluß auf die Geschäftsführung nicht zugewiesen werden kann. Der Umstand, daß die Klägerin sich in § 3 des Joint Venture Vertrages verpflichtete, zur Eigenmittelausstattung der GmbH 1 Mio. € in die Rücklagen einzuzahlen und Jahresfehlbeträge durch Zuschüsse auszugleichen, die durch erwirtschaftete Jahresüberschüsse vorrangig zurückgezahlt werden sollten, und, wie aus § 16 folgt, vor dem Ausgleich aller von der Klägerin vorab gezahlten Kosten und Aufwendungen keine Gewinnausschüttung stattfinden sollte, reicht nicht aus, um von einem beherrschenden Einfluß der Klägerin auf die GmbH ausgehen zu können. Es ist anerkannt (vgl. Bayer in Münchner Komm. zum AktG 2. A. § 17 RZ 29; Hüffer AktG 5. A. § 17 RZ 8; BGH Z 90, 381, 395f jew. m. w. N.; OLG Düsseldorf DB 1993, 2222 ff), daß eine wirtschaftliche Abhängigkeit nur dann zu einer Abhängigkeit im Sinne von § 17 AktG führt, wenn sie auch gesellschaftsrechtlich fundiert ist. Dies folgt daraus, daß mit den Vorschriften über verbundene Unternehmen Aktionäre innerhalb der abhängigen Gesellschaft nur vor nachteiligen Einwirkungen, die sich aus der Ausnutzung spezifisch gesellschaftsrechtlicher Möglichkeiten ergeben können, nicht aber vor Einflüssen geschützt werden sollen, die jedem Unternehmen von der Ausübung fremder wirtschaftlicher Macht drohen (BGH a.a.O). Hier führte das Recht der Klägerin zur vorrangigen Befriedigung lediglich dazu, daß eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter vor der Befriedigung der Klägerin zu unterbleiben hatte, die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Organe der GmbH wurde hierdurch nicht berührt. Ein beherrschender Einfluß der Klägerin ist auch nicht durch die Unterstützung durch Dritte begründet worden. Zwar haben sich die Beteiligten in § 4 Ziff. 3 des Joint Venture Vertrages verpflichtet, durch Ausübung ihrer Stimmrechte in der GmbH dafür Sorge zu tragen, daß die rechtlich und wirtschaftlich mit dem Vertrag beabsichtigte Zielsetzung bestmöglich erreicht wird. Diese Vereinbarung beinhaltet jedoch nicht, daß gerade der Klägerin ein sicheres Zugriffsrecht auf die Ausübung der Stimmrechte eingeräumt worden ist.

Auch der Umstand, daß wesentliche Beschlüsse mit einer Mehrheit von mindestens 75 % aller Stimmen getroffen werden müssen, führt zu keinem beherrschenden Einfluß der Klägerin. Eine Sperrminorität führt nach ganz herrschender Meinung nicht zur Abhängigkeit, weil die Möglichkeit, strukturverändernde Entscheidungen zu blockieren, noch kein Mitwirkungsrecht bei der Zusammensetzung der Geschäftsführung begründet und die Unternehmensleitung hierdurch noch nicht zu einem bestimmten Handeln veranlaßt wird (Bayer in Münchener Komm. zum AktG, 2. A. § 17 RZ 42).

Entgegen der Ansicht der Klägerin im Schriftsatz vom 16. 12. 2003 ist hier auch kein beherrschender Einfluß im Sinne des § 17 AktG von mehreren gleichgeordneten Unternehmen ausgegangen. Zwar ist anerkannt, daß sich bei paritätischer Beteilung und Stimmengleichheit eine Abhängigkeit von jeder der beteiligten beiden Muttergesellschaften dann ergeben kann, wenn die Obergesellschaften aufgrund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise derart zusammenwirken, daß sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluß ausüben können (BGH NJW 1974, 855ff; BGHZ 99, 1ff). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur dann, wenn es sich bei jedem der beiden Gruppen um "Unternehmen" im Sinne von § 15 AktG handelt. Denn nur ein Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung kann herrschend sein. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung ist die rechtspolitischen Konzeption, daß nicht jeder einflußreiche Aktionär in den Kreis der Konzernvorschriften einbezogen werden soll, sondern nur bei Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage, die der Gesetzgeber darin gesehen hat, daß beim Unternehmer-Aktionär die Gefahr besteht, daß die Rechte aus der Beteiligung zum Nachteil der Gesellschaft für seine unternehmerischen Interessen ausgenutzt werden (Bayer a.a.O. § 15 RZ 7). Diese Gefahr ist von einem Aktionär bzw. Gesellschafter einer GmbH, der kein Unternehmen ist, nicht in gleicher Weise zu befürchten. Ein Gesellschafter, dessen unternehmerische Interessen sich ausschließlich auf die Wahrnehmung seiner Beteilung an der Gesellschaft beschränken, ist nicht Unternehmen im Sinne von § 15 AktG, sondern privilegierter Privatgesellschafter (Bayer a.a.O. § 15 RZ 14). Um solche Privatgesellschafter aber handelt es sich bei den im Gesellschaftsvertrag als Partner bezeichneten Gesellschaftern A, B, C und dem Beklagten. Es ist nicht ersichtlich, daß einer dieser Gesellschafter im Zeitpunkt der Darlehensgewährung außerhalb seiner Beteiligung an der GmbH noch eigenständig unternehmerisch tätig gewesen ist.

Der Senat ist nicht deshalb gehindert, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Klägerin mit der Berufungsbegründung den Klageantrag hilfsweise auf einen anderen Streitgegenstand, nämlich einen Anspruch auf Rückzahlung des als Darlehen hingegebenen Betrags gestützt und um einen weiteren Anspruch auf Rückzahlung erweitert hat. In erster Instanz war über den jetzt hilfsweise geltend gemachte Anspruch nicht zu entscheiden gewesen. Der Schriftsatz vom 24. 2. 2003, mit dem die Klägerin die Klage erweitern wollte, ist erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung am 11. 2. 2003 beim Landgericht eingegangen. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung kann die Klage nicht mehr in zulässiger Weise erweitert werden (BGH MDR 1992, 899 zur Widerklage), jedenfalls aber kam ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung über neue Klageanträge nicht in Betracht, weil Sachanträge, um Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung sein zu können, in der mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH NJW-RR 1997, 1486). Hieran ändert sich nichts dadurch, daß der Klägerin eine Schriftsatzfrist eingeräumt wurde, weil sich diese lediglich auf Vorbringen zum Erwiderungsschriftsatz des Beklagten erstreckte.

Es war auch nicht verfahrensfehlerhaft, daß das Landgericht den Schriftsatz der Klägerin vom 24. 2. 2003 nicht zum Anlaß nahm, die Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund neuen Vorbringens ist nur dann geboten, wenn dieses Vorbringen ergibt, daß es aufgrund eines nicht prozeßordnungsmäßigen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist (BGH NJW 2000, 142). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Eines Hinweises des Landgerichts auf die mögliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrages bedurfte es nicht, da der Klägerin schon aufgrund der Vorkorrespondenz (Bl. 28 d.A.) bekannt war, daß der Beklagte den Darlehensvertrag wegen Verstoßes gegen § 71 a Abs. 1 S. 1 AktG als nichtig angesehen hat.

Der Senat ist nicht gehalten, deshalb von einer Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO abzusehen, weil es über den in zweiter Instanz neu eingeführten Streitgegenstand nur nach mündlicher Verhandlung entscheiden könnte, da sich das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO auf die Nachprüfung des erstinstanzlichen Urteil beschränkt.

Nach § 522 Abs. 2 ZPO ist die Berufung immer dann durch Beschluß zurückzuweisen, wenn sie keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die übrigen Voraussetzungen für eine Zurückweisung vorliegen. Eine Ausnahme für den Fall einer zulässigen Klageerweiterung in zweiter Instanz ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Mit dem Zweck des § 522 Abs. 2 ZPO, Verfahren über offensichtlich unbegründete Berufungen auf einfachere Art ohne mündliche Verhandlung und damit schneller erledigen zu können, wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die in erster Instanz unterlegene Partei es in der Hand hätte, durch eine Klageerweiterung eine mündliche Verhandlung über ihre Berufung zu erzwingen, obwohl diese keine Erfolgsaussicht bietet. Ebensowenig könnte die Berufung durch Beschluß zurückgewiesen und anschließend über die Klageerweiterung mündlich verhandelt werden, denn die Verhandlung setzt eine fortbestehende Beschwer des Rechtsmittelführers voraus (BGH MDR 2002, 1085ff). Der Senat folgt deshalb der Ansicht des OLG Rostock (MDR 2003, 1195f), daß eine in zweiter Instanz erfolgte Klageerweiterung einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluß nicht entgegensteht und daß mit der Zurückweisung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die in zweiter Instanz erfolgte Klageerweiterung ebenso ihre Wirkung verliert, wie es in § 524 Abs. 4 ZPO für den Fall einer Anschlußberufung vom Gesetzgeber vorgesehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Da der Senat nicht über den hilfsweise geltend gemachten Anspruch entschieden hat, bleibt dessen Wert bei der Bemessung des Streitwertes für die Berufungsinstanz außer Betracht.



Ende der Entscheidung

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