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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: 19 W 38/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91a
ZPO § 571 II
Abweichend von § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist neues Vorbringen in der Beschwerdeinstanz bei einem Beschwerdeverfahren gegen eine Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO nicht zu berücksichtigen.
Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten ursprünglich auf Zahlung des Kaufpreises aus einer Anzahl von Kaufverträgen in Höhe von insgesamt 33.325,01 € in Anspruch genommen, u.a. wegen einer Kaufpreisforderung von 12.412,-- € gemäß Rechnung vom 24.10.2004 mit der Behauptung, die vertraglich geschuldete Leistung erbracht zu haben. Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin die Waren aus dem zu Grunde liegenden Kaufvertrag an seinen Endkunden versandt habe; er hat geltend gemacht, dass die Klägerin ihm am 21.4.2005 - also in der Zeit zwischen Einreichung und Zustellung der Klage - eine Gutschrift in Höhe des Rechnungsbetrages von 12.412,-- € erteilt hat. In der mündlichen Verhandlung am 31.1.2006 hat die Klägerin die Klage in Höhe von 12.412,-- € ohne weitere Erläuterung für erledigt erklärt; der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Das Landgericht hat mit dem am 20.4.2006 verkündeten Anerkenntnisurteil die Kosten des Rechtsstreits zu 10 % der Klägerin und zu 90 % dem Beklagten auferlegt und zur Begründung für die Kostenbelastung der Klägerin ausgeführt, dass hinsichtlich des erledigten Teils der Hauptsache die Kosten nach billigem Ermessen gemäß § 91 a ZPO zwischen den Parteien hälftig zu teilen seien.

Der Beklagte macht mit der sofortigen Beschwerde geltend, dass die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits betreffen, der 37 % der ursprünglichen Klageforderung ausmache, allein der Klägerin aufzuerlegen seien. Die Klägerin tritt der sofortigen Beschwerde entgegen mit der Begründung, dass sie ihre vertraglichen Pflichten aus dem vereinbarten Versendungskauf durch Auslieferung der zu versendenden Waren an den Spediteur erfüllt habe und dass die Gutschrift vom 21.4.2005 darauf beruhe, dass sie am 18.4.2005 die Erklärung des Versicherers des Spediteurs erhalten habe, dass dieser den geltend gemachten Schaden im Kulanzwege trage.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat teilweise Erfolg. Soweit die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Frankfurt am Main mit Rücksicht auf die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien wegen eines Teilbetrages von 12.412,-- € auf § 91 a ZPO beruht, führt die sofortige Beschwerde zur Abänderung der Kostenentscheidung. Denn unter Berücksichtigung des dem Landgericht unterbreiteten (bisherigen) Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits trägt. Zwar bestehen entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Bedenken gegen die Fälligkeit der ursprünglich geltend gemachten Kaufpreisforderung von 12.412,-- €. Das gilt auch dann, wenn die Klägerin - wie der Beklagte behauptet hat - die Ware nicht auslieferte. In diesem Falle hätte sich lediglich ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten ergeben, welches zu einer Verurteilung Zug-um-Zug gegen Lieferung hätte führen können. Bei der nach § 91 a ZPO zutreffenden Billigkeitsentscheidung über die den für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits betreffenden Kosten ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin das Erledigungsereignis selbst herbeiführte, indem sie ohne jede Begründung dem Beklagten eine der Kaufpreisforderung entsprechende Gutschrift erteilte und damit - aus welchen Gründen auch immer - die Klageforderung aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag aufgab.

Allerdings dürfte abweichend hiervon eine Kostenbelastung des Beklagten hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits der Billigkeit entsprechen, wenn der in der Beschwerdeinstanz von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt der Entscheidung zugrunde zu legen ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Senat teilt die überwiegend vertretene Auffassung, dass der dem Landgericht unterbreitete "bisherige" Sach- und Streitstand für die Kostenentscheidung maßgeblich ist und neues Vorbringen in der Beschwerdeinstanz abweichend von § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist (OLG Hamm, OLGR 1999, 316; OLG Frankfurt, JurBüro 1991, 1392, 1393; WRP 1987, 116; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 978). Danach ist für die Beschwerdeentscheidung der dem Landgericht unterbreitete Sach- und Streitstand maßgeblich, wonach sich die Klägerin durch die ohne weitere Erläuterung erteilte Gutschrift in die Position einer unterlegenen Partei gebracht hat.

Der Umstand, dass die Beschwerde des Beklagten lediglich einen Teilerfolg erzielt, beruht darauf, dass eine Kostenbelastung der Klägerin nicht - wie vom Beklagten erstrebt - in Höhe von 37 % erfolgen darf, sondern auf 20 % der Kosten des Rechtsstreits beschränkt bleiben muss. Das ergibt sich daraus, dass das Landgericht bei der von ihm getroffenen Kostenentscheidung ersichtlich davon ausgegangen ist, dass sich die nach § 91 a ZPO zu treffende Kostenentscheidung auf einen Anteil von 20 % an den Gesamtkosten beschränkt. Nur in diesem Rahmen durfte die Kostenentscheidung auf die sofortige Beschwerde nachgeprüft werden (Zöller-Vollkommer, 25. Aufl., ZPO § 91 a Rdnr. 56 m.w.N.).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Parteien entsprechend dem Anteil ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf dem Kostenvorteil, den der Beklagte durch eine Erhöhung der Kostenbelastung der Klägerin von 10 % auf 37 % erreichen wollte.

Ende der Entscheidung

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