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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.04.2004
Aktenzeichen: 2 U 142/03
Rechtsgebiete: PflVG


Vorschriften:

PflVG § 3 Nr. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Sie bedürfen keiner Änderungen und Ergänzungen. Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht festgestellten Tatsachen begründen und deswegen eine erneute Feststellung gebieten. Der Senat hatte sie daher seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit Urteil vom 30.04.2003 der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Einrede der Verjährung der Schadensersatzansprüche der Klägerin hat es als nicht durchgreifend erachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die volle Abweisung der Klage begehren. Sie rügen im wesentlichen, dass das Landgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht verjährt.

Demgegenüber verteidigen die Kläger das angefochtene Urteil, dessen Ausführungen sie unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags unterstützend beitreten.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist insgesamt unbegründet, da die gegen sie erhobenen Schadensersatzansprüche der Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts verjährt sind.

Die dreijährige Verjährungsfrist ist bereits am ...11.1997, dem Tag nach dem Unfall, in Gang gesetzt worden, weil die Klägerin als Eigentümerin des geschädigten Pkw spätestens an diesem Tag Kenntnis von dem Schaden und den Ersatzpflichtigen erhalten hat (§ 852 Abs. 1 BGB a.F.; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB). Die dahingehende Feststellung des Landgerichts wird von der Klägerin nicht angegriffen.

Die Verjährungsfrist ist sodann durch die Anmeldung des Schadensersatzanspruchs bei der Beklagten zu 2) gehemmt worden (§ 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG). Die Anmeldung geschah in der Weise, dass der Beklagte zu 1) das an ihn gerichtete Anspruchsschreiben des Bevollmächtigten der Klägerin an die Beklagte zu 2) weitergeleitet hatte, die es jedenfalls am 15.11.1998 erhalten hat, da sie hierauf mit Schreiben vom 16.11.1998 antwortete und um Übersendung von Unterlagen zur Bearbeitung des Schadensfalls bat. Bis dahin waren von der Verjährungsfrist bereits 11 Monate, 19 Tage abgelaufen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin dauerte die Hemmung nicht bis zur Klageerhebung oder zumindest Klageeinreichung fort. Die Hemmung endet nach § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG zwar grundsätzlich erst mit der schriftlichen Entscheidung des Versicherers über die Frage der Regulierung des Schadensfalls. Eine solche Entscheidung ist nicht erfolgt. Das Ende der Verjährungshemmung ist jedoch dadurch eingetreten, dass die Klägerin als Ersatzberechtigte die Verhandlungen hat "einschlafen" lassen.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass dem die Hemmung der Verjährung beendenden Abbruch der Verhandlungen deren "Einschlafenlassen" gleich steht. Ein solcher Fall ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Regulierungsverhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (BGHZ 152, 298, 303).

Im Streitfall hat die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten zu 2) erst mit Schreiben vom 28.06.2002, also erst mehr als drei Jahre und sieben Monate nach Zugang des Schreibens der Beklagten zu 2) vom 16.11.1998, weiterverfolgt, worauf von Seiten der Beklagten zu 2) vor Klageerhebung keines Reaktion mehr erfolgte. Spätestens 1 1/2 Jahre nach ihrem Schreiben vom 16.11.1998 hätte die Beklagte zu 2) von der Klägerin aber eine Reaktion hierauf erwarten dürfen. Die Hemmungswirkung entfiel damit am 16.05.2000. Die dadurch wieder in Gang gesetzte Verjährungsfrist (Rest zwei Jahre, 11 Tage) endete mithin am 27.05.2002. Selbst wenn diese Berechnung nicht taggenau sein sollte, spielt dies im Ergebnis keine Rolle, da die Klage erst am 15.10.2002 eingereicht worden ist.

Nichts anderes gilt im Ergebnis dann, wenn man für das Ende der Hemmung gemäß § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG die schriftliche Entscheidung des Versicherers grundsätzlich für unverzichtbar hält. Denn auch diese Auslegung des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG hindert es nicht, dass der Geschädigte sich gefallen lassen muss, sein Verhalten an Treu und Glauben (§ 242 BGB) messen zu lassen, wenn er sich auf die strenge Regelung des Gesetzes beruft (BGH NJW 77, 674 unter II 3 a). Der Schutzgedanke des § 3 Nr. 3 PflVG verliert dann seine Berechtigung, wenn die Erteilung eines schriftlichen Bescheids durch den Versicherer nur eine reine Förmelei wäre, weil der Geschädigte die von ihm zunächst angemeldeten Ansprüche offensichtlich nicht mehr weiterverfolgt und daher einen endgültig ablehnenden Bescheid des Versicherers gar nicht mehr wartet. Bei einer derartigen Fallgestaltung wäre es unbillig, dem Versicherer zuzumuten, noch einen schriftlichen Bescheid zu erteilen, um die Verjährungshemmung zu beseitigen (BGH, a.a.O.). Um einen solchen Fall handelt es sich auch hier.

Wenn die Klägerin auf das Ersuchen der Beklagten zu 2) gemäß deren Schreiben vom 26.11.1998, ihr die zur Bearbeitung des Schadensfalls erforderlichen Unterlagen, insbesondere den ausgefüllten Fragebogen zum Unfallhergang und der Schadenshöhe, zu übersenden, über einen Zeitraum von etwa 1 1/2 Jahren hinweg untätig geblieben ist und sich auch auf die Bitte der Beklagten zu 2), mit ihr gegebenenfalls die Beauftragung eines Sachverständigen abzustimmen, nicht geäußert hat, konnte die Klägerin mit einem schriftlichen Bescheid billigerweise nicht mehr rechnen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

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