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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: 2 Ss-OWi 362/05
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 25 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 275,-- €. Ferner verhängte es ein Fahrverbot von einem Monat.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 17. Januar 2004 gegen 12.29 Uhr mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen ..., in der Gemarkung Frankfurt am Main die B 43 in Richtung Innenstadt. In Höhe der Brücke BAB 5, die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist dort auf 80 km/h beschränkt, fuhr der Betroffene, der irrtümlich von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausging, mit 147 km/h.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie erstrebt eine Verurteilung des Betroffenen wegen vorsätzlicher Begehungsweise und die Verhängung eines Fahrverbots von 2 Monaten.

Die zulässige Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht bedurfte.

Die Amtsanwaltschaft rügt zu Recht, dass der Betroffene nicht wegen vorsätzlicher Begehungsweise verurteilt worden ist. Der Betroffene hat sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil dahin eingelassen, er sei der Auffassung gewesen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Zeitpunkt der Messung habe 100 km/h betragen, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit könne bei 140 km/h gelegen haben. Dies belegt, dass er vorsätzlich handelte. Hieran vermag es auch nichts zu ändern, dass sich sein Vorsatz lediglich auf die Überschreitung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bezog, während im übrigen Fahrlässigkeit gegeben ist. Weitere Feststellungen, welche eine vorsätzliche Begehungsweise in Frage stellen könnten, sind nicht zu erwarten, so dass der Schuldspruch, da sich der Betroffene bei einem vorherigen rechtlichen Hinweis nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, geändert werden konnte.

Demgegenüber ist auf die Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft der Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

Schon im Hinblick auf die gebotene Schuldspruchberichtigung ist der Bußgeldbemessung die Grundlage entzogen, so dass das angefochtene Urteil hinsichtlich dieses Ausspruchs der Aufhebung unterliegt (Kuckein in KK, StPO, 5 Aufl., § 354 RN 18).

Zu Recht rügt die Amtsanwaltschaft, dass das Amtsgericht kein zweimonatiges Fahrverbot verhängt hat.

Der Betroffene hat außerhalb geschlossener Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 67 km/h überschritten. Damit ist ein grober Verstoß im Sinne des § 25 Abs. 1 StVG indiziert (§ 4 Abs. 1 BKatV), so dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme des Fahrverbotes bedarf. Dass der Betroffene die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung nicht wahrgenommen hat, beseitigt diese Indizwirkung nicht, denn der Betroffene hat auch die von ihm angenommene zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 47 km/h überschritten, so dass von einem Augenblicksversagen, das einen groben Verkehrsverstoß beseitigen könnte, nicht die Rede sein kann.

In der Sache konnte der Senat gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden, da weitere erhebliche Feststellungen nicht zu erwarten sind.

Nach Nr. 11.3.9 der Tabelle 1c) des Anhanges zum Bußgeldkatalog ist bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 61-70 km/h mit einem Pkw eine Regelgeldbuße in Höhe von 275,-- € sowie ein Regelfahrverbot von 2 Monaten vorgesehen, wobei gewöhnliche Tatumstände und fahrlässige Begehungsweise zugrunde gelegt sind (§ 1 Abs. 2 BKatV). Zwar handelte der Betroffene vorliegend vorsätzlich, dieser Vorsatz bezog sich jedoch nur auf einen Teil der ihm anzulastenden Tat. Der Betroffene war geständig, zu seinen Lasten verwertbare Vorbelastungen sind nicht gegeben. Die Festsetzung der Regelgeldbuße von 275,-- € erschien daher angemessen.

Mildernde Umstände, die es rechtfertigen könnten, von der Verhängung des zweimonatigen Regelfahrverbotes abzusehen, sind nicht ersichtlich. Auch wenn der Betroffene nicht ortskundig war, handelte er - wie dargelegt - grob verkehrswidrig. Dass er durch das Fahrverbot besonders belastet würde, macht er selbst nicht geltend, so dass weitere Feststellungen zur Verhältnismäßigkeit nicht erforderlich sind. Solche ergeben sich auch nicht aus den Feststellungen des Amtsgerichts, denn danach ist der Betroffene Zahntechnikermeister mit geregeltem Einkommen, so dass ihm nicht nur die Zahlung der Geldbuße ohne weiteres möglich ist, sondern er die Dauer des Fahrverbots durch die Inanspruchnahme von Urlaub oder die Einstellung eines Aushilfsfahrers, ggf. durch Kombination beider Maßnahmen, wobei die hierdurch entstehenden überschaubaren finanziellen Einbußen hinzunehmen sind, überbrücken kann.

Auch die mittlerweile seit Tatbegehung verstrichene Zeitspanne von über 21 Monaten rechtfertigt keine andere Entscheidung. Die kritische Grenze, ab welcher die Angemessenheit eines Fahrverbotes fraglich sein kann, liegt bei mindestens zwei Jahren (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. RdNr. 24 zu § 25 StVG mit Rechtsprechungsnachweisen) und ist nicht überschritten.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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