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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.11.2008
Aktenzeichen: 2 Ausl A 175/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Senat hat mit Beschluß vom 25.März 2008 gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Die ruandischen Behörden ersuchen danach um Auslieferung des Verfolgten nach Ruanda zum Zwecke der Strafverfolgung. Gegen den Verfolgten besteht Internationaler Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Ruanda in O1 vom 19. August 2007 (Az.: RPGR: 715/Gen/MJD/RE). Dem Verfolgten werden Völkermord, Teilnahme am Völkermord, Verschwörung zur Begehung von Völkermord, Mord, Ausrottung sowie Bildung, Mitgliedschaft und Rädelsführerschaft in Bezug auf eine kriminelle Bande zur Last gelegt. Der Verfolgte war von 1988 bis 1994 Bürgermeister der Gemeinde O2 in der Präfektur O3 und ehemaliger Parteigänger der herrschenden ...-Partei in Ruanda. Er soll sich u.a. am 4. Oktober 1990 in O2 aktiv an der systematischen Verhaftung von Tutsis beteiligt haben, von denen mehrere infolge der von ihm angeordneten Folter gestorben sind. Am 11. April 1994 soll er zusammen mit anderen beschlossen haben, Tutsi-Flüchtlinge in der Kirchengemeinde O4 zu überfallen. In Ausführung dieses Beschlusses sollen mehr als 2.000 Tutsis ermordet worden sein. Der Verfolgte soll die Überfälle persönlich angeführt und befehligt haben und den Milizen Gewehre, Transportmittel und Geld zur Verfügung gestellt haben.

In einem Verfahren, das nicht den Verfolgten betrifft, hatte die Strafkammer III des Internationalen Gerichtshofs für Ruanda in einer Entscheidung vom 28.Mai 2008 die Verweisung eines Strafverfahrens an Ruanda mit der Begründung abgelehnt, die Strafstruktur der Republik Ruanda entspräche nicht dem international anerkannten Standard und ein faires Verfahren sei in Ruanda nicht gewährleistet. Nunmehr hat auch die Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofs in jenem Verfahren unter dem 08.Oktober 2008 die Verweisung eines Strafverfahrens an Ruanda abgelehnt. Sie sieht ein faires Verfahren vor einem ruandischen Gericht wegen fehlender Waffengleichheit nicht garantiert.

Da die Berufungskammer des Internationalen Gerichtshofs damit eine grundsätzliche Aussage und nicht eine Einzelfallentscheidung getroffen hat, kann eine Auslieferung des Verfolgten an die Republik Ruanda derzeit nicht in Betracht kommen.

Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland hat über das Bundesamt der Justiz unter dem 29.Juli 2008 lediglich mitgeteilt, es halte eine Bewilligung der Auslieferung nicht für vornherein ausgeschlossen, und hat gebeten, "die längere Bearbeitungszeit wegen der Befassung der Leitungsebene zu entschuldigen." Eine weitere Stellungnahme liegt bislang nicht vor.

Die Auslieferung war deshalb für unzulässig zu erklären und der Haftbefehl aufzuheben, obwohl der Verfolgte nach Auffassung des Senats auf Grund der von der Republik Ruanda vorgelegten Unterlagen der in dem o. a. Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Ruanda dargestellten Straftaten weiterhin hinreichend verdächtig erscheint.

Ende der Entscheidung

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